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wirtschaft

Plädoyer für einen ethischen Kapitalismus Stephen Green ist Präsident des viertgrößten Finanzinstituts der Welt, angesehener Finanzex­ perte, designierter englischer Handelsminister – und gläubiger Christ. In seinem Buch „Wahre Werte: Über Moral, Geld und die Zukunft“ fragt er aus christlicher Sicht nach den Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise. | von katrin gülden

Ernennung zum Handelsminister Der ordinierte Laienpastor hat erst vor kurzem international auf sich aufmerksam gemacht, als der britische Premierminister David Cameron ihn einlud, den Posten des Handelsministers anzunehmen. Green sagte zu, was seinen jetzigen Arbeit-

36 pro | Christliches Medienmagazin

Foto: Verlag

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ahre Werte“ ist nicht sein erstes Buch. Bereits 1996 machte Stephen Green mit dem Titel „Serving God? Serving Mammon? Christians and the Financial Market“ („Gott dienen? Dem Mammon dienen? Christen und der Finanzmarkt“) in der britischen Presse auf sich aufmerksam. Fünf Jahre vor dem Crash am Neuen Markt und zwölf Jahre vor dem Kollaps des amerikanischen Bankhauses Lehman Brothers reüssierte Green, ob es Christen möglich sei, in der Finanzbranche tätig zu sein. Er kam zu dem Entschluss: ja, aber es sei ein risikoreiches Unterfangen. Das Buch ist mittlerweile vergriffen, eine deutsche Ausgabe liegt nicht vor. Green ist ein eloquenter Autor – in seinem Buch „Wahre Werte“ spannt er den Bogen von politischen über kulturelle und gesellschaftliche Aspekte in der menschlichen Geschichte, bevor er zu seinem Plädoyer für einen ethischen Kapitalismus kommt. Dies überrascht nicht, denn der Sohn gläubiger Eltern studierte Philosophie, Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Oxford und begann seine Karriere 1971 da, wo sie ihn nun wieder hinführt: in der Politik, beim Vorläufer des heutigen Entwicklungshilfe-Ministeriums. Green absolvierte nach seinem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr in einer Einrichtung für Alkoholiker im Londoner Ostend. Dort lernte er auch seine jetzige Frau kennen. Das Ehepaar hat zwei Töchter.

Gläubiger Banker und demnächst britischer Handelsminister: Stephen Green.

geber, die britische HSBC Bank, in hektisches Treiben versetzt: Denn bereits vor Jahresende wird er seine neue Rolle übernehmen; sein Posten als Vorstandsvorsitzender soll bis dahin neu besetzt werden. Der gläubige Anglikaner war insgesamt 28 Jahre für das Finanzinstitut tätig, davon die letzten sieben als Vorstandsvorsitzender. Der 61-Jährige erhält weder ein Gehalt noch einen Bonus. Er soll dringend benötigte globale Wirtschaftsbeziehungen der Briten weiter nach vorne treiben, denn Großbritannien weist zurzeit ein RekordHandelsdefizit auf. So verwundert es auch

nicht, dass Premierminister David Cameron Green bereits im Juli bei seinem Indienbesuch mit seinem Anliegen ansprach. Die Stelle des Handelsministers war bereits einige Monate vakant; es wurde gemunkelt, dass zwei prominente Persönlichkeiten zuvor abgelehnt hatten. Green begleitete die britische Delegation zum indischen Subkontinent, da der britische Premier die Handelsbeziehungen der beiden Länder zu stärken suchte und Großbritannien zunehmend als Exportnation positionieren möchte. Stephen Green gilt als Kenner des asiatischen Kontinents,

5|2010


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