VECTURA #16

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FAHRTERMIN

Damit wäre die technische Einordnung erledigt, lassen die uns zur Verfügung stehenden 211 PS bei über 1,6 Tonnen Leergewicht ein etwas behäbiges Fahrerlebnis befürchten. Doch das Gegenteil ist der Fall: Von Untermotorisierung keine Spur, Schub ist sofort da und er bleibt in fast allen Lebenslagen erhalten. Ohne Blick aufs Datenblatt vermutet man sogar viel mehr Leistung, die sich akustisch übrigens sehr zurückhält und nur bei höheren Drehzahlen bemerkbar macht. Sportlich klingt zwar anders, doch bedauerlicher ist, dass sich die Stopp-Start-Automatik zuweilen ruppig aufführt; der Markt kennt hier harmonischere Systeme. Die serienmässige Siebenstufenautomatik ist dagegen ein Gedicht: Sie agiert schnell, absolut ruckfrei und lässt sich – wenn man denn will – auf der linken Schaltgasse manuell betätigen. Nach vorne wird hoch-, nach hinten runtergeschaltet und wir meinen, es sollte umgekehrt sein. Parallel lässt sich die Schaltarbeit auch per (fest stehender) Lenkradpaddel erledigen, aber wie gesagt muss das alles gar nicht sein, wenn man einen so schönen Automaten an Bord hat. Ein Sechsgangschaltgetriebe würde auch gut zum Turbobenziner passen, ist aber nur beim Diesel lieferbar. Fahrwerkstechnisch zeigt sich der Q50 jeder Situation gewachsen. Sein Federungskomfort ist sehr gut, bewegt sich aber auf der sportlich-straffen Seite, besonders mit optionalen 19-Zoll-Rädern. Die kraftvoll zupackenden Bremsen sind über jeden Zweifel erhaben – auch dann, wenn man den Fahrzeugcharakter ändert: Per Mittelkonsolenschalter lassen sich Lenk- und Antriebsparameter in den vier Stufen Standard, Sport, Schnee oder Individuell variieren. Von amerikanisch-weich bis straff-hart ist alles dabei; das weltweit erste in einem Serienauto verbaute Steer-by-Wire-System gehört zu den Highlights des Q50. Alle Lenkradbefehle werden per Datenleitung an einen Stellmotor am Lenkgetriebe weitergeleitet; so lässt sich die Lenkung individueller konfigurieren – allein die Abstimmung des Sportmodus darf unserer Meinung nach künftig etwas lebendiger werden. Einen eventuellen System­ ausfall muss man nicht fürchten, weil dann eine im Hintergrund vorhandene mechanische Notlenkung einkuppeln würde. In die Lenkung integriert ist das adaptive Spurhaltesystem ALC (Active Lane Control), welches mittels Kamera die ideale Fahrspur ermittelt, diese Informationen verarbeitet, weiterleitet und gegebenenfalls per Lenkeingriff ausführt. Das funktioniert in der Praxis sehr gut und hält den Q50 je nach Einstellung stärker oder schwächer auf Kurs. Ein selbstlenkendes Auto darf man jedoch nicht erwarten, zudem zeigen sich in Baustellen mit teilweise unklaren Bodenmarkierungen ein paar Erfassungs-Defizite. Letztlich bleibt es eine Einstellungssache, ob man sich von derartigen Assistenzsystemen unterstützt oder bevormundet fühlt; ALC kann leicht deaktiviert werden.

HERBST 2015 025


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