VECTURA #25 Auszug

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HISTORIE

ein wichtiger Termin im Rennsport – für Maserati, ein Jahr später gewann er dort die Klasse bis zwei Liter Hubraum auf einem Maserati A6GCS. In Bologna fand Alejandro de Tomaso nicht bloss Arbeit, sondern vor allem Elizabeth Haskell, die Enkelin des Gründers von General Motors, William C. Durant. Die grosse, blonde Amerikanerin und der schmächtige, kurzsichtige Argentinier wurden ein Paar. Sie heirateten 1956, nachdem die erste Ehe von de Tomaso annulliert worden war, und bestritten auch gemeinsam Rennen. Legendär ist ihr Auftritt beim 1000-Kilometer-Rennen von Buenos Aires im Jahr 1957: Sie gewannen auf einem OSCA nicht nur die Klasse bis 1,5 Liter, sondern demütigten bedeutend stärkere Maserati, Jaguar und Ferrari. In den folgenden Jahren nahm das Paar gerne den «Index of Performance» mit nach Hause in ihren winzigen OSCA, unter anderem 1958 auch bei den 24 Stunden in Le Mans und bei den 12 Stunden von Sebring. In den folgenden Jahren begann de Tomaso seine eigenen Rennwagen zu basteln, zuerst Formel 2, dann Formel Junior: Er hatte für seine Eigenkonstruktion bereits 15 Bestellungen in der Tasche, doch er baute kein Stück. Ab 1962 konstruierte er dann auch noch für die Formel 1 – erfolglos – und schliesslich auch für die Indy 500 – erfolglos. An seinen Konstruktionen war aber interessant, dass der Motor als tragendes Teil des Chassis diente. Diese Bauweise verwendete de Tomaso auch für sein erstes Strassen-­Fahrzeug, den grossartigen Vallelunga, der eigentlich ein Formel-Rennwagen mit geschlossener Karosserie war, die de Tomaso auch gleich noch selber entwarf. Angetrieben wurde der Vallelunga, knapp 600 Kilo schwer, von einem Ford-Cortina-­ Motor. Was etwas erstaunlich ist, denn de Tomaso hatte damals auch

interessante Eigenkonstruktionen vorzuweisen. Für das Formel-­ 1-Abenteuer hatte Alberto Massiminio einen Acht­z ylinder-Boxer konstruiert, der später als Vierzylinder in der Formel 2 seinen Dienst versah; gleichzeitig mit dem Vallelunga baute de Tomaso auch noch einen Spyder, in den er einen nochmals neuen Achtzylinder-­Boxer mit nur gerade 1,8 Liter Hubraum einbaute. Auch wenn es sich niemand so richtig erklären konnte, woher er die finanziellen Ressourcen hatte: Mitte der 60er Jahre stockte de Tomaso kräftig auf, bezog neue Produktionsanlagen und verpflichtete unter anderen Gianpaolo Dallara und Nello Ugolini. Es entstand der Mangusta, entworfen bei Giorgetto Giugiaro und gebaut bei Ghia. Ghia, gegründet 1915, gehörte damals noch zu den grossen Namen unter den italienischen Carrozziere, doch befand sich in beständiger Geldnot. Besitzer war damals Rafael Trujillo, Sohn des Diktators der Dominikanischen Republik. Dieser junge Mann musste allerdings ins Gefängnis und brauchte dringend Geld für die Kaution – und deshalb konnte Alejandro de Tomaso Ghia 1967 für 650’000 Dollar kaufen. Es folgten die mehr als nur umtriebigen Jahre des Alejandro de Tomaso. Zuerst überzeugte er seinen Schwager Amory Haskell und dessen Geschäftspartner John C. Ellis davon, im grossen Stil in seine Geschäfte zu investieren. 1969 kaufte de Tomaso auch noch Vignale und kam in Kontakt mit Henry Ford II. Dieser hatte ein grosses Faible für Italien, seine zweite Frau Christina Veltere war Italienerin; er hatte bekanntlich schon versucht, Ferrari zu kaufen, und versuchte das auch bei Lancia. De Tomaso kam ihm mit Vignale und Ghia gerade recht: Am 9. September 1969 wurde ein Joint Venture verkündet, im Juni 1970 übernahm Ford 80 Prozent von deTomaso, Ghia und Vignale. Aus dieser Ehe entstand dann auch der Pantera, jenes Fahrzeug, das deTomaso weltweit berühmt machte. Der Argentinier verbrannte das neue Kapital mit einem weiteren Formel-1-Abenteuer, diesmal mit WINTER 2017 / 18 083


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