PRESTIGE Switzerland Volume 41

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Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.» Mit ­diesem Goethe-Zitat ist Hans-Peter Wild, wie er selbst sagt, aufgewachsen. Und er hat es beherzigt. Mit geschätzten 4,7 Milliarden US-Dollar an Vermögen ist der 75-jährige Unter­nehmer in der Forbes-Liste auf Platz 308 anzutreffen. Den Grundstein zum Erfolg setzte sein Vater Rudolf, der mit (s)einem «Beutel­trank» Heidelberger Supermärkte und Bäckereien belieferte. Beuteltrank? Ja, Beuteltrank oder besser gesagt: Capri-Sonne. Nach Rudolf Wilds Tod übernahm Sohn Hans-Peter die Geschicke – derart geschickt, dass sich das Kultgetränk zu einer Weltmarke mauserte. Der Fruchtsaft aus dem Standbeutel verkauft sich schier unglaublich gut. Pro Jahr werden mehr als sechs Milliarden Beutel abgesetzt, und das in 119 Ländern. Hans-Peter Wild, der seine Sätze gerne mal mit Beratersprech versalzt und verunziert, nicht ohne Stolz: «Capri-Sonne hat unlimited growth potential.» Mit dieser Aussage dürfte er nicht alleine sein, denn laut Eigen­aussage landen fast täglich Kaufangebote auf seinem Tisch. Doch die liessen ihn kalt, nicht einmal anschauen täte er sie. Dahingegen formuliert er das nächste Ziel: Umsatzverdoppelung innert den nächsten drei Jahren auf eine Milliarde Euro. Überraschend für viele wohl ist, die ­Zielerreichung führt nicht nur über den Beuteltrank, sondern auch über die Zulieferung der Nahrungsmittelindustrie mit Fruchtzubereitungen und Aromen oder sogar Fleischmarinaden. An Nestlé, Kraft, Oetker sowie Haribo – wir alle kennen also seine (grössten) Kunden.

Der Sonnenkönig Überhaupt ist Hans-Peter Wild eine Wundertüte oder anders ausgedrückt ein fleischgewordenes Wunder. Klar, er ist in der schmucken elterlichen Villa in Heidelberg aufgewachsen und konnte mit Capri-Sonne ein besonders lukratives Geschäftsfeld beackern. Doch Hans-Peter Wilds Erfolg fusst auf Können, Voraussicht und Leidenschaft. Er studierte in München Rechts­ wissenschaft, in Tübingen, Cambridge sowie Paris Betriebswirtschaft und diente sich beim Bremer Öl- und Gasimporteur Diersch & Schröder zum Geschäftsführer für Mineralöl, Chemie und Reederei hoch. 1969 erlangte er die Doktorwürde in Mannheim. Auf Wunsch seines Vaters stiess er 1973 zum Unternehmen, längst ist der firmentechnische Dreh- und Angelpunkt als «Sonnenkönig» weltberühmt. Der Sonnenkönig ist aber auch Ex-Boxer, Ex-Reiter und Ex-Skilehrer. Er weiss sich durchzusetzen und brilliert immer wieder mit beispiellosen Aktionen. Wie etwa 1979, als er zum Entsetzen der Konkurrenz den Boxweltmeister aller Klassen, Muhammad Ali, als Werbeträger für die damals noch provinzielle Marke Capri-Sonne gewinnen konnte. «Ich bin der Grösste», rief Ali in die weite Welt hinaus, «aber wenn ich mit dem Boxen aufhöre, ist Capri-Sonne das Grösste!» Was für ein Testimonial, was für ein Werbeslogan, was für ein Wild’sches Husarenstück. Umtriebig ist der Ehrenbürger von Eppelheim und Wahlschweizer (er lebt in Zug, dort ist auch seine Holding angesiedelt) auch mit seinen 75 Jahren noch. Er redet zwar nicht gerne darüber, doch ist es kein Geheimnis, dass er einen Teil des Vermögens «sinnvoll» investiert. So etwa unterstützt Hans-Peter Wild die Förderung von Hochbegabten an der Universität Heidelberg in Mannheim oder die Marine Corps Scholarship Foundation. Daneben hat er seinen erfolgsgewichtigen Fuss in der Türe diverser Start-up-Firmen drin. Eines entwickelt Medikamente gegen Darmleiden, das andere stellt eine spezielle, absturzfreie Software her.

LIVING

Ob mit Erfolg oder nicht, zumindest die von ihm ins Feld geführte Spezialsoftware sei bereits in Flugzeugen im Einsatz und sollte überdies auch in selbstfahrenden Autos verbaut werden. Apropos Mobilität, der Nimmermüde hat etwas von einem Perpetuum mobile. Kein Wunder also, wirbelt und weibelt er auch anderweitig. Wie immer und überall ist er Feuer und Flamme, wenn es um … ja, um Rudern, vor allem aber um Rugby geht. Die Passion für diese Sportarten hat er von seinem Vater, der sommers ruderte und im Winter Rugby spielte. Hans-Peter Wild rudert in seinem Alter zwar nicht und spielt auch kein Rugby, aber er unterstützt den Heidelberger Ruderklub finanziell und hat 2007 die Wild Rugby Academy ins Leben gerufen. Rund 1,5 Millionen Euro lässt er sich alleine die Academy jährlich kosten, mit dem Ziel, den deutschen Rugby­ sport auf ein internationales Level zu hieven. International ist Rugby ein Riesending. In anderen Ländern unterstützen Grosskonzerne wie adidas, BMW oder DHL den Sport. In Deutschland ist es, wie kann es anders sein, Capri-Sonne. Gelingt Hans-Peter Wild sein Vorhaben, dann hat er mit seiner doch wagemutigen Investition ein gutes Geschäft gemacht. «Ich bin viel zu sehr Unter­nehmer, um nicht auch auf Rendite zu setzen», gibt er offenherzig zu. Es ist aber nicht nur der Rendite­ gedanken, der mitschwingt, sondern auch eine gesunde Portion Idealismus: «Rugby verkörpert schliesslich Werte wie Fairness, Respekt und Team­geist. Allesamt sind nicht nur auf dem Sportplatz relevant.»


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