VINSCHGER GESELLSCHAFT
Nachhaltigkeit im Visier Taufers im Münstertal hat sich schon früh auf den Weg gemacht.
haltigkeit ist in aller Munde. Für viele nur ein Modewort. Für viele mehr uand ernsthafte Verpflichtung, die Welt vor weiteren Katastrophen zu bewahren. Wirtschaftskrise, Klimawandel und soziale Konflikte. All das beschäftigt die Menschheit mehr denn je. Die Corona-Krise hat die Situation noch verschärft. Spätestens jetzt erscheint Nachhaltigkeit mehr als notwendig. Aber was heißt das konkret? Die Vereinten Nationen haben vor knapp fünf Jahren 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, englisch „Sustainable Development Goals“, kurz SDGs, verabschiedet. Die Ziele sind das Kernstück der Agenda 2030. In der aktuellen Krise geht es um die Bekämpfung der globalen Pandemie ebenso wie um die weltweite gemeinsame Suche nach einem Impfstoff gegen das Covid-19 Virus. Vom Wesen her verlangt nachhaltige Entwicklung, nur so viele Roh- und Grundstoffe
Foto: Stefanie Dietl
TAUFERS IM MÜNSTERTAL - Nach-
zu verbrauchen, dass auch künftige Generationen gut leben können. Was für Umwelt und Wirtschaft unmittelbar einleuchtet, wird am Ende auch zur sozialen Frage, wie viele Menschen noch selbstbestimmt und in gesunder Umgebung leben können. Südtirol als kleines Land macht hier keine Ausnahme. Dem Prinzip verpflichtet: Nachhaltigkeit soll vor Ort, beim Individuum und in den Gemeinden anfangen. Seit Herbst 2020 gibt es auch in Südtirol ein Netzwerk für Nachhaltigkeit. Das Netzwerk ist breit aufgestellt und vereint Organisationen wie die Caritas, den Katholischen Verband der Werktätigen KVW, die
Eurac Research und die Südtiroler Ärzte für die Welt. Ein lokales Beispiel für die gesetzliche Verankerung der Nachhaltigkeitsstrategie ist das Gesetz für Raum und Landschaft. Südtirols Pilotgemeinden wie die Gemeinde Taufers im Münstertal bereiten die landesweite Umsetzung vor. Dabei sind es die Leerstände und der Durchzugsverkehr, die dem Dorf zu schaffen machen. Unterstützt von Eurac Research hat sich Taufers im Münstertal schon früh auf den Weg gemacht, Nachhaltigkeit in der Gemeindearbeit zu verankern. Ein klares Bekenntnis der Bürgermeisterin und eine breite Bürgerbeteiligung
führten zu zahlreichen Diskussionen und Aktionen. Beispiel Verkehr: das Problem ist großteils hausgemacht und es stellt sich die Frage: Wie kann ich mich ohne Auto in Taufers bewegen? Maßnahmen wie mehr Fahrradständer oder die Instandsetzung alter Fußgängerpfade sollen vor Ort zu mehr Gesundheit und Klimaschutz beitragen. Auch eine diversifizierte Landwirtschaft ist ein Thema. Neben dem Obst- geht es um verstärkten Kräuteranbau und die Imkerei. Auch so lassen sich die vielgepriesene Biodiversität und Artenvielfalt erhalten. Denn nur in Taufers, konkret im naturbelassenen Avingatal, gibt es heute noch jene Schmetterlingsarten, die andernorts längst ausgestorben sind. Wenn das kein Grund ist, die Grenzgemeinde zu besuchen? Zu Fuß, mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln, versteht sich. JOSEF BERNHART/EURAC RESEARCH
Vetzan: Wohnungen statt Hotel VETZAN/SCHLANDERS - Weil es nicht möglich war, im angrenzenden Umkreis des Sporthotels Vetzan zusätzliche Grundflächen für eine qualitative und quantitative Erweiterung zu erwerben, hat die Familie Matthias Tschenett entschieden, auf den Bauparzellen, auf denen das Hotel steht, Wohnungen zu errichten. Der Antrag für eine Umwandlung der Flächen in eine Wohnbauzone B2 gemäß dem Artikel 36/bis war bereits im Jänner 2020 im Rathaus hinterlegt worden. Der Gemeinderat stimmte der entsprechenden Bauleitplanänderung am 10. September einhellig zu. Eine Woche zuvor war das Vorhaben von der Landesraumordnungskommission positiv begutachtet worden. Lediglich einige Änderungen bezüglich der Zufahrten wurden vorgeschlagen. Auch die Erstellung eines Durch-
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Insgesamt 36 Wohnungen sollen in der Wohnbauzone B2 (Artikel 36/bis) in Vetzan, wo das Sporthotel Vetzan steht, schrittweise gebaut werden.
führungsplans wurde vorgeschrieben. Ausgehend von der Fläche, wo sich die Tennisplätze befinden und einem weiteren Grundstück sollen nach und nach 4 Wohnblöcke mit jeweils 9 Wohnungen nach den Richtlinien des konventionierten Wohnbaus errichtet werden. Wie Bürgermeister Dieter Pinggera
ausführte, besteht für das Hotel eine Bindung. Es muss bis 2024 als Beherbergungsbetrieb bestehen bleiben. Für die Gemeinde Schlanders, die touristisch gesehen eher schwach aufgestellt ist, sei die Auflassung eines weiteren Beherbergungsbetriebs zwar ein Verlust, „aber wir wollen der Eigentümer-
familie, die sich für diesen Weg entschieden hat, keine Prügel in den Weg legen.“ Es habe schon im Vorfeld viele Aussprachen mit Vertretern der Wirtschaft und speziell des HGV gegeben. Es handle sich bereits jetzt um eine Wohnbauzone. Immer wieder ins Feld geführt habe Matthias Tschenett außerdem die Lärmbelastung, die von der Industriezone ausgeht. Auch die Referentin Monika Wielander Habicher meinte, dass es schade um den Betrieb sei. Den einzigen positiven Aspekt im schrittweisen Bau der insgesamt 36 Wohnungen sehe sie darin, dass aufgrund der Ansiedlung neuer Bewohner in Zukunft mit einer größeren Zahl von Kindern gerechnet werden dürfe, was wiederum dazu beitrage, den Standort des Kindergartens und der Grundschule in Vetzan zu sichern. SEPP