Blues trifft Alpinfolk

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VINSCHGER GESELLSCHAFT

Nachhaltig investieren „Bei Ethical Banking entscheidet der Sparer, was mit seinem Geld passiert.“ MALS - Wem es nicht egal ist,

wie und wo sein Geld angelegt wird, hat viele Möglichkeiten des Mitentscheidens. Dies zeigte sich beim Informationsabend „Nachhaltig investieren“, der am 24. September auf Einladung der Raiffeisenkasse Obervinschgau im Oberschulzentrum in Mals stattgefunden hat. Über alternative Finanzierungsformen informierte einleitend Alexander Agethle von der Hofkäserei Englhorn in Schleis. Eine wichtige Finanzierungsschiene für den seinerzeit notwendigen Um- und Neubau der Käserei war der Vorabverkauf von Käse. 181 Personen haben Käse-Gutscheine erworben. Dieses Geschäftsmodell hat sich bewährt. Der Grundgedanke dabei: wer für 500 Euro oder ein Vielfaches davon Käse im Vorabkauf erwirbt, erhält im Gegenzug Käse-Gutscheine. Über 180.000 Euro sind laut Agethle zusammengekommen. Die Gutscheine können im Laden in Schleis eingelöst werden sowie in den Naturalia-Geschäften in Meran und Bozen. Im Hotel „Greif“ in Mals und im Münchner Restaurant „Broeding“ werden die Gutscheine als Zahlungsmittel angenommen. Über

In den Bildern (v.l.): Alexander Agethle, Roland Furgler, Andreas Platter und Markus W. Moriggl

Ethical Banking, ein besonderes Geschäftsfeld von mittlerweile zwei Dutzend Raiffeisenkassen in Südtirol, informierte Roland Furgler. Der Leitgedanke von Ethical Banking sei es, Solidarität zu zeigen, Selbstverantwortung zu fördern und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Ethical Banking sei nicht gewinnorientiert. Gefördert würden ausschließlich Projekte, „die Sinn und Nutzen stiften.“ Die Sparer können selbst entscheiden, für welche Kreditprojekte ihr Geld weitergereicht werden soll. 7 Sparund Finanzierungslinien stehen zur Auswahl, und zwar in folgenden Bereichen: Gerechter Handel, Bäuerlicher Notstandsfonds, Biologische Landwirtschaft, Weniger Handicap, Energetische Sanierung, Erneuerbare Energien und

Handwerk in Südtirol. Besonderen Wert lege Ethical Banking auch auf Transparenz. Einen viel weiteren, ja weltweiten Bogen spannte Andreas Platter, der über das Thema Nachhaltigkeit bei Union Investment referierte. Die Union Investment mit Hauptsitz in Frankfurt ist eine Investmentgesellschaft, die 2018 ein Vermögen von 323,4 Milliarden Euro verwaltete. Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei Union Investment laut Platter seit Jahrzehnten eine große Rolle. Dank der Größe der Gesellschaft und der Menge an verwalteten Geldmitteln könne die Union Investment auf Firmen und Unternehmen, die Investitionsmittel brauchen, dahingehend Druck ausüben, als dass nur jenen Unternehmen Geld

zugeführt wird, welche bestimmte Kriterien in den Bereichen Umwelt und Klimawandel, Soziales sowie Führungsqualitäten erfüllen. Es gehe im Wesentlichen um eine nachhaltige Bewertung der Unternehmen, wobei auch Nachkontrollen zur Praxis gehören. Abgeschlossen wurde der Info-Abend von Raika-Direktor Markus W. Moriggl, der das Wirtschaftsförderungspaket der Raiffeisenkasse Obervinschgau vorstellte und über weitere Projekte und Initiativen der Raika informierte. Schuldirektor Werner Oberthaler hatte in seinen Grußworten darauf hingewiesen, dass das Thema Nachhaltigkeit auch im Oberschulzentrum Mals eine wichtige Rolle spiele. SEPP

AUFGESPÜRT & AUSGEGRABEN (32)

Alternative für Südtirol Wohin man blickt, ob nach Österreich, Deutschland, Frankreich oder Italien, die europäischen Mitte-links-Parteien befinden sich schon seit Jahren in einer ordentlichen Krise. Protestbewegungen aller Nuancen fischen mit einfachen Lösungen für komplizierte Probleme in den Wählerbecken der etablierten Volksparteien. Ganz besonders davon betroffen ist die Sozialdemokratie. Und in Südtirol? Hier muss man fragen: Welche Sozialdemokratie? Dabei gab es eine solche tatsächlich, auch wenn das schon mehrere Jahrzehnte her ist und sie aus dem allgemeinen Bewusstsein verschwunden ist. Es lohnt sich deshalb, in die 70er Jahre zurückzublicken und sich mit dem rebellischen und umtriebigen Vinschger Politiker Hans Dietl auseinanderzusetzen. Dietl, während des Ersten Weltkrieges geboren, studierte Rechtswissenschaften und war 1973 Gründungsmitglied der Sozialdemokratischen Partei Südtirols, kurz SPS. Zwei Jahre zuvor war er noch Mitglied der Südtiroler Volkspartei, der er nach Ende des Zweiten Weltkriegs beigetreten war. In der SVP stieg er bis zur Führungsriege auf, doch kam es immer wieder zu

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DER VINSCHGER 33/19

Zerwürfnissen mit anderen Vertretern. Einmal war es seine Beziehung zum Befreiungsausschuss Südtirol, ein anderes Mal das Verhältnis zu den Italienern oder das eben geschnürte „Paket“. 1971 kam es schließlich zum Parteiausschluss, weil Dietl im römischen Parlament gegen das Südtirol-Paket gestimmt hatte. Die als Reaktion darauf ins Leben gerufene SPS sollte ein Sammelbecken für Politiker links der Mitte werden. Bereits bei den ersten Landtagswahlen erlangte sie mit über 5 % der Wählerstimmen zwei Mandate. Doch der weitere Höhenflug wollte nicht gelingen. Die SVP konterte 1975 erfolgreich mit der Gründung ihres Arbeitnehmer-Flügels, um ein weiteres Abwandern zur SPS zu verhindern. Hinzu kamen Dietls früher Tod, innere Uneinigkeiten und – das erinnert an die heutige Situation – ein zu wenig klares politisches Profil. Nach zehn Z Jahren löste sich die SPS auf.


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