Blick auf die Almen

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VINSCHGER THEMA

Alte & neue Sorgen Der Klimawandel, der Wolf und weitere Probleme stellen die Almwirtschaft im Vinschgau und im ganzen Land vor neue Herausforderungen. VINSCHGAU - Am 1. Oktober wurden in

der Fürstenburg die besten Südtiroler Alpkäse prämiert (siehe eigenen Bericht). der Vinschger nahm die 11. Südtiroler Alpkäsebeurteilung zum Anlass, um mit Markus Joos, dem Direktor des Bezirksamtes für Landwirtschaft West, über den derzeitigen Stand der Dinge auf den Almen sowie über neue Herausforderungen zu sprechen. der Vinschger: Wie viele Gemeinschafts-Milchviehalmen gibt es im Vinschgau und wie hoch war der Auftrieb in diesem Jahr? MARKUS JOOS: Es gibt im Vinschgau zwi-

schen Graun und Schnals 26 Gemeinschaftsviehalmen mit durchschnittlich 54 Kühen. 1.415 Kühe wurden heuer auf diese Almen aufgetrieben, wobei 17 Prozent dieser Alpkühe von außerhalb des Vinschgaus kommen. Durchschnittlich bringt jeder Betrieb 2,2 Kühe auf die Alm, was eine sehr große Streuung der Alpbestoßung bedeutet. Ist in Zukunft mit der Auflassung von Kuhalmen zu rechnen?

Die Almgebäude und deren Verarbeitungsräume sind großteils in einem guten baulichen Zustand. Zu verdanken ist das neben der Aufgeschlossenheit der jeweiligen Alpverantwortlichen auch den öffentlichen Finanzierungen und den großen Anstrengungen vieler Akteure in den letzten 30 Jahren.

Mit welchen Problemen haben Gemeinschaftsalmen zu kämpfen?

Die touristische Nebennutzung ist steuerrechtlich, lizenzrechtlich, arbeitsrechtlich und urbanistisch stets ein Problembereich. Auch der ständige Anpassungsbedarf an die sanitär-hygienischen Vorschriften bei der Milchverarbeitung, die fehlenden Arbeitskräfte bei der Weidepflege und der häufige Personalwechsel bereiten den Verantwortlichen Sorgen.

tirol auf absehbare Zeit wieder wolfsfrei wird. Fallweise dürfte es auch noch ein Optimierungspotential bei der Behirtung der Tiere geben. Welche wirtschaftliche Rolle spielen die Milchviehalmen im Land?

In Südtirol werden auf diesen Almen rund 150 saisonale Arbeitskräfte beschäftigt und rund 200 Tonnen Alpprodukte im Wert von über 2,5 Millionen Euro hergestellt. Die gesamte verarbeitete Almmilchmenge Markus Joos und Elisabeth Haid im Gespräch mit beträgt ca. 2 Millionen kg pro Almsommer, Jakob Prantl von der Gampe Thaya in Sölden. was nicht einmal 1 Prozent der jährlichen Gesamtmilchliefermenge an die Sennereien Alm erschweren. Eine dadurch bedingte zu entspricht. Letztlich handelt es sich um schnelle Reifung oder das „Fettschwitzen“ Perlen in der alpinen Kulturlandschaft. Die des Käses können zu Qualitätseinbußen Gesamtproduktion auf den Vinschgauer führen. Fehlende Niederschläge führen zu Almen belief sich heuer auf über 121.000 Trockenheit auf der Weide, es muss früher kg Käse und knapp 15.000 kg Butter. Das und mehr zugefüttert werden, die teilweise sind durchschnittlich 89 kg Käse und 11 kg Wasserknappheit führt zu Problemen bei Butter pro Alpkuh und Alpsommer. der Stromerzeugung oder bei der Milchkühlung, so wie es auch der heurige Sommer Lässt sich die Qualität der Almpromancherorts gezeigt hat. Kurzzeitige und dukte noch steigern? Ziel muss es sein, auf möglichst vielen intensive Niederschlagsereignisse bringen vielfach mehr Probleme - Stichwort Un- Almen eine möglichst hohe Qualität der wetterereignisse - als die Lösung in der erzeugten Alpprodukte zu erreichen und Wasserversorgung vor Ort. zu halten. Eine möglichst konstant hohe Qualität während der Alpsaison und auch Wie stark bedroht das Großraubwild im Laufe der Jahre sind besser als einmalige die Almwirtschaft und glauben Sie Spitzenergebnisse. Dazu braucht es auch an ein wolfsfreies Südtirol? die laufende Aus- und Weiterbildung des Auf Jungvieh- und Kleinviehalmen Almpersonals, und dazu gehört neben dem sind Wolf und Bär ein großes Problem. Senn bzw. der Sennerin auch eine gute Es müssen dringend Managementpläne Behirtung und Betreuung der Tiere. Die und Entnahmekriterien eingefordert und Fachschulen für Landwirtschaft und der konsequent umgesetzt werden. Trotzdem Sennereiverband Südtirol spielen dabei eine ist es eine Illusion zu glauben, dass Süd- wichtige Rolle. Wird es in Zukunft noch ausreichend Almpersonal geben?

Wie manifestiert sich die Erderwärmung auf den Almen?

Die steigenden Temperaturen können beispielsweise die Käselagerung auf der

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DER VINSCHGER 18/22

Bei der Verkostung

Wir stellen eine große Fluktuation des Personals fest. Auf über einem Drittel der Milchviehalmen im Vinschgau findet jährlich ein Personalwechsel statt. Das stellt große Anforderungen sowohl an die Almbewirtschafter und Alpverantwortlichen als auch an das Alppersonal, welches die alpspezifischen Besonderheiten erst wieder kennenlernen muss. Den lokalen Älpler, der einen Großteil seines Arbeitslebens im Sommer auf der Alm verbrachte, gibt es im-


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