Patient Wald

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VINSCHGER GESELLSCHAFT

„Späte Gerechtigkeit“ LAAS - Er lernte ihn in den 1990er Jahren als „bescheidenen und sehr ruhigen“ Menschen kennen, der nicht gerne darüber sprach, was ihm während des Zweiten Weltkrieges widerfuhr, warum er desertierte und wieso er in den Widerstand gegen das NS-Regime trat. So charakterisierte der Historiker Leopold Steurer den 1924 am Pöderhof in Allitz geborenen Widerständler Johann Pircher. Steurer hatte zusammen mit Carlo Romeo das 1975 erschienene Buch „Il caso del partigiano Pircher“ von Giambattista Lazagna („Der Fall des Partisanen Pircher“) neu herausgegeben und mit einer Einführung versehen. Vorgestellt wurde die deutschsprachige Neuausgabe am 22. Juli auf Einladung des Bildungsausschusses vor vielen Interessierten im Josefshaus in Laas. Leopold Steurer hatte Hans Pircher, der 2002 in Vetzan gestorben ist, dort mehrmals besucht. Aufgewachsen ist Pircher als sogenanntes „Kostkind“. 1939 optierte sein Vater für Deutschland. 1943 wurde Hans Pircher von der Wehrmacht eingezogen. 1944 desertierte er und trat in den Widerstand. „Über die Option und den Widerstand sprach er nur

Carlo Romeo (links) und Leopold Steurer

ungern, er wollte diese Thema als abgeschlossen betrachten“, sagte Steuer. Der Historiker erinnerte daran, dass diese Themen in Südtirol über Jahrzehnte hinweg tabu gewesen seien. Vor allem die SVP habe sich gegen eine Aufarbeitung gestemmt. Erst nach der OptionsAusstellung 1989 sei es zu einer zaghaften Trendumkehr gekommen. Auch die Persönlichkeit von Josef Mayr-Nusser, der den Eid auf den Führer verweigerte und dem Nationalsozialismus zum Opfer fiel, sei in Südtirol relativ spät erkannt und gewürdigt worden. Als Widerständler besorgte Hans Pircher unter anderem Kurier-

der Partisan und Rechtsanwalt Giambattista Lazagna die Publikation „Il caso del partigiano Pircher“, die italienweit Verbreitung fand. Die jetzige Neuauflage der deutschen Fassung, die im Verlag „Alpha & Beta“ erschienen ist, und zwar in der Reihe „Territorio/ Gesellschaft“, bezeichnete Leopold Steurer als wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur. Es handle sich um einen weiteren kleinen Baustein in der geschichtlichen Aufarbeitung von Themen, die lange Zeit „unterdrückt“ wurden. Auch heute noch hätten mandienste in die Schweiz und aus che Schwierigkeiten im Umgang der Schweiz. Er war Mitglied der mit bestimmten Themen. In die Partisanengruppe um Hans Egar- Persönlichkeit von Lazagna und ter. Nach dem Krieg wurde Pircher dessen Tätigkeiten führte Cargerichtlich verurteilt lo Romeo ein. Unter dem und war von 1966 bis zahlreichen Pub1975 inhaftiert. Er likum befand sich war nach dem Kriegsu.a. auch die Laaende mit 17 weiteren ser BürgermeistePartisanen der Errin Verena Tröger. mordung eines deutFür „Alpha & Beta“ schen Hauptmannes war Dominikus und eines Passeirer Andergassen nach AdO-Blockleiters Laas gekommen. angeklagt worden. Mit dem Buch soll 1975 wurde er beHans Pircher späte gnadigt. Im selben Gerechtigkeit erJahr veröffentliche fahren. SEPP

Ottone-Nigro-Preis für Bezirksgemeinschaft BOZEN/VINSCHGAU - Die Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol) verleiht jährlich an 3 Personen, Organisationen oder Unternehmen den Ottone-NigroPreis. Zu den Preisträgern 2022 gehört neben Lorenz Meyer (Arzt für Allgemeinmedizin und Mitglied der Ärztekommission zur Feststellung der Zivilinvalidität sowie langjähriger Ansprechpartner der ANMIC Südtirol) und der Volkshochschule Südtirol (VHS) auch die Bezirksgemeinschaft Vinschgau. „Diese setzt sich nicht nur für den Interessensschutz der Zivilinvaliden und für die gesellschaftliche Teilhabe aller ein, sondern führt auch Aktivitäten zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit durch“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Wir glauben, dass Beratungs- und Informationsdienste für die Bürger von

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DER VINSCHGER 14/22

Bei der Verleihung des Ottone-Nigro-Preis 2022 (v.l.): Klaus Graber und Paola De Lazzari (beide von der Integrierten Volkshochschule IVHS), Oswald Rogger (Präsident VHS), Thomas Aichner (Präsident ANMIC Südtirol), Dieter Pinggera (Präsident der Bezirksgemeinschaft Vinschgau) und Lorenz Meyer.

grundlegender Bedeutung sind“, so Bezirkspräsident Dieter Pinggera. „Zur Situationsverbesserung von Zivilinvaliden und Menschen mit Behinderung gilt es, weiterhin in eine möglichst gute Vernetzung auf allen Ebenen zu investieren, von den betroffenen

Personen, über Interessensverbände, Trägerorganisationen von Diensten und Unterstützungsangeboten, bis hin zu den zuständigen Ämtern auf Landesebene und den politischen Vertretern.“ Aber auch die Investition in eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit sei

laut Pinggera wichtig, „um die gesamte Bevölkerung für das Thema Zivilinvalidität und Behinderung zu sensibilisieren.“ Der Preis trägt den Namen von Ottone Nigro, der bis zu seinem Tod im Jahr 2003 Präsident der ANMIC Südtirol war. RED