VINSCHGER GESELLSCHAFT
„Stehen lassen, aber kein Krawall-Areal“
Einige Eindrücke der Abschlussveranstaltung des Workshops „Was ist Schåndfleck?“. SCHLANDERS - Mit geschlossenen Augen und einzeln an der Hand geführt wurde das Publikum am 10. Juli durch die großen und hohen Räume der „Palazzina Tagliamento“ zu einer besonderen Aufführung begleitet. Die außergewöhnliche Performance, die zwei Mal hintereinander vorgeführt wurde, bildete den Abschluss des einwöchigen, künstlerischen Workshops „Was ist Schåndfleck?“, zu dem das Künstlerkollektiv „Ievals“ in die BASIS Kreativwerkstatt eingeladen hatte. Das Künstler-Trio Oscar Bettini, Laura Pan und Paolo Tosin hatte Einwohner von Schlanders aufgerufen, „mit Theater und Kunst die Themen Schmerz und baufälliger Raum zu erforschen.“ Ziel des Workshops war es, mit Kunst die öffentliche
Diskussion darüber anzustoßen bzw. zu bereichern, was man aus ungenutzten Räumen machen und wie man sie anders nutzen kann. Nadia Schwienbacher und Isolde Vill weckten mit ihren theatralischen und pantomimischen
Einlagen einerseits Erinnerungen an die Zeit, als noch Hunderte von Soldaten die Drusus-Kaserne und auch das Dorf belebten, und warteten andererseits auch mit Botschaften und Denkanstößen auf. Die Kernnachricht war: die
Gebäude sollten stehen bleiben, aber zu einem Krawall-Areal sollte die ehemalige Kaserne nicht werden. Es gehe darum, „dass die richtigen Leute etwas Gutes aus dem Areal machen“, möglicherweise einen Ort für große, völkerverbindende Veranstaltungen. Mit Ausnahme der Palazzina Servizi, wo sich die BASIS mit allen ihren Räumlichkeiten befindet, sollen alle anderen Gebäuderiegel abgerissen werden, um u.a. Wohnraum zu schaffen. Für die „Palazzina Tagliamento“ wurde eine Zwischennutzung als Kreativwerkstatt vereinbart. Die „Initiative Drususkaserne“ wehrt sich gegen den geplanten Abriss und ruft dazu auf, die bisherige Marschroute zu überdenken und andere Visionen zu entwickeln. SEPP
Die Gemeindeverwaltung möchte auf dem Kasernen-Areal schrittweise ein „nachhaltiges Stadtquartier“ mit 150 Wohnungen, 15 Gewerbeeinheiten und 5 Geschäftslokalen errichten.
BOZEN/VINSCHGAU - Frauen haben es in der Politik schwerer als Männer. Doch dahin müssen sie erst kommen. Fakt ist: Frauen haben es auch schwerer, überhaupt gewählt zu werden. Gründe dafür sind Unvereinbarkeiten mit Beruf, Familie, und Ehrenamt, die Gesellschaft, die Frauen weniger zutraut und die Politik als Männerdomäne. Dabei sagen Dreiviertel aller Wählerinnen und Wähler, dass Frauen eine andere Politik machen als Männer, nämlich eine einfühlsamere bei derselben Fachkompetenz. Somit waren die Ziele einer Veranstaltung am 24. Juni 2022 an der Eurac Research in Bozen mit Vertreter/innen aus Wissenschaft, Politik und Medien klar: Mehr Frauen in die Politik zu bringen und aufzuzeigen, wie dies konkret gelingen kann. Denn die
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DER VINSCHGER 13/22
Foto: Eurac Research/Ingrid Heiss
Für mehr Frauen in der Politik
Vinschger Vertretung bei der Eurac-Veranstaltung (v.l.): Martin Matscher (Schlanders), Katharina Riedl (Eurac Research und Glurns), Astrid Pichler (Gemeinde Naturns und Frauenbüro), Rita Egger (Eyrs), Elfi Kirmaier und Brigitte Schönthaler (beide Laas), Dorothea Klotzner (Naturns) und Josef Bernhart (Eurac Research und Morter).
stärkere Beteiligung von Frauen an der Politik ist eine Voraussetzung für lebendige Demokratie. Bei der Veranstaltung, die auf Studien und Workshops des Institutes für Public Management der Eurac Research aufbaute, wurde gemeinsam mit dem Landesbeirat
für Chancengleichheit ein Handlungsleitfaden vorgestellt. In diesem sind nicht nur alle Daten und Fakten zur Frauenvertretung in Südtirols Lokalpolitik enthalten, sondern auch Umsetzungsmaßnahmen für die Bereiche vorpolitischer Raum, Vereinbarkeit,
rechtliche Rahmenbedingungen wie beispielsweise Listenquoten und die „geschlechtergerechte doppelte Vorzugsstimme“ sowie Vernetzungsmöglichkeiten und Medienarbeit. Ein konkretes Beispiel wird in der Gemeinde Taufers im Münstertal praktiziert, wo sich aktive und ehemalige Mandatarinnen regelmäßig zu Frauenstammtischen treffen. So verwundert es nicht, dass dort mit Roselinde Gunsch auch eine erste Bürgerin regiert und damit eine der wenigen 13 Bürgermeisterinnen in ganz Südtirol, was 11 Prozent der Gemeinden entspricht. Der zweisprachige Handlungsleitfaden ist kostenlos über die Homepage der Eurac Research (www.eurac.edu/de/institutescenters/institut-fuer-public-management) verfügbar. JB