VINSCHGER GESELLSCHAFT
Filmportrait der Gemeinde Latsch
Wenn Lachen gesund ist, dann hat der Amateurfilmer Verein Vinschgau zusammen mit dem Bildungsausschuss Gesundheitserziehung praktiziert. LATSCH - Eine filmische Zeitreise war angekündigt worden. 119 Filme über Latsch, Tarsch und Morter seien digitalisiert, geschnitten, thematisch geordnet und vertont worden. So erzählte es Sepp Gufler, ein Vetzaner, Mitglied des Amateurfilmer Vereins Vinschgau. Das Publikum staunte. Hunderte von Stunden habe er geopfert, berichtete Hannes Gamper, Obmann des Bildungsausschusses Latsch, unzählige Fahrten nach Bozen mussten stattfinden. „Wer den Sepp kennt, weiß, es bleibt nicht bei einer Idee, er zieht seine Sache durch“, so Leo Lanthaler, Präsident des Amateurfilmer Vereins. Neben dem Landesamt für Medien wurde auch die Volksbühne Latsch involviert. Arnold Pirhofer und Peter Paul Mitterer leiteten über und moderierten mit trockenem Latscher Humor. Als Zeitzeugen wurden Altbürgermeister Sepp Rinner und der Zimmermannsmeister Adolf Pedross beigezogen. Dass es zu staunenden Ausrufen kommt, hatte man erwartet. Dass an vielen Stellen geschmunzelt und gelacht wurde, natürlich auch. Aber die Besucher lachten Tränen. Es waren Lachsalven, die durchs CulturForum rauschten. GÜNTHER SCHÖPF
Arthur Rinner, in arte Hornbacher, ist der erste Filmregisseur, Drehbuchautor und Schauspieler. Seine Westernfilme haben Staub aufgewirbelt.
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DER VINSCHGER 13/22
„Hüter der Vielfalt“ Ausstellung beleuchtet das lebendige Kulturerbe im Vinschgau, Unterengadin und Val Müstair KARTHAUS - Das „Stilzer Pfluagziachn“, die bäuerliche Saatgutgewinnung, der Getreideanbau, das Kräuterwissen, die Weidenflechterei, der Streuobstanbau, die Zucht und Ausbildung von Hütehunden, das Steinmetzhandwerk, die Nutzung und Verarbeitung der Zirbe, das Waalen, die Handweberei, das Schnapsbrennen. Schon allein diese Beispiele zeigen, wie vielfältig, reichhaltig und lebendig das Kulturerbe im Vinschgau, Unterengadin und Val Müstair ist. Dem lebendigen Kulturerbe ist die Wanderausstellung „Hüter der Vielfalt“ gewidmet, die am 15. Juli in Karthaus eröffnet wurde. Anhand von 25 Persönlichkeiten und 19 Beispielen wird das lebendige Kulturerbe in der Region im Kreuzgang der Kartause Allerengelberg dargestellt. Es war Ricarda Schmidt, Archäologin und Expertin für kulturelles Erbe am Institut für Regionalentwicklung von Eurac Research, die sich auf die Suche nach Persönlichkeiten gemacht hatte, die sich um das lebendige Kulturerbe verdient machen. Sie führte viele Gespräche, die sie dokumentierte, auswertete und für die Ausstellung aufbereitete. Wie Ricarda Schmidt, die aus Oberbayern stammt und vor über einem Jahr nach Eyrs gezogen ist, bei der Eröffnung ausführte, sei sie von Anfang an davon begeistert gewesen, wie eng der Bezug vieler Menschen in der Grenzregion zur Natur ist und welchen Wert sie dem althergebrachten Wissen beimessen. Die „Hüter
Die „Hüterin der Vielfalt“ Manuela Rufinatscha (links) aus Prad (Nutzung und Verarbeitung der Zirbe).
An einer der 19 Schautafeln wird der religiöse Brauch des „Schrockens“ dargestellt, wie er ausschließlich in Karthaus ausgeübt wird.
der Vielfalt“, die sie und ihr Team während der Forschungsarbeiten kennenlernten, „verknüpfen mit ihrem Tun viele Werte, die weit über den rein monetären hinausgehen“, sagte die Projektleiterin. Was manchen als altmodische Lebensart erscheinen mag, „ist in meinen Augen moderner und fortschrittlicher denn je.“ Lebendiges Kulturerbe zu identifizieren, das sei in erster Linie die Aufgabe der Gemeinschaften vor Ort, „wir als externe Forscher können lediglich Ideen vorschlagen und einen Dialog anregen.“ Die „Hüter der Vielfalt“ leben außerdem nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit. Die 19 Schautafeln werden von Zitaten und Bildern der Menschen begleitet, die hinter den dargestellten Tätigkeiten stehen. Benjamin Santer, der Präsident des Kulturvereins Schnals, freute sich im Namen der Gemeinde und des Kulturvereins, dass Karthaus als erster Ausstellungsort gewählt wurde. Er erinnerte an den Brauch
des Schafübertriebs, der Teil des immateriellen Kulturerbes der UNESCO ist. Einen besonderen Bezug zu Karthaus hat die Ausstellung auch deshalb, weil eine der Schautafeln dem „Schrockn“ gewidmet ist. Diesen religiösen Brauch gibt es nur in Karthaus. Paul Schwienbacher, einem der „Schrocker“, beschreibt den Brauch so: „Wir Schrocker gehen in den Kirchturm, jeder nimmt sich eine der Kirchenglocken, und dann versuchen wir, nach den Vorgaben des Taktgebers, des ‚Dirigenten’, die Glocken gleichzeitig zu schlagen.“ Einen besonderen Dank zollte die Projektleiterin Ricarda Schmidt allen anwesenden Hüterinnen und Hütern der Vielfalt, dem Kulturverein Schnals sowie den Fotofragen Gianni Bodini (Schlanders) und Dominik Täuber (Scuol), die Bilder zur Verfügung gestellt hatten. Die Ausstellung kann noch bis zum 31. Juli in Karthaus besichtigt werden. Am 6. und 7. August wird sie in Laas zu sehen sein (Festival „Marmor und Marillen“), vom 3. bis zum 18. September in Glurns (Palabiratage) und vom 2. bis zum 14. Oktober in der Chasa Jaura in Valchava (Erntedankfest). Das Forscherteam plant außerdem die Veröffentlichung eines Buches zu den „Hütern der Vielfalt“. Die Ausstellung wurde im Rahmen des Interreg Italien-Schweiz-Projekts „Living Intangible Cultural Heritage“ unter der Leitung von Eurac SEPP Research realisiert.
Im Bild links Benjamin Santer, der Präsident des Kulturvereins Schnals, rechts die Projektleiterin Ricarda Schmidt mit Martha Stieger (Martell), „Hüterin“ des Kräuterwissens.