Zeitenwende im Schlössl

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VINSCHGER GESELLSCHAFT

Zwei Vinschger in Rom Albrecht Plangger und Sepp Noggler mischten bei der Wahl des Staatspräsidenten mit. ROM/VINSCHGAU - Alle sieben Jahre wird ein neues Staatsoberhaupt in Italien gewählt. In der letzten Januarhälfte war es wieder soweit. Knapp über 1.000 „Wahlfrauen“ und „Wahlmänner“ kamen am Sitz der Abgeordnetenkammer in Rom zusammen, um das neue Staatsoberhaupt zu wählen. Mittendrin zwei Vinschger: der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger und Sepp Noggler, Regionalratspräsident und Landtagsvizepräsident. Wir haben mit beiden „Wahlmännern“ über die Wahl, die „politischen Spielchen“ und ihre persönlichen Eindrücke gesprochen. der Vinschger: Zufrieden mit dem Ergebnis? ALBRECHT PLANGGER: Ich bin froh,

dass es so gelaufen ist. Ich hatte für mich auf Sergio Mattarella oder Mario Draghi getippt und ab dem 2. Wahlgang Mattarella durchgewählt. Das Ergebnis ist gut für Südtirol. SEPP NOGGLER: Die erneute Wahl von Sergio Mattarella war zum genannten Zeitpunkt sicherlich der einzige Ausweg aus der verfahrenen Situation. Mattarella kennt unsere Situation sehr gut. Demzufolge ist es für uns eine gute Wahl.

Im Zuge der Wahl des neuen Staatspräsidenten hatten die zwei Vinschger „Wahlmänner“ Albrecht Plangger (rechts) und Sepp Noggler (links) auch die Möglichkeit, mit vielen Politikern persönliche Gespräche zu führen. Mit dem Präsidenten der Region Lombardei, Attilio Fontana (Bildmitte), zum Beispiel wurde über die Themen Stilfserjoch, Nationalpark und Zugtunnel zwischen dem Veltlin und dem Vinschgau/Münstertal gesprochen.

hauptmann Maurizio Fugatti zu den großen Beutegreifern. NOGGLER: Für mich als Politiker war diese Wahl in Rom völliges Neuland. In meiner bisherigen politischen Laufbahn sicherlich ein besonderes Highlight. Ich würde nicht unbedingt von einem Theater sprechen, sondern einfach nur von den üblichen Warum wurde es keine italienischen Verhältnissen in Frau? War es wirklich so ein „Thea- der römischen Politik. Es war auf PLANGGER: Nach dem endgül- ter“? jeden Fall eine Gelegenheit zum tigen Ausscheiden von Silvio PLANGGER: Für mich war es eine Netzwerken, wie man heute sagt. Berlusconi wurde von „Mitte höchst interessante Erfahrung. Rechts“ die Senatspräsidentin Die Senatoren waren dauernd Habt ihr Vinschger in Rom Elisabetta Casellati ins Rennen vor Ort und man konnte sich mitgemischt? geschickt, ohne dass man unter austauschen. Auch alle Minister PLANGGER: Beim 6. Wahlgang den aktuellen Mehrheitsparteien und Unterstaatssekretäre waren hat es „große Manöver“ gegeben, um Draghi ein Einvernehmen anwesend, sodass man unkom- die Zustimmung für Mattarella erzielt hatte. Diese einseitige pliziert das eine oder andere An- von 336 Stimmen wieder unter Initiative ist sauber danebenge- liegen unterbringen konnte. Wir 300 zu drücken, um für andere gangen. Bei der Geheimdienst- Vinschger hatten zum Beispiel Kandidaten Spielräume zu öffnen. Chefin Elisabetta Belloni hat sich persönliche Gespräche mit dem Da haben wir nicht mitgespielt Ex-Premier Matteo Renzi und Präsidenten der Region Lombar- und beim weiteren Stimmenzuseine „Italia Viva“ und auch Forza dei, Attilio Fontana, zum Stilfser- wachs für Mattarella mitgeholfen, Italia quergestellt, und den Pakt joch, zum Nationalpark und zum sodass dann kein Weg mehr an zwischen Matteo Salvini (Lega) Zugtunnel zwischen dem Veltlin Mattarella vorbeiführte und auch und Giuseppe Conte (5 Sterne) und dem Vinschgau/Münstertal die Lega darauf umschwenken auflaufen lassen. oder mit dem Trentiner Landes- musste. 22

DER VINSCHGER 03/22

NOGGLER: Eine Frau wäre sicherlich auch wünschens- und lobenswert gewesen. Wie immer haben die vollmundigen Ankündigungen von bestimmten Politikern genau zum gegenteiligen Ergebnis geführt. Die bestens bekannten politischen „Spielchen“ haben die Wahl einer Frau zum Staatsoberhaupt wieder einmal verhindert.

NOGGLER: Ja, man könnte sagen, zwei Vinschger in Rom. Auch wenn die Stimmabgabe zwischen uns Frauen und Männern der SVP am Anfang alles andere als homogen war, haben wir uns dann schlussendlich auf eine gemeinsame Linie geeinigt und mit Sergio Mattarella sicherlich die richtige Wahl getroffen. Mit ihm sind wir bis dato sehr gut gefahren. Was hat euch bei der Amtseinführung oder beim Amtsschwur des Staatspräsidenten beeindruckt? PLANGGER: Der Staatspräsident ist

ein „Signore“, der Vertrauen ausstrahlt und politische Kontinuität garantiert. Seine Rede wurde 55 Mal, meist von stehendem Applaus unterbrochen. Sie war wirklich gut! Langfristig wird mir von dieser Zeremonie das Geläute der großen Glocke am Palazzo Montecitorio bei der Ankunft des Präsidenten vor dem Parlament bleiben. Ich war unmittelbar neben den beauftragten „6 Glockenziehern“ im Spezialanzug


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