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Ankommen
Qualität, Regionalität und Bodenständigkeit Herr Pinzger, vor einem Jahr an dieser Stelle haben Sie relativ vertrauensvoll auf die Wintersaison 2020/21 geblickt, und dann kam der Lockdown. Wie zuversichtlich sind Sie heute? Die Sommersaison scheint gut gelaufen. Herrscht wieder Aufbruchsstimmung? Leider ist im vergangenen Winter alles anders gekommen als geplant. In diesem Jahr konnten wir eigentlich erst ab Juli so richtig arbeiten, der August war sehr gut, auch der September war gut und jetzt für Oktober gibt es noch genügend buchbare Zimmer. Somit kann man nicht von einer normalen, sondern höchstens von einer halben Sommersaison sprechen. Es ist eine beschlossene Sache, dass es eine Wintersaison geben wird, allerdings mit Einschränkungen. In geschlossenen Kabinen wird es nur eine 80-prozentige Besetzung geben; der Zutritt erfolgt nur mit Greenpass, wobei die Technologie der Kontrolle noch ausgefeilt werden muss. Auch in den Hotels wird es Vorlagen geben. Die Details dazu stehen noch aus. Wird es in der Tourismusbranche ein „vor Corona“ und ein „nach Corona“ geben? Werden nach Corona neue Spielregeln in der Reisekultur gelten? Grundsätzlich: Der Wunsch und die Sehnsucht der Menschen, zu reisen, andere Kulturen und Länder zu erleben, das wird sich nicht verändern. Das ist auch gut so. In dieser Sommersaison konnte man deutlich feststellen, dass die Destinationen, die nur mit dem Flugzeug erreichbar sind, weniger gebucht wurden, und dass die Urlauber es in diesem Jahr bevorzugt haben, mit dem eigenen Pkw zu reisen. Das hat zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen geführt. Auch unser Wunsch wäre es, dass die öffentlichen Verkehrsmittel, besonders die Bahn, verstärkt genutzt würden. Letztlich entscheidet aber der Gast, wie er an- und abreist. Es muss aber sehr wohl ein Umdenken geben, auch hinsichtlich der Verkehrsmittel.
Der Gast und die Gesellschaft werden auch vermehrt auf Nachhaltigkeit achten. Wie nachhaltig kann ein Hotelbetrieb sein? Worauf gilt es zu achten und was kann man dem Gast diesbezüglich anbieten? Zunächst geht es um die Mobilität und Erreichbarkeit. Der Tourismus lebt davon. Unsere Schweizer Gäste reisen vermehrt mit Bahn und Postauto an. Die Projekte Schweizerbahn und vielleicht auch Reschenbahn müssen forciert werden. Wir müssen als Tourismusdestination flexible mobile Angebote anbieten. 2018 haben wir mit einem Südtiroler Busunternehmen den „Südtirol-Transfer“ ins Leben gerufen, der Gäste am Zug-Bus-Bahnhof abholt und zum Hotel bringt. Das Tourismusland Südtirol wird in Zukunft noch mehr auf Qualität, auf Nachhaltigkeit, Regionalität und Bodenständigkeit achten müssen, um weiterhin eine gute Marktposition zu erzielen. Ich bin überzeugt, dass es ein „weiter so“ nicht geben wird, dass auch die Gesellschaft ein Umschwenken verlangt. Wir als Hoteliers- und Gastwirtsverband arbeiten in Bezug auf nachhaltig ausgerichtetes Wirtschaften in diversen Arbeitsgruppen an vorderster Front mit. Wir bieten unseren rund 5.000 Mitgliedsbetrieben Schulungen und Konzepte für betriebliche Nachhaltigkeit an. Die im HGV betreute Gruppe der Vitalpina Hotels tritt geschlossen dem Klimaneutralitätsbündnis bei. Ein weiteres Thema, das schon seit Jahren eine große Rolle, ist die Regionalität bei den Produkten. Vor 20 Jahren hatten wir noch 50 Prozent provinzfremde Weine auf der Weinkarte, heute verkaufen wir 95 Prozent der Weine aus Südtirol. Auch am Buffet wird Regionalität sichtbar. Eier vom Bauernhof, Käse von der Alm oder Sennerei, lokale Milch- und Fleischprodukte, heimisches Obst und Gemüse usw. Das alles sucht und schätzt der Gast. Hier gilt es mit aller Konsequenz weiterzuarbeiten, denn auch damit wird Nachhaltigkeit exerziert.