Großer Einschnitt

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VINSCHGER GESELLSCHAFT ren. Sie waren einem Showman mit Namen Mussolini erlegen und hatten sich mit Hitler verbündet, nun mussten sie die Schmach einer Besatzung durch die Siegermächte ertragen. So drückten auch sie, was die Juden betraf, offiziell beide Augen zu. Sie wussten genau, dass ihr Land als Sprungbrett nach Palästina benutzt wurde – und dass die Flüchtlinge deswegen nur eine kurze Zeit im Land bleiben würden. An den Mittelmeerküsten warteten umgebaute Schiffe, um die illegalen Passagiere im Schutz der Nacht an Bord zu nehmen.

fast alle tot. Ich war also auf das angewiesen, was es in Publikationen und Archiven gibt. Was den Reschenpass betrifft, so sind die Fakten besonders dünn gesät. Alle Anstrengungen, mein Material mit Hilfe lokaler Chronisten anzureichern, blieben erfolglos. Was ich zusammentragen konnte, fand ich in wissenschaftlichen Werken, die es dazu in Österreich und Italien gegeben hat. Und in renommierten Archiven wie zum Beispiel dem Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts, der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem (Jerusalem), dem AmeWie sahen ihre Recherchen rican Jewish Committee (New aus? York), dem YIVO Institute for Die Zeitzeugen, die die Flücht- Jewish Research (New York) und lingstransporte von 1945 bis 1948 dem Holocaust Memorial Musemiterlebten, sind mittlerweile um (Washington). Ich habe dann

aber, was Stil und Sprache betrifft, ein ganz anderes, bewusst nicht-wissenschaftliches Buch geschrieben. Ich führe die Leser und Leserinnen an 50 Schauplätze und lasse sie, wie in einer Reportage, zeitnah das Drama aus Fleisch und Blut miterleben. Sie ziehen sozusagen mit den Juden durch die Lande – von Oberbayern und Niederösterreich nach Tirol, vom Brennerund Reschenpass nach Meran, von Genua, La Spezia und Civitavecchia über das Mittelmeer nach Palästina. Und dort, im Land der zionistischen Träume, wartet auf die Juden schon wieder ein Krieg. Er wird zum längsten Konflikt unserer Zeit – und dauert an bis auf den heutigen Tag.

INFO Info: Das Buch „Flucht über die Alpen. Wie jüdische Holocaust-Überlebende nach Palästina geschleust wurden“ ist im Mai im Athesia-Tappeiner-Verlag erschienen und ist unter anderem in allen Athesia-Buchhandlungen erhältlich. Zum Autor: Hans Joachim Löwer, Jahrgang 1948, war 16 Jahre Auslandsreporter für den „Stern“ und 13 Jahre Mitarbeiter von „National Geographic“. Seit 2001 arbeitet er als freier Autor. Löwer lebt in Garmisch-Partenkirchen.

INTERVIEW: MICHAEL ANDRES

Das Schnalstal lädt ein

Hier geht’s lang: Unterwegs am Gletscher Richtung Kunstwerk. SCHNALS - Drei Tage im Zeichen von Ötzi – und des gesamten Schnalstals: Vom 28. bis zum 30. Juni haben sich Journalisten und Interessierte aus mehreren Ländern zu einer Pressereise im Schnalstal getroffen. Organisiert wurde diese vom Tourismusverein Schnalstal in Zusammenarbeit mit der Alpin Arena Schnals, dem archeoParc Schnalstal, der IDM sowie dem Archäologiemuseum Bozen. Fünf Journalisten aus Deutschland, Tschechien, Polen und Italien waren hierfür im Schnalstal zu Gast. Mehrere Vorträge und Informations-Aben-

de standen auf dem Programm. Besucht wurden unter anderem das Ötzi-Museum in Bozen, das Kunstwerk von Olafur Eliassen am Gletscher oder die Aussichtsplattform Iceman Ötzi Peak Plattform auf 3251 Metern Höhe. Ui von Kerbl, Präsident und Gründer der „Talking Waters Society“, dem Verein, der das Kunstwerk initiierte, sprach über diese besondere Installation. Der dänisch-isländische Künstler Olafur Eliasson hat das Kunstwerk im Oktober 2020 auf dem Grawand-Grat am Schnalstaler Gletscher installiert und eröffnet. Es ist ein permanentes

und öffentliches Kunstwerk, das hat einen unschätzbaren Werbeden Besucher einlädt, intensiv über wert für uns“, weiß Zerpelloni. Der den Klimawandel nachzudenken. Name Schnals werde in die Welt Dieses Kunstwerk solle ein Zeichen hinausgetragen. Das 30-jährige für die Schönheit, aber ebenso für Jubiläum zum Ötzifund ist zwar die Zerbrechlichkeit der Umwelt erst am 19. September, aber schon setzen. jetzt gelte es, „darauf aufmerksam zu machen“. Die Pressereise war bereits zu diesem frühen Zeitpunkt Gute Werbung fürs Tal veranstaltet worden, „damit die Der Geschäftsführer des Tou- Berichterstattung in den Medien rismusvereins, Manfred Waldner, noch vor dem Jubiläum ordentlich und der Präsident des Tourismus- anlaufen kann“, erklärte Zerpellovereins, Walter Zerpelloni, freuten ni. Die Journalisten zeigten sich sich über die gelungene Pressereise. jedenfalls einmal mehr begeistert „Die internationale Medienbericht- - nicht nur vom Ötzi - sondern vom erstattung ist sehr wichtig. Dies ganzen Schnalstal. AM DER VINSCHGER 24-25/21

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