Großer Einschnitt

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VINSCHGER GESELLSCHAFT

Flucht über den Reschen Quelle: Athesia/Tappeiner

Quelle: Vorarlberger Landesbibliothek

Wie jüdische Flüchtlinge über Reschen nach Palästina geschleust wurden.

Grenze am Reschenpass nach dem Zweiten Weltkrieg.

der Vinschger: Welche Rolle spielte der Reschenpass damals für jüdische Holocaust-Überlende auf ihrem Weg nach Palästina? HANS-JOACHIM LÖWER: Zwei gro-

eine begrenzte Souveränität, weil es unter der Verwaltung einer Alliierten Kontrollkommission stand. Die Schleuser nutzten das Chaos und die Schwachstellen, die es an fast allen künstlich gezogenen Grenzen gab. Der Reschenpass war eine der wichtigsten Alpenrouten, auf denen die illegalen Juden-Transporte organisiert wurden. In den ersten Monaten nach dem Kriegsende 1945 nutzten die Schleuser zunächst den Brenner, weil die Grenzkontrollen dort sehr lasch waren. Als dieses Schlupfloch dicht gemacht wurde, wichen sie auf den Reschen aus. Ganze Konvois von Autos und Lastwagen brachten Juden vom österreichischen Inntal hinauf bis

ße Karten helfen im Buch, das komplexe Szenario zu verstehen, das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 in Mitteleuropa herrschte. Deutschland und Österreich waren in sowjetische, amerikanische, britische und französische Besatzungszonen aufgeteilt. Auch Italien hatte nur Autor Hans-Joachim Löwer. 30

DER VINSCHGER 24-25/21

Quelle: Markus Nebl

RESCHEN - Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs war Südtirol mehrere Jahre lang Schauplatz von Flüchtlingsströmen. Jüdische Holocaust-Überlebende wurden damals nach Palästina geschleust. Drei Jahre lang wurde Tirol zum wichtigsten Korridor für Flüchtlinge und Schleuser. Auch der Reschenpass wurde dabei zu einem „Flüchtlings-Hotspot“, dramatische Szenen spielten sich ab. Unter anderem darum geht es im kürzlich erschienenen Buch „Flucht über die Alpen. Wie jüdische Holocaust-Überlebende nach Palästina geschleust wurden“. der Vinschger hat mit dem Autor des Buches, Hans-Joachim Löwer, gesprochen.

Das Hotel Hochfinstermünz diente als Stützpunkt für Fluchthelfer.

zur Grenze, und auf der italienischen Seite warteten wiederum Fahrzeuge, um die Flüchtlinge weiterzutransportieren. Oft trugen die Autos Rot-Kreuz-Kennzeichen, und Insassen wurden als angebliche Tuberkulose-Patienten ins jüdische Sanatorium nach Meran gebracht – in Wahrheit war das Haus nichts anderes als eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Palästina. Wer waren auf der Flucht über den Reschen ihre Helfer?

den französischen Besatzern, die in Österreich die Bundesländer Tirol und Vorarlberg regierten. Die Franzosen waren froh, die jüdischen Flüchtlingsmassen möglichst schnell loszuwerden – so hatte die „Bricha“ am Reschenpass lange Zeit praktisch freie Hand. Wie reagierte Österreich?

In Österreich hatten nicht die einheimischen Behörden, sondern die alliierten Siegermächte das Sagen. Die Briten, die als Mandatsmacht in Palästina herrschten, wollten eine jüdische Masseneinwanderung dorthin verhindern, weil sie einen blutigen Konflikt mit den Arabern fürchteten. Die Franzosen wollten möglichst nicht als Besatzer, sondern als Befreier auftreten. Die Amerikaner hatten die meisten Sympathien für die Zionisten – nicht zuletzt aus einem schlechten Gewissen heraus, weil sie zwar Hitler besiegt, den Holocaust aber nicht verhindert hatten. So setzte die „Bricha“ ganz auf das Wohlwollen der USA.

Österreichische Grenzbeamte verdienten sich gern ein Zubrot, indem sie Flüchtlinge nachts auf Bergpfaden nahe der Etschquelle von Nord- nach Südtirol brachten. Italienische Grenzbeamte wurden entweder bestochen oder großzügig bewirtet, während draußen Hunderte von Menschen die Schlagbäume passierten. Die Fäden zog ein jüdisches Untergrund-Netzwerk mit Namen „Bricha“ (Flucht), das über fast ganz Europa gespannt war. Agenten saßen im Hotel Hochfinstermünz bei Nauders und steuerten von dort aus die Was machte Italien? Bewegungen der Konvois. Die Die Italiener gaben sich alle „Bricha“ schloss im Frühjahr 1946 Mühe, vor der Welt ihre Reue sogar ein Geheimabkommen mit und Humanität zu demonstrie-


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