Fortschritt durch Reibung

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VINSCHGER GESELLSCHAFT

„Kreativität kennt keine Grenzen“ Regisseurin und Theaterpädagogin Nadia Schwienbacher im Interview Foto: Hannes Tscholl

SCHLANDERS - Weil es aufgrund der Corona-Situation nicht möglich war, das Stück „Der Herr der Fliegen“ von William Golding aufzuführen, hatte sich das Jugendtheater Vinschgau (Juvi) für eine besondere Ausstellung entschieden. Es handelte sich um ein Audiotheater mit dem Titel „Theater trifft Kunst“, das in den Räumen der Hinterbühne im Kulturhaus in Schlanders zu sehen und zu hören war und auf regen Zuspruch stieß. Es war Nadia Schwienbacher, die bereits für das Stück „Der Herr der Fliegen“* als Regisseurin engagiert worden war und auch die Leitung des Nadia Schwienbacher neben einem Kunstwerk von Giulia Nasti. Projektes „Theater trifft Kunst“ übernommen hatte. noch in Präsenz geprobt und der künstlerische Leiter des Veram Freitag hieß es, dass wir die eins, hatte die Idee, dass man der Vinschger: Frau Schwien- Proben einstellen müssen. Die Audio-Stationen machen könnte, bacher, wie frustrierend ist Jugendlichen hatten bereits eine wie die Freilichtspiele Lana im es, wenn man sich als Re- Inszenierung unter der Regie von Sommer 2020. Durch diesen gisseurin monatelang auf Daniel Trafoier durch den ersten Input habe ich ein Konzept entdie Aufführung eines Stü- Lockdown nicht spielen können wickelt und aus dem Erarbeiteten ckes vorbereitet und es dann und nun dasselbe nochmal. Wir wurde Schritt für Schritt ein Autrotz mehrerer Anläufe nicht haben das Einzige getan, was diotheater – Kunstwerke komklappt? möglich war – wir haben uns biniert mit Begleittexten und NADIA: Projekte nicht abschlie- weiterhin wöchentlich online kurzen Audio-Sequenzen aus ßen zu dürfen, belastet – das ist zu Textproben verabredet, um dem aufgenommenen Hörstück. mein Empfinden. Ich hatte in eine rasche Wiederaufnahme den letzten 13 Monaten unter- zu garantieren. Leider wurde Was haben Sie persönlich schiedliche Situationen, da drei uns Anfang des Jahres klar, dass aus dieser besonderen ErInszenierungen corona-bedingt sich die Situation zeitnah nicht fahrung gelernt? nicht gespielt werden konnten. bessern würde und die angeDass Kreativität keine Grenzen Mehrere Anläufe zu nehmen hat dachte Wiederaufnahme nicht kennt. Dass jugendliche Begeismich nicht frustriert, jedoch die in Frage kam. Daraufhin wurden terung neue Welten öffnen kann Tatsache, dass ich den Gruppen, gemeinsam mit den Jugendlichen und dass man einen Weg zu Ende für die ich als Regisseurin und mehrere Möglichkeiten für einen gehen sollte, egal wie steinig er Theaterpädagogin verantwort- Abschluss angedacht und die erscheinen mag. lich bin, situationsbedingt nicht Gruppe hat sich entschieden, immer gerecht werden konnte. das Stück im Tonstudio aufzu- War es schwierig, die DarVielleicht war auch das meine nehmen – einen besonderen stellerinnen und Darsteller, treibende Kraft, dieses Projekt Dank an das Team des „Juze die sich auf das Stück „Der würdig abzuschließen. Freiraum“ für die Nutzung des Herr der Fliegen“ eingeTonstudios. Das hat natürlich schossen hatten, auf diese Wie haben die Juvi-Mitglie- viel Zeit und Arbeit in Anspruch neue Reise mitzunehmen? der das endgültige „Aus“ er- genommen, besonders für die Interessanterweise gar nicht. lebt und wie kam es zur Idee, Jugendlichen, die sich mit den Die Jugendlichen waren für Alles aus dem Erlernten und Ge- Aufnahmen und dem Schnitt be- offen, haben bei jedem Schritt probten das Projekt „Theater fasst haben. Da wir das Hörstück mitgearbeitet und ich muss gestetrifft Kunst“ anzugehen? aus rechtlichen Gründen nur für hen, es gab viele Schritte auf dieAus meiner Sicht war das erste uns produziert hatten, fand der ser Reise. Es gab kein „Das können „Aus“ (Ende Oktober) viel schlim- Ausschuss des „Jugendtheaters wir nicht“ oder „Das schaffen wir mer für die Jugendlichen, denn Vinschgau“, dass diese ganze nicht“. Jeder hat das beigetragen, die Endproben hatten begonnen. Arbeit doch irgendwie genutzt was er konnte und das mit BeAm Donnerstagabend haben wir werden sollte. Daniel Trafoier, geisterung. Ich persönlich glaube,

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DER VINSCHGER 21/21

dass uns das reale Miteinander getragen hat. Wir mussten lange auf reale Begegnung verzichten, das hat nochmal eine eigene Kraft ausgelöst und so konnten wir das Projekt „Theater trifft Kunst“ mit tatkräftiger Unterstützung des Vereins innerhalb eines Monates realisieren. Was war Theater und was war Kunst?

Die Kunst war es, das Theater am Leben zu erhalten. Kleiner Scherz am Rande – oder doch nicht? Theater ist Kunst, genauer gesagt eine Kunstform. Genauso wie Schreiben oder das handwerkliche Gestalten eines Kunstwerks. Diese Kunstformen sind durch die Jugendlichen zum Leben erweckt und miteinander verbunden worden. Dadurch wurden bei den Besuchern unterschiedliche Sinne angeregt, individuelle Assoziationen ausgelöst und es entstand Raum für eigene Gedanken. Die Rückmeldungen waren viel individueller als nach einer Theateraufführung, das hat mich fasziniert. Hat sich die schwierige Situation der Theater- und aller Kulturschaffenden im Zusammenhang mit der Corona-Krise mittlerweile etwas entspannt?

Eine sehr schwierige Frage, da ich nicht für alle Kulturschaffenden in Südtirol sprechen kann. Ich habe erlebt, dass die Kulturschaffenden eine existenzielle Krise durchlebt und dennoch positiv Stand gehalten haben. Ich glaube, die Freude nach sieben Monaten wieder arbeiten zu dürfen, entspannt die momentane Grundsituation. Wobei ich bemerken möchte, dass es ohne die Krise nicht die Gründung der „PERFAS“ gegeben hätte, was für die Kulturschaffenden jetzt schon eine große Bereicherung darstellt und auch der lose Zusammenschluss der Südtiroler Theaterpädagog*innen hat vor Kurzem den Verein „PlatThea


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