Kämpfen für die Bahn

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VINSCHGER THEMA

„Man muss sich Ziele setzen!“ Not Carl: „Bahnverbindung mit der Schweiz liegt politisch exakt im Trend.“ SCUOL/MALS - Not Carl ist nicht nur ein passionierter Alphornbläser, sondern auch ein leidenschaftlicher Verfechter für eine Bahnverbindung Scuol-Mals. Im Interview mit dem der Vinschger gibt er sich überzeugt davon, dass die Zeit für eine solche Verbindung gekommen ist. der Vinschger: Herr Not Carl, Sie haben vor gar nicht langer Zeit eine eigene Facebook-Gruppe gegründet, die mittlerweile auf über 2.200 Mitglieder angewachsen ist, und kürzlich wurde auch die WEB-Seite www. scuol-mals.com freigeschaltet. Was Not Carl will die Arbeitsgruppe „Pro Bahnverbindung Scuol-Mals 2032“ erreichen? Venosta-Grigioni“. Und ein Jahr später NOT CARL: Der Name der Arbeitsgruppe ließ sich LH Kompatscher selbst in großen

drückt es bereits aus. Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher rührt bekanntlich seit Jahren die Trommel für eine Bahnverbindung Mals-Scuol. Anlässlich einer öffentlichen Veranstaltung in Taufers im Münstertal im Jahr 2016 referierte er zum Thema Bahnverbindungen. Die einzige realistische Variante sei für ihn ein Eisenbahntunnel zwischen Mals und Scuol. Leider halte sich aber das Interesse der Schweiz für diese Bahnverbindung in Grenzen. Er sei aber zuversichtlich, eine Möglichkeit zu finden, damit auch die Schweiz mitmache. Seit ich dies 2016 im der Vinschger las, ließ mir das Thema keine Ruhe mehr. Hauptziel unserer heutigen Arbeitsgruppe ist es deshalb, aufzuzeigen, dass auch das Engadin, Graubünden und die Schweiz an der nachhaltigen Mobilität im Dreiländereck und an dieser Bahnverbindung interessiert sind. der Vinschger war also Auslöser für die Bildung der Arbeitsgruppe?

In gewissem Sinne schon. Wenn man sich für das Engadin einsetzten will, kann es nicht gleichgültig sein, was in den Nachbarregionen Tirol und Südtirol geschieht. Wir sitzen ja praktisch alle im gleichen Boot, was die Mobilität in der Terra Raetica anbelangt. So las ich im November 2018 in der Zeitung „l’Adige“ auch den Artikel: „Kompatscher da Juncker: ok alla ferrovia 4

DER VINSCHGER 03-04/21

Fachkommission zu beurteilen, welche Variante technisch machbar, landschaftlich verträglich und bei einer Kosten-Nutzen-Analyse am ehesten sinnvoll und zu priorisieren ist. Man muss dabei bedenken, dass die Reschenbahn allein zwischen Pfunds und Nauders über 400 Höhenmeter überwinden müsste und sich dann über die offene Malser Haide wieder 350 Höhenmeter nach Mals hinunterwinden müsste. Obwohl der Reschenpass landschaftlich durchaus seine Reize hat, sollte die neue Bahnverbindung unseres Erachtens auch einen massiven Reisezeitgewinn anstreben. Dazu eignet sich die Reschenroute nicht.

Welche Vorteile hätte eine Bahnverbindung mit der Schweiz für den Schweizer Zeitungen mit der Aussage zitie- Vinschgau und Südtirol bzw. für ren, die EU könnte bis zu einem Drittel der Graubünden und die Schweiz?

Die neue Verbindung würde eine VerlänKosten einer Bahnverbindung Mals-Scuol übernehmen. Da fiel bei mir der Groschen, gerung der erfolgreichen Erlebnisbahn von zumal der Engadiner Großrat Mario Salis Zermatt und St. Moritz bis nach Venedig die Aussagen von LH Kompatscher im bedeuten, an welcher insgesamt sieben Bündner Parlament thematisierte. UNESCO Welterbe-Stätten liegen. Damit würde der sogenannte Glacier-Express, der Wie ist derzeit die Stimmung im En- schon heute zu den „Top Ten“ der schönsten gadin, im Kanton Graubünden und Eisenbahnen der Welt gehört, noch massiv in der gesamten Schweiz in Bezug an Attraktivität gewinnen und dies zum einer Bahnverbindung Scuol-Mals? Wohle aller angeschlossenen Regionen. Nun, die von mir gegründete Facebook- Die Erfolgsgeschichte des Glacier-Express Gruppe mit zwischenzeitlich 2.270 Mitglie- belegt, dass eine solche Erlebnisbahn auch dern ist ein Indiz dafür. Im Engadin stelle großes volkswirtschaftliches Potential birgt. ich bei gewissen Leuten eine regelrechte So werden schon heute rund 40% der SomEuphorie fest und es ist auch nicht selbst- mer-Logiernächte von St. Moritz direkt verständlich, dass vor rund einem Monat oder indirekt über den Glacier-Express über die Hälfte aller Parlamentsabgordne- generiert und dieser hat seit dem Relaunch ten Graubündens einen entsprechenden von 1982 bis heute über 8 Millionen Gäste „Auftrag“ an die Regierung unterzeichnet beglückt. Zudem ist heute - und hoffentlich haben, die Angelegenheit voranzutreiben. auch nach dieser schlimmen Coronazeit das sogenannte „Touring“ absolut im Trend. Kommt für die Arbeitsgruppe als Ja, im Tunnel Scuol-Mals und in jenem nach mögliche Verbindungs-Achse aus- Bormio könnten sogar elektrische Hochschließlich Scuol-Mals in Frage oder spannungskabel nach Italien verlegt werden, wären auch andere Varianten denk- nachdem in Scuol die internationale ACHIbar, wie etwa die Reschenbahn? Leitung vorbeiführt. Das wäre wohl auch Hauptziel unserer Arbeitsgruppe ist, die günstiger als die jetzt geplanten 85 Mio. nachhaltige Mobilität im Dreiländereck von Euro der Terna am Reschenpass und zudem der Basis aus voranzutreiben. Es ist Sache würden damit viele Hochspannungsmasten der nun durch die Länder eingesetzten verschwinden.