Nach der Windlahn

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VINSCHGER GESELLSCHAFT

Lebensqualität und Energieeffizienz als Programm Sie leben zufrieden zwischen Stadt Meran und Tourismushochburg Naturns PLAUS - Für Bürgermeister Jürgen Klotz verlangt seine 3. Amtsperiode Anpassungsfähigkeit. Sein Gemeinderat ist zu zwei Dritteln erneuert worden. Im Ausschuss sitzen ihm mit Jannine Raich, Viktoria Weithaler und Andreas Köll drei neue Gesichter gegenüber. Zum ersten Mal wird er durch eine Vizebürgermeisterin vertreten. Zum ersten Mal stellen im Ausschuss zwei Referentinnen „ihre Frau“. Was sich nicht verändert und seit 11 Jahren bewährt hat, ist ebenfalls eine Plauser Besonderheit. Die 737 Bürgerinnen und Bürger werden von zwei Listen vertreten, die sich seit 2009 immer ergänzt, aber nie bekämpft haben. Ebenfalls besonders ist auch die Verteilung der Kompetenzen im Ausschuss. Jedem Ausschussmitglied wurden klar abgrenzbare Bereiche zugeteilt und jeder erhielt sozusagen eine „soziale Note“ als Draufgabe. So wird Bürgermeister Klotz neben Urbanistik und Finanzen u.a. auch mit Kultur beschäftigt sein. Stellvertreterin Raich hat nicht nur Straßen und Bauhof über, sondern auch die Spielplätze, den sozialen Wohnbau und allgemein Soziales. Weithaler bekam

Im Bild der Gemeindeausschuss: Jürgen Klotz, Jannine Raich, Andreas Köll und Viktoria Weithaler (v.l.)

Schulen, Handel und Handwerk zugeteilt, aber auch den Plauser Kindersommer, das Brauchtum und die Tradition. Köll hat sich neben Landwirtschaft und Recyclinghof um den sozialen Wert des Sports zu kümmern. In seiner programmatischen Erklärung tritt Bürgermeister Jürgen Klotz zum 3. Mal mit dem Versprechen an: „Das Allgemeinwohl soll bei allen Entscheidungen des Gemeinderates stets im Mittelpunkt stehen“. Dass es keine Floskel war, hat er bewiesen. In den nächsten fünf Jahren dürfte es ebenso sein. Dass es sich in der Kleingemeinde Plaus gut leben lässt, hat die Zunahme der Einwohnerzahl bereits bestätigt. Im programmatischen Dokument des ersten Gemeindebürgers verbergen sich weitreichende und verhältnismäßig

aufwändige Maßnahmen nur in den Punkten „Energieeffizienzmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden und Infrastrukturen“, in „Lebensqualität und Umwelt erhalten, Trinkwasserversorgung optimieren“ und im „Erweitern des Festplatzes, des Schulhofes, der Außengestaltung des Pixnerhauses und einer Machbarkeitsstudie zum Bau einer neuen Turnhalle“. Die Energieeffizienz will man in Plaus mit der „energetischen Sanierung“ des Kindergartens und der Umstellung auf Erdwärme für alle öffentlichen Gebäude erreichen. Hinter der Optimierung der Trinkwasserversorgung steckt nicht die mangelhafte Wasserqualität, sondern die Vorsorge, nicht von einer einzigen Quellfassung im Melztal abhängig zu sein. Einer Umgestaltung des Dorf-

bildes kommen die Maßnahmen rund um das Projekt „Pixnerhaus“ gleich. Auf den Schwerpunkt Lebensqualität weisen eine ganze Reihe von Programmpunkten hin wie „Stärkung der Familien durch den Plauser Kindersommer“, „Verkehrssicherheit und Schutz vor Einbrüchen“ durch Beteiligung an den Sicherheits- und Überwachungsprojekten der Bezirksgemeinschaft Vinschgau. Beiträge zur Lebensqualität der Plauser enthalten die Punkte „Stärkung der Nahversorgung“ und „Verbesserung der Straßen und des Glasfasernetzes“. Das CoronaVirus hat den Punkt „Schutz der Gesundheit“ angeregt. Dabei hat man in Plaus die Durchführung von Schutz- und Präventivmaßnahmen nach Vorgaben von Staat und Land im Auge. Zur Chefsache erklärt hat Bürgermeister Klotz die Förderung der Vereine und der Kultur. Im Zusammenhang mit der seit 1972 bestehenden Partnerschaft zwischen Plaus und der Gemeinde „Weisenheim am Berg“ (Rheinland Pfalz) steht ein rundes Jubiläum bevor. GÜNTHER SCHÖPF

AUFGESPÜRT & AUSGEGRABEN (58)

Die Zeiten sind hart Im Frühjahr hatte der Großteil der Menschen noch das Gefühl, die ganzen Einschränkungen brächten wesentliche Verbesserungen und mit Zähne-Zusammenbeißen und Durchhalten werde man schon aus der Krise kommen. Manch einer sah in der ganzen Misere sogar neue Chancen für ein entschleunigtes und damit besseres Leben. Die Ernüchterung war umso härter. Und der eine oder andere spricht davon, dass das eben der Krieg sei, den unsere Generation erlebt. Aber wie sah denn das Leben vor 100 Jahren aus? Blättern wir zurück zum Jänner 1921 und werfen einen Blick in die Tageszeitung „Der Tiroler“. Die Regierung in Rom erlässt ein Dekret nach dem anderen. In Deutschland halten die Minister die Zwangsbewirtschaftung aufrecht. Jugoslawien rüstet sich zum Bürgerkrieg. In Dublin werden wegen Ausschreitungen Stadtviertel abgesperrt und zahlreiche Personen verhaftet. Tanzunterhaltungen sind nur gegen Auflagen möglich. Beamte im Veneto bekommen im Vergleich zu jenen in Südtirol eine doppelt so hohe Gehaltserhöhung („In Italien gilt es als besondere Regierungs-

weisheit, nicht dem was zu geben, der gerechten Anspruch darauf hat, sondern nur dem, der zumindest droht, binnen 48 Stunden zu streiken.“). Nachdem man die Spanische Grippe ausgesessen hat, beschäftigt man sich mit der Maul- und Klauenseuche. Mehrere Länder benötigen Hilfsgelder, um die Situation der Bevölkerung zu lindern. Das Wort der Obstbauern hat Gewicht. In Südtirol ist es verboten, Masken zu tragen (aha, es geht also auch andersrum!). Lehrer haben Forderungen an das Finanzministerium. Werbung für Seife wird geschaltet. Man hofft auf einen Witterungswechsel. Die Wirtschaft beklagt unerhörte Zumutungen. Die parlamentarische Lage in Italien ist angespannt. Südtirol möchte seinen eigenen Weg gehen. Und schließlich die Erkenntnis: „Macht muss mit Weisheit gepaart sein.“ Z

DER VINSCHGER 01/21

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