VINSCHGER GESELLSCHAFT
Organisatoren und Referenten: Herbert Raffeiner, Manfred Schlapp, Bürgermeister Alois Frank, Mercedes Blaas, Gustav Pfeifer, Waldtraud Kofler Engl, David Fliri, Christof Anstein, Giorgio Fedele, Helmut Stampfer, Othmar Parteli und Concino de Concini (v.l.)
„Großartiges, kulturelles Erbe“ Die Vergangenheitsbewältigung „zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit“ ging in Glurns wissenschaftlich über die Bühne. GLURNS - Die Erstnennung als
„stat“ im Jahre 1304 war Grund für das 1. Symposium des Südtiroler Kulturinstituts. Das 2. erinnerte 1999 an die Schlacht an der Calven 1499. Die 3. Tagung befasste sich im Jahre 2006 mit dem Abschluss der Stadtsanierung unter dem Titel „Bilder der Vergangenheit - Visionen für die Zukunft“. 2018, 12 Jahren später, rechtfertigte Bürgermeister Alois Frank das 4. Symposium so: „Es haben sich neue Erkenntnisse ergeben. Die Bürgerschaft und Stadtverwaltung brauchen stetes Wissen, um die Stadt angemessen verwalten zu können.“ Er dankte Schuldirektor und Geschichtskenner Herbert Raffeiner für die Tagungsleitung und wies auf frühere Publikationen und Diplomarbeiten über Glurns hin. Als stellvertretende Vorsitzender des Kulturinstituts nannte Othmar Parteli Glurns ein „großartiges, kulturelles Erbe“, dessen Geschichte man kennen müsse, um die Zukunft zu gestalten.
Wappengebrauch in Glurns an der Zeitenwende“ befasst. Nach ausführlichen Informationen zum Stadtwappen und zum Wappenbrief verwies er auf Verwechslungen der Maler und Restauratoren an den Tortürmen. Die Heraldik auf dem Gedenkstein des landesfürstlichen Pflegers Jörg von Liechtenstein in der Pfarrkirche sei laut Pfeifer ein Versuch, sich zum landständischen Adel zu rechnen. Unverzichtbar für die Geschichte des Oberen Vinschgau stellte Tagungsleiter Raffeiner die aus Mals stammende Historikerin Mercedes Blaas vor. Ihr Thema war „das Verhältnis der Stadt Glurns zu den Gotteshausleuten“, wie die Gefolgsleute des Fürstbischofs von Chur genannt wurden. Sie zeichnete die schwierige Lage dieser Gruppierung nach, die gegenüber den „Herr-
schaftsleuten“, den Untertanen des Landesfürsten, zu einer Minderheit wurde und die man zum Teil für die Niederlage von 1499 verantwortlich machte. „Trotz des noch jungen Alters“ käme man an David Fliri aus Taufers im Münstertal nicht vorbei, meinte Raffeiner, als er das Referat „Landesfürstliche Verwaltung vor Ort. Glurns als Gerichtssitz im 16. Jahrhundert“ ankündigte. Nach den Hinweisen, dass Bauernführer Michael Gaismair 1525 in Glurns ein Herrschaftssymbol sah, dass es zu vernichten gelte, ging Fliri auf die Rechtsprechung für die Untertanen des Bischofs, des Landesfürsten, der Matscher, der Klöster Marienberg und St. Johann in Müstair ein. Dass nicht erst beim Glurnser Mäuseprozess Tiere angeklagt und verurteilt wurden, versuchte der Inns-
Zwischen Bischof und Fürst Mit Gustav Pfeifer eröffnete ein ausgewiesener Experte für Adelsforschung, Wappen- und Siegelkunde, die Reihe der Referate. Er hatte sich mit dem „Glurnser Stadtwappen von 1528 und dem
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DER VINSCHGER 38/18
Bei den Vorarbeiten zu einer „tesi di laurea“ in Architektur wurde Glurns als ausgeklügelte Stadt der Renaissance entdeckt.
brucker Philosoph Manfred Schlapp zu beweisen. Der Mäuseprozess sei wegweisend, behauptete er, es sei die Geburtsstunde des „Tieranwalts“. Glurns als Kopfgeburt Giorgio Fedele aus Bozen und Concino de Concini konfrontierten die Teilnehmer mit der Tatsache, dass Albrecht Dürer neben Leonardo da Vinci am „Congresso internazionale di Malles e Bormio“ teilgenommen habe. Bereits 1979/80 hätten sie herausgefunden, dass Glurns kein Zufallsprodukt, sondern eine präzis vermessene und geplante Idealstadt sei. Nach intensivem Studium sei es ihnen auch gelungen, jenen Platz unter den Lichtenberger Höfen ausfindig zu machen, von dem aus Deutschlands größter Renaissance-Künstler im Jahre 1498 einen Teil der Obervinschger Landschaft für sein Selbstbildnis - heute im Prado-Museum von Madrid - überblickt und übernommen habe. Zur Beweisführung hatten der Architekt und der Historiker einen überdimensionalen Atlas angefertigt und im Rathaussaal ausgestellt. Als Schlüsselbeitrag für Glurns bezeichnete Bürgermeister Frank den Vortrag „Das Bild der Stadt im Spiegel der modernen Denkmalpflege. Wie