VINSCHGER THEMA
Das Schludernser Kulturhaus war bei der Grenzpendlertagung einmal mehr bis auf den letzten Platz gefüllt.
Sorgen und Euphorie an der Grenze Die Grenzpendler im Vinschgau haben Tradition. Genauso wie die vielen Unsicherheiten, welche dieses Phänomen mit sich bringt. SCHLUDERNS - „Mein Uropa machte sich noch zu Fuß auf dem Weg ins schweizerische Münstertal“, erzählt der Latscher Richard Theiner. So wie dem Uropa des Landesrats erging es früher vielen. Schon vor rund 100 Jahren machten sich Menschen aus dem Vinschgau auf den Weg in die nahe gelegene Schweiz, um dort zu arbeiten. Schon früher waren es vor allem wirtschaftliche Gründe, welche die Grenzpendler bewegten. Heute, Jahrzehnte danach hat sich im Vinschgau so einiges geändert. Bettelarm ist er nicht mehr, der obere Vinschgau. Arbeit findet man im Tale reichlich. Und dennoch ist sie geblieben, die Tradition der Grenzpendler. Heute fast mehr denn je, wie am Wochenende bei der 46. Grenzpendlertagung in Schluderns klar wurde. Den enormen Stellenwert dieser Grenzpendler sah man zum einen am voll besetzten Kulturhaus und zum anderen an der geballten Vinschger Polit-Prominenz und den vielen Experten, die sich am Podium versammelt hatten. Dies sollte auch von Nöten sein, denn, genauso traditionell wie das Phänomen Grenzpendler
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DER VINSCHGER 01/17
sind seit jeher auch die damit einhergehenden Unsicherheiten. Zumindest einige Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen hat sich die KVW-Arbeitsstelle für Südtiroler Heimatferne, „Südtiroler in der Welt“, zur Aufgabe gemacht. „Um Klarheiten zu schaffen, versuchen wir schon seit 1972 alljährlich kompetente Menschen einzuladen“, so Erich Achmüller, der Vorsitzende der Arbeitsstelle für die Südtiroler in der Welt. Zwar arbeiten wohl bis zu 1500 Vinschger in der benachbarten Schweiz, Grenzpendler gibt es offiziell hingegen rund 850, wobei als Grenzpendler nur jene angesehen werden, die täglich in die benachbarte Schweiz oder nach Nordtirol hin und zurück pendeln. Schon alleine der Begriff Grenzpendler bringe gar einige Unsicherheiten mit sich, zum Beispiel in Sachen Steuern. Mehr Klarheiten schaffen möchte in Zukunft Christine Stieger. Sie leitet die neue Anlaufstelle für Grenzpendler in Mals (siehe eigener Artikel). „Nur wer nicht weiter entfernt als 20 Kilometer an der Grenze wohnt und täglich pendelt, ist für die Schweizer ein
Grenzpendler“, so Stieger. Nur diese müssten in Italien nichts versteuern.
Auf viele der Grenzpendler trifft dieser 20-Kilometer-Radius zu. Schließlich kommen nicht wenige aus Taufers im Münstertal und pendeln ins benachbarte Val Müstair in die Schweiz. Überhaupt ist dieses Val Müstair im Kanton Graubünden ein Mek-
ka für Grenzpendler. Rund 40 Prozent der Tauferer Arbeitnehmer pendeln. Auch zur Freude der Schweizer. „Wir brauchen die Grenzpendler“, betonte Rico Lamprecht bei der Grenzpendlertagung. Lamprecht ist der Gemeindepräsident von Val Müstair und zudem als Abgeordneter im Kanton Graubünden politisch aktiv. Er weiß: „Unser Tal ist von Abwanderung betroffen“. So seien die Vinschger Grenzpendler im Val Müstair eine Realität auf welche die Schweizer nicht verzichten
Erich Achmüller: „Wir wollen Unklarheiten aus dem Weg räumen“.
Christine Stieger, sie informiert in der Malser Beratungsstelle.
Val Müstair: Mekka für Grenzpendler