VINSCHGER GESELLSCHAFT
„Haben es uns nicht leicht gemacht“ Mehrheitliches Ja zum Lindenhof-Projekt NATURNS - Mit 11 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und 3 Enthaltun gen stimmte der Gemeinderat von Naturns am 22. Mai dem Durch führungsplan der Tourismuszone Hotel Lindenhof zu. Einen Durch führungsplan hatte der Gemeinderat bereits im Mai 2016 im Zuge der Ausweisung dieser Tourismuszone als Vorlage festgeschrieben. Zumal für Tourismuszonen in der Gemein de Naturns eine Baudichte von 3,5 Kubikmetern pro Quadratmeter gilt, kommen in der Lindenhof-Zone ca. 10.500 Kubikmeter neu dazu. Wie Bürgermeister Andreas Heidegger vorausschickte, habe man sich in Gesprächen, Lokalaugenscheinen und Sitzungen mit dem Bauherrn, mit Experten und auch mit Anrai nern darum bemüht, dieses große Bauvolumen möglichst sinnvoll und verträglich auf die Zone zu verteilen. Herausgekommen sei der Vorschlag, 3 neue Baukörper zu errichten, die sich vom bestehenden Hauptge bäude abheben sollen. Der Durch führungsplan sehe unveränderbare Bauhöhen vor. Für den höchsten Baukörper seien 20,9 Meter fest geschrieben. Geplant ist eine Art Turm, der auf einem ca. 5 Meter hohen Sockel errichtet wird und 5 oberirdische Stockwerke vorsieht. „Auch die Fachleute sind der Ansicht, dass es besser ist, ein schlankes und hohes Gebäude zu errichten als in die Breite zu gehen“, so Heidegger. Außerdem sei ein größerer Abstand zum Gefallenen-Denkmal einplant worden, „denn das Denkmal braucht Raum und Würde.“ Valentin S tocker wartete als Ratsmitglied und auch im Namen der SVP-Fraktion mit grund sätzlichen Überlegungen auf. Es sei viel über das nicht unumstrittene Projekt diskutiert worden. Man habe sich das Ganze nicht leicht gemacht. „Es geht um die Sache, nicht darum, jemandem einen Wunsch zu erfül len“, so Stocker. Auch über Grund satzfragen sei ernsthaft nachgedacht worden: Was verträgt Naturns? Was verträgt der Bauplatz? Was ist der Umgebung zuzumuten? Welchen Stellenwert soll der Tourismus in
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Die SVP-Räte stimmten geschlossen für das Lindenhof-Projekt.
Naturns in Zukunft haben? Auch über die Frage, ob man in Naturns eine vorstädtische Verbauung zu lassen soll, sei nachgedacht wor den. Stocker sprach sich dafür aus, markante Neubauten nicht strikt abzulehnen. Das gelte im privaten Bereich ebenso wie im öffentlichen. Auch das neue Naturparkhaus sei als markanter Neubau anzusehen. Als ausschlaggebend für das Hotel projekt nannte er die Materialwahl und die äußere Gestaltung. Der Bauherr mag im Volksmund zwar als „Großer“ gelten, doch bestimm te Grundsatzüberlegungen seien gleichermaßen auch bei kleineren Bauvorhaben anzustellen. Den pau schalen Einwand von Kurt Fliri (Zu kunft Naturns), wonach „ein Kleiner nichts darf, ein Großer aber alles“, wies Vizebürgermeister Helmut
Müller strikt zurück. Für Annelies Fliri (Zukunft Naturns) ist eine wirt schaftliche Entwicklung zwar zu begrüßen, „aber wir müssen uns fragen, in welchem Rahmen und wo wir mit dem Tourismus hin wollen.“ Sie gab zu bedenken, dass mehrere Privatzimmervermieter die Tätig keit aufgelassen haben, wenngleich im Tourismusentwicklungskonzept steht, dass die Vielfalt der touris tischen Betriebe zu unterstützen ist. Margot Tschager Svaldi (Zukunft Naturns) sieht nicht im Bau selbst das Problem, sondern im Stand ort: „Mein Problem ist das Gefalle nen-Denkmal. Wer künftig dorthin geht, sieht einen 20 Meter hohen Turm vor sich.“ Laut Hans Pöll (un abhängiges Ratsmitglied) „wurden bis dato die Großen immer größer“. Das mag rechtlich zwar in Ordnung
sein, „aber wir müssen uns fragen, ob das für die Allgemeinheit wirklich alles gut ist oder ob der Bogen über spannt wird.“ Pöll verglich das Ganze mit einer Geschwulst, die wächst und wächst. Er könne sich mit dem Lindenhof-Projekt nicht identifizie ren. Zeno Christanell (SVP) meinte, dass es zwar gelungen sei, „unter den gegebenen Bedingungen das Beste zu machen“, räumte zur Ausweisung von Tourismuszonen insgesamt aber selbstkritisch ein, „dass es uns nicht bewusst war, um welche Baumassen es sich handelt.“ Man hätte schon vor der Ausweisung eine Expertise einholen sollen. Marianne Holzeisen Bauer (SVP) kündigte zwar ihre Ja-Stimme an, äußerte aber vie le Bedenken: „Es steht Gewaltiges an in einem sensiblen Ort.“ Die Kriterien für die Ausweisung von Tourismuszonen seien neu zu re geln. Astrid Pichler (SVP) hingegen sprach von einem sehr mutigen Projekt, das der gesamten Wirt schaft viel bringe. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Eine bestimmte Verstädterung sei zu begrüßen. Auch der Bürgermeister meinte: „In die Höhe wird es gehen müssen. Wichtig ist wie.“ Bei der Abstimmung sprachen sich 11 Räte für den Rechtsplan des Projektes, die Durchführungsbestimmungen und den technischen Bericht aus. Hans Pöll, Margot Tschager Svaldi, Anne lies Fliri und Kurt Fliri waren dage gen, Evi Prader (Zukunft Naturns) sowie Natascha Santer Zöschg und Benjamin Theiner (beide Süd-Tiroler Freiheit) enthielten sich der Stimme. SEPP