Die Krippe

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VINSCHGER THEMA

Figur nach Bachlechner-Vorlage, geschnitzt von Andreas Ausserer (Sattlerander), Laas

erhielt, wenn beispielsweise zu den ländlich aussehenden Figuren solche im orientalischen Kleid, neben Tannen auch Palmen auf den Krippenberg gestellt wurden. Und manche exotischen Tiere, die man nur vom Hörensagen kannte, kamen als merkwürdige Gebilde zur restlichen Krippengesellschaft hinzu. Einfache Volkskrippen Viele dieser einfachen Volkskrippen, seien es sog. ­alpenländische Heimatkrippen oder orientalische Krippen, entstanden zur Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert. Bis in die Nachkriegszeit herauf zählen sie zu den originellsten, weil sich die Volksseele in ihnen spiegelt. Vor dem Hintergrund sozialer Not und harter, bäuerlicher Arbeit war die Auseinandersetzung mit der Welt der Krippe für deren Schöpfer Ausdruck gelebter Volksfrömmig-

Foto: Sepp Laner

ausgestellt oder in Privathäusern, beim traditionellen „Krippeleschauen“, in der Weihnachtszeit zu bewundern. Eine Sonder­stellung nahmen die handgemalten Papierfiguren ein, welche bereits im 18. Jahrhundert von berufsmäßigen Malern mit Pinsel und Farbe zu echten Meisterwerken gestaltet wurden. Bekannt wurden auch die Bretterkrippen, die meist nach künstlerischen Bildvorlagen auf Holztafeln gemalte Figuren und Figurengruppen mit ausgeschnittenen Konturen waren. So konnten die teuren, vollplastischen Figuren ersetzt werden. Anzuführen ist die Bedeutung der Bildhauerkunst im Grödner Tal, die sich in der Ausstattung von Kirchen Weltruf schuf. Der begabte Figuren­schnitzer ließ sich in früherer Zeit von den Geschichten und mitgebrachten Bildern aus dem Heiligen Land inspirieren, weshalb die selbstgefertigte Krippe häufig eigenartige Züge

Orientalische Krippe von Gerda Kerschbaumer im Rahmen der Krippenausstellung im Schloss Goldrain (Dezember 2016).

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Krippenfiguren von Martin Strimmer, Laas

keit. An der Hauskrippe hat der Krippenbauer wohl selbst einfühlsam und innerlich den Entschluss der Hirten nachvollzogen: „Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen …“ (Lukas 2, – 15). Vielleicht aber war das Krippenschnitzen – sofern nicht gewerblich betrieben und für den Lebensunterhalt bestimmt – auch ein sinnvoller Zeitvertreib während der kalten und dunklen Winterzeit.

in den Jahren des zunehmenden Wohlstandes „aus der Mode“ gekommen waren. Weihnachtskrippe gewinnt ihre Bedeutung zurück

Erst durch die verstärkten Bemühungen der wieder erwachten Krippenvereine gewann die Weihnachtskrippe ihre Bedeutung zurück: Die Krippenbaukurse erfreuen sich großer Beliebtheit bei Alt und Jung und tragen unter dem Gesichtspunkt ihrer reli­ Josef Bachlechner als Vorbild für die Tiroler Weihnachtskunst giösen, künstlerischen und heimatkundlichen Bedeutung und Ein begehrtes Vorbild für die der Verbreitung des KrippengeTiroler Weihnachtskunst war der dankens in der Öffentlichkeit zum Bildhauer Josef Bachlechner (1871 Erhalt des edlen Volksgutes bei. in Bruneck; † 17. Oktober 1923 Und für den Krippenfreund selbst in Hall), dessen Witwe Klara mit gibt es kein schöneres Weihnachdem „Bachlechner Buch“, her- ten als an der Krippe! ausgebracht 1928, große Begeisterung bei den Krippenfreunden Literatur: ausgelöst hat. Die Figuren wur- -- Rehm, Adolf; Krippen aus drei den nach seinen zeichnerischen Jahrhunderten, München 1996 Entwürfen geschnitzt oder noch -- Waldner, Franz; aus den vom Künstler selbst ver- Laaser Krippelen, Laas 1985 öffentlichten Ausschneidebögen -- Bachlechner, Wwe. Klara; auf Holzbrettchen geklebt und Das Bachlechner Buch, mit der Laubsäge ausgesägt. Zu- Innsbruck 1929 sätzlich holten sich die Krippen- -- Mayr, Anton, Finsterwirt und begeisterten praktische Tipps aus Plattner, Ferd.; Der Krippen­ veröffentlichten Anleitungen zum bau, Brixen 1925 Krippenberg-Bau und tauschten -- Egg, Erich – Menardi, H ­ erlinde; gegenseitig die „Geheimnisse aus Das Tiroler Krippenbuch, der Krippenwerkstatt“ aus. Doch ­Innsbruck 1985 nicht selten wurden dann die -- Landesverband der Tiroler Krippenstücke aus mangelndem Krippenfreunde; Krippenschauen in Tirol, Interesse der Nachbesitzer, auch in Verbindung mit Auswande- Innsbruck 2009 rerschicksalen, verkauft. Dabei gingen etliche Volkskrippen unwiederbringlich verloren, bzw. sie verschwanden auch, weil sie – im Staub der Dachböden zerfallen -


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