Hannah Weinz, Tabuisierung und Enttabuisierung von Sexualität im Alter

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Tabu von Sexualität im Alter

Einstellungen älterer Menschen zur Sexualität betroffen. Folglich werden sich auch Ärzte scheuen, in der Begegnung mit alten Menschen das Thema von sich aus auf Sexualität zu lenken (vgl. Kolle (2003), S. 51).

5.3.3. Die Mikrosystemebene Für die Analyse des Tabus Alterssexualität wichtige Mirkosysteme sind Systeme im direkten Umfeld älterer Menschen. Hierzu gehören die Familie und weitere Verwandte, sowie Freunde, Bekannte und Nachbarn. Einstellungen und Einflüsse dieser Systeme auf Sexualität im Alter werden hier beschrieben.

5.3.3.1.

Das Tabu von Alterssexualität innerhalb der Familie

Der Umgang mit Sexualität ist in der Generationenfolge stark tabuisiert. Nach Freuds Psychoanalyse erkennen Kinder im Laufe ihrer dritten Entwicklungsphase (genitale Phase) zum ersten Mal Mutter und Vater als unterschiedliche Geschlechtswesen, auch das eigene Geschlecht wird wichtig. Weil Kinder nun eine Sehnsucht nach Intimität mit dem anderen Geschlecht entwickeln, richten sie ihre libidinöse Energie auf das gegengeschlechtliche Elternteil. Der Ödipuskonflikt tritt dann auf, wenn die Eltern diese Sehnsucht ablehnen und das Kind in dieser Hinsicht zurück weisen. Durch die Verinnerlichung dieses Verbots lernt das Kind seine Sehnsucht zu unterdrücken. Gleichzeitig nimmt es eifersüchtig wahr, dass die libidinöse Sehnsucht, die es selber spürt, zwischen den Elternteilen ausgelebt wird. Diese Kränkung verdrängt das Kind und macht so die sexuelle Aktivität der Eltern für seine eigene Wahrnehmung ungeschehen. Eben diese Verdrängung, dass die eigenen Eltern das miteinander teilen, was dem Kind verwehrt bleibt, führt dazu, dass die Vorstellung entsteht, dass die Eltern nicht sexuell miteinander verkehren. Obwohl es aus biologischer Sicht nicht möglich ist und das Kind das irgendwann lernt, hält das Kind auch als Jugendlicher und häufig auch als Erwachsener an dieser Vorstellung fest. Faktoren, die eine solche Vorstellung über nicht vorhandene sexuelle Aktivität der Eltern begünstigen, sind die generelle Tabuisierung von Sexualität innerhalb der Familie aufgrund religiöser oder ideologischer Weltanschauungen, sowie eine instabile Identität des erwachsenen 65


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