Magazin 2015 web

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skanisch vorkommen Kultur

Was einem wirklich toskanisch vorkommen kann

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un endlich erfahren wir auch, mit wem wir es zu tun haben: Anton Lüftenegger, seines Zeichens nicht nur Bürger allhier. Wenn er das in aller Bescheidenheit feststellen dürfe, „auch nicht ganz unvermögend“. Allerdings sei er nicht durch die Schmelztiegelfabrikation zu Wohlstand gelangt. Schließlich habe es hier noch anderes gegeben. Das soll uns erst einmal genügen. Wir folgen der Aufforderung des feinen Herrn und tauchen in den folgenden Etappen noch tiefer ein in die bewegte Vergangenheit des Ortes. Zurück in die Epoche, der Lüftenegger entsprungen ist. In die Zeit Napoleons, als die komplizierten Verhältnisse geistlicher und weltlicher Herrschaft ein Ende nahmen. „Die Fürstbischöf´“ ihren Fürstenrang verloren hatten und – wer von uns hätte das gedacht – Obernzell, das bis dahin rund sechshundert Jahre zum eigenständigen Hochstift Passau gehört hatte, sogar für kurze

Zeit toskanisch wurde. Ins Besitztum von Großherzog Ferdinand gelangte, einem Habsburger. Zu Bayern also – so hören wir mit Erstaunen – kam Obernzell ziemlich spät, nämlich erst im Jahre 1806. Wie aber ist der Ort zu seinem heutigen Namen gelangt? Dazu gehen wir auf unserer Zeitreise zunächst noch weiter zurück und machen am fürstbischöflichen Schloss zu Obernzell Station. Eigentlich nicht zu übersehen: Gehört der prächtige Bau – idyllisch am Donau-Ufer gelegen – doch zu den auffallendsten

Gebäuden des Marktes. Dort findet sich auf einer Inschrift ein möglicher Schlüssel, wonach im Jahre 1580 der Fürstbischof Urbach von Trenbach die Burg zu Obernzell habe von Grund auf renovieren lassen. Bezog sich also Obernzell ursprünglich gar nicht auf den Ort als Ganzes, sondern wurde erst später darauf übertragen? Nicht die einzige Erklärung, lässt uns Herr Lüftenegger wissen: Auch würde man mutmaßen, dass es im Gegensatz zum nahen Engelszell geschehen sei – eben das Zell oberhalb des Flusslaufs.

Keramikmuseum Obernzell T I P P

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Aus der spannenden Geschichte einer alten Handwerkskunst

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o einst lange Zeit überall rundum noch in den Brennöfen das Feuer loderte und sogar einmal eine Zweigstelle der berühmten Nymphenburger Porzellan-Manufaktur eingerichtet werden sollte, findet sich heute ein Museum besonderer Art: das Keramikmuseum im ehemals fürstbischöflichen Schloss zu Obernzell. Rund zwölfhundert Aus-

stellungsstücke erzählen hier von der faszinierenden Geschichte einer alten Handwerkskunst, für die der Ort vormals weltbekannt war. Und die über die Region hinaus in ganz Bayern auf eine lange Tradition zurückblickt. Eine Zeitreise von der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart, bei der man verschiedene keramische Techniken und Herstellungsvorgänge kennenlernt, aber auch viel über die unterschiedlichen Verwendungen erfährt – bis hin zur Industrieproduktion und Keramik unserer Tage.

Der Eintritt in das Museum ist kostenfrei. Die Öffnungszeiten findet man unter www.obernzell.de 24


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