Autoritär, Elitär, Reaktionär

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1.1. Erziehungsmethoden und Ablauf

Burschenschaften und Corps haben ein klar formuliertes Ziel; eine Erziehung zur Elite. Der Erziehung liegt neben ideologischen Größen (naturalistisches Weltbild, Erziehung zum Mann) ein psychologisches Modell zugrunde, das Bedürfnishierarchie und -Befriedigung thematisiert. Im »Nachwuchshandbuch für Corpsstudenten«1 werden die Bedürfnishierarchie und -Befriedigung detaillierter behandelt, anhand der so genannten »Bedürfnispyramide nach Maslow«2. Diese »Bedürfnispyramide« gibt einen Einblick in die Konzeption des Ablaufs einer Werbung um Mitglieder und des Ablaufs der Karriere im Corps. Interessant ist vor allem, dass dieses Konzept von Burschenschaften selbst genutzt wird. Die Bedürfnishierarchie nach Maslow besteht aus fünf Stufen, von denen vier für Corps relevant sind und deswegen im Folgenden kurz erläutert werden.

1. »physiologische Bedürfnisse« Die physiologischen Bedürfnisse umfassen basale Bedürfnisse wie die Nahrungsaufnahme oder Sexualität, was von Seiten der Burschenschaften durch das Bereitstellen von Nahrungsmitteln und Getränken befriedigt wird. Das sexuelle Bedürfnis wird im Nachwuchshandbuch jedoch nicht erwähnt, genannt seien hier nur der Ersatz des Weiblichen und die unterdrückte Homoerotik (siehe Artikel »Burschis kuscheln nicht«), wie es beispielweise in dem Verhältnis von Fuchs zu Fuchsmajor3 zu Tage tritt.

2. »Sicherheitsbedürfnisse« Das Sicherheitsbedürfnis umfasst nicht nur das Bedürfnis nach materieller Sicherheit, sondern auch das Bedürfnis nach einer sicheren Identität. Burschenschaften erfüllen dieses Bedürfnis durch ihr Konzept vom Lebensbund (die rituelle Abmachung, sich ein Leben lang zur Seite zu stehen) und dementsprechend durch materielle Hilfen, das gemeinsame Leben im Verbindungshaus und die alltägliche Sicherung und Reproduktion ihrer Normen, Werte und Identität.

3. »Soziale Bedürfnisse« Soziale Bedürfnisse umfassen Kontakte zu anderen Menschen und ein Bedürfnis nach »Zugehörigkeit und Liebe«4. Stephan Peters stellt die Befriedigung dieses Bedürfnisses als »[…] Schwerpunkt der aktiven corpsstudentischen Gemeinschaft […]«5 dar. Gerade die Gruppenzugehörigkeit und ein Bedürfnis nach zwischenmenschlichem Kontakt können Corps durch ihre eingeschworene Art der Identitätsgebung und menschlicher Nähe liefern.

4. Bestätigung und Wertschätzung Bestätigung und Wertschätzung der eigenen Person werden in Burschenschaften vor allem in Bezug auf die Gemeinschaft gegeben. Individuelle Leistungen werden immer rückbezogen und können so auch von allen anerkannt

1 Peters, Stephan (2004): S. 253. 2 Abraham Maslow, »Mitbegründer der Humanistischen Psychologie, entwarf eine fünfstufige Bedürfnishierarchie, nach der bestimmte Bedürfnisse der einen Stufe erst relevant werden, wenn die Bedürfnisse der darunter befindlichen Stufen erfüllt worden sind.« – Peters, Stephan (2004): S. 253. 3 Peters, Stephan (2004): S. 271f.

werden. Wenn spezifisch Leistungen für oder an der Gemeinschaft erzielt

4 Peters, Stephan (2004): S. 253.

werden, ist dies mit umso größerer Wertschätzung verknüpft. Entsprechend

5 Peters, Stephan (2004): S. 253.


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