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Dauerhafte Erniedrigungen und Beleidigungen konnte er nicht sein lassen, auch wenn seine Partnerin bereits am Weinen war.

Beziehungsstatus zu geben und dazu, wie die Entwicklung nach der Show war.

Bei einigen Trash-TV-Formaten gibt es sogar bereits Reunions, bei denen alle Teilnehmer*innen einige Wochen später nochmal zusammenkommen und über die Geschehnisse diskutieren. Meist jedoch auf eine eher unsachliche Art.

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Diese große mediale Aufmerksamkeit erzeugt natürlich zusätzlichen Druck. Die Pärchen wollen sich im Anschluss entweder so gut und harmonisch auf Social Media darstellen, wie es nur geht, und belügen sich dabei letztendlich selbst. Oder wenige Monate nach Drehschluss folgt die Trennung mit anschließendem Rosenkrieg, um weiterhin im Gespräch zu bleiben.

Was ist das Faszinierende an Trash-TV?

Beim Großteil der Zuschauenden sind die Einschaltgründe von Trash-Sendungen Unterhaltung und Langeweile. Diese Formate haben keinerlei Bezüge zu aktuellen politischen Themen oder Krisen. Sie sind daher quasi die perfekte Ablenkung vom Alltag – eine Art Flucht aus der Realität.

Ständige Streitigkeiten und Lästereien sind jedoch nicht für jeden akzeptabel. Haben demnach die treuen Zuschauenden eine Art Dramasucht?

Auch wenn das eigene Verhalten umso reflektierter sein kann, ist es dennoch interessant, diese sozialen Dynamiken zu beobachten. Man hat einen gewissen Abstand dazu und oftmals sind es Situationen, die man so auch aus seinem Umfeld kennt. Man kann hautnah dabei sein und baut eine ironische Distanz zu den Kandidat*innen auf. Vermehrt spielt auch eine gewisse Schadenfreude oder das Bedürfnis, sich über andere zu erheben, eine Rolle.

Als Zuschauer*in denkt man ebenfalls, dass man selbst Situationen viel besser verstanden hätte als die Kandidaten und besser damit umgegangen wäre. In ein toxisches Verhältnis zu kommen, wäre einem selbst daher nie passiert?!

Sowas ist natürlich einfach zu behaupten. Für unser eigenes Verhalten haben wir oft Rechtfertigungen. Bei anderen sind wir viel strenger in der Beurteilung. Trash-TV-Zuschauer*innen werden häufig in den Zusammenhang mit fehlender Bildung gebracht. Nicht selten bekommt man leicht abwertende Blicke, wenn man das Thema anspricht.

Die Frage, ob und wie stark der Konsum unsere Wahrnehmung beeinflusst, hängt sicherlich auch davon ab, wie reflektiert man selber ist. Die Formate können einem schließlich auch die Distanz zum eigenen Verhalten widerspiegeln. Unterbewusst findet höchstwahrscheinlich bei den Meisten zumindest eine kleine Beeinflussung statt. Diese kann sowohl nützlich sein, wenn man die Verhaltensweisen als Negativbeispiele ansieht, aber allen voran sind sie schädlich. Die Zuschauenden sind vermehrt noch sehr jung. Die Sendungen tragen demnach auch einen Teil zu ihrer Identitätsbildung bei.

Viele Trash-Formate laufen unter dem Deckmantel, die große Liebe zu finden oder Geld zu gewinnen. Häufig geht es aber darum, Menschen bloßzustellen und Fremdscham beim Zuschauenden auszulösen; denn das bringt gute Einschaltquoten. Empathielosigkeit als Geschäftsmodell – dafür sind heutige Produktionsfirmen bekannt.

Letzten Endes liegt es im Ermessen jedes Einzelnen, welche Sendungen eingeschaltet werden. Aber man kann es auch niemandem verübeln, moralische Bedenken zu äußern. Regelmäßig kommt es zu Ausnutzung und Demütigungen von Kandidat*innen.

Fest steht: Trash-TV ist sicherlich kein Bildungsfernsehen und viele Verhaltensweisen haben definitiv keinen Vorbildcharakter. Dabei gilt es auch, zu fragen, was die eigentliche Aufgabe der Medien ist.

Ob und wie lange die Erfolgsformel des TrashTVs anhält, lässt sich nicht sagen. Sicherlich wird es immer ein gewisses Interesse an skandalisierten Alltagen geben, aber vielleicht reicht einigen auch das Maß an Trashpotenzial im eigenen Leben.

Catcalling – Pfeifen, penetrantes Hinterherlaufen und sexuell aufdringliche Sprüche: 90 Prozent der Frauen kennen dieses alltägliche Phänomen der verbalen sexuellen Belästigung auf der Straße aus eigener Erfahrung. Doch was von Belästigern belächelt und als Kompliment abgetan wird, hat oft schwerwiegende Folgen für die Betroffenen.

Text • Liza Löfstedt Illustration • Marie Juchems

Die 22-jährige Anastasia ist auf dem Weg nach Hause. Plötzlich spürt sie, wie jemand sie antippt. Sie nimmt ihre Kopfhörer ab, und dreht sich um. Da steht ein Mann. Fragend hebt sie die Brauen. „Ich wollte nur sagen, dass ich dich sehr hübsch finde. Wie heißt du denn?“, fragt er. „Danke für das Kompliment. Ich heiße Anastasia, habe aber einen Freund“ sagt sie ausweichend. „Ach so, okay. Aber dir einen schönen Abend noch.“ Er wendet sich ab. „Danke. Dir auch.“ Ein bisschen erleichtert setzt sie die Kopfhörer wieder auf. Aus Erfahrung weiß sie, dass sich nicht alle Männer so leicht abwimmeln lassen. Aber das war ja mal ein gutes Gespräch.

Anastasia setzt ihren Weg nach Hause fort. Nach etwa 20 Minuten hört sie jemanden hinter sich rufen. Zunächst ignoriert sie den Mann, der immer schneller auf sie zugelaufen kommt, bis sie ihn aus geht weiter. Will endlich weg von ihm. Doch er läuft weiter neben ihr her. „Ich bin nicht einsam“ sagt sie „Ich habe einen Freund und ich muss dir das auch nicht beweisen.“ Sie merkt wie die Anspannung in ihr wächst. „Jetzt komm schon“ sagt er und legt ihr die Hand auf die Schulter. Sie zuckt reflexartig zusammen. Er grinst und schaut ihr in die Augen, „Wir beide hätten doch bestimmt ‘ne Menge Spaß.“ Bevor Anastasia etwas erwidern kann, kommen zwei junge Männer an ihre Seite und sagen dem Mann, er solle sie jetzt endlich in Ruhe lassen. Daraufhin spuckt er auf den Boden und ist weg.

Man möchte es kaum glauben, aber solche und schlimmere Situationen, wie sie Anastasia erlebt hat, passieren hier in Deutschland täglich auf der Straße. Diese Form von verbaler sexueller Belästigung, für die der englische Begriff Catcalling verwendet wird,

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