Marktordnung für Lobbyisten

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B EGRÜNDUNG UND E RLÄUTERUNGEN

rung der Atmosphäre beiträgt. Deshalb ist die

Das bietet Anreize zur Umgehung. Eine solche

Verpflichtung auf strikte Kostenteilung von

Konstellation zu erzeugen ist wenig sinnvoll.

mehr als nur symbolischer Bedeutung. Lobbyis-

Grundsätzlich haben die Abgeordneten bei er-

ten müssen wissen, dass bereits das Angebot,

kennbar lobbyistisch motivierten Kontaktwün-

die Kosten der Einladung zu übernehmen, beim

schen von nicht akkreditierten Personen und

Gesprächspartner Verdacht erregen und zu-

Organisationen, die nicht im Transparenzregis-

rückgewiesen werden muss. Umgekehrt ist es

ter stehen, ein einfaches Kriterium, um das in-

Hinweise für

für die vom Souverän alimentierten Repräsen-

nere Alarmsystem in Gang zu setzen. Kontakte

das innere

tanten eine Selbstverständlichkeit, die Kosten

zwischen Parlamentariern und nicht akkredi-

Alarmsystem

ihrer Amtsgeschäfte, zu denen derartige Ge-

tierten Personen mit lobbyistischen Anliegen

spräche zählen, selbst zu tragen und natürlich

erwecken grundsätzlich einen Anfangsver-

auch diejenigen etwaiger Begleitpersonen.

dacht.

Einladungen nur an öffentliche Orten zu ak-

Im Übrigen steht es Abgeordneten frei, sich

zeptieren, wenn der Kontakt möglicherweise

mit wem auch immer an jedem beliebigen Ort

Risiken birgt, gehört zu den vertrauten Usan-

zu treffen. Es ist Teil der freien Mandatsaus-

cen der politischen Praxis. Eine explizite Fest-

übung, dass nur ihrem Gewissen verantwortli-

legung, Einzelgespräche auf Einladung akkre-

che Abgeordnete bestimmte Interessen für för-

ditierter Lobbyisten nur an öffentlichen Orten

derungswürdig halten und andere nicht, dass

zu führen, signalisiert der Öffentlichkeit Pro-

sie entscheiden, welche Interessen sie für

blembewusstsein. Von der Reglementierung

wichtig halten und welche nicht, wen sie anhö-

von Gesprächen im Büro (zu denen das Mitglied

ren wollen und wen nicht. Dies gilt einerseits

des Bundestages einlädt) und während der

für alle Personen und Organisationen aus dem

Dienstzeit – beispielsweise der exakten Doku-

Wahlkreis, für Medienvertreter, Experten aus

mentation von Gesprächspartner, Dauer und

dem Wissenschaftssystem und Akteure des Kul-

gegebenenfalls sogar Inhalt – wird abgesehen,

tursektors. Aber nur akkreditierten Lobbyisten

wiewohl sie mitunter verlangt wird. Zwar ist

stehen bestimmte formalisierte Mitwirkungs-

das Verlangen nach Offenlegung von Terminka-

möglichkeiten im Vorfeld parlamentarischer

lendern keineswegs überspannt oder Zeichen

Entscheidungen offen. Die Akkreditierung

überbordender Kontrollwut. Verglichen mit der

durch Eintragung in das Transparenzregister

Offenlegung der Steuererklärung, einem Ba-

definiert legitime und offizielle Kontakte zu

siselement des „gläsernen Abgeordneten“, ist

professionellen Lobbyisten. Dies zieht auch

die Transparenz des Terminkalenders weitaus

Grenzen für die Lobbykritik. Sie kann sich

niederschwelliger. Aber die Manipulation des

immer noch an dem Inhalt lobbyistischer Inter-

Terminkalenders ist eine der einfachsten Prak-

ventionen abarbeiten, aber nicht an der Tatsa-

tiken, die zudem, wird ein nicht angegebener

che, dass interveniert worden ist, wenn legitim

Kontakt ruchbar, einfach zu entschuldigen ist.

interveniert wurde. Der Sektor der illegitimen

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