Journalist oder Animateur – ein Beruf im Umbruch
Hans-Jürgen Arlt, Wolfgang Storz
Vorwort Deutschland hat eine vielfältige Medienlandschaft, die von ausländischen Beobachtern zuweilen als außergewöhnlich bunt empfunden wird. Die Leistungen der Medienhäuser werden, auch im internationalen Vergleich, als seriös eingestuft und können sich sehen lassen. Dass hier gute journalistische Arbeit abgeliefert wird, zeigt sich aktuell wieder mit den Enthüllungen der sogenannten „Panama Papers“. Ohne Zweifel: Es gibt bei uns nach wie vor soliden, engagierten, kritischen und erfolgreichen Journalismus. Und das trifft für alle Sparten zu: originelle Reportagen in Zeitungen, spannende Dokumentationen im Fernsehen, aufwühlende Hörfunkbeiträge, interessante Internet-Angebote, innovative Medien-Projekte. Das kritische Nach fragen, das hartnäckige Dranbleiben, das tiefere Schürfen, das spektakuläre Aufdecken, die solide und lautlose Langzeitarbeit. All das gibt es nach wie vor – in guter und nicht selten in bester Qualität, wenngleich immer weniger als Ergebnis einer individuellen Recherche, sondern immer häufiger als Leistung einer Redaktion, eines crossmedialen Verbundes oder gar als transnationale Kooperation. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass die redaktionellen Leistungen der Massenmedien seit geraumer Zeit dennoch ungewöhnlich laut und scharf kritisiert werden, die Medien unter gehörigem Legitimationsdruck stehen und eine Vertrauenskrise der öffentlichen Kommunikation kaum zu leugnen ist. Im Arbeitspapier „Journalist oder Animateur – ein Beruf im Umbruch“ wird nicht nur die laufende Journalismusdebatte gesichtet und sortiert, es wird auch versucht, Kernmerkmale des Journalismus zu identifizieren, die ihn unterscheidbar machen von anderen aktuellen Gattungen öffentlicher Kommunikation. Trotz zunehmender Überschneidungen sind die Unterschiede zu Werbung, PR und Unterhaltung deutlich identifizierbar. Die wichtige und schwierige Frage ist jedoch, ob allen Redaktionen unbesehen geglaubt werden muss, wenn sie von sich behaupten, ihre Arbeit verdiene den Namen Journalismus. Unsere Autoren geben eine Antwort, die nachdenklich macht. Das haben schon die Diskussionen im Vorfeld dieser Veröffentlichung gezeigt, die auf der OBS-Homepage nachgelesen und angehört werden können. Der Name Journalismus werde missbraucht, diagnostizieren Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz. Unter dem guten Namen Journalismus werden, so argumentiert das bewährte OBS-Autorenteam, zunehmend Veröffentlichungen produziert, die gar nicht möglichst unabhängig informieren wollen. Stattdessen soll ein möglichst großes Publikum „animiert“ und aufmerksam gemacht werden – um diese Aufmerksamkeit dann an die Werbung weiterverkaufen zu können. Genau dieser Prozess der Ökonomisierung des Journalismus, der durch Entwicklungen wie die der Digitalisierung begünstigt wird, ist den Autoren zufolge hauptsächlich verantwortlich für die aktuelle Malaise. Indem andere Veröffentlichungsformen die Bezeichnung Journalismus als trojanisches Pferd benutzen, um die Aufmerksamkeit ihrer Leser zu erringen, beschädigen sie
OBS-Arbeitspapier 22
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