AfD und Medien

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Aus der Praxis für die Praxis – vom journalistischen Umgang mit der AfD

ordneten als besonders krawallig hervortut wie

eine „Bewegungspartei“ bleiben müsse, was

Jens Maier, der den Sohn von Boris Becker via

von den Pegida-Leuten oft begeisterter aufge-

Twitter als „kleinen Halbneger“ beschimpfte.

nommen werde als von der eigenen Parteifüh-

„Der Richter und seine Henker“, nannten Justus

rung. Vor allem aber denkt Höcke immer einen

Bender und Markus Wehner ihren aus diesem

Schritt weiter als die anderen. Jetzt will er mit

Anlass erfolgten Blick hinter die AfD-Kulissen

Forderungen nach höheren Renten und mehr

und spielten damit auf Maiers berufliche Tä-

sozialer Gerechtigkeit, die allerdings nur für

tigkeit als Richter am Landgericht Dresden an

Deutsche gelten soll, die AfD in Ostdeutsch-

(Bender/Wehner, FAZ, 5.1.2018).

land zu einer national-sozialen Volkspartei ma-

Es gibt Portraits von Markus Frohnmaier

chen. Er ist ein Stratege. Als er in Augsburg be-

und Hans-Thomas Tillschneider, von Stephan

antragte, den nächsten Parteitag ausschließ-

Brandner und Gottfried Curio, dem schärfs-

lich zu sozia­len Themen zu veranstalten und

ten Redner der AfD im Bundestag, der gerne

unbedingt in Ostdeutschland tagen zu lassen,

eingängig formuliert. „Masseneinwanderung

wusste ihm keiner etwas entgegenzusetzen.

heißt auch Messereinwanderung“ – das ist

Viel mediale Beachtung fand, dass das

von ihm. Als die AfD ihren Ausschussvorsit-

Landes­schiedsgericht seiner Partei ein Aus-

zenden Peter Boehringer als fachlich hoch

schlussverfahren

kompetenten Wirtschaftswissenschaftler vor-

vorstand noch unter der Ägide von Bundes­

stellt, beschreibt die FAZ die dubiosen Gold-

Frauke Petry in Gang gesetzt hatte. Oft herrsch-

geschäfte des „Goldjungen“ (Bender, FAZ,

te in diesen Berichten ein Duktus der Empö-

24.1.2018).

rung. Völlig entgegengesetzt und mit nüchter-

niederschlug,

das

der

Und schon sehr früh hat die im Tagesspie­

ner Klarheit kommentierte Christian Bommari-

gel für die AfD-Berichterstattung zuständige

us den Vorgang für die Süddeutsche Zeitung:

Redakteurin Maria Fiedler in Thüringen der

„Die Antwort hat das Schiedsgericht in lobens-

ungebrochenen Popularität des Nationalisten

werter Klarheit gegeben: Höcke habe mit sei-

Björn Höcke nachgespürt (Fiedler, Tagesspie-

nen Äußerungen – unter anderen hatte er das

gel, 29.11.2017). Er sei gar kein so gewiefter

Holocaust-Mahnmal in Berlin als ,Mahnmal der

Machtstratege, vermeide es auch, auf der nati-

Schande‘ verhöhnt – nicht gegen die Grundsät-

onalen Ebene für Ämter zu kandidieren, weil er

ze der Partei verstoßen. Das ist nur allzu wahr“

da verlieren könne, was seinem Nimbus scha-

(Bommarius, SZ, 12./13.5.2018).

den würde. Seine unbestrittene Führungsrolle

Was die Portraits angeht, ist die Berichter-

beruhe vor allem auf der Bewunderung seiner

stattung über die AfD mindestens ausreichend

Anhänger. Im Unterricht – so berichten ehe-

und auch überaus kompetent. Das mag auch

malige Schüler – habe er immer ganz faszi-

daran liegen, dass es zwar nicht einfach ist,

niert von der Massentheorie Gustave Le Bons

gute Portraits zu schreiben, die Recherche aber

erzählt, heute beharrt er darauf, dass die AfD

nicht übermäßig kompliziert ausfällt. Man be-

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