Leben mit w%c3%b6lfen

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Wolfsmanagement

Die Einstellung gegenüber Wölfen ist bei dieser Interessensgruppe negativ ausgeprägt, im Gegensatz zum Rest der Bevölkerung, die positiv eingestellt ist. Nach einer Umfrage von GÄRTNER & HAUPTMANN (2005) halten 46 % der befragten Jäger in der Oberlausitz (N = 257) den Wolf in der Kulturlandschaft für nicht akzeptabel. Diese Einstellung teilen nur 10 % der befragten Bevölkerung im Wolfsgebiet (N = 327; Anteil Jäger an Befragten 3,2 %, KACZENSKY 2006). Möglicher Weise ist die auf den Nordosten Sachsens beschränkte Umfrage unter den Jägern von Gärtner & Hauptmann 2005 nicht repräsentativ für die deutsche Jägerschaft. Der Deutsche Jagdschutz-Verband hat sich bereits 1997 in einem Positionspapier positiv zu einer natürlichen Rückkehr von Bär, Luchs und Wolf geäußert. Ob diese Position von der Basis mitgetragen wird, ist nicht bekannt. Unter den im Rahmen dieses Vorhabens Befragten aus allen Bevölkerungsteilen, die dem Wolf gegenüber negativ eingestellt sind, waren Jäger jedenfalls deutlich überrepräsentiert (KACZENSKY 2006), wobei aufgrund der kleinen Stichprobe bei der Interpretation Vorsicht geboten ist. Generell überrascht die kritische Einstellung weiter Teile der Jägerschaft jedoch nicht. Jäger und Wölfe konkurrieren nicht nur miteinander um Beute. Nicht selten fühlen sich Jäger in vormals wolfsfreien Gebieten auch durch die bloße Anwesenheit von Wölfen in ihrer Jagdausübung gestört, weil das Schalenwild sein Verhalten ändern, gewohnte Einstände wechseln und unvorhersagbarer werden kann. Manche Hegebemühungen wie Fütterung, Wildäcker, Aussetzungen von Wild und dergleichen können ebenfalls durch Wölfe beeinträchtigt werden. Im Januar 2006 wurde im Wolfsgebiet von U. WOTSCHIKOWSKY und K. ELMAUER ein Workshop durchgeführt, der das Konfliktfeld Wolf-Wild-Jagd konkreter beschreiben helfen sollte. Dabei wurde deutlich, dass Jäger und Jagdrechtsinhaber im Oberlausitzer Wolfsgebiet den Jagdwert ihrer Reviere durch die Wölfe geschmälert sehen. Sie befürchten, der Jagdertrag würde geringer, der Erlebniswert beeinträchtigt, die Jagd schwieriger, manche Wildart fast oder gänzlich ausgerottet. Der Staat, der die Rückkehr der Wölfe dulde bzw. sogar begrüße, solle für Entschädigungen der Jäger aufkommen. Bundesforstleute sehen dagegen in den Wölfen durchaus Partner bei der schwierigen Aufgabe, die Schalenwildbestände im Sinne eines akzeptablen Wald-WildVerhältnisses zu kontrollieren. Viele private Waldbesitzer erwarten von den Wölfen eine Reduzierung des Schalenwildes und eine Verringerung der Wildschäden. Auch sie befürchten jedoch eine Verminderung der Jagdeinnahmen. In der Auswertung ihrer Umfrage quantifizierten GÄRTNER & HAUPTMANN (2005) die Befürchtungen in der Oberlausitzer Jägerschaft: Demnach fürchten 73 % der befragten Jäger der Oberlausitz eine wesentliche bzw. starke Reduzierung der Schalenwildbestände durch die Wölfe. Dabei stehen häufig finanzielle Erwägungen im Vordergrund. Anders als im Westen Deutschlands, wo die Jagdpachten deutlich höher sind, ist es im Osten durchaus möglich, mit der Pacht eines Jagdreviers Gewinn zu erzielen, z.B. durch Verkauf von Wildbret oder kostenpflichtige Jagdmöglichkeiten für Gäste. Darüber hinaus glauben laut GÄRTNER & HAUPTMANN (2005) 87 % der ostsächsischen Jäger, die Anwesenheit von Wölfen würde das Verhalten des Schalenwildes wesentlich bzw. sehr stark beeinflussen. Jäger befürchten daher Erschwernisse bei der Jagdausübung, weil die Tiere scheu werden würden, den schützenden Wald nicht mehr bei Tageslicht verlassen, sich – im Falle des Rotwildes - zu großen, schwer bejagbaren Rudeln zusammenschließen oder das Revier sogar meiden könnten. Wildäcker und Winterfütterungen, so heißt es, würden nicht mehr angenommen und Hegebemühungen dadurch empfindlich gestört. Es ist zu mutmaßen, dass die Befürchtungen der Jäger hinsichtlich einer mittelbaren Beeinflussung des Wildes, möglicher Weise ein größeres Hindernis für Toleranz sind, als der direkte Entgang von Jagdbeute. 91


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