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Ziele und Wege

auch illegale Maßnahmen. Bleibt die Population lange auf einem niedrigen Bestandsniveau, ohne dass es zu weiterer Zuwanderung kommt, kann dies zum Verlust der ursprünglichen genetischen Variabilität durch genetische Drift führen. Wächst der Bestand anfänglich nur langsam, besteht zudem die Gefahr, dass die zuständigen Behörden vorerst keinen Handlungsbedarf sehen und erforderliche Vorbereitungen vernachlässigen. Dann werden sie von einer möglicherweise raschen Entwicklung des Bestandes und den damit einhergehenden Problemen überholt. b) "Aktiver Weg" Die Entwicklung eines Wolfsbestandes wird aktiv durch gezielte Wiederansiedlung gefördert. Entsprechende Projekte gibt es bisher nur in den USA. Bekanntestes Beispiel ist die Aussetzung kanadischer Wölfe 1995/96 im Yellowstone National Park. In Europa gibt es mehrere Wiederansiedlungsprojekte von Braunbären (Ursus arctos) und Eurasischen Luchsen (Lynx lynx). Vorteil: Ort und Zeitpunkt der Aussetzung können gezielt geplant und vorbereitet werden. Darüber hinaus können die Gründertiere entsprechend ihres Alters, Geschlechtes und gegebenenfalls ihres genetischen Profils ausgewählt werden. Bei guter Planung kann der Bestand wie im Yellowstone NP rasch anwachsen und so dem demografischen Gefahrenbereich entwachsen. Nachteil: Eine aktive Wiederansiedlung erfordert einen sehr hohen Vorbereitungs- und Betreuungsaufwand und einen langen zeitlichen Vorlauf. Langjährige intensive Lobbyarbeit ist die Voraussetzung, um in der Bevölkerung die nötige Akzeptanz für ein solches Projekt zu bewirken. Häufig muss dennoch mit einer starken und anhaltenden Gegnerschaft, insbesondere aus Jagdkreisen, gerechnet werden. c) "verlangsamender Weg" Der Populationsanstieg wird gebremst, indem entsprechend des vorjährigen Wachstums der Population eine jährliche Abschussquote freigegeben wird. Frankreich verfolgt in seinem Wolfsmanagement diesen Weg (siehe Kap. 4.4), der sich auf ein von CHAPRON et al. (2003) entwickeltes Populationsmodell stützt. Nach dem französischen Managementplan sollen dabei vor allem solche Tiere entnommen werden, die vermehrt Schäden verursachen sowie Tiere, die in Gebiete einwandern, in denen mit vielen Schäden zu rechnen ist. Vorteil: Besteht eine starke Opposition gegen den Wolfsschutz, mag es auf diesem Weg gelingen, den sozialen Frieden vorübergehend zu wahren. Gelingt es, eine anfangs rasche Ausbreitung der Population zu verlangsamen, kann so Zeit gewonnen werden, um Maßnahmen zu ergreifen, die den sozialen Frieden auch langfristig gewährleisten. Nachteil: Das Entfernen von einzelnen Wölfen aus einer expandierenden Population führt allein, ohne die Anwendung von Herdenschutzmaßnahmen, nicht zu einer dauerhaften Reduktion der Schäden. Zudem ist die Gefahr, dass nicht die verursachenden Tiere getötet werden, hoch. Wird, wie in Frankreich, kein Zonierungsmodell verfolgt, ist das Entfernen von Wölfen, die in besonders konfliktträchtige Gebiete einwandern, auch keine langfristige Lösung, sondern zielt eher auf den Zeitgewinn ab. Voraussetzung für einen solchen Weg ist ein großflächiges, intensives und sehr genaues Bestandsmonitoring. Da das gezielte Entfernen einzelner Wölfe von geschultem Personal (in Frankreich von staatlichen Wildhütern) durchgeführt werden muss, ist der damit verbundene zeitliche, personelle und finanzielle Aufwand enorm. Die genetischen Konsequenzen blieben im Modell und in der Praxis unberücksichtigt. Letztendlich muss bei 71


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