NEUE GRUPPE NEWS - Heft 13 - Herbst 1998

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Good bye Alex von Werner Fischer Braunschweig

Alex Motsch, ein Freund, mußte uns verlassen. In der verzweifelten Suche nach Trost tobt ein Kaleidoskop an Bildern durch den Kopf. Farbige Erinnerungen an unvergängliche Erlebnisse blühen auf und signalisieren Unauslöschliches und Dankbarkeit. Hoffnung keimt auf. Vielleicht blieb Alex somit von einem Leben verschont, das ihm, weil beeinträchtigt, als nicht weiter lebenswert hätte erscheinen können? Wie hätte er denn wohl ein Schicksal erdulden können, wo doch robuste körperliche Gesundheit und strahlende geistige Frische bislang bestimmende Elemente seines Lebens waren? Er, der erste, der morgens in die Klinik kam, aber niemals als erster ging. Als wolle er sein Leben konzentrieren, knauserte Alex sogar hartnäckig am Schlaf. Was für eine seltene Mischung aus Pflichtgefühl, Ehrbarkeit und Begeisterung am Beruf! Kein Wunder, daß ihn seine Erkrankung während und zwischen zweier Kurse erwischte. Andere wären schon längst bettlägerig gewesen. Tage zuvor war er noch auf einen 3000 Meter hohen Berg geklettert - unfaßlich! Alex forderte sich, trieb sich an, immer wieder - aber andere auch, sparte nicht an sachlicher Kritik und unbequemen Rügen, die jedoch stets konstruktiv blieben. Er machte Dampf und er begeisterte damit, taktierte geschickt in seinem Umfeld - weitsichtig, ausgewogen, fair und verlor niemals dabei das Ziel aus dem Auge. Sein Geschick, sein Einfühlungsvermögen und seine Nachsicht im Umgang mit Studenten und Mitarbeitern gaben jedem um ihn herum das Gefühl besonderer Wertigkeit. Einerseits jagte und scheuchte er sie sogar auf Berge, - er selbst in Kniebundhosen und mit Stock vornweg -, doch wurden andererseits auf der Kuppe noch keuchend die Schoppen getrunken. So leitete Alex auch seine berühmten und berüchtigten Phantomkurse. Unerbittlich verlangte er Akribie und Fleiß, aber am Semesterende wurde auch kräftig gemeinsam gefeiert. Alex lehrte mit Hingabe und Freude vor allem das, was er auch selbst meisterlich beherrschte. Seine geliebte Lupe vor dem Gesicht arbeitete er mit einem Geschick, wie es wohl in seiner Generation keinen zweiten Hochschullehrer gab. Seine fachlichen Auffassungen standen unverrückbar. Natürlich rieb sich so mancher daran, doch schien ihm der akademische Disput besondere Freude zu machen. Kein Wunder, wenn man klare Standpunkte vertreten kann. Die zeigte er, wo immer und wann immer er auftrat, bei freiwillig gewählten Aufgaben, aber auch bei auferlegten Pflichten, und die gab es reichlich. Lieber Alex, von Dir muß ich tieftraurig Abschied nehmen als einem mitreißenden fachlichen Ziehvater und loyalem Freund voller Güte und Zuwendung und von Deiner weitsichtigen Souveränität. Nie wieder dieser Schalk, dieser Frohsinn, oder dieses spitzbübische Gesicht, wenn es galt, einen Witz zu erzählen. Zuvor noch schnell die Pfeife angezündet, eine rasche Körperdrehung, kurz am Kopf gekratzt... Mensch, Alex, - Dich hätte ich doch noch so vieles zu fragen, gern würde ich Dich noch einmal Klavier spielen hören und "danke" gesagt habe ich auch noch nicht. Stattdessen bleibt nur stetes Bemühen, um zu zeigen: Dies ist auch einer von Alex Schülern.

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