DIE MENSCHEN IM LAND VOR ORT
„Die Kunst kann ein Lebenselixier sein“ Dr. Jürgen Schwalm ist Arzt, Literat und Maler. Der in vielen Bereichen versierte und langjährig als Hausarzt tätige Lübecker feierte Ende Januar seinen 90. Geburtstag. Die Nordlicht-Redaktion hat ihn getroffen und nachgefragt, was von einem langen und kreativen Leben am Ende bleibt und was noch kommt. Schwalm: Als Pensionär ohne berufliche Verpflichtungen habe ich es natürlich leichter, mich produktiv meinen Belangen zu widmen. Ich nutzte die pandemiebedingten Klausuren, um Gedichte, Aphorismen und Kurztexte, die ich in den vergangenen sechs Jahrzehnten schrieb, zu sammeln, zu überarbeiten und zu publizieren. So erschien 2020 der Lyrikband: „Arm in Arm und Wort für Wort“ und 2021 der Essayband: „Wort und Bild und Kunst und Leben – Einfälle zu Vorfällen“. Außerdem schrieb ich an meinen Lebenserinnerungen, die ich im „Almanach deutschsprachiger SchriftstellerÄrzte“ veröffentlichte, den ich über Jahrzehnte herausgegeben habe.
Archaischer Tanz
Nordlicht: Am Anfang eine naheliegende Frage an einen Menschen, der das 90. Lebensjahr erreicht hat. Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Dr. Jürgen Schwalm: Lassen Sie mich mit einem Zitat – frei nach Wilhelm Busch – antworten: „Die Locke wurde bei mir zwar nicht dahingerafft, doch der Leib ist leider mangelhaft.“ Meine Freunde loben nach wie vor meine geistige Aktivität und Frische, und manchmal bin ich eitel genug, annehmen zu dürfen, dass sie nicht lügen. Sinn für Humor und Selbstironie halte ich für zweckmäßige Hilfsmittel auch im Alter. Nordlicht: Die Coronapandemie sorgt für Einschränkungen und Kontaktreduzierung. Da hat es auch Ihre Kreativität, die auf Austausch mit anderen kulturell interessierten Menschen in aller Welt beruht, sicher nicht immer leicht. Wie gehen Sie damit um?
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Nordlicht
Nordlicht: Sie stehen den Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, sehr aufgeschlossen gegenüber und nutzen unter anderem den Blog www.juergenschwalm.blogspot.com zur Kommunikation Was macht den Reiz dieses Mediums aus? Schwalm: Als kontaktfreudiger Mensch schätze ich den raschen Gedankenaustausch, aber auch die Möglichkeit, eigene Bilder zu zeigen und zur Diskussion zu stellen. Jedes Jahrhundert steigert sich mit besonderen technischen Entwicklungen und Einrichtungen: Das 19. Jahrhundert mit der Dampfmaschine, das vergangene Jahrhundert mit der Elektrotechnik und das 21. Jahrhundert wird von der Digitalisierung geprägt. Alle diese Errungenschaften bergen auch zukünftig Gefahren. Ich hoffe aber, dass sie durch einsichtige Korrekturmaßnahmen beherrschbar bleiben. Nordlicht: Ahnenforschung – Literatur – Mineralogie – Kunst: Ihre Interessen waren schon immer sehr vielfältig. Mit welchen Projekten beschäftigen Sie sich momentan?
AKTUELL
3 | 2022