fairmedia - Das Kundenmagazin von faircheck

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AUSGABE 2020

Das Magazin für Kunden, Freunde und Partner. Gibraltar to Nordkap

Schnell sein und schlank bleiben

Digitalisierung und künstliche Intelligenz

Mit Extremsportler Wolfgang Fasching im Interview.

Im Gespräch mit Thomas Neusiedler, CEO Helvetia Österreich.

Jens Ringel, GF Versicherungsforen Leipzig, gibt aktuelle Einblicke.

faircheck ist 15 Jahre alt:

Wir brennen immer noch für das Thema Schaden


Inhalt

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INHALT Sprachgewandt

Expertenweg

Österreich gibt sich kulturell und sprachlich vielfältig. faircheck-Schadenexperten regulieren in den einzelnen Regionen Österreichs in ganz unterschiedlichen Mundarten Schäden.

Welche persönlichen Fähigkeiten und Qualifikationen bringen faircheck-Schadenexperten mit? Zwei fairchecker im Portrait.

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Versicherer Thomas Neusiedler hat mit 1. Jänner 2020 den Vorstandsvorsitz bei Helvetia Österreich übernommen. Im Gespräch erzählt er über Aufgaben, Veränderungen in der Branche und Zukunftsstrategien.

Digitalaffin

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Die Digitalisierung schreitet voran, funktioniert aber nicht ohne den Menschen. Jens Ringel, Geschäftsführer Versicherungsforen Leipzig, über künstliche Intelligenz in der Assekuranz.

Immobilien Gerhard Wagner, Geschäftsführer KSV1870 Information GmbH, spricht im Interview über finanzielle Risiken bei der Vermietung.

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Extreme

fairNESS Das Projekt WEITERfairWERTUNG von Wirtschaftsgütern im Fokus. Wer ist in den umfassenden Prozess zur Wiederverwertung von Schadenware involviert und was bringt es?

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Wolfgang Fasching stellte sich 2019 mit seinem Rad einer neuen sportlichen Herausforderung und durchquerte Europa in Rekordzeit von Gibraltar zum Nordkap. Im Interview erzählt er über mentale Herausforderungen und neue Projekte.

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Impressum Herausgeber: faircheck Schadenservice GmbH, Dorfplatz 4, 8046 Graz-Stattegg • Projektleitung: Peter Winkler • Chefredaktion: Martina Sattler, MMPR e.U. • Redaktion: Peter Winkler, Martina Sattler, Carolin von Below, Jens Ringel, Bianca Herzog-Planko • Lektorat: Elisabeth Spirk • Design: lazarus-soulbrand.com • Druck: Universal Druckerei GmbH Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde auf Doppelnennungen für die weibliche und männliche Form verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen beziehen sich ohne Wertung auf beide Formen. • Bildnachweis Cover Mathias Kniepeiss • Inhalt/Editorial Mathias Kniepeiss, faircheck, Manuel Hausdorfer • Unsere Aufträge, unsere Arbeit Richard Großschädl, faircheck, iStock, Mathias Kniepeiss • Rund um faircheck Mathias Kniepeiss, Versicherer iStock, Helvetia Versicherungen AG • Immobilien faircheck, KSV1870 Holding AG • Gibraltar to Nordkap Manuel Hausdorfer • Technik, Trends und mehr iStock, cum.sumo GmbH, Versicherungsforen Leipzig • fairNESS faircheck, Mathias Kniepeiss, iStock

Brandheiß Vor 15 Jahren wurde faircheck gegründet. Seitdem ist viel passiert. Andrea und Peter Winkler geben Einblicke. Ein langjähriger Wegbegleiter und Stimmen aus dem Backoffice ergänzen den Eindruck.

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Editorial

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EDITORIAL

Ohne Mensch keine innovative Dienstleistung Eigentlich wollten wir Ihnen die untenstehenden Zeilen Ende März zur Verfügung stellen. Da kam uns aber etwas dazwischen. Ihnen auch! Wir sind von der Pandemie erfasst, können nur beobachten, was in der Welt passiert und sind gebannt von den Ereignissen, die wir nur schwer beeinflussen können. Wir wissen heute alle noch nicht, wie sich alles entwickeln wird, was noch alles passieren wird, aber eines ist gewiss: Wir schaffen es als Menschheit bzw. als Zivilisation und werden mit neuen Perspektiven vorangehen. Eines dürfen wir aber nicht tun: Zur Tagesordnung zurückkehren und das Leben wie gehabt aufnehmen! Nutzen wir die Zeit auch um in uns zu gehen und unsere Geschichte zu hinterfragen. faircheck ist 2020 15 Jahre alt. Einiges zu unserer Geschichte können Sie in der Reportage „Nach 15 Jahren brennen wir immer noch für das Thema Schaden“ nachlesen. Wussten Sie, dass wir in den letzten 15 Jahren eine Schadensumme von rund 535 Mio. Euro besichtigt haben? Das klingt nicht nach viel, ist aber bei einer durchschnittlichen Schadenhöhe von 3.800 Euro eine ordentliche Menge. Mit lediglich rund 6 Stunden Serverstillstand in 15 Jahren setzt unsere IT ein deutliches Zeichen, was die Qualität unserer Systeme anlangt. Große Anstrengungen hat auch Wolfgang Fasching wieder auf sich genommen und damit gezeigt, dass Krisen stark machen. Wir haben bereits in unserer ersten fairmedia-Ausgabe vor ungefähr 5 Jahren über Extremsportler Wolfgang Fasching und seine Erfolge berichtet. Nachdem er sich im vergangenen Jahr mit seinem Rad der

Nord-Süd-Etappe durch Europa gestellt hatte, war es auch dieses Mal wieder an der Zeit, seine Herangehensweise und Motivation näher zu hinterfragen. Auch den Helden unserer letzten fairmedia-Ausgabe, den Starfotografen Mathias Kniepeiss, konnten wir anlässlich der 15-Jahr-Feier wieder in unser Unternehmen locken. Mit seinem Live-Experience Event verwandelte er diesen besonderen Anlass in ein Top-Event und begeisterte damit viele Kundinnen und Kunden bzw. Gäste. Begeistern, oder besser gesagt inspirieren, möchten wir Sie unter anderem auch mit den aktuellen Neuigkeiten aus dem deutschen Versicherungsmarkt. In der vorliegenden Ausgabe finden Sie ein paar Einblicke vom Versicherungsforen-Team (aus Leipzig) zum Thema Arbeitswelt und sum.cumo, das innovative InsurTech mit Sitz in Hamburg, hat uns über seine Wege zum Erfolg berichtet. Welche Wege führen eigentlich dazu, dass man faircheck-Schadenexperte wird? Zwei unserer Roberts erzählen über ihre Ausbildungs- und/oder Lebenswege - was sie zu uns geführt hat und wie sie derzeit ihren Weg beschreiten. Summa summarum möchten wir Ihnen mit der 5. fairmedia-Ausgabe wieder einen bunten Mix an Informationen, Inspirationen und Neuigkeiten bieten und wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen, bleiben Sie gesund, werden Sie gesund und gehen Sie gemeinsam mit uns einen hoffnungsvollen Weg! Andrea und Peter Winkler


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Unsere Aufträge, unsere Arbeit

New Players. Digitale Prozesse. Spannende Jobchancen.

faircheck Campus, der Fels im Tal: faircheck Campus Veranstaltungen finden an unterschiedlichen Orten in Österreich statt, um faircheck Schadenexperten, Schadensachbearbeiter und andere Experten der Versicherungsbranche up to date zu halten.


Unsere Aufträge, unsere Arbeit

Die Schadenregulierung verändert sich ebenso wie viele andere Bereiche in der Versicherungsbranche durch die Digitalisierung. In erster Linie geht es um transparente und unkomplizierte Prozesse, die den Erwartungshaltungen der Versicherungsnehmer und -nehmern entgegenkommen. „Große digitale Player setzen den Maßstab für Kundenzentrierung. InsurTechs knüpfen an deren Beispiele an. Eine Situation, die etablierte Versicherer zunehmend unter Druck setzt, denn diese sind gefordert, das Kundenerlebnis im Schadenfall zu verbessern“, so Oliver Fink. Als COO verantwortet er das operative Geschäft bei faircheck. „Speziell im Schadenfall – at the Moment of Truth – kann der Versicherer seine Stärke beweisen und den Kunden an sich binden. faircheck sieht sich dabei als starker Partner. Nicht nur in der klassischen Besichtigung, sondern auch in der gemeinsamen Entwicklung digitaler, kundenorientierter Prozesse.“ Seit 2019 unterstützt faircheck unter dem Titel ‚Practice4Professionals‘ verstärkt mit seiner Branchen-Expertise und Ressourcen, um innovative Ergebnisse zu erzielen. „Digitalisierung verändert die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Auftraggebern. Um das angesprochene Kundenerlebnis zu erzeugen, ist es notwendig, Prozesse unternehmensübergreifend aufzusetzen und sich stärker als zuvor zu vernetzen“, meint Oliver Fink.

Schadenregulierung wird digitaler Automatisierte Prozesse, wie etwa der Kundenprozess von faircheck, unterstützen die von Kunden geforderte Transparenz in der Schadenfallbearbeitung, bei gleichzeitig hoher Datensicherheit. „Die Kundinnen und Kunden unserer Auftraggeber möchten mehr und mehr in die Prozesse involviert werden, über den Status Bescheid wissen und eine gewisse Kontrollfunktion ausüben“, erklärt Oliver Fink die digitalen Weiterentwicklungen bei faircheck, die einen entscheidenden Mehrwert für Versicherungsnehmer schaffen. Um Fahrtwege und Kosten zu sparen, wird bereits seit 2014 von Schadenexperten die Videobegutachtung bei faircheck eingesetzt. Mit VEXPress wurde diese in puncto Schnelligkeit und Ein-

„Auf Basis der Claims Cost Datenbank gelingt es, Schadenfälle zu plausibilisieren und zu bewerten. “ fachheit weiterentwickelt. „Aufseiten der Auftraggeber konnten wir außerdem unter dem Titel ‚Claims Cost‘ im letzten Jahr ein Big-Data-Projekt starten, wo wir Datenmaterial zu Schadenfällen der letzten 10 Jahre zusammengetragen haben“, erzählt Oliver Fink über das wertvolle Management-Tool. „Auf Basis der Claims Cost Datenbank gelingt es, Schadenfälle zu plausibilisieren und zu bewerten.“

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Digitalisierung verändert Skills und schafft das Job-Profil Schadenexperte Ein dynamisches Leistungsprofil wie das von faircheck verlangt erweiterte Skills. Das Berufsbild des Schadenregulierers verändert sich zu jenem des Schadenexperten. Dem faircheck Campus

„Die skizzierten Entwicklungen verlangen ein hohes Maß an Flexibilität, Lern- und Veränderungsbereitschaft aller fairchecker.“ kommt eine wesentliche Bedeutung beim ‚Skill Building‘ zu: „Die skizzierten Entwicklungen verlangen ein hohes Maß an Flexibilität, Lern- und Veränderungsbereitschaft aller fairchecker. Wir versuchen diese Entwicklung in erster Linie durch unseren hauseigenen faircheck Campus zu unterstützen, wo auch externe Sachverständige und Schadensachbearbeiter Zugang haben“, so Oliver Fink. Themenbereiche der Versicherungstechnik, der Bautechnik bzw. die effiziente Handhabung von digitalen Tools werden in kompakten Vortragseinheiten vermittelt, um die Teilnehmenden up to date zu halten. Zusätzlich zu Face-to-Face-Coachings und Seminaren in ganz Österreich unterstützen Webseminar und Skype-Meetings den raschen und effektiven Wissensaustausch. Oliver Fink ist überzeugt: „Alle Entwicklungen in Summe schaffen dieses spannende Job-Profil ‚Schadenexperte‘. Das zeitgemäße Profil unterstützt die Suche von Bewerberinnen und Bewerbern nach neuen Perspektiven am Arbeitsmarkt.“ Mehr Details unter faircheck.at/products und faircheck.at/expert


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Unsere Aufträge, unsere Arbeit

Wo der „Teckn“ besichtigt wird Österreich ist ein kleines Land, weist aber eine große Vielfalt an Dialekten auf. Diese wissen sich auch im Fachjargon der Versicherungswelt auszudrücken. Doch was sind eigentlich Dialekte und welche werden gerne gehört und gut verstanden?


Unsere Aufträge, unsere Arbeit

Die Sprache in Österreich variiert von Region zu Region. Heute werden in Österreich hauptsächlich bairische und alemannische Dialekte gesprochen. Jedoch haben sich in den einzelnen Bundesländern Landesdialekte, auch Regiolekt genannt, gebildet. Schadenexperten erfahren die lokalen Verwurzelungen, die mitunter durch Dialekte ausgedrückt werden, bei der täglichen Arbeit in der Schadenregulierung. Ein guter Grund, sich der österreichischen Sprachvielfalt einmal genauer zu widmen. Was genau ist überhaupt ein Dialekt? Unter einem Dialekt versteht man ein sprachliches System mit eigenen Regeln. Je nach Ort und Region werden verschiedene Dialekte gesprochen. Manche Dialekte reichen über sehr weite Strecken hinaus, andere hingegen werden zum Beispiel nur im Umkreis von 40 Kilometer gesprochen. Dialekte, auch Mundarten genannt, gab es im deutschen Sprachraum schon immer. Durch die erste Lautverschiebung trennten sich die germanischen Sprachen (altsächsisch, altnordisch, gotisch und altenglisch) von den Indogermanischen. Die zweite Lautverschiebung trennte die hochdeutsche von der niederdeutschen Sprache. Sie war also für die heutige Grenze von Dialekten verantwortlich.

Dialekte bewahren Traditionen Bekannter ist uns, dass Menschen auf dem Land eher im Dialekt sprechen, als Menschen, die aus der Stadt kommen. Es ist sehr schade, dass in manchen Regionen der Dialekt langsam ausstirbt, obwohl hingegen in so manch anderen Regionen neue Dialekte entstehen oder schon seit sehr langer Zeit erhalten geblieben sind. Ist es nicht auch so, wenn wir Wörter wie „Kuchl“ für Küche, „Äjst“ für Äste, oder auch „Schodn“ für Schaden hört, dass wir in die Kindheit zurückversetzt werden, oder dass an ein Gespräch mit seiner Oma gedacht wird, die noch eine eher bäuerliche Aussprache hatte. Dialekte haben also auch etwas mit Tradition, oder besser gesagt, mit Respekt vor der Vergangenheit zu tun.

Kärntnerisch ist besonders beliebt Österreichische Dialekte sind, obwohl sie lokal gesehen manchmal gar nicht weit voneinander entfernt sind, sehr unterschiedlich. Ganz allgemein ist laut Statistiken der kärntnerische Dialekt sehr beliebt und wird als sehr sympathisch empfunden. Steirisch und Wienerisch seien im Mittelfeld. Vorarlbergerisch und Burgenländisch werden oft eher schwerer verstanden, weil man den Dialekt nicht oft hört. Mehrere Studien ergeben jedoch, dass Dialekte in Österreich ein hohes Ansehen und eine große Akzeptanz bekommen. Es gehört einfach zu unserem Kulturgut, auf das wir auch ein bisschen stolz sein können. Ganz egal welcher österreichische Dialekt, jeder hört sie gerne. Es ist einfach schön, wenn wir Ausdrücke wie „Hackn“, „schaffa“, „Hoachwetter“, „Roa“, „Fei‘“, „Kaluppm“ oder „Fletz“ hören. Also lassen wir unsere Dialekte, um die Tradition zu bewahren, auch „haia“ nicht zurück und sprechen öfter die Mundart unserer Ahnen.

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Dialektisches Begriffslexikon aus der Versicherungswelt Vorarlberg bschießa betrügen, beschwindeln, schwindeln Dachkärnnr/Känar Dachrinne Hoschtat Garten Kämme/Kämmi/Kämmat Schornstein schaffa arbeiten

Tirol Schnea Schnee Soler Balkon wårm otrogn einen Brand legen Hoachwetter Unwetter gach steil Dilla Dachboden arschlig/arschling rückwärts Assikuranz Versicherung

Wien Hackn Arbeit Tröpferlbad Dusche, Duschanstalt, Badehaus Zinshaus Mietwohnhaus Pawlatschn Balkongang Brassetl Schmuck Reibn Altes Fahrzeug in bedauernswertem Zustand Hocknstad Arbeitslos

Oberösterreich hei glatt/rutschig Gatsch Matsch owi hinunter znaxt vor einiger Zeit, neulich drentn dort drüben

Salzburg Roa Abhang klékkhéscht steinhart Lâ Lawine fêscht/vorigs Jou vergangenes Jahr

oûgézzt abgerutscht hoia/haia heuer/ dieses Jahr

Steiermark Äjst Äste (eine Baumes oder Strauches) hal rutschig, glatt Schodn Schaden hin kaputt fatn im vorigen Jahr grechtln herrichten Heach Anhöhe Pleggn Beschädigung Runst Wasserrinne Schleifn Bremse

Niederösterreich Bang`ln stürzen, umfallen Dacka Decke Feia Feuer Harsch Schnee innat innen inta unten

Kärnten Fletz Boden Blåse Wind obe hinunter Teckn Schaden A nea vor kurzem Fertn voriges Jahr Pfogga Schlamm

Burgenland Kaluppm Haus, Hütte Knoaritsn knarren Kouwl kleiner Stall Kra(u)ngat Krankheit krocha krachen Kuchl Küche Nölst Ast o(b)gschtumpft abgenützt plaschln heftig regnen Rinnsoal Wasserrinne


Unsere Aufträge, unsere Arbeit

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Robert goes faircheck

Robert Hirschler und Robert Langmann sind fairchecker. Was Sie unterscheidet: Ihre Persönlichkeiten, ihre Werdegänge, ihre Lebensweisen. Was Sie verbindet: Schadenregulierung bei faircheck.

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obert Hirschler ist 2017 Teil des faircheck-Teams geworden und absolviert zurzeit das Kolleg für Bautechnik an der HTL Ortweinschule in Graz. Der gelernte Versicherungskaufmann brachte viel Vorerfahrung aus der Branche mit, bevor er bei faircheck im Backoffice für die ordnungsgemäße Implementierung der Auftragsdaten in das System, die Auftragsvergabe an die faircheck-Schadenexperten in ganz Österreich und für die Qualitätssicherung der Berichte und Gutachten zuständig wurde. Eine Zeit, die Robert keinesfalls missen möchte: „Die Zeit im Backoffice war superlässig. Da habe ich wirklich gelernt, auf was es bei einem versicherten Schadenfall ankommt.“ Zuvor war Robert in Wien bei einem renommierten Versicherungsmakler tätig, wo er Groß-

kunden betreute. „Dort durfte ich bei den Schadenbesichtigungen dabei sein und da ist der Wunsch aufgekommen, mehr in diese Richtung zu gehen.“ Bei faircheck war damals die freie Stelle im Backoffice ausgeschrieben. Robert kannte Peter Winkler bereits von früher und so schickte er ihm seine Bewerbung. Der Rest ist Geschichte. In einem Pilotprojekt wurde Robert Hirschler eineinhalb Jahre später in die Welt der Schadenregulierung eingeführt, ein Berufsbild, das für ihn von da an zur Berufung wurde: „Seit ich 16 Jahre alt war und mit der Lehre angefangen habe, war ich immer nur im Büro. Jetzt bin ich dort angekommen, wo ich hinmöchte. Schadenexperte sein, das ist der Job, den möchte ich machen. Vorher habe ich nie so genau gewusst, wo ich wirklich hinmöchte.“ Die abwechslungsreiche Tätigkeit zwischen Büro und der Arbeit vor Ort bei den Versicherungsnehmern der Auftraggeber macht Robert sehr viel Freude, wobei vor Ort on- oder offline sein kann: „Entweder bin ich bei Schadensbesichtigungen direkt vor Ort oder ich begutachte den Schaden gemeinsam mit dem Versicherungsnehmer über das VEX-Portal.“ Fahrtkilometer bleiben in der Schadenregulierung nicht aus. „In der Regel besichtige ich im Gebiet der nördlichen Steiermark. Ab und zu übernehme ich aber auch Besichtigungstouren in anderen Gebieten Österreichs.“ Die Lieblingsfächer von Robert im Kolleg sind im Moment Baukonstruktionslehre und Statik. Wissen, das Robert in der Praxis gleich anwenden kann. „Das Wissen von der Schule nehme


Unsere Aufträge, unsere Arbeit

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er HTL-Absolvent Robert Langmann war als Kalkulant für Großprojekte lange in Rumänien und Bulgarien beschäftigt, bevor er zurück nach Österreich kam und die Leitung der Rechnungsprüfstelle bei faircheck übernahm: „Wir kalkulierten Shoppingcenter, PV-Anlagen, Schwergewichtsstaudämme, Bürogebäude und andere Großprojekte mit Projektsummen zwischen 5 bis 25 Mio. Euro.“ Nicht alle der Projekte gingen in die Umsetzung. Viele landeten später im Aktenschrank oder

„Jammern hilft nichts und ich arbeite ja auch für mich. Das ist eine andere Motivation.“ Robert Langmann Papierkorb, doch es gab auch so manches Highlight, wie der Rechnungsprüfer zu erzählen weiß: „Das größte Projekt, welches damals in die Umsetzung ging, war die FCC-City Mall der Raiffeisen in Rumänien. Das Projekt umfasste ein Volumen von 70 Mio. Euro.“ Ein Projekt, das nicht von heute auf morgen kalkuliert wird: „Die Intensivphase, wo Planänderungen und Vertragsverhandlungen an der Tagesordnung stehen, dauert ungefähr ein halbes Jahr.“

ich mit in die Praxis und die Praxiserfahrung nehme ich mit in die Schule. Die Ausbildung passt sehr gut zu meiner Tätigkeit. Manchmal denke ich mir, dass ich das alles schon viel früher hätte machen sollen.“ So viel Zeit, um über die Vergangenheit nachzudenken, bleibt Robert allerdings nicht. Wenn er eine Pause von der

„Die Zeit im Backoffice war superlässig. Da habe ich gelernt, auf was es bei einem versicherten Schadenfall ankommt.“ Robert Hirschler „Lernerei“ braucht, dann spielt er im Sommer Tennis oder macht im Winter Skitouren in seiner Heimat der Obersteiermark: „Am Turntaler Kogel habe ich beispielsweise eine lässige Strecke entdeckt. Ich bin zwei Stunden unterwegs und genieße eine lässige Aussicht auf 1.600 Meter Seehöhe.“ Als Belohnung gönnt sich der allzeit kalorienbewusste Hobbysportler nach dem Aufstieg eine Kaspressknödelsuppe und ein Bier. „Dann darf ich abfahren.“

2015 wechselte der zahlenerprobte Bautechniker und Kalkulations-Gruppenleiter aus der Weststeiermark für den Heimweg das Flugzeug gegen das Auto. Eine familiär herausfordernde Zeit ging zu Ende: „Mein Sohn war 2015 10 Jahre alt geworden und ich wollte mich verändern, um mehr bei meiner Familie zu sein und unterstützen zu können, daher suchte ich bewusst eine Anstellung, wo Homeoffice-Möglichkeit bestand.“ Google wurde befragt. faircheck war das Ergebnis. Ein Leiter für die Rechnungsprüfungsstelle wurde gesucht und mit Robert konnte diese kompetent besetzt werden. Einen Monat später unterzeichnete Robert mit Andrea und Peter Winkler den Arbeitsvertrag. Heute ist Robert selbstständiger Rechnungsprüfer und Schadenexperte, der sich ein kleines Büro nur wenige Minuten von zuhause angemietet hat. Arbeitsstart ist in der Regel um 7.30 Uhr. Davor werden die 2-jährige Tochter und, bei Bedarf, der heute 14-jährige Sohn versorgt: „Meine Frau arbeitet seit Kurzem auch wieder. Homeoffice bzw. ein Büro zuhause erfordert sehr viel Disziplin. Ich habe mir bewusst eine Büroräumlichkeit gesucht, wo ich am Vormittag alles gut abarbeiten kann und mich bei einem Freund eingemietet.“ Ein bis zweimal pro Woche besichtigt Robert unter anderem in den Gebieten rund um den Bezirk Murtal, Voitsberg, Deutschlandsberg und Stainz sowie Bad St. Leonhard Schäden vor Ort. Auch wenn es viel Arbeit gibt, bleibt Robert in der Regel cool, überlegt und effektiv: „Jammern hilft nichts und ich arbeite ja auch für mich. Das ist eine andere Motivation.“


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Seit 15 Jahren brennen wir für das Thema Schaden fair gecheckt, innovativ und menschlich zugleich.


Rund um faircheck

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Versicherungsnehmer, Versicherer, Versicherungsbetreuer, Schadenexperten und Handwerker. Das Geschäftsmodell von faircheck bezieht die Interessen unterschiedlicher Zielgruppen in das tägliche unternehmerische Wirken ein. Das Kundenerlebnis von faircheck wird in der Basis von den beiden Wörtern fair und check gestützt. Fairness, manifestiert durch gelebte Werte, die das Vertrauen in den Service und die Menschen dahinter stärken sollen, sowie eine prozessorientierte und fachlich einwandfreie Prüfung der Sachverhalte durch die in ganz Österreich und in der Schweiz verteilten Schadenexperten, die mithilfe modernster Technik, die hohe Qualität der Leistungen standardisieren.

Am Anfang war die Idee Peter und Andrea Winkler gründeten faircheck 2005 und die damals noch völlig neue Dienstleistung für die Versicherungsbranche konnte sich relativ rasch etablieren. Nun steht faircheck seit Jahren als solides Unternehmen da. Über Jahre wurde eine gemeinsame Mission mit „brennendem“ Herzen verfolgt. Peter Winkler lebt mit seinem Unternehmen für den kundenorientierten Service: „Dienstleistung in einem traditionellen Umfeld zu verändern und mit Auftraggebern bzw. Partnern auf Augenhöhe proaktiv zusammenarbeiten zu können, macht einfach nach wie vor Spaß.“

„Über den Tellerrand zu schauen, gehört für mich als Unternehmer dazu.“ Zahlreiche innovative IT-Projekte konnten durch das 2008 gegründete Unternehmen PEAN zur Umsetzung gelangen. „Über den Tellerrand zu schauen, gehört für mich als Unternehmer bzw. uns als Unternehmen dazu. Innovationen, wie die 2014 eingeführte Videobegutachtung oder der 2017 eingeführte digitale Kundenprozess, prägen heute das Kundenerlebnis bei faircheck“, erzählt Peter Winkler. Andrea Winkler ergänzt, dass es das Credo von faircheck ist, die Kunden „lösungsorientiert und rundum gut zu betreuen“.

Am Ende steht die positive Überraschung Kunden möchten positiv überrascht werden – egal ob vom Versicherer, Dienstleister oder Handwerker. Ein Szenario, das in einem versicherten Schadenfall vorwiegend durch Schnelligkeit, Transparenz und aktive Kommunikation passiert. Letzteres fällt vor allem Versicherern schwer, meint Peter Winkler: „Aus Sicht des Kunden muss der Versicherer über alle Kanäle mit dem Kunden kommunizieren können. Versicherer denken in der heutigen Zeit noch in Sparten und in Schadennummern.“ Die Lösung versteht sich im Zeitalter der Digitalisierung fast von selbst: „Um das umsetzen zu können, benötigt es eine gute IT.“ Die großen Player, Amazon, Google & Co, machen es vor. Digitalisierung gehört dort zum Tagesgeschäft. „Amazon, Google und Co wissen einfach mehr über ihre Kunden als Versicherer. Der elektronische Kommunikationsweg laut Versicherungsvertragsgesetz funktioniert für viele Versicherer nicht. Das ist aber die Voraussetzung, um Digitalisierung zu betreiben“, schildert Peter Winkler den Status der Digitalisierung in der Branche. Fast jeder Versicherungsnehmer hat hierzulande Zugang zu mindestens einem Kundenportal. Mehr Service genießt der Kunde dadurch meistens nicht. Die Rundumbetreuung des Versicherungsnehmers durch Vertrieb, Dienstleister, Handwerker & Co

wird weiterhin stiefmütterlich behandelt, erklärt Peter Winkler: „Oft fängt das bei dem Thema Leckortung an. Wer gibt die Genehmigung für die Leckortung? Weiß der Handwerker Bescheid? Der Versicherungsnehmer erhält die Genehmigung und nimmt an, dass der Handwerker Bescheid

„Aus Sicht des Kunden muss der Versicherer über alle Kanäle mit dem Kunden kommunizieren können.“ weiß. Der weiß es aber nicht.“ Um diesen Service-Plattform-Gedanken in die Praxis umzusetzen, verwendet faircheck seit 2010 ‚homevita‘, wo alle Beteiligten im Wiederherstellungsprozess miteinander vernetzt sind. „Generell kann man sich an InsurTechs bzw. jungen Firmen ein Beispiel nehmen, die die Prozesse besser im Griff haben.“, meint Peter Winkler. InsurTechs bzw. neue Marktteilnehmer in der Versicherungsbranche spielen in Österreich allerdings bisweilen noch eine sehr untergeordnete Rolle. Das zeigt sich


Rund um faircheck

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Markt ist zwar anders, aber er wird unserem immer ähnlicher.“ Und auch hier ergänzt Andrea Winkler: „All das wäre nicht möglich, wenn wir nicht das Miteinander im Backoffice und bei den Schadenexperten hätten. Ich bin sehr dankbar, dass wir in vielerlei Hinsicht wie eine große Familie agieren.“

auch an den Zahlen des Onlinevertriebs. „In Deutschland passieren 20 bis 25 % des gesamten Vertriebes im Versicherungsbereich online. In Österreich liegt der Anteil derzeit bei lediglich 3 bis 4 %. Da gibt es noch viel Luft nach oben.“, meint Peter Winkler und führt die Gründe dafür an: „In Österreich ist das in erster Linie ein Mentalitätsproblem. Es gibt keine Onlineversicherer, weil Versicherungen im Vertrieb Produkte rabattieren und so auf das Onlineangebot aufschließen.“ Ob ein harmonisches Zusammenspiel zwischen on- und offline-Welt in Zukunft entstehen wird, bleibt abzuwarten.

„Für mich ist die Kommunikation von Mensch zu Mensch das Wichtigste.“ Weil der Mensch, Mensch bleiben soll Apropos ‚offline‘. Dass bei der Digitalisierung der Faktor Mensch nicht zu kurz kommen darf, weiß Andrea Winkler: „Ein qualitativ hochwertiges Miteinander wird in Zukunft immer mehr Wert haben und wert sein. Für mich ist die Kommunikation von Mensch zu Mensch unternehmensintern und -extern das Wichtigste.“ Das ist auch ein Schlüssel, um die Mitarbeitenden im Backoffice und Schadenexperten draußen bei den laufenden Veränderungen, die die digitale Welt fordert, gut mit-

zunehmen. „Die digitale Welt überfordert Menschen zeitweise. Dadurch, dass wir einander nicht oft sehen, passiert vieles elektronisch. Ich greife gerne zum Hörer bzw. setze auf den persönlichen Kontakt, um Neuerungen gut rüberzubringen.“ Andrea Winkler ist aber auch eine treibende Kraft im Unternehmen, was soziale Projekte anlangt: „In den letzten 15 Jahren hat sich sehr viel getan. Im Bereich Corporate Social Responsibility versuchen wir mit Projekten wie ‚WEITERfairWERTUNG von Wirtschaftsgütern‘, für das wir 2010 auch den Trigos gewonnen haben, eine gesunde ethische Basis in das Tagesgeschäft einfließen zu lassen. Das funktioniert nur, weil alle faircheckerinnen und fairchecker hier an einem Strang ziehen.“ Im Zuge des Langzeitprojekts von faircheck werden neuwertige Waren aus Schadenfällen an soziale Einrichtungen weitergegeben. faircheck übernimmt auch hier die Schnittstellentätigkeit zwischen Versicherungsnehmer, Versicherer und sozialer Einrichtung.

15 Jahre faircheck - und es geht weiter Langweilig wird es bei faircheck auch in Zukunft nicht. Weitere Meilensteine gehen in Richtung Prozessoptimierung, um eine noch kundenorientiertere Dienstleistung hervorzubringen, und hin zur Expansion. „Wir wollen schneller werden und noch höhere Qualität liefern“, erzählt Peter Winkler. „Weiters arbeiten wir an einer Softimplementierung in der Schweiz, damit wir auch dort mehr und mehr Produkte auf den Markt bringen können. Der

„Um seine Ziele zu erreichen, muss man die Wege gehen, die man gehen möchte und diese möglichst konsequent.“ Die letzten 15 Jahre haben den faircheck-Zug auf sehr solide Schienen gebracht. Doch hat sich dieser Weg auch für die Eigentümer gelohnt? „Für mich auf jeden Fall. Es macht Spaß und obendrein haben wir gemeinsam Erfolg.“, freut sich Peter Winkler und gibt sein Erfolgsrezept weiter, „Um seine Ziele zu erreichen, muss man die Wege gehen, die man gehen möchte und diese möglichst konsequent.“ Als Ehepaar gemeinsam im eigenen Unternehmen tätig zu sein, bedeutet, Berufliches und Privates in der richtigen Balance zu halten. Andrea Winkler abschließend: „faircheck ist zu einer zweiten ‚Familie‘ geworden und darauf bin ich stolz.“

15 Jahre in Zahlen abgewickelte Aufträge

139.306

besichtigte Schadenhöhe

535  Mio. € erwirtschaftete Einsparungen

166 Mio. €


Rund um faircheck

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FEEDBACK Stimmen aus dem faircheck-Backoffice Iris Schuster, faircheck-Backoffice: „Im versicherten Schadenfall erwarte ich mir persönlich so rasch wie möglich Hilfestellung von den Schadenexperten und dem Backoffice-Team. Verzögerungen können vorkommen. Das ist bei uns oft der Fall, wenn Kontaktdaten fehlen und wir den Versicherungsnehmer nicht erreichen können und erst recherchieren müssen. Für die Arbeit bei faircheck in der Zukunft wünsche ich mir weiterhin einen in alle Richtungen gestärkten Zusammenhalt für die Zusammenarbeit. Wir sind ein Familienbetrieb und das wird auch gelebt.“ Boris Krassnig, faircheck-Backoffice: „faircheck zeichnet aus, dass der Auftraggeber, dh. der Versicherer, am Ende des Tages das fertige Produkt als Gutachten präsentiert bekommt. Wir übernehmen alles, was rundherum anfällt, um das Gutachten zu erstellen. Die Prüfung der Gutachten, die wir im Backoffice vor dem Versand an den Versicherer durchführen, ist ein wesentlicher Faktor zur Sicherung der Qualität. Wir sehen uns die versicherungstechnische Beurteilung durch und prüfen auch formal. Intern kommt uns ein 4-Augen-Prinzip zugute und wir können direkt mit dem Schadenexperten Rücksprache halten, wenn Punkte unklar sind. Ein Schadenfall ist nichts Alltägliches. Bei meiner Arbeit im Backoffice lerne ich jeden Tag dazu. Gewisse Schäden wie Hagelschäden oder Schneedruckschäden sind immer ähnlich, aber generell ist jeder Auftrag anders.“ Anton Geigl, faircheck-Backoffice: „Das Leistungsportfolio von faircheck ist österreichweit verfügbar. Der große Vorteil ist, dass faircheck nicht einem Versicherer zugeordnet ist, sondern als unabhängiger Dienstleister Aufträge abwickeln kann. Durch die permanente Qualitätssicherung, die wir im Backoffice betreiben, können wir das Ergebnis unserer Arbeit über die Zeit verbessern. Regelmäßige Workshops sind ebenso wichtig wie das persönliche Feedback an die Schadenexperten. Ich komme nach wie vor jeden Tag gerne ins Büro. Meine Kolleginnen und Kollegen unterstützen das angenehme Arbeitsklima. Für die kommenden Arbeitsjahre wünsche ich uns als Unternehmen, dass wir Zukunftsdenken und Gegenwartsanforderungen nachhaltig miteinander vereinen können.“

15 Jahre faircheck - der Dienstleistungsmarkt aus Sicht eines Mitbewerbers In Österreich gibt es jährlich rund 40.000 Firmengründungen. Unternehmer sein ist ‚in‘. Rund 5.000 Unternehmen werden pro Jahr insolvent. 65 % sind noch keine 10 Jahre alt. Die Anfangsphase ist also eine echte Feuertaufe. Ich habe alles gecheckt. Das faircheck-Rating nach nach dem Kreditschutzverband sieht blendend aus. Aber was erwartet sich der Markt von Dienstleistern eigentlich? Der Markt erwartet sich von Dienstleistern im wesentlichen drei Skills, die ich in Anlehnung an das rhetorische Dreieck als Logos, Pathos und Ethos bezeichne. Logos steht für unser Wissen. Hier geht es um die Qualität unserer Services. Pathos steht für die emotionale Begeisterung, die Kraft der Leidenschaft oder die Herzen der Dienstleister, die für das gemeinsame Anliegen brennen. Tempo bzw. Produktivität werden als KPI auch in Zukunft die Dienstleistungsindustrie prägen. Und last but not least Ethos. Ethos steht für die gesunde ethische Basis, die wir auch im Sinne des Solidaritätsprinzips, von der Produktgestaltung bis zum Verkaufsauftritt, einsetzen sollten. Diese drei traditionellen Pfeiler beeinflussen unsere Wettbewerbsfähigkeit und sind ständigen Veränderungen unterworfen. Aber was wäre Tradition ohne Innovation? Innovationen sind heute Transformationen, wo alles schneller, besser und vor allem aber anders passieren muss. Es geht darum, für den Kunden zu brennen und ihn in den Mittelpunkt zu stellen. Peter Winkler war lange mein Kollege und auch mein Vorgänger als Geschäftsführer bei Top Versicherungsservice. Er hat meiner Meinung nach mit faircheck etwas Großartiges geschaffen. faircheck spielt die Symphonie aus Tradition und Innovation vorbildlich. Hut ab und ‚Ad multos annos‘.

Dr. Harald Lankisch, CEO Top Versicherungsservice bzw. Allianz Elementar Vers AG, ist ein langjähriger Wegbegleiter von Peter Winkler.


Versicherer

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Schnell sein und schlank bleiben Veränderte Erwartungshaltungen von Versicherungsnehmern sowie Digitalisierung und Automatisation prägen die Branche. Im Interview erzählt Thomas Neusiedler, CEO Helvetia Österreich, über Herausforderungen und Chancen, die seine Tätigkeiten ausmachen.

Sie sind seit 2020 Vorstandsvorsitzender von Helvetia Österreich und waren davor im Vorstand im Bereich Schaden-Unfall verantwortlich. Wie verändern sich nun Ihre Aufgaben und welche ersten Herausforderungen stehen auf der Agenda? Thomas Neusiedler: Die Frage kommt sehr früh. Ich kann bis jetzt (Anm.: Das Interview wurde Anfang Jänner geführt) von wenigen Erfahrungstagen sprechen, aber ganz so drastisch ist es im Endeffekt nicht, denn mein Vorgänger hat sich schon im letzten Quartal 2019 deutlich zurückgezogen. Im Augenblick ist alles ein bisschen virtuell, denn wir sollten am Jahresanfang den Jahresabschluss zusammenhaben, was in den ersten Tagen des Jahres immer eine Herausforderung ist. Das ist jedoch für mich nicht wirklich neu. Was sich schon jetzt spürbar verändert hat, sind die Verantwortlichkeiten und die Breite des Spektrums meiner Tätigkeit. Vorher habe ich die Fachbereiche bzw. die Nicht-Lebensbereiche geleitet und nun sind die die klassischen CEO-Bereiche wie IT, Human Resources, Interne Revision oder Kommunikation hinzuge-

kommen. Das ist der Tausch, den ich gemacht habe – und den ich als besonders spannend und lehrreich empfinde. Wie haben Sie die Veränderung und die Entwicklung der Versicherungsbranche in den letzten 15 Jahren erlebt? Da möchte ich ein wenig weiter ausholen: Die Helvetia ist 160 Jahre alt und hat Weltkriege und Umstellungen von Regierungsformen überlebt. Da mögen 15 Jahre sehr kurz wirken. Allerdings sind wir mittendrin in einer deutlichen Umstellung des Berufslebens in Richtung Automatisierung und Digitalisierung, was man in den letzten zwei bis drei Jahren extrem gemerkt hat. Man sieht nun einen deutlich stärkeren Regulierungsansatz in den Versicherungen. Weiters hat sich die Ergebnissituation im Bereich Leben deutlich verändert, dies betrifft auch mittelbar den Nicht-Lebensbereich. Natürlich hat sich auch der Druck, Geld zu verdienen, ausgeprägt. So ist eine Professionalisierung im Nicht-Lebensbereich eingetreten, was im Endeffekt dazu führt, dass man schaut, wo man schlank wird und schlank bleiben kann.

Welche Anforderungen hat der Kunde heute im Vergleich zu vor 15 Jahren und inwieweit kann die Helvetia das bereits erfüllen? Ich persönlich denke, dass sich die Kundenstruktur nicht so drastisch verändert hat. Im Gegensatz dazu hat sich das Vermittlerverhalten stark gewandelt. Hinzu kommen die neuen Anforderungen an Online-Versicherungen, die mich an den sprichwörtlichen Dornröschenschlaf erinnern: Innerhalb der Branche wird das Thema heiß diskutiert, aber so richtig große Marktanteile haben wir online nicht - weder bei uns im Haus, noch am Markt. Aber in Wahrheit wissen wir nicht, was das Dornröschen hinter der Dornenhecke gemacht hat. Hat es wirklich geschlafen oder doch gearbeitet, bis es sich entschieden hat, wieder zu erscheinen? Ich glaube, eine zeitgemäße Agilität ist wichtig, sodass man als Versicherung wendig bleibt und schnell neue Produkte online bewirtschaften kann. Wartezeiten von bis zu zwölf Monaten für völlig neue Versicherungsprodukte sind existenzbedrohend, wenn Online-Szenarien von heute auf morgen umgesetzt werden.


Versicherer

In Österreich haben Versicherer gegenüber Deutschland überhaupt keine Marktanteile online. Ist das auch ein Servicethema? Die Jungen und deren attestierten Wunsch nach Online-Produkten haben wir im Blick, allerdings fallen sie noch kaum ins Gewicht. Der Rolle des klassischen Versicherungsvermittlers bleibt unangefochten wichtig. Häufig wird das erste Auto von Eltern oder Großeltern verschenkt, die gleichzeitig die Versicherung für sie abschließen. Damit ist die Kaufentscheidung der ersten Stunde also nicht bei den jungen Leuten selbst, sondern bei den Vorgenerationen. Wir bemerken allerdings, dass es vor allem bei den Jungen eine andere Erwartungshaltung gibt. Wenn ich heute eine E-Mail schreibe, so erwarte ich mir, dass ich in 48 Stunden eine Antwort bekomme – zum Beispiel im Schadenfall, um einen Besichtigungstermin auszumachen. Vor 15 Jahren oder noch früher, als ich das erste Mal in die Versicherungswelt hineingeschnuppert habe, da war das alles noch ganz anders. Die Erwartungshaltung gegenüber der Geschwindigkeit ist demnach eine ganz andere, und da sind wir sicher noch nicht am Ende angelangt. Wenn wir an die zukünftige Strategie der Helvetia denken, inwieweit werden da künstliche Intelligenz oder neue Softwarelösungen in der Schadenbegutachtung eine Rolle spielen, um für den Kunden schneller Lösungen zu erzielen? Wir sind sehr stolz darauf, dass wir innerhalb von 48 Stunden ungefähr 80% unserer Schäden erstbearbeiten können. Besonders spannend ist, dass wir mit Methoden aus dem Bereich Robotics experimentieren und Sparten, die wir schnell abwickeln können, – zum Beispiel Glasbruchschäden oder Beratungsrechtsschutz – mit einer Form von Automatisierung zu bearbeiten. Das funktioniert überall dort, wo die Schadensstrukturen sehr homogen sind. Ich würde daher eher von einer Automatisierungsstrategie reden, als von einer Künstliche-Intelligenz-Lösung, weil ich glaube, dass das heute noch sehr vermischt wird. Der Schadensprozess als solcher ist für uns ein gewaltiger Hebel, bei dem wir sagen, dass wir mit Automatisierung und mit intelligenten technischen Lösungen schlank bleiben. Ich möchte absichtlich nicht sagen „schlank werden“, denn das ist in unserem Haus definitiv mit

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unseren Mitarbeitern ausgesprochen: Wir wollen mit der bestehenden Belegschaft die Wachstumsszenarien für die nächsten fünf Jahre entwickeln und realisieren. Wie wird sich die Arbeitsweise der Mitarbeitenden ändern, und wie bereitet man diese darauf vor? Entgegen der öffentlichen Darstellung muss man den Menschen gegenüber ehrlich sein, dass es sehr wohl einen gewissen Druck gibt. Wer gewillt ist, sich weiterzuentwickeln, braucht allerdings keine Angst zu haben! Die Herausforderung, die wir haben, ist unsere Mitarbeitenden bei diesen Schritten zu begleiten. Das machen wir gerne und ich sehe unser Bekenntnis dazu als wichtigen Punkt für eine gelungene Unternehmenskultur, die Mitarbeitende wiederum zu Höchstleistungen motivieren kann. Wie sieht ihre Strategie in Bezug auf die Einbindung von InsurTechs zur Bereitstellung von Services aus? Also sehr direkt gesagt, habe ich noch sehr wenig InsurTechs gesehen – vor allem in Österreich nicht, – die mich so begeistert haben, dass ich als Versicherer beeindruckt bin. Ich glaube, dass InsurTechs und Startups eine gute Lösung sein können und auch sein werden, weil sie zum Beispiel viel mehr Agilität mitbringen können als Versicherer mit 3.000 Angestellten. InsurTechs können auf eine gewisse Art und Weise zu Partnern von Versicherungen werden. War es schon als Kind ihr Ziel CEO einer Versicherung zu sein oder war die Entwicklung dorthin eher zufällig? Mein Vater war über vierzig Jahre im Versicherungsbereich tätig – so hatte ich fast keine andere Chance (lacht). In Wahrheit war der Katalysator der, dass ich dadurch nie Berührungsängste zur Branche selbst hatte. Der Weg in die Versicherung hinein war also ein bisschen vorherbestimmt, aber, dass es sich so entwickelt hat und dass ich nun Vorstandsvorsitzender von der Helvetia bin, das konnte ich sowieso nicht planen. Du kannst meiner Meinung nach nur jeden Tag ins Büro gehen mit der Einstellung, dass du das, was du machst, gut machst. Kolleginnen und Kollegen in der Branche, die mich beeindrucken, sind auch die, die wirklich im Thema ‚drinnen‘ sind, und nicht die, die einem gewissen Ideal hinterherjagen.

Diese Authentizität ist auch, was Sie über viele Jahre der Kooperationspartnerschaft mit faircheck auszeichnet… Ich denke, es ist wechselseitig, dass wir einander vertrauen und wissen, was wir aneinander haben. Was möchten Sie eines Tages hinterlassen, wenn Sie die jetzige Position als CEO verlassen? Ich finde, man soll der Generation, die nach einem kommt, immer mehr mitgeben, als man von der Generation davor übernommen hat. Was ich damit sagen will, ist, wenn ich heute einen Nicht-Lebensbestand übernehme, der ca. bei 220 Mio. Euro liegt, dann ist meine Ambition, dass die Helvetia irgendwann einmal auf die 500 Mio. Euro zusteuert, und das durch eigene Kraft. Die Vision ist also ein größeres, gestärktes und zukunftstaugliches Unternehmen weiterzugeben, bevor ich zum größten österreichischen Arbeitgeber, der PVA, wechsle. Das gesamte Interview können Sie auf faircheck.at/news nachlesen.

Thomas Neusiedler, CEO Helvetia Thomas Neusiedler studierte Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Spezielle Versicherungswirtschaft, bevor er in der Versicherungsbranche tätig wurde. Seit 2012 war Thomas Neusiedler Vorstand für das Ressort Schaden-Unfall für Helvetia Österreich und übernahm mit 1. Jänner 2020 die Leitung von Helvetia Österreich.


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Immobilien

Vermieterschutz mit Sicherheitsplus Rund 1,6 Millionen vermietete Wohnungen und Häuser gibt es in Österreich. Rund 60.000 Haushalte haben in Österreich mit Mietrückständen zu kämpfen. Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH, spricht im Interview über die finanziellen Risiken bei der Vermietung und erklärt, wie der InfoPass für Mieter Abhilfe schafft.


Immobilien

12.000 Anträge auf Räumungsexekutionen, davon wurden fast 5.000 umgesetzt – alleine 2018. Zudem haben rund 60.000 Haushalte, laut KSV1870-Schätzungen, mit Mietrückständen zu kämpfen. Was bedeutet das für Vermieter? Gerhard Wagner: Über die Jahre hinweg ist zu beobachten, dass immer mehr Haushalte ihren Zahlungen nicht fristgerecht nachkommen. Den Vermietern entstehen dadurch enorme administrative und vor allem finanzielle Schwierigkeiten. Mieter bleiben den Zins schuldig und wohnen mitunter monatelang ‚gratis‘ in einer Wohnung, bis der Vermieter eine rechtliche Handhabe gegen sie hat. In Österreich ist das Mietrecht sehr mieterfreundlich gestaltet. Trotzdem muss klar sein, dass Mietrückstände kein Kavaliersdelikt sind.

„Wir ermöglichen sichere Geschäfte für beide Seiten.“ Das heißt, die Zahlungsmoral in Österreich ist ausbaufähig? Insgesamt ist die heimische Zahlungsmoral gut – das bestätigt auch unser jährlicher Austrian Business Check. Trotz allem sind in den vergangenen Jahren im-

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mer mehr Vermieter an uns herangetreten und haben nach einem entsprechenden Produkt gefragt, das explizit auf die Wohnungssuche zugeschnitten ist. Dem sind

„Mietrückstände sind kein Kavaliersdelikt.“ wir mit dem InfoPass für Mieter nachgekommen. Ein kompakter und transparenter Rundumblick über die finanzielle Zuverlässigkeit des Wohnungssuchenden, der auf Freiwilligkeit basiert.

Darin sind explizit auf die Wohnungssuche abgestimmte Informationen enthalten. Das sind etwa Personendaten, etwaige Insolvenzinformationen, Zahlungsanstände und Einträge von finanzierenden Stellen. Allesamt Daten, die wir beim KSV1870 sorgfältig recherchieren. Welchen Stellenwert hat der Datenschutz in Ihrem Haus? Das Thema Datenschutz nimmt nicht erst seit dem Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 eine wesentliche Position ein. Wir agieren hier strikt nach rechtlichen Grundlagen und ermöglichen so sichere Geschäfte für beide Seiten – und das seit knapp 150 Jahren.

Jeder Mieter kann somit selbst entscheiden, ob er sich durch dieses finanzielle Leumundszeugnis einen Vorteil in der Wohnungsvergabe sichern möchte. Wie können sich Vermieter vor zahlungsunwilligen Mietern oder gar Mietnomaden schützen, die im ‚Worst Case‘plötzlich ausgezogen und unauffindbar sind? Für Vermieter ist es wichtig, frühzeitig ein möglichst umfassendes Bild von den potenziellen Kandidaten zu erhalten, um am Ende des Tages eine objektive Entscheidungsgrundlage zu haben. Dafür reicht ein herkömmlicher Lohnzettel nicht aus, da er zu wenig über die finanzielle Gesamtsituation des Mieters aussagt. Ein Lohnzettel berücksichtigt zum Beispiel keine Zahlungsanstände oder Insolvenzen. Es benötigt also mehr Information? Richtig. Im Idealfall ist die Vermietung eine Entscheidung für mehrere Jahre. Dazu benötigen Vermieter ein Informationspaket, das sämtliche für die Wohnungsvermietung relevanten Daten abbildet, um ein umfassendes Bild des potenziellen Mieters zu erhalten. Gleichzeitig reduziere ich damit mein persönliches Risiko von Zahlungsausfällen. Wir machen somit für Vermieter Geschäfte sicher und stärken zugleich ihre Liquidität. Das Thema Daten ist allgegenwärtig. Welche Informationen über die jeweilige Person enthält der InfoPass?

KSV1870 InfoPass für Mieter: Die Vorlage des InfoPass für Mieter basiert auf Freiwilligkeit und kann nur vom Mietinteressenten unter https://www. ksv.at/selbstauskunft-private/ infopass-mieter bestellt werden.

MietobjektCheck Mit dem Produkt MietobjektCheck bietet faircheck Mietern und Vermietern eine gut dokumentierte Schlüsselübergabe an, um Streitpunkte im Vorhinein auszuschließen. Ein spezielles Kombiprodukt wurde für Vermieter entwickelt, um Zeit und Kosten zu sparen. Der aktuelle Zustand bei Einzug des Nachmieters kann per Videobegutachtung dokumentiert werden, wenn nur kleine Ausbesserungsarbeiten durchgeführt werden. Preise und Details unter: https://faircheck-immo.eu/ mietobjektcheck/


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Gibraltar to Nordkap

Ein Rekord stand nie im Vordergrund In unserer ersten fairmedia Ausgabe im Jahr 2015 durften wir den Extremsportler, Keynote-Speaker, Coach und dreimaligen Race-Across-America-Sieger Wolfgang Fasching bereits interviewen. 5 Jahre sind vergangen und es hat sich viel getan. Wolfgang Fasching hat mit dem Projekt ‚Gibraltar to Nordkap‘ wieder Grenzen ausgelotet und einen neuen Rekord aufgestellt. Im Interview erzählt er, wie er mental an seine Herausforderungen herantritt und durch Ideen immer wieder neue Projekte auf ihn zukommen.


Gibraltar to Nordkap

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Gibraltar to Nordkap, neun Länder und 5.656 Kilometer sowie 30.000 Höhenmeter, 18 Stunden Schlaf in 10 Tagen und ein neuer Rekord (Franz Kaserer hat die Strecke 1998 in 12 Tagen und 20 Stunden geschafft). Wie geht es Ihnen mit diesem Ergebnis? Wolfgang Fasching: Im Vordergrund stand kein Rekord. Die Idee war vom südlichsten Punkt Europas, also Gibraltar - was ja grundsätzlich das 10. Land ist, da es ja zu Großbritannien gehört - bis zum nördlichsten Punkt, also 5.700 km zu fahren. Es ist sehr schwer vergleichbar mit dem, was Franz Kaserer vor 20 Jahren gemacht hat, weil sich u.a. das Material geändert hat und die Straßen besser sind. Das ein Rekord dabei herausgekommen ist, ist natürlich toll. Dieser stand aber nicht im Vordergrund. Nach Australien, Russland und Amerika haben Sie mit Europa nun einen weiteren Kontinent überquert. Extreme Witterungsbedingungen, ein Crash mit dem Pacecar in Belgien 2 Tage nach Ihrem Geburtstag und andere Herausforderungen (logistische, GPS-Daten). Warum Europa? Europa war der 4. Kontinent, den ich von einer Küste zur anderen überquert habe. Europa liegt direkt vor der Haustüre, daher war es lange nicht attraktiv. Russland ist ein großes, weites und mystisches Land, Australien ist weit weg. Amerika ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Man denkt als Europäer nicht daran, dass Europa ein facettenreicher Kontinent ist. Im Süden 40 Grad Hitze und im Norden 4 bis maximal 10 Grad bei Dauerregen, also klimatische Unterschiede, wie man sie sonst auf keinem anderen Kontinent findet. Und zum Crash: Der Crash während des Events ist ein Teil dessen, was einfach passiert und es gehört zu den unvorhersehbaren Dingen und da muss man handeln – ähnlich wie bei Krisen im Berufsleben. Das Einfachste ist zu sagen, es geht nicht. Wenn man ein klares Ziel hat und die Verletzungen sich in Grenzen halten, dann gibt es eh nur eines: Aufstehen, sich abputzen und weiterfahren. Man könnte auch in Selbstmitleid versinken. In solchen Situationen ist es immer von Vorteil, nicht zuviel zu denken, sondern schon inne zu halten, aber dann nicht an dem zerbrechen, was passiert ist.

„Der Crash während des Events gehört zu den unvorhersehbaren Dingen und da muss man handeln. “ Der Unfall hat Sie rund 17 Stunden gekostet. Glauben Sie, dass Sie ohne Unfall den Rekord weiter ausgebaut hätten? Klar. Wir hatten ca. 17 bis 18 Stunden Stehzeit. Das Auto hatte einen Totalschaden. Wir mussten ein neues Auto organisieren. Ich war im Krankenhaus, um mich durchchecken zu lassen, aber im Endeffekt ist das eine Zahl, mit der lediglich eine Handvoll Menschen etwas anfangen können. Der bestehende Rekord wurde gebrochen. Sieg und Niederlage liegen oft eng beieinander. Was ist das Geheimnis, um Krisen gut zu bewältigen? Ein klares Ziel vor Augen zu haben und ähnliche Rückschläge schon häufig erlebt zu haben, kann helfen. Sich selbst nicht zu bejammern oder zu bemitleiden, kann den Prozess positiv unter-


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stützen. Das Ziel muss für dich ein Großes sein. Und alles steht und fällt mit dem Team, weil die haben einen größeren Schock gehabt, als ich selbst. Menschen sind entweder lösungs- oder problemorientiert. Im Sport bin ich eher jemand der mehr nach Lösungen als nach Problemen sucht.

„Das Wesentlichste ist es, den Mut zu haben, eine Entscheidung zu treffen.“ Was war die größte Herausforderung bei der Planung und Ausführung Ihres Ziels ‚Gibraltar to Nordkap‘? Das Projekt beginnt mit dem ersten Gedanken und der Entscheidung etwas zu tun. Es braucht zuerst ein Gefühl bzw. die Idee dazu und dann wird das immer intensiver. Es ist eine Entscheidung zu treffen und dann beginnt die Arbeit: Leute für das Team suchen, Sponsoren suchen, Strecke zusammenstellen und mit der Vorbereitung starten. In der Vorbereitungszeit von mehr als einem Jahr ist es wichtig, dass keine Selbstzweifel aufkommen. Das Wesentlichste ist es, den Mut zu haben, eine Entscheidung zu treffen und „Ja, aber“- oder „Was wäre, wenn“- Gedanken restlos zu ersetzen durch „Jetzt ist es so“ und „Jetzt ziehen wir das durch“. Und ganz wichtig: Nichts verkomplizieren. Letztendlich ist es nur Radfahren.

Sie haben sich 15.000 Kilometer und 600 Stunden auf ‚Gibraltar to Nordkap‘ vorbereitet. Hatten Sie nie Zweifel? Nein. Wenn ich entschieden habe, dann ziehe ich es durch. Bei intensiven Trainingswochen macht es dir vielleicht nicht jeden Tag Spaß und Freude, aber letztendlich hat das nichts mehr mit der getroffenen Entscheidung zu tun. Es gibt Menschen, die sind aus diesem Holz.

versucht sich etwas schön zu reden. Das funktioniert nicht. Man muss sich letztendlich beweisen, wenn es ernst ist.

In meiner Beratung treffe ich immer wieder auf Menschen, die vor großen Aufgaben, Präsentationen oder Prüfungen plötzlich krank werden und das war bei mir noch nie der Fall. Ich stelle mich jeder Situation, auch wenn sie schiefgehen sollte.

Ich hoffe, dass mich nichts mehr antreibt. Es ist für mich keine Egobefriedigung. Die Freude am Tun steht im Vordergrund. Meine Projekte sind über die Jahre hindurch gewachsen. Die Ideen kommen mir. Als Seminarleiter und Keynote-Speaker bin ich natürlich auch gefordert nachzuprüfen, ob die Dinge stimmen, die ich selbst erzähle. Es ist für mich etwas anderes, wenn ich es selbst erfahren habe. Es braucht von Zeit zu Zeit die Überprüfung dessen, was man selbst erzählt bzw. ob das auch wirklich so funktioniert.

Selbstsabotage – und man holt sich eine Krankheit. Gibt es da einen Tipp von Ihnen, wie man lernt, sich solchen Situationen besser zu stellen? Meine Denkweise ist halt so, dass solche Dinge immer weit im Vorfeld passieren. Wichtig ist, alles nicht so ernst zu nehmen. Mit einer gewissen Gelassenheit und mit Demut an Dinge heranzugehen. Alles, was ich im Vorfeld trainiert habe, kann ich im „Wettbewerb“ abrufen. Das ist nicht währenddessen logisch machbar, sondern das sind Dinge, die intuitiv mit dir bzw. in dir passieren. Gedankenschulung und Mindset trainieren bleiben also die wichtigsten Instrumente für Spitzenleistungen? Definitiv, aber das muss jeder mit Überzeugung und sehr glaubhaft für sich machen, dh. es nutzt nichts, wenn man

Was treibt Sie im Inneren an, extreme sportliche Herausforderungen, die sich durch die Überquerung der Kontinente von Amerika über Russland, Australien und Europa ergeben, als Ziel aufzunehmen?

Also am Anfang steht immer die Idee… Der Gedanke und die Idee steht am Anfang und ein Bauchgefühl, das mir sagt „Ja mach das“. Es gibt viele Hinweise im Leben, die stehen nicht in einem Buch, sondern da muss man fühlen. Es muss für einen stimmig sein. Heute sage ich sogar, es muss sinnerfüllend sein, so wie jede Tätigkeit und jede Arbeit sinnerfüllend sein soll, sonst wird es zur Schinderei. Freude und Leidenschaft sind wichtig, natürlich ist das nicht jeden Tag genauso möglich. Wenn ich 15.000 km in der Vorbereitung fahre, ist nicht jeder Kilometer so toll.

„Wichtig ist, alles nicht so ernst zu nehmen.“ Wie kommt man aus seinem Hamsterrad raus bzw. wie ersetzt man eine Tätigkeit, die einem sinnlos erscheint, durch eine sinnerfüllende Tätigkeit? Man muss bereit sein, seine Einstellung zu verändern, und nur so wird auch ein Verhalten verändert. Es geht darum, weniger andere zu beschuldigen, denn beeinflussen kann ich nur mein Verhalten. Ich kann nur meine Sicht der Dinge verändern. Es tut gut zu überlegen, was man persönlich beitragen kann. Persönliches Wachstum ist wichtig. Ich halte nichts davon, wenn


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trachten viel zu wenig nach dem Erlebnis. Das Erlebnis ist der Weg zu deinem Ziel und das kann auch ein wirtschaftlicher Weg sein. Gute Erlebnisse bringen automatisch Ergebnisse. Viele sind so ergebnisorientiert und vergessen, dass das Erlebnis dabei verloren geht.

„Es muss alles aus einem selbst herauswachsen.“ Und abschließend noch: Wenn ich nicht in der Vorbereitung mein Mindset ändere, dann habe ich nichts zum Abrufen. Das besagt schon eine alte Bauernregel: „Bevor du nicht gesät hast, wirst du nicht ernten können.“ Da kannst du ein Jahr lang auf dem Feld stehen und es wird nichts rauskommen. Den Weg kann man nicht abkürzen. Der Weg ist ein Prozess.

Leute sich nicht weiterentwickeln wollen. Ich kenne Leute, die sind stolz darauf, dass sie noch nie ein Buch gelesen haben. Das gibt es. Sinn geht außerdem oft verloren, wenn man sich aus Bequemlichkeit in der passiven Rolle berieseln lässt. Da gehören die ganzen Massenmedien dazu.

„Ich kann nur meine Sicht der Dinge verändern.“ Spüren Sie als Seminarleiter in den letzten Jahren mehr und mehr Öffnung für Themen rund um persönliches Wachstum? Das kommt auf den Zugang an. Man wird offener durch die ganze Digitalisierung, wobei der Mensch im Hintergrund das wichtigste und das wesentlichste Element bleiben muss. Manche sind nicht erreichbar. Mein Ziel ist es nicht, Menschen zu belehren. Ich kann nur ein Angebot machen, ähnlich wie ein Supermarkt. Es gibt einfach Leute, die jammern gerne und für die passt das. Die Bereitschaft muss da sein und die Entscheidung „Ja, das bringt mir was“. Genauso ist es beim Coaching. Es muss alles aus einem selbst herauswachsen. Durch die richtigen Fragen kann sich in

der Coaching-Sitzung dem Thema genähert werden, aber verändern kann nur die Person selbst. Ein Zitat von Ihnen aus einem Interview lautet: „Es spielt keine Rolle wie alt man ist, wichtig ist, seine Ziele zu verfolgen.“ Gibt es schon ein Projekt bzw eine Idee, die bei Ihnen als nächstes auf der Liste steht? Das Zitat ist mir wichtig, weil man darf sich nicht durch äußere Umstände einschränken lassen, ganz nach dem Motto „Es ist wichtig, was du selbst über dich denkst und nicht, was die Gesellschaft über dich denkt.“ Jede Idee muss reifen und es muss Sinn ergeben. Wenn es für mich stimmig ist, dann werde ich auch den fünften Kontinent überqueren. Abschließend noch zusammenfassend: Was sind aus Ihrer Sicht drei wesentliche Faktoren, um seine Ziele zu erreichen, um sinnerfüllend zu agieren bzw. erfolgreich zu sein? Zuerst sich die Frage stellen: „Was will ich wirklich wirklich in meinem Leben und nicht nur ein bisschen?“ 2. Weniger ist mehr als nichts! Das heißt soviel, wie etwas zu beginnen, wenn man träge ist, wenn etwas schwerfällt, sei es bei der Ernährung oder beim Sport. 3. Im Alter kommt man drauf, dass es mehr um Erlebnisse und weniger um Ergebnisse geht – wir

Steckbrief Wolfgang Fasching 52 Jahre alt

Race Across America 3 x Rekord/Bestzeit

Weltrekord bei Race Across Australia

Russia Coast to Coast: Wladiwostok nach St. Petersburg 10.000 km

Erfolgreiche Besteigung der Seven Summits

Europe Coast to Coast 1 x Rekord/Bestzeit

Tipp Weitere Details, Infos und Buchungen zu den Vortragstätigkeiten von Wolfgang Fasching können auf der Website fasching.co.at abgerufen werden.


Technik, Trends und mehr

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Digitale Kanäle vor klassischer Vertriebsstruktur Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Österreich derzeit noch kaum InsurTechs, die am Markt vertreten sind. Über Gründe dafür, aber auch über Anforderungen von Versicherern und Kunden in Zukunft spricht Ingolf Putzbach, Geschäftsführer des deutschen InsurTech sum.cumo, im Interview. Im Insurance Radar 2019 heben Oliver Wyman und ‚Policen Direct‘ euch als eines von 20 Unternehmen in der Versicherungsbranche besonders hervor. Außerdem zählt ihr zu den Top 100 InsurTechs. Wie hat sich euer Weg hierhin gestaltet? Ingolf Putzbach: Wir hatten das große Glück, schon 2012 die Gründer der Dextra Rechtsschutz AG zu treffen. Gemeinsam haben wir dann 2013 einen bis heute sehr erfolgreichen digitalen Versicherer aufgebaut, bei dem sum.cumo für das Kernsystem, das Frontend und den Betrieb der IT-Plattform verantwortlich ist. Mit dieser Erfolgsgeschichte im Rücken fiel es uns leicht, große Versicherer in Deutschland zu überzeugen, die auf der Suche nach neuen technologischen Lösungen waren. Nebenbei hatten wir dann vor allem unser Wachstum und speziell die Mitarbeitergewinnung zu meistern. Seit 2016 haben wir uns um den Faktor fünf vergrößert und trotzdem immer Geld verdient. Das ist den Autoren der großen InsurTech-Studien nicht entgangen. Welche Anforderungen haben Versicherer derzeit?

Die Versicherer haben verstanden, dass sie ihre IT-Plattformen und ihre Arbeitsweisen verändern müssen, wenn sie zukünftig erfolgreich sein wollen. Bei sum. cumo haben wir uns so aufgestellt, dass wir Versicherer zu digitalen Geschäftsmodellen beraten und dann nahtlos in die Umsetzung starten können. Durch unseren kooperativen Entwicklungsansatz, gemeinsam mit dem Kunden, leisten wir einen wichtigen Beitrag zur organisatorischen Transformation und können den Erfolg mehr oder weniger garantieren: Wir setzen auf erprobte Produktlösungen, die wir in den letzten Jahren entwickelt haben und auf die wir aufbauen können. Im Vergleich dazu: Welche Erwartungen haben eurer Meinung nach Versicherungsnehmer an Vertrieb und Service und wie passt das mit den Anforderungen der Versicherer zusammen? Versicherungen sind keine Produkte des täglichen Bedarfs und werden es nie sein. Dennoch überträgt der Versicherungsnehmer Erfahrungen mit anderen Branchen auf den Vertrieb und Service von Versicherungsunternehmen. Es gibt den allgemeinen Trend, dass Konsumenten autark agieren wollen. Sie wollen Versicherungen

online kaufen, sie erwarten ein einfach nutzbares Kundenportal und sie möchten im Schadenfall Transparenz über die Bearbeitung haben. Die Versicherer finden sich langsam damit ab, dass digitale Kanäle die klassische Vertriebsorganisation und das Callcenter ergänzen müssen. Aber alte Systeme und Prozesse stehen einer schnellen Umsetzung entgegen.

„Versicherungen sind keine Produkte des täglichen Bedarfs und werden es nie sein.“ Wie nehmt ihr den Markt / die Mentalität in Österreich bezüglich InsurTechs wahr? Wie sind demgegenüber eure Erfahrungen in Deutschland? In Deutschland herrscht eine viel größere Wettbewerbsintensität. Daher gibt es hier eher als in Österreich Versicherer, die das unternehmerische Risiko eingehen, etwas Neues auszuprobieren. In der


Technik, Trends und mehr

„Die Nutzung digitaler Produkte steht und fällt mit dem Angebot.“ Konsequenz haben wir inzwischen viele digitale Angebote, die häufig auch in Kooperation mit InsurTechs entstanden sind. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass die Verbraucher in Österreich weniger internet-affin sind als Deutsche oder Schweizer. Die Nutzung digitaler Produkte steht und fällt mit dem Angebot. Mittelfristig werden sich auch die österreichischen Versicherer den Kundenerwartungen nicht entziehen können. Ansonsten müssen sie mit neuen Mitbewerbern aus dem Ausland rechnen. Unser Kunde nexible hat bereits vorgemacht, dass Tech-Versicherer ohne großen Aufwand international expandieren können. In welchen Bereichen (Vertrieb / Services) und Sparten (Kfz & Co) seht ihr ganz besonders Potenziale? Das Potenzial des digitalen Vertriebs sollte man auf Sicht der nächsten drei bis fünf Jahre nicht überbewerten, da der persönliche Vertrieb für komplexe Produkte in diesem Zeitraum noch eine große Rolle spielen wird. Bei den Services muss man sich darüber klar werden, dass die heutige Sachbearbeitung einer vollständigen

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Automatisierung entgegen steht. Um wettbewerbsfähige Kostenquoten zu erreichen, müssen die Geschäftsprozesse Richtung Kunde und Vertriebspartner digitalisiert werden – und möglichst vollständig als Self-Service zur Verfügung stehen. Transaktionsintensive Produkte wie Kfz, für die es seitens der Kunden eine aktive Nachfrage gibt, bieten sich dafür stärker an als z.B. eine Pensionsversicherung. Wie wird Schadenregulierung in Zukunft aussehen bzw. inwieweit werden Services wie Videobegutachtung mehr und mehr eine Rolle spielen?

„Der Kunde möchte im Schadenfall Transparenz über die Bearbeitung haben.“ Die Schadenregulierung ist der wesentliche Hebel für die Steigerung der Profitabilität und für die Erhöhung der Kundenzufriedenheit. Inzwischen ist es möglich, die Schadenhöhe über Künstliche Intelligenz zu ermitteln. Damit wird eine Regulierung in Sekundenbruchteilen nach Eingang der Schadenmeldung möglich. Das ist nicht nur effizient, sondern bietet gleichzeitig einenhohen Kundennutzen.

Innovation statt Forschung Ingolf Putzbach ist seit Juli 2016 einer der beiden Geschäftsführer von sum.cumo. Seine Aufgabe ist es, das Unternehmen einerseits als Arbeitgeber für Digitalenthusiasten ständig weiterzuentwickeln und es andererseits als digitalen Wegbereiter für Versicherungen und Lotterien zu positionieren. Die Themen Innovation, Nachhaltigkeit und Freiheit sind Ingolf im Job und in seiner Freizeit gleichermaßen wichtig und prägen sein Tun in jeder Hinsicht. Von Ingolf gibt es diverse Veröffentlichungen, darunter im Versicherungsjournal, im Intelligent Insurer, im Brokerchannel sowie im Jahrbuch Finanzplatz Hamburg. In der Zeitschrift für Versicherungswesen erschien zudem Ingolfs Kommentar zur ‚Guidewire-Mania‘.


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Stichwort Digital. Schlagwort KI. Was Digitalisierung und künstliche Intelligenz in der Assekuranz können, und was nicht.

Je automatisierter das Geschäft, umso wichtiger wird der Mensch. Die Digitalisierung der Gesellschaft schreitet voran und ein Aspekt der Digitalisierung, der in den letzten Jahren sicher mit die meiste Aufmerksamkeit erregt hat, ist die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI). Die Idee von der „Mensch-Maschine“ oder den Menschen ersetzenden Maschinen ist nicht neu und bereits in den verschiedenen Formen der Utopie und Dystopie literarisch und cineastisch verarbeitet worden. So sind bereits sehr viele Menschen mit der Idee und der Vision der künstlichen Intelligenz in Kontakt gekommen und haben für sich ein Bild von der Technologie entworfen, das in der Regel aus einer Mischung von Wissen, Erwartungen und Befürchtungen besteht und meist relativ wenig mit dem aktuellen Forschungs- und Entwicklungsstand übereinstimmt. Woran liegt das? Zum einen haben sich in den vergangenen Jahren die Erfolgsmeldungen aus der Forschung und der Entwicklung von Prototypen in der Praxis

überschlagen. Computer verstehen gesprochene Sprache und gewinnen Gameshows, schreiben sowohl Romane als auch Fußball- und Fondsberichte. Sie fahren Autos und bekannte Industrielle sowie Wissenschaftler warnen vor dem „Tipping Point“, an dem die Computer die Macht übernehmen. Diese Ankündigungen gehen natür-

„Die Arbeit in den Unternehmen verändert sich.“ lich auch nicht spurlos an der Assekuranz und deren Arbeitswelten vorbei. Wird es künftig noch Arbeit für Menschen geben oder übernehmen dies künftig die Roboter und die KI? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die heutigen Arbeitskräfte? Welche Aufgaben werden durch die Maschinen übernommen und wie schnell erfolgt dies? Wird es ein Prekariat an Tagelöhnern geben,


Technik, Trends und mehr

die als ‚Clickjobber‘ die Aufgaben übernehmen, die zu umständlich oder teuer zu automatisieren sind, oder leben wir in einer Welt des bedingungslosen Grundeinkommens, das durch die Arbeit der Maschinen erwirtschaftet wird und jeder Mensch sich nach seinem Gusto entfalten kann?

Von der kognitiven Routinearbeit zur Analytik Wie bei vielen Technologien, die nicht einfach vollständig zu durchdringen sind, werden die kurzfristigen Auswirkungen von künstlicher Intelligenz meist über- und die langfristigen Konsequenzen unterschätzt bzw. fehleingeschätzt. Dies lässt sich an dem Themenfeld Arbeit sehr gut erkennen. Als die Dampfmaschinen aufkamen und die industrielle Produktion Einzug hielt, gab es große gesellschaftliche Widerstände, die bis hin zur Maschinenstürmerei führ-

„Kommunikative und kreative Fähigkeiten sind künftig stärker gefördert.“ ten. Harte körperliche Arbeit von Mensch und Tier wurde von nun an von Maschinen übernommen. Heute würde sich kein Mensch mehr dafür finden, schwere Lasten per Hand und Muskelkraft in der Industrie und Landwirtschaft zu bewegen. Roboter, Traktoren und Baumaschinen sind zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Ähnlich verhält es sich aktuell mit der Digitalisierung und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz. Die Arbeit in den Unternehmen verändert sich. Sehr wahrscheinlich nicht so schnell und radikal wie in einigen Studien vorhergesagt, aber kontinuierlich und zunehmend beschleunigt. Während die manuelle nicht-routinierte Arbeit durch immer stärkere Standardisierung automatisierter und damit industrialisierter Fertigung bereits seit den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts stetig bis auf ein Niveau abgenommen hat, das bei zunehmender Individualisierung aktuell durch den Einsatz von Technik nicht weiter zu senken ist, konnte gleichzeitig beobachtet werden, dass mit der zunehmenden Digitalisierung auch die manuelle und kognitive Routinearbeit seit den 80er-Jahren stetig abnimmt. Diese Entwicklung beschleunigte sich seit den 90er-Jahren zunehmend. Auf der anderen Seite nahm der Anteil der analytischen Arbeit und der komplexeren Kommunikation in den letzten dreißig Jahren stark zu. Doch was bedeutet dies konkret für die Versicherungsbranche?

Neue Stellenprofile und Selfservice durch den erhöhten Automatisierungsgrad Durch den zum Großteil virtuellen Charakter der Versicherungsleistung ist es zunehmend leichter, insbesondere die standardisierbaren Abläufe und Entscheidungen im Versicherungsunternehmen zu digitalisieren und zu automatisieren. Versicherer automatisieren ihre Prozesse entweder über ihre Systemlandschaft oder mit Hilfe von Robotic Process Automation an der Schnittstelle Mensch und Maschine. Entscheidungen, die bislang aufgrund ihrer Unschärfe oder sehr hohen Kontextabhängigkeit schwer in einer Software abbildbar waren, werden zukünftig durch den Einsatz von KI leichter automatisierbar sein und der Automatisierungsgrad der internen Abläufe wird somit weiter steigen. Tätigkeiten, die in der Vergangenheit durch einen qualifizierten Sachbearbeiter durchgeführt wurden, verlagern sich

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systemisch unterstützt in Servicecenter oder werden direkt automatisiert. Dadurch entfallen bisherige Aufgaben und es entstehen veränderte resp. neue Stellenprofile. Wenn durch die Automatisierung der Angebotsberechnung und Dokumentation in Beratungsgesprächen der Vertriebsmitarbeiter zeitlich und kognitiv entlastet wird, hat er mehr Zeit für die Betreuung von Kunden. Durch die zunehmende Automatisierung von einfachen Geschäftsvorfällen und die Verbreitung von Selfservice durch den Kunden in Betrieb und Schaden werden weitere klassische Tätigkeiten für den Mitarbeiter wegfallen. Der Bedarf an Arbeitskräften und ein Stück weit auch die Anforderungen an die Mitarbeiter ändern sich. Kommunikative, kreative und entscheidungsorientierte Fähigkeiten sind künftig stärker gefordert. Für die Versicherer stellt sich die Frage, ob sie die richtigen Menschen dafür im Unternehmen haben bzw. wie sie die vorhandenen Mitarbeiter auf die Anforderungen von morgen richtig vorbereiten können.

Digitalisierte Prozesse und persönliche Services im Einklang Der Wandel der Arbeit wird sich stärker beschleunigen, die klassische Linientätigkeit mit standardisierter Sachbearbeitung wird zunehmend in der Maschine verschwinden. Mitarbeiter, die bisher auf eine möglichst prozesskonforme Abarbeitung immer gleicher oder ähnlicher Geschäftsvorfälle konditioniert waren, müssen künftig in Projekten neue Anforderungen aus gesetzlichen Änderungen oder verändertem Kundenverhalten in die automatisierten Prozesse übertragen oder in einer sehr eigenverantwortlichen Kommunikation mit dem Kunden über verschiedene Kanäle Entscheidungen treffen, die dem Kunden und dem Unternehmen dienen. Dabei werden die Mitarbeiter von Technologien unterstützt, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit verstehen und beherrschen.

„Die Anforderungen an Mitarbeiter ändern sich.“ Dies erfordert eine neue Kombination aus fachlichen, methodischen und sozialen Fähigkeiten bei den Mitarbeitern – und auch bei den Unternehmen, die diese Entwicklung bei den Mitarbeitern aktiv fördern. Wie die Trends zu mehr Naturverbundenheit, Nachhaltigkeit und „analogen Erlebnissen“ zeigen, wird die Besinnung auf das menschliche, natürliche und persönliche in einer zunehmend digitalisierten Welt immer wichtiger. Aber eine Rückkehr in die alte „analoge Welt“ wird es nicht geben. Für die Unternehmen wird es darauf ankommen, mit schnellen, digitalisierten Prozessen und persönlichen Services ein auf den Bedarf des Kunden ausgerichtetes Serviceerlebnis zu schaffen.

Jens Ringel ist seit 2009 Geschäftsführer der Versicherungsforen Leipzig. Er ist u. a. für Unternehmensorganisation und Themenentwicklung verantwortlich.


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Gelebte Fairness Mit dem Projekt WEITERfairWERTUNG setzen wir einen weiteren Meilenstein beim Thema Nachhaltigkeit und Sozialengagement: faircheck!

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ie Grundidee ist einfach. Nach einem Schadenfall sind Waren aufgrund von Verpackungsbeschädigungen oder leichten Verunreinigungen nicht mehr im freien Handel verkäuflich und müssen in vielen Fällen kostspielig entsorgt werden. IT-Geräte werden nach der Schadenbeurteilung meist nicht retourniert und enden im Elektromüll. Die E-Geräte-Prüfstelle von faircheck integriert den ReUse-Ansatz optional für diverse E-Geräte. Reparaturdienstleistungen für Privatpersonen werden von einigen Bundesländern mittels Reparaturbonus von bis zu 50 % der tatsächlichen Reparaturkosten gefördert. Das spart Geld und schont die Umwelt - die Lebensdauer der Waschmaschine, des Geschirrspülers oder der Kaffeemaschine wird dabei verlängert. faircheck übernimmt die Koordination der Abwicklung. Nach Möglichkeit vermittelt faircheck Waren aus Schadenfällen an soziale Einrichtungen, die

diese dankbar und mit großer Freude übernehmen und für karitative Zwecke weiterverwenden. Die Umsetzung ist nicht immer einfach und erfordert besonderes Koordinationsgeschick. Es sind die in den Prozess involvierten Menschen, die es am Ende des Tages ermöglichen, dass nicht entsorgt, sondern versorgt wird. Den ersten Hinweis darauf, dass Waren eventuell weiterverwertbar sein könnten, erhält der Schadenexperte bei der Besichtigung. Erst dann wird das Ausmaß der Beschädigung klar und die involvier-

„IT-Geräte werden nach der Schadenbeurteilung meist nicht retourniert. Der ReUse-Ansatz von faircheck schafft Abhilfe.“ ten Personen beim Geschädigten werden bekannt. Nach der Benachrichtigung des faircheck-Backoffice werden die Informationen aufbereitet und Kontakt mit dem zuständigen Sachbearbeiter beim Versicherer aufgenommen. Hier muss das Einverständ-

nis eingeholt werden, dass die Ware weiterverwertet werden darf. In weiterer Folge wird eine passende Einrichtung gesucht, die die Ware gut nutzen kann. Im Falle des Projekts WEITERfairWERTUNG ermöglicht es ein unglücklicher Umstand, dass Waren in ihrem ‚Happy End‘ karitativen Zwecken

zugeführt werden oder mittels Reparaturbonus an den Eigentümer retourniert werden können. Übrigens: Laut einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien verachtfacht sich der Wert von gespendeter Ware. So wird bei faircheck das Thema WEITERfairWERTUNG auch in Zukunft verfolgt werden, um die Lebensdauer von Waren und E-Geräten aus Schadenfällen zu verlängern. Erfahren Sie mehr unter faircheck.at/fair Dr. Eva Kasper, CSR-Verantwortliche bei faircheck


fairNESS

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fairgecheckte Wohngebäude fairchecker sind nachhaltig unterwegs faircheck nutzt die Vorteile der Elektromobilität in Städten. Ein erstes Projekt startet demnächst in Wien. faircheck Schadenexperten steigen vom eigenen Auto auf gemeinschaftlich genutzte E-Autos um. Im Ergebnis fällt die Wirkung auf die Ökobilanz positiv aus. Die Umwelt wird durch die Antriebsart geschont. Die unnötigen Kilometer und die Zeit, die für die Parkplatzsuche aufgehen, entfallen.

Immobilienbesitzer und Hausverwaltungen haben für die Personensicherheit in und um das Gebäude Sorge zu tragen. Austrian Standards hat mit der ÖNORM B 1300 ein praktikables Werkzeug dafür geschaffen. faircheck wickelt die Sichtprüfungen seit 2019 ab.

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ie ÖNORM B 1300 ist bis dato nicht verpflichtend durchzuführen, jedoch ist die Haftung und Verantwortung von Eigentümern bzw. Hausverwaltungen gesetzlich geregelt. Die genannten Objektsicherheitsprüfungen tragen zum Werterhalt und der Sicherheit der Immobilie bei. Ein Immobilienbesitzer wurde in Österreich wegen fahrlässiger Tötung verklagt, weil ein Mann bei einem Sturz im Treppenhaus tödlich verunglückte, wo ein zweiter Handlauf fehlte, der das Unglück verhindert hätte. Dazu kommt, dass laut einer aktuellen Statistik der aristo B Group AG 76 % aller Personen zumindest einmal im Leben einen Unfall im Treppenhaus haben. Einige Schadenexperten von faircheck sind Gebäudesichtprüfer nach ÖNORM B 1300 und führen die ÖNORM-Sichtprüfungen durch. Der Bericht, das Ergebnis einer ÖNORM-B-1300-Prüfung, gibt einen sehr guten Überblick über den Zustand des Gebäudes und zeigt anhand der vom Sachverständigen gesetzten Prioritäten, welche Mängel zuerst beseitigt werden müssen. „Als Gebäudeeigentümer ist man sich der Gefahren oft nicht bewusst, sondern setzt bei den Gebäuden andere Prioritäten. So empfinden Gebäudeeigentümer allgemein

diverse Dekogegenstände, Skulpturen, Blumentöpfe, etc. in Treppenhäusern als optisch ansprechend und vor der Wohnungstür abgestellte Schuhe oder Schuhregale sowie ‚kurzzeitig‘ abgestellte Mülltüten, etc. als praktisch. Tatsächlich stellen diese Dinge im Schadensfalle ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar, sei es als zusätzliche Brandlast oder einfach als Stolperfalle.“ Ing. Thomas Leitner ist Schadenexperte und Gebäudesichtprüfer bei faircheck.

Weitere Details unter faircheck-immo.eu


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