Autorenlesungen brasilien deutschland

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[ SO | 13.10.2013 | 11H30 ]

ausGeTanZT [oder]

SA | 12.10.2013 | 14H [ isT der Ball noch rund? – ZeiT, dass sich was drehT! ]

Übrigens, vor einiger Zeit musste ich mich von Zweien trennen. ich weiß, es mag lächerlich klingen, aber es war nicht einfach. nachdem ich mich so viel mit ihnen vergnügt hatte, fühlte ich mich, als ob ich einen allergrößten Verrat anzetteln würde. wie könnte ich sie nur im stich lassen? dadurch, dass ich immer und immer wieder den moment aufschob, fand ich schließlich ein mittel, das linderung versprach: ich fotografierte sie! es sollte eine möglichkeit sein, sie über die erinnerung hinaus zu behalten. und so habe ich es dann auch gemacht. aber selbst heute, wenn ich mich an diesen umstand erinnere, ist es unvermeidlich, dass ich mich frage, bei welchen Füßen sie schließlich gelandet sind. ob sie wohl immer noch Jemandem Freude bereiteten? der Ball, wie ich ihnen bereits sagte, wurde unter verschiedenen anderen Beleidigungen beschuldigt, so auszusehen, als wäre er „im supermarkt gekauft“ worden. also, als ich ein kleiner Junge war, da habe ich viele Bälle „aus dem supermarkt“ gekauft und auch geschenkt bekommen. und wie viel Freude haben sie mir bereitet. wie all die Jungs in meiner straße habe ich nie große sympathien für Bälle gehabt, die zu leicht waren. ich habe sie aber nicht verschmäht und das ist wichtig einmal klarzustellen.

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einer, den wir wirklich gut fanden, war etwas schwerer und sehr robust. er hatte sogar einen namen: milchzahn. er war aus Plastik, jawohl, und ist im supermarkt gekauft worden. er war ganz weiß und imitierte das klassische design der Bälle aus leder, mit den sechseckigen, schwarz angemalten „waben“. er war der Beste! ein wahrhaftiger Konsumtraum. wir wollen hier auch gar nicht erst von den Bällen reden, die aus alten socken gemacht wurden, oder von den frenetisch umkämpften meisterschaften, die mit Tennisbällen ausgetragen wurden. oder die Bälle aus genähtem leder mit einer schweinsblase drin, bei denen uns mit jedem schuss die Füße brannten. ach! der Ball! man lege nur einen in irgendeinem raum ab und schaue, wer in der lage ist, ihm gegenüber gleichgültig zu bleiben. wer nur, könnte uns sagen, was ein Ball alles in uns auslösen kann?

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Vom Fallen In die TieFen des raumes . . .


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