Mitteschön Magazin - Ausgabe 15

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Berliner Gesichter

BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler Foto Tina Linster Translation P. 43

Jürgen Fürgut, 39 Jahre Betreiber und Inhaber von Steckerlfisch & Co.

Das Fischfangen hat in meiner Familie schon seit Generationen Tradition. Bereits mein Großvater und mein Vater waren Hobby-Angler, da war es ganz selbstverständlich, dass auch ich anfing zu angeln. Bei uns daheim in Bayern wurden die gefangenen Fische auch schon immer gegrillt. Teilweise gab es bei uns täglich Fisch zum Abendessen. Und irgendwie hat mich dieser gegrillte Fisch mein Leben lang nicht mehr losgelassen. Selbst nach dem Studium nicht. Von Hause aus bin ich studierter Landschaftsbauer. Das ist derjenige, der sich um die Ausführung und korrekte Umsetzung der Baupläne kümmert. Ich habe auch acht Jahre lang in diesem Beruf gearbeitet, aber irgendwann habe ich nur noch Dienst nach Vorschrift geschoben, weil mich die Lust komplett verlassen hatte. Mir war dann schnell klar, dass ich meinen Traum vom Steckerlfisch-Stand realisieren muss, um nicht unglücklich zu werden. Das war jetzt vor knapp 5 Jahren, im Frühjahr 2007. Mein allererster Kunde war zufälligerweise Dieter Kosslick, der leider keine Mayonnaise verträgt. Deswegen ist ihm auch von seinem ersten Steckerlfisch, den ich ja immer mit einer selbst gemachten Kräuterremoulade serviere, erst mal schlecht geworden. Der zweite ohne Remoulade hat ihm dafür dann aber umso besser geschmeckt. Obwohl ich keinerlei Erfahrung mit der Selbstständigkeit hatte, habe ich immer gewusst, dass das mit dem Steckerlfisch-Stand funktionieren wird. Vielleicht auch, weil ich nie etwas erwartet habe, sondern mich einfach mit meinem Stand auf die Märkte gestellt und gegrillt habe. Mein Prinzip ist, dass sich jeder an meinem Stand einen Fisch leisten kann. Das alte Mütterchen ebenso wie der gut verdienende Mittvierziger. Ich verdiene

lieber fünf Euro weniger, als dass ich irgendjemanden wegen meiner Preise als Kunden ausschließe.

Steckerlfisch & Co Jürgen Fürgut Winterfeldtstraße 5

Mein Anspruch sowohl im Umgang mit den Kunden als auch beim Zubereiten des Essens ist, dass sich die Gäste so fühlen, als ob sie bei mir zu Hause zum Essen eingeladen wären. Deshalb lasse ich mir auch nicht irgendeinen Kartoffelsalat liefern, sondern mache ihn lieber selbst. Auch die Kräuterremoulade wird von Hand zubereitet, nach einem hauseigenen Rezept. Zu Beginn habe ich in meinem Freundeskreis einen richtigen Remoulade-Test veranstaltet, um die richtige Mischung herauszufinden.

www.steckerlfisch.com Wochenmärkte: Winterfeldtplatz Mi, 10 – 14 Uhr Breslauer Platz Do, 12 – 17 Uhr Arkonaplatz Fr, 12 – 19 Uhr

Die meisten Fische, die ich verkaufe, kommen aus Norwegen und sind MSC-geprüft. Nur die Forellen kommen aus der Teichanlage meiner Eltern. Dort werden sie geschlachtet, eingefroren und mit dem Kühltransporter nach Berlin geliefert. Man mag es kaum glauben, aber meine Frau hasst Fisch. In der Schwangerschaft hat sie mal an einer Makrele geknabbert, aber das war’s dann auch schon. Das Einzige, was sie ab und zu isst, sind Fischstäbchen. Doch die zählen für mich nicht. Ich kann mir gut vorstellen, den Steckerlfisch-Stand noch weitere zehn Jahre zu betreiben. Für mich ist es der schönste Beruf der Welt. Wenn man es überhaupt als Beruf bezeichnen kann. Denn eigentlich bin ich den ganzen Tag ja nur am Grillen.

Winterfeldtplatz Sa, 10 – 16 Uhr

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