MFG - Das Magazin / Ausgabe 91

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PRIVILEGIERT

Okay – ich entschuldige mich! Ich weiß, 18 Seiten Berichterstattung nur über das Tangente Festival (dazu noch drei Kolumnen zum Thema) sind eine Zumutung! Aber, um sie zu beruhigen – nicht nur für Sie! Für uns war das auch kein Spaß, knochenharte Arbeit. Nicht, dass ich es nicht hätte kommen sehen. In der Redaktionssitzung debattierten wir schon stundenlang, wie wir dieses Monstrum bändigen können, ohne wirklich einen roten Faden zu finden – am Schluss stand gar im Raum, einfach eine weiße Seite als unseren Beitrag zum 17 Millionen Dollar (okay Euro)-Baby abzudrucken, um unserer Ratlosigkeit Ausdruck zu verleihen. Aber nein, Herr Reichl musste diese Kiste ja öffnen – und jetzt also der (Kopf)Salat und ein Stress wie weiland bei der ersten MFG-Ausgabe, an die ich mich noch so gut erinnern kann. Aber, um Kollegen Jonas Vogt von der ZEIT zu zitieren: „Einer muss es ja tun“, was natürlich Blödsinn ist. Gar nichts muss man, man denkt nur manchmal, man muss. Dieses Müssen, oder es war ja eher ein Wollen, das sich als Müssen getarnt hatte, beseelte uns auch bei erwähnter erster Ausgabe vor – Trommelwirbel – fast auf den Tag genau 20 Jahren! Um ein Gefühl zu bekommen: Matthias Stadler war damals gerade Bürgermeister geworden – ja, so lange ist das schon her! Damals trug er noch Hochwasserhosen und eine abgetönte Brille. Sein Geschmack ist über die Jahre besser geworden. MFG ebenso, wie mir scheint (wobei ich jetzt vielleicht nicht der aller objektivste Zeitzeuge bin.) Seriöser. Reifer. Dafür geht mir bisweilen das rotzig Unbedarfte der Anfangsära ab. Wohin die legendären Bilderstories? Wohin Interviews mit Gott höchstpersönlich (danke an den damaligen Autor Matthias Steinperl, dafür schmoren wir dereinst beide in der Hölle)? Und wir druckten tatsächlich – aus reiner Hetz und Provokation – barbusige Damen ab, untermalt mit poetischen Bildtexten wie „Wenn der Winter naht, gibt es zwei Möglichkeiten: Warm anziehen oder reichlich Brennholz vor der Hütte.“ Heute undenkbar. Aber was

für ein Spaß! Was gleich geblieben ist über all die Jahre, ist unser journalistisches Ethos, unsere Leidenschaft, unsere Mission. Wenn Sie sich länger darüber langweilen möchten, können Sie ja das Interview ab S. 42 lesen, das wir –ja so weit ist es mit uns mittlerweile gekommen – einfach dem Cityflyer gefladert haben … eh mit dessen Zustimmung.

Aber, mein Gott, nach 20 Jahren darf man schon einmal auf ein bisschen Nachsicht hoffen. Also, was ich eigentlich sagen möchte: DANKE! An Sie, liebe Leserinnen und Leser für Ihre Treue; an dieses unglaubliche, unglaubliche, UNGLAUBLICHE MFG-Team, das Beste ever; an die Gebrüder Voak für ihr grenzenloses Vertrauen und dass sie das Ding als Herausgeber seit zwei Jahrzehnten ermöglichen; an all unsere (Werbe)Partner – viele seit der ersten Stunde mit an Bord; an meine Frau, die über meine Abwesenheit nahe den Erscheinungsterminen immer elegant hinwegsieht (oder fällt sie ihr vielleicht gar nicht auf und sie genießt die ruhige Zeit … SCHAAAATZ???!!!); an all die unzähligen Gesprächspartner, die mein Leben bereichert, meinen Horizont erweitert, meinen Blick auf die Welt beeinflusst haben. Und natürlich ans MFG – du hast dich prächtig entwickelt mein Kind. Wir sind sehr stolz auf dich!

Wie formulierte es weiland Hugo Portisch, der als Säulenheiliger des Journalismus hier natürlich nicht fehlen darf, an junge Journalisten gerichtet (es dürfen sich aber auch die alten Hasen davon angesprochen fühlen): „Eure Aufgabe ist es, Wachhund der Nation zu sein, den Regierenden auf die Finger zu schauen, Rechtsbrüche aufzuzeigen, Korruption zu bekämpfen. Dafür habt ihr den interessantesten, aufregendsten, befriedigendsten Beruf, den man überhaupt haben kann. Der Journalist kann vom Sandler bis zum König mit allen reden, sie befragen, über sie berichten. Und er kann sein Wissen mit einem großen Publikum teilen. Ein größeres Privileg kann es gar nicht geben.“

Offenlegung nach §25 Medien-Gesetz: Medieninhaber (Verleger): NXP Veranstaltungsbetriebs GmbH, MFG - Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten. Unternehmensgegenstand: Freizeitwirtschaft, Tourismus und Veranstaltungen. Herausgeber/GF: Bernard und René Voak, in Kooperation mit dem Kulturverein MFG. Grundlegende Blattlinie: Das fast unabhängige Magazin zur Förderung der Urbankultur in Niederösterreich. Redaktionsanschrift: MFG – Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten; Telefon: 02742/71400-330; Internet: www.dasmfg.at, Email: office@dasmfg.at Chefredakteur: Johannes Reichl Chefredakteur-Stv.: Michael Müllner Chefin vom Dienst: Anne-Sophie Müllner Redaktionsteam: Thomas Fröhlich, Sascha Harold, Johannes Mayerhofer, Michael Müllner, Andreas Reichebner, Thomas Schöpf, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kolumnisten: Thomas Fröhlich, Michael Müllner, Tina Reichl, Roul Starka, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kritiker: Helmuth Fahrngruber, Thomas Fröhlich, David Meixner, Michael Müllner, Clemens Schumacher, Manuel Pernsteiner, Maximilian Reichl, Christoph Schipp, Robert Stefan, Thomas Winkelmüller Karikatur: Andreas Reichebner Bildredaktion: Anja Benedetter, Matthias Köstler Cover: Matthias Köstler Art Director & Layout: a.Kito Korrektur: Anne-Sophie Müllner Hersteller: Walstead NP Druck GmbH Herstellungs- und Verlagsort: St. Pölten Verlagspostamt: 3100 St. Pölten, P.b.b. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2. Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. Für den Inhalt bezahlter Beiträge ist der Medieninhaber nicht verantwortlich.

3 Editorial

6 In was für einer Stadt leben wir

URBAN

7 Shortcut Urban

8 Zahlen, bitte!

14 Die Tangente-Testpiloten

16 Die Außenwahrnehmung

20 Die kleine Spitze eines Eisberges?

26 Kultur STP 2024 ≠ Tangente

28 Aufarbeitung der Katastrophe

32 Hilfe für selbstbestimmtes Leben

36 Never-Ending Story

41 20 Jahre MFG

54 Ein Buch für Julia

KULTUR

56 Shortcut Kultur

60 Gut gebrüllt Löwin

66 Aus der Kinderperspektive

SZENE

72 Shortcut Szene

74 Pac-Man in der Wunderbar

78 Maurice Weihs – Hoch hinaus SPORT

80 Helmut Schwarzl

86 Kritiken

87 Veranstaltungen

88 Außensicht

90 Karikatur

Musical von Robert Persché ab 8 Jahren frei nach Oscar Wilde

Ein schauriges Spukschloss wird ersteigert. Es ist zum Verzweifeln: Der alteingesessene Schlossgeist wird von den neuen amerikanischen Schlossbesitzern einfach nicht ernstgenommen!

Zum Glück gibt es die mutige Virginia, die beschließt, das traurige Gespenst zu trösten… Komm als Gespenst verkleidet und gewinne eine Überraschung! Ab 8 Jahren

Rodgers & Hammerstein‘s

Musik von RICHARD RODGERS

Songtexte von OSCAR HAMMERSTEIN II

Buch von OSCAR HAMMERSTEIN II und JOSHUA LOGAN

Adaptiert nach dem mit dem Pulitzer Prize ausgezeichneten Roman

„Tales of the South Pacific“ von James A. Michener

Deutsche Fassung von Jens Luckwaldt 16.11.2024 – 5.1.2025

25.1. – 15.3.2025

Operette von Paul Abraham

14.12.2024 – 31.1.2025

IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...

in der sich, wie es dieser Tage oft die Runde macht, „der alte Leiner im Grab umdrehen würde.“

Das einst von ihm aufgebaute St. Pöltner Möbelimperium kika/Leiner, das vor seinem Verkauf an die Steinhoff Gruppe 2013 noch 7.500 Mitarbeiter an 73 Standorten zählte, steht möglicherweise endgültig vor dem Aus. Dazwischen konnte man ein Sterben auf Raten verfolgen. 2018 übernahm René Benkos Signa, vier Filialen wurden geschlossen, 1.100 Mitarbeiter verloren ihren Job. 2019 wurden die 22 ausländischen Standorte an XXXLutz abgestoßen. 2020 lag der Mitarbeiterstand bei 4.500 Personen. Als Benko 2023 die Immobilien sowie das operative Geschäft veräußert, zählt man noch 3.900 Mitarbeiter, wobei der neue Eigentümer erstmals Insolvenz beantragt: 23 der 40 Standorte werden geschlossen, 1.900 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Und nun die neuerliche Zahlungsunfähigkeit. Verbindlichkeiten in Höhe von über 110 Millionen Euro (im Liquiditätsfall sogar fast 140 Millionen) stehen zu Buche, und 1.400 Mitarbeiter bangen einmal mehr um ihren Arbeitsplatz. „Unterm Leiner hätts das nicht gegeben“, glauben viele. Der würde ebenso über das dahinsiechende Stammhaus am St. Pöltner Rathausplatz den Kopf schütteln. Leiner war ein Bodenständiger, mit der Zockermentalität nachkommender Unternehmergenerationen hatte er wenig am Hut.

in der St. Pölten eisern an der Lustbarkeitsabgabe festhält und damit zum letzten Mohikaner der Landeshauptstädte wird, schafft doch mit 1. Jänner 2025 auch die Stadt Salzburg die Steuer gänzlich ab. In Niederösterreich wiederum hebt Wiener Neustadt bereits seit 1. August 2024 (mit Ausnahme für Filmvorführungen) keine Lustbarkeitsabgabe mehr ein. Ein Wettbewerbsnachteil? „Die Realität zeigt, dass die Lustbarkeitsabgabe keineswegs zu einem Wettbewerbsnachteil für St. Pölten führt“, argumentiert man mit Hinweis auf ein Plus an Veranstaltungen seitens der Stadt, wofür man auch öffentliche Investionen etwa in Locations wie das VAZ St. Pölten ins Treffen führt. Richard Hörmann, Geschäftsführer des größten Veranstalters Österreichs Barracuda Music GmbH, hingegen weiß aus der Praxis anderes zu berichten. „Die Lustbarkeitsabgabe ist natürlich definitiv ein Grund, uns als Veranstalter für oder gegen einen Standort zu entscheiden.“

Eine weitere Skurrilität: Die von der öffentlichen Hand getragenen Kulturbetriebe in St. Pölten sind von der Lustbarkeitsabgabe ausgenommen, was auch stadtintern zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. „Gerecht wäre daher, die Steuer entweder für alle Veranstaltungen und Veranstalter in der gleichen Höhe einzuheben, oder wie anderswo ganz zu kippen“, ist VAZ-Geschäftsführer René Voak überzeugt.

in der Autor Karl Vogd ein längst überfälliges Buch über eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten der Stadt geschrieben hat: Karl Rottenschlager. Mit viel Liebe und Akribie hat Vogd in Gesprächen mit Rottenschlager sowie dessen Weggefährten das Portrait eines Mannes herausgearbeitet, der als überzeugter Christ das Gebot der Nächstenliebe immer radikal ohne Wenn und Aber gelebt hat. „Es gibt keinen hoffnungslosen Fall, weil es für Gott keine hoffnungslosen Fälle gibt“, ist die Maxime des Theologen und ehemaligen Sozialarbeiters, der 1982 die Emmausgemeinschaft in St. Pölten gründete. Zu Beginn ein Auffangnetz für Haftentlassene, um Hilfe am Weg zurück in die Gesellschaft zu bieten, entwickelte sich daraus St. Pöltens größtes Sozialprojekt, das heute Wohnheime, Notschlafstellen, Tageszentren und eine Gärtnerei umfasst. Geholfen wird sozial Benachteiligten, Menschen mit psychischen Erkrankungen, Jugendlichen in Problemsituationen oder obdachlosen Frauen. Selbst die Gründung des Sozialmarktes geht auf Rottenschlager zurück. Vogd zeigt sich von dessen Lebenswerk beeindruckt. „In diesen Jahren haben über 2.500 Gäste Aufnahme gefunden und vorsichtig die ersten Schritte auf dem Weg zurück begonnen, nachdem sie ganz tief nach unten gefallen waren.“ Für Rottenschlager waren sie immer eines: der Nächste.

HIMMEL ODER HÖLLE?

Einige unter „Kultur St. Pölten 2024“ bereits eingeleiteten Projekte konnten noch nicht abgeschlossen werden und finden sich so in den Voranschlägen für das Stadtbudget 2025 wieder. Für eine politische Debatte sorgte dabei abermals, nachdem die Grünen bereits im September einen diesbezüglichen Baustopp gefordert hatten, die mit 5,5 Millionen Euro veranschlagte Überdachung des Karmeliterhofes. Unter anderem soll dort ein Saal für bis zu 400 Personen entstehen. Das mit dem klingenden

Namen „Himmel“ ausgestattete Projekt animierte die ÖVP zum Wortspiel „Der Weg zu diesem Himmel ist finanziell für St. Pölten ein Highway to hell.“ Der Bürgermeister verwies dahingegen auf ein bereits im Laufen befindliches Projekt, wofür man eine Förderzusage des Landes habe, auf die man nicht verzichten wolle. Investitionen in Beleuchtung und Brandschutz seien bereits umgesetzt, der Saal für das Stadtmuseum notwendig „das bei Eröffnungen aus den Nähten platzt.“ To be continued.

ZU FUSS, STATT BLEIFUSS

Nach 2013 und 2018 erhoben die Verkehrsplaner im St. Pöltner Rathaus heuer zum dritten Mal die Entwicklung der Mobilitätsgewohnheiten, um Erkenntnisse für die Stadtentwicklung abzuleiten: Um ein Sechstel weniger Wege werden mit dem PKW zurückgelegt, dafür stieg der Anteil des „Umweltverbundes“ (zu Fuß, Rad/E-Scooter, öffentlicher Verkehr) von 45 auf 54 Prozent. „Diese Entwicklung unterstützt unsere Vision einer lebenswerten, nachhaltigen Stadt“, erklärte dazu Bürgermeister Matthias Stadler. Im Kernbereich werden 60 Prozent aller Wege aktiv mobil oder mit Öffis zurückgelegt.

Bei Arbeitswegen hat sich die Nutzung von Fahrrad und Fußverkehr mehr als verdoppelt, 64 Prozent mehr Einkaufswege werden zu Fuß bewältigt. Ob bei der Erhebung auch nach der Zufriedenheit der Bürger gefragt wurde, ist nicht überliefert.

NÄCHSTES JAHR VERGESSEN

Wir widmen diese Ausgabe also der Tangente? Warum auch nicht. Das Festival für Gegenwartskultur war das Schlagobershauberl auf dem Teuersten seit der Hauptstadtwerdung. Da darf man schon ein bisserl gescheit daherreden.

Wir hören seit Jahren, dass die Landespolitik auf Kosten der nächsten Generationen lebt. Wir hören seit Jahren, dass die Kommunen aus dem letzten Loch pfeifen. Da beruhigt es dann doch, dass wo ein politischer Wille ist, auch ein Weg gefunden wird. Es war ein schönes Gefühl, als ich nach jahrelangem journalistischem Hinschauen das erste Mal über einen halbwegs hergerichteten Jüdischen Friedhof gestapft bin. Es freut mich, dass große Projekte in dieser Stadt möglich sind, auch wenn es sich dabei um Themen handelt, die nicht alle interessieren. Eine Bücherei. Eine Musikschule. Ein Alumnatsgarten. All das brauchen viele überhaupt nicht. Aber in einer Gemeinschaft zählt auch, was ein Einzelner braucht und nicht nur wofür die meisten sind.

Nächstes Jahr um die Zeit haben wir die Tangente vergessen. Sie hat uns St. Pöltnerinnen und St. Pöltner nicht erreicht. Und wenn doch, dann hat sie uns leider genervt. Zu viel gut gemeint, zu viel schlecht gemacht. Zu viel Sahnehäubchen. Aber das ist nur meine Meinung. Ich hätte mich gerne tiefer in Zahlen gegraben und versucht meine Wahrnehmung mit Fakten zu prüfen. Was wurde konkret erreicht und was hat es genau gekostet? Aber da endete rasch das Sympathisch-Weltverbessernde und begrüßte mich im breiten Mostviertler-Dialekt das altbekannte Intransparente. Schade.

TANGENTE

HALBLEER?

HALBVOLL?

ZUM GELEIT

Im Grunde genommen mutet(e) es wie ein Kampf gegen Windmühlen an: Das Tangente Festival im Nachgang zu beleuchten ist so komplex, dass man wohl nie alle Aspekte einfangen kann, zumal mit dem Anspruch, es vor allem ausgewogen zu tun, was angesichts der teils diametral entgegengesetzten Wahrnehmungen zum Scheitern verurteilt scheint. Wir versuchten es trotzdem – immerhin war die Tangente Teil des, wie es die Politik formulierte, „größten Regionalentwicklungsprojekt seit der Landeshauptstadt“ und mit 17 Millionen Euro Budget definitiv das bislang hochdotierteste Festival, das diese Stadt je erlebt hat.

Vier Aspekte stellten wir in den Fokus: Was sagen die schnöden (uns zugänglich gemachten) Zahlen aus? Wie haben aktive Besucher – darunter explizite Kulturaficionados ebenso wie ansonsten bekennende Kulturmuffel –rein subjektiv das Festival erlebt? Inwieweit konnten die von der Politik ausgerufenen (und in ihrer Selbstdarstellung erreichten) Ziele – nämlich Stärkung der Wahrnehmung St. Pöltens nach außen hin einerseits, Förderung

der heimischen Kulturszene nach innen andererseits – tatsächlich erfüllt werden?

Was im Zuge der Recherche frappierend auffiel, insbesondere in der Gruppe der Künstler und Veranstalter: Etliche winkten ab und wollten sich entweder „gar nicht“ oder bestenfalls „anonym“ äußern, entweder aus Furcht vor möglichen Nachteilen in der künftigen Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen oder, wie es ein Kulturdoyen der St. Pöltner Gesellschaft formulierte, „weil ich niemandem weh tun möchte.“ Viele Persönlichkeiten waren aber unserer Einladung dankenswerterweise nachgekommen (bisweilen über viele Seiten). Das Einschätzungsspektrum reichte dabei von höchstem Jubel bis tiefster Verdammnis. Schließlich erreichten uns auch einige Zusendungen unaufgefordert von Personen, die Wind von unserer Recherche bekommen hatten und auch etwas dazu sagen wollten. Alle diese Statements im Heft wiederzugeben hätte den Rahmen um ein Vielfaches gesprengt, Sie finden aber alle eingegangenen Statements online auf www. dasmfg.at zum Nachlesen und Schmökern. Es lohnt!

ZAHLEN, BITTE!

Eingebettet in ein Jahr der Mega-Investitionen, versuchte das Gegenwartskulturfestival Tangente der Stadt ihren Stempel aufzudrücken. Die Rechnungen sind überwiesen und bevor der Letzte das Licht ausmacht, versuchen wir einen Blick auf Zahlen, Daten und Fakten. Zumindest soweit man uns lässt.

Unterm Strich und erst recht am ersten Blick sind Zahlen oft beeindruckend. Wir haben uns deshalb näher mit den Zahlen, Daten und Fakten rund um das Tangente Festival beschäftigt und nachgefragt. Bei der Abschlusspressekonferenz wurde etwa stolz darauf hingewiesen, dass von den mehr als 2.000 Künstlerinnen und Künstlern beinahe 60 Prozent lokale Künstler waren. Über tausend Künstler aus St. Pölten und Umgebung? Das hat uns überrascht, also haben wir nachgefragt, wie „lokal“ definiert wird. Antwort: „Lokal bezieht sich auf St. Pölten und NÖ und umfasst mehr als 1.000 Künstler:innen, Kurator:innen, Musiker:innen, Studierende und Mitwirkende.“ Einen genaueren Einblick wollte man uns nicht geben.

Auch bei den Projektkosten fand die zeitgeistige Transparenz rasch ihr Ende. Wir hätten gerne anhand von Beispielen dargestellt, wie die Tangente ihre Mittel eingesetzt hat. Beispielsweise: Wie viele Personen haben das Pop-Konzert am Domplatz besucht und wie viel Geld wurde für diesen Tag aufgewendet – künstlerische Kosten, aber auch Werbekosten. Nur so lässt sich die Wirkung des Mitteleinsatzes nachvollziehen. Aber unsere Nachfragen blieben unbeantwortet. Es sei nicht üblich, über einzelne Projekte Auskunft zu geben und man habe datenschutzrechtliche Bedenken. Offenbar sollen einzelne künstlerische Performances nicht anhand ihrer Projektkosten diskutiert werden. Den kursierenden Gerüchten tut man damit freilich keinen Abbruch.

„Die Tangente St. Pölten war immer für 2024 konzipiert und als einmaliges Projekt angelegt. Diese konzeptuelle Befristung ist vergleichbar mit der Europäischen Kulturhauptstadt 2024 und dem Konzept der Landesausstellung NÖ“, hält das Festival-Team fest. Daraus ergibt sich auch, warum es keine Fortsetzung gibt. Jedoch habe das Festival in seiner Einzigartigkeit und Ein-

maligkeit „viele neue Impulse und Aufmerksamkeit geschaffen und war Anstoß für eine nachhaltige Weiterentwicklung St. Pöltens.“ Diese Weiterentwicklung zeigt sich auch auf zwei Ebenen.

Einerseits verpflichten sich Stadt St. Pölten und Land NÖ zu einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Kultur. Beide teilen sich die Eigentümerrolle in der NÖ Kulturlandeshauptstadt St. Pölten GmbH, welche zukünftig das KinderKunstLabor betreibt. Die Stadt beteiligt sich zudem mit 26 Prozent an der Landestheater NÖ Betriebs GmbH. Und sie stockt die Anteile an der be-

stehenden NÖ Kulturszene Betriebs GmbH auf mindestens 20 Prozent auf – diese betreibt das Festspielhaus sowie die Bühne im Hof. Zu diesen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen kommen zukünftig unbefristete Förderverträge.

Andererseits werden einzelne Formate wie die Bespielung des Domplatzes, „StadtLandFluss“ und das Nachhaltigkeitsfestival weiterhin von Stadt und Land gefördert und finden sowohl eine Fortsetzung. Auch das Festivalzentrum in der Linzerstraße soll als Löwinnenhof Bestand haben, ein Dachverein soll die zukünftige Nutzung gestalten.

Woher kam das Geld?

Land Niederösterreich 8,125 Mio.

Stadt St. Pölten 8,125 Mio.

Eigenerlöse: Kartenverkauf, Drittmittel, Sponsoring 1 Mio.

Stadt St. Pölten für Kunst am Domplatz 0,375 Mio.

Wir hätten gerne anhand von Beispielen dargestellt, wie die Tangente ihre Mittel eingesetzt hat. Aber unsere Nachfragen blieben unbeantwortet.

BUDGET

Wer hat’s gezahlt?

17,6 Millionen Euro hat das Festival gekostet, Stadt St. Pölten und Land NÖ teilten sich im Wesentlichen die Kosten und steuerten jeweils 8,125 Millionen Euro bei. Rund eine Million kam durch Eigenmittel ins Tangente­Budget, beispielsweise durch Ticketerlöse, Drittmittel sowie durch Sponsoring: WKNÖ, EVN, Wiener Städtische und Fernwärme St. Pölten waren die Sponsoren (und sind Großteils auch im öffentlichen Eigentum). Zusätzliche 375.000 Euro schoss die Stadt als Sonderförderung für die Bespielung des Domplatzes mit Kunst im öffentlichen Raum zu: „Ein Bad für Florian“ von Christian Philipp Müller und „Dead, I Am Still Paper“ von Mariana Castillo Deball.

Wohin floss das Geld?

Rund 56 Prozent dieses Budgets (das sind 9,8 Millionen Euro) flossen in künstlerische Projekte, wovon die größten der Kunstparcours, die Oper „Justice“ und die DomplatzKonzerte samt projektbezogenem Personal darstellten. Für Marketing und Kommunikation wurden 11,4 Prozent aufgewendet (2 Millionen Euro). Die Personalkosten beliefen sich auf 4,8 Millionen Euro oder 27 Prozent des Budgets. Im Durchschnitt waren 43,6 Vollzeitäquivalente beschäftigt, da nicht jeder Vollzeit arbeitet, waren es naturgemäß mehr Personen, 97 in der Spitzenzeit Ende Juni 2024. Rund 1 Million Euro oder sechs Prozent des Budgets wurden für allgemeinen Sachaufwand aufgebraucht.

Gesamtbudget

Tangente 17,6 Mio.

Personal 4,8 Mio.

Aufwand für

künstlerisches Projektbudget 9,8 Mio.

Marketing/ Kommunikation 2 Mio.

Allgemeiner Sachaufwand 1 Mio.

Wer war dabei?

BESUCHERINNEN UND BESUCHER

Das Tangente­Team spricht von 56.000 Besuchern, wobei 35.000 Besucher auf Eigenveranstaltungen des Festivals entfielen. Rund 12.000 Besucher zählte man im Festspielhaus, dem Landestheater, der Bühne im Hof und dem Stadtmuseum – dabei trat die Tangente als Kooperationspartnerin der jeweiligen Projekte in Erscheinung. Rund 9.000 Besucher wurden bei Veranstaltungen der Vermittlung und im Festivalzentrum gezählt. Nicht mitgezählt sind Besucher der Projekte im öffentlichen Raum (Kunstparcours, Kunst am Dom, Stadt­

Besucher

Galerie) sowie von Workshops und Communityprogrammen. Anfangs waren 75 Projekte und 250 Vorstellungen geplant, umgesetzt wurden 130 Projekte mit 450 Vorstellungen, zahlreiche Workshops seien dabei nicht mitgerechnet worden, wie die Tangente betont. Rund 60 Prozent der 450 Vorstellungen waren bei freiem Eintritt zu besuchen. Die Auslastung lag bei 74,3 Prozent, Vorstellungen bei freiem Eintritt wurden nicht mitberechnet. Bei Vorstellungen mit Eintritt betrug der Anteil der zahlenden Besucher 70,2 Prozent. Von den 2.000 teilnehmenden Künstlern kam mehr als die Hälfte aus NÖ.

Insgesamt 56.000 Wo?

Bei Eigenveranstaltungen: 35.000

Bei Kooperationsprojekten im Festspielhaus, Landestheater, Bühen im Hof, Stadtmuseum: 12.000

Bei Veranstaltungen der Vermittlung und im Festivalzentrum: 9.000

Auslastung Veranstaltungen

Auslastung 74,3%

Zahlende Besucher

Zahlende 70,2%

STUDIEN

Als die Tangente verabschiedet wurde, präsentierten die Verantwortlichen von Stadt und Land auch Zahlen und Statistiken rund um das Kulturjahr 2024.Im Auftrag des Landes NÖ erhob das Economica Institut für Wirtschaftsforschung „Das Kunstund Kulturland NÖ aus ökonomischer Perspektive – Kultur St. Pölten 2024“. Die öffentliche Hand investierte im Jahr 2024 in den Kulturbereich rund 110 Millionen Euro. Von diesen flossen rund 55 Millionen Euro als einmalige Kosten in Investitionsprojekte, beispielsweise die Errichtung des KinderKunstLabors, den Grillparzer Musik­ und Kunstschulcampus, die Sanierung der ehemaligen Synagoge, in neuen und alten jüdischen Friedhof, die Stadtbücherei, den Altoona­Park und Alumnatsgarten, das Stadtmuseum sowie diverse Ausstellungen und Instandhaltungsarbeiten an bestehenden Einrichtungen wie

Öffentliche Hand

70 Mio. Investition

40 Mio. Kulturförderung

110 Mio. Steuergeld

29,4 Mio. von 300.000 Besuchern „privates Geld“

führt zu:

• 114,7 Mio. Bruttowertschöpfung

• 43,6 Mio. fiskalische Effekte für öffentliche Hand

dem Festspielhaus oder Klangturm. 15 Millionen Euro flossen in Infrastrukturprojekte, die Neugestaltung des Domplatzes samt Archäologie, den Europaplatz sowie die Neugestaltung des Promenadenrings (Grüner Loop). Zu diesen 70 Millionen Euro rechnen die Wirtschaftsforscher rund 40 Millionen Euro, die aus Kulturförderungen durch die öffentliche Hand ausgegeben wurden plus 6 Millionen Euro, die von den Kulturinstitutionen selber aufgebracht wurden, etwa durch Ticketerlöse oder Sponsoring. Insgesamt kommt man so auf 116 Millionen Euro, davon 110 Millionen von Steuergeld. Das Land NÖ nimmt an, dass rund 300.000 Besucher im Jahr 2024 die Angebote genutzt haben. Diese Privatpersonen aktivieren laut Economica Institut weitere 29,4 Millionen Euro, beispielsweise für Anreise, Verpflegung und Nächtigung. Die aus all diesen Ausgaben generierte Bruttowertschöpfung beläuft sich in Summe auf 114,7 Millionen Euro, womit „die Gesamtwirtschaft fast in der gleichen Höhe von den 110 Millionen Investition der öffentlichen Hand profitiert hat“, wie die Studienautoren erläutern. Die öffentliche Hand habe zudem in Höhe von 43,6 Millionen Euro durch fiskalische Effekte profitiert, das sind beispielsweise Steuern und Abgaben, die wieder in die Taschen von Bund, Ländern, Gemeinden, Sozialversicherungsträgern oder öffentlichen Körperschaften geflossen sind. Zudem sei der positive Effekt auf die Beschäftigung beträchtlich gewesen und habe das Ausmaß von 1.329 vollzeitäquivalenten Arbeitsplätzen entsprochen (899 davon alleine in NÖ).

GENUG GEFEIERT, AB INS BETT!

In der Nächtigungsstatistik freut sich St. Pölten über ein Viertel mehr Nächtigungen. Aber hat das mit der Tangente zu tun? Nach den Jahren der Pandemie entwickelte sich der städtische Tourismus in den letzten Jahren positiv, Anreisen und Nächtigungen stiegen. Daher versprach man sich durch das Tangente­Festival einen weiteren Schub an Gästen, einerseits durch Mitwirkende, die in St. Pölten absteigen, andererseits durch Besucher, die auch in St. Pölten übernachten. Bei der Abschlusspressekonferenz zum St. Pöltner Kulturjahr unterstrich St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler die positiven wirtschaftlichen Effekte: „Die Entwicklung kann sich sehen lassen – ebenso die Zahlen, die das untermauern. Von Jänner bis September 2024 etwa stiegen im Vergleich zum Vorjahr die Nächtigungszahlen um 26,5 Prozent“.

Wer sich mit der lokalen Hotellerie beschäftigt, der war ob dieses sprunghaften Anstiegs überrascht. Mehr als ein Viertel mehr Nächtigungen? Da es keine Neueröffnungen gab und die Betriebe schon bisher eine hohe Auslastung haben, stellt sich die Frage: Wo haben all diese Gäste denn geschlafen? Die Antwort ist einfach: Am Traisenstrand. Denn seit heuer sind auch für kurzzeitig eingerichtete Campingflächen 2,50 Euro pro Person an Nächtigungstaxe zu entrichten. So sieht es das im Vorjahr novellierte NÖ Tourismusgesetz vor. Das jährlich im August stattfindende Frequency­Festival begrüßt täglich knapp unter 50.000 Gäste, ein großer Teil davon campiert an der Traisen und floss somit als gewaltiges Plus in Höhe von 41.715 Übernachtungen oder rund 14.000 zusätzlichen Ankünften in die Nächtigungsstatistik ein. Die FrequencyCamper waren freilich in den Vorjahren in gleicher Zahl zu Gast, nur wurden sie bisher eben nicht gezählt. Bereinigt man diesen „Ausreißermonat“ August und schaut man sich die Entwicklung des Jahres 2024 nur von Jänner bis Juli an (der September ist wiederum durch das Hochwasser nicht aussagekräftig), so wird klar: Der Tangente­Effekt ist überschaubar.

Unterm Strich bleiben 1,3 Prozent mehr Nächtigungen, das sind in absoluten Zahlen 1.372. Die Anzahl der Nächtigungen stieg immerhin um 3.831 oder 7,3 Prozent. In der Eröffnungsphase des Festivals, den Monaten April und Mai 2024, gab es bei den Ankünften im Durchschnitt ein monatliches Plus von 955 Personen. Der Effekt ließ in den wärmeren Monaten nach, so waren im Juni und Juli die Übernachtungen sogar niedriger als im Vorjahr.

Doch ist das Plus wirklich auf die Tangente zurückzuführen? Da die Gäste nicht explizit gefragt werden, weshalb sie nach St. Pölten kommen, ist darüber keine valide Aussage möglich. Fix ist laut Stadt St. Pölten jedoch, dass 2.900 Übernachtungen auf Künstler zurückgehen, diese wurden von der Tangente, dem Festspielhaus und dem Landestheater eingebucht. Wie groß der touristische Effekt durch die Tangente war, lässt sich auch deshalb schwer anhand der Statistik sagen, weil darin Tagestouristen nicht erfasst sind – diese schlafen schließlich nicht in einem Beherbergungsbetrieb. Eine Imagestudie des St. Pöltner Tourismusbüros ergab, dass beim Popkonzert am Domplatz im Juli 2024 viele Personen das erste Mal in ihrem Leben nach St. Pölten kamen. Kultur und Gastronomie sind zudem bei St. Pöltner Touristen beliebte Gründe für den Besuch. Die zukünftige Tourismusstrategie der Hauptstadtregion soll auf diese Erfahrungen aus dem Tangente­Jahr aufbauen. Dabei stützt man sich auch auf die Studie „Stadt.Kulturmonitoring St. Pölten“ von marketmind, die im Zeitraum von Oktober 2023 bis September 2024 erhoben wurde. Gefragt wurde unter anderem, wie gut gewisse Aspekte auf St. Pölten zutreffen würden. Als Top­Image­Aspekt wurde mit 55% der Aspekt „Festivals und Veranstaltungen“ genannt. Zudem würden Personen, die St. Pölten schon mal besucht haben, ein sehr hohes Potential zeigen, die Stadt neuerlich zu besuchen. Kunst und Kultur passe hier zur Positionierung als Destination für Ausflüge und Kurzurlaube.

ÜBERNACHTUNGEN IN ST. PÖLTEN VERGLEICH 2023/2024

Quelle: Stadt St. Pölten

DIE TANGENTETESTPILOTEN

Für eine umfassende Berichterstattung hat das MFG auch Erfahrungsberichte eingeholt, quasi ein Sample von Menschen mit divergierenden Perspektiven auf Kultur und quantitativ unterschiedlichen Erfahrungen mit Kunst- und Kulturveranstaltungen.

Der kulturelle Hobbyflieger

Unser anonymer Tester ist männlich, mittleren Alters. Er hat seine Gattin zu einigen Tangente-Veranstaltungen begleitet. Seine persönliche Einschätzung des Festivals: „Es waren großteils sehr ungewohnte Veranstaltungen, eher für ein Nischenpublikum geeignet und insgesamt zu umfangreich für die Einwohnerzahl St. Pöltens. Positiv formuliert: Es war mal was Neues in der Stadt.“ Angesehen hat sich unser kultureller Hobbypilot so einiges: „The Way of the Water“, „Wasteland“, das Konzert von Voodoo Jürgens. Besonders beeindruckt war er von „Shared Landscapes“ und „Kampf um die Stadt“ – „Das waren tolle Erfahrungen zu einem

günstigen Preis.“ Weniger begeistert war unser Anonymus von den Veranstaltungen auf dem Glanzstoffgelände, „Hands made“ in der Turbinenhalle („Da habe ich mir etwas anderes vorgestellt.“) und „Wasteland“ hinter der ehemaligen Spinnerei.

Der Stadt St. Pölten könnte das Festival für Gegenwartskultur schon etwas gebracht haben, denkt unser Tester, weil es überregional stark beworben wurde. Allerdings: „Ein Großteil der heimischen Bevölkerung hat aber offensichtlich eine negative Einstellung dazu, wegen der Themen, mit denen wenige etwas anzufangen wussten, und wegen der hohen Kosten in finanziell schwierigen Zeiten.“

Die kulturelle Vielfliegerin

Eva Heimberger-Maringer besucht seit Jahren sehr viele Kulturveranstaltungen, von Wien bis Linz, vom Waldviertel bis Graz. Und sie war sehr neugierig auf das heimische Festival, hat sich auf die Tangente gefreut. „Der Start mit der Oper ‚Justice‘ war fulminant – gestört hat mich aber sehr, dass im Anschluss ein Buffet angeboten wurde, statt das dafür ausgegebene Geld genau den Menschen zu spenden, die von dieser Katastrophe betroffen waren.“ Ihre großen Erwartungen, wie es wohl mit dem Festival weitergeht, wurden dann ziemlich gedämpft. „Es war mir lange nicht möglich, weitere Programmpunkte oder eine Übersicht herauszufinden – nicht

im Internet, keine Zusendung eines Programms, keine Infos im öffentlichen Raum.“ Die großen Transparente über der Autobahn, in Wien, auf Autobussen sind Eva Maringer zwar aufgefallen, „aber in St. Pölten gab es einfach zu wenig Konkretes und auch kaum Berichte in den Medien, abgesehen von einem nicht besonders ansprechenden ORFBericht.“ Auch in der TangenteZentrale in der Linzer Straße konnte unsere kulturelle Vielfliegerin ihr Informations-Defizit nicht verringern: „Oft war niemand da, und wenn schon, waren die Leute sehr nett, aber nicht zuständig.“

Etwas positiver sieht Eva Heimberger-Maringer das Fest im Regierungsviertel. „Das hätte sich ganz interessant entwickeln können, aber auch da hatte ich das Gefühl, dass sehr dilettantisch gearbeitet wurde, lange kein Programm, keine Linie, die sich durchgezogen hätte.“

Und die kulturinteressierte ehemalige Volksschullehrerin zieht einen Vergleich zu anderen Veranstaltungen und Festivals, die sie besucht hat: „Die Tangente hatte für mich keine Seele, keinen Spirit, kein Herzblut. Beim Festival für Gegenwartskultur fehlte es einfach an der Umsetzung der an sich recht guten Ideen, am neugierig Machen und an der passenden Werbung.“ Ebenfalls gefehlt hat der kulturellen Vielfliegerin eine anschließende objektive Berichterstattung, auch über die Kosten.

Eva Heimberger-Maringers Fazit: „Die Tangente war eine große Chance für St. Pölten, die nicht genutzt wurde, besonders, weil heimische Künstler und Künstlerinnen, die Bevölkerung und St. Pöltner Institutionen zu wenig eingebunden wurden. Die Tangente hat St. Pölten nicht tangiert, nicht berührt, sie ist an den St. Pöltnern vorbeigegangen.“

Die kulturelle Profi-Pilotin Christa Amadea ist akademische Künstlerin, sie unterrichtet an der Kunstuniversität Linz Fotografie und Performance Art. Die gebürtige

St. Pöltnerin, die in Wien lebt, hat sich einige Projekte der Tangente angesehen, ausführlich zum Beispiel „The Way of the Water“. Sie hat mit St. Pöltner Freunden eine Führung gemacht, ist mit ihnen entlang der Traisen spaziert, wo verschiedene Künstler und Künstlerinnen ihre thematischen Arbeiten zum Thema „Wasser“ skulptural installiert hatten. „Interessante Kommentare waren da zu hören – dass meine Freunde ohne den Parcours nie an diesen Ort gekommen wären, und wie schön es doch an der Traisen ist.“ „The Way of the Water war

das Tangente-Highlight für Christa Amadea: „Die Idee war wirklich genial, ich hoffe, dass sie weitergeführt wird. Eben weil es in St. Pölten keinen Ort für internationale bildende Kunst gibt, wäre es eine charmante Variante, diese Idee weiter zu verfolgen und den öffentlichen Raum zu bespielen.“

Mitgemacht hat die Künstlerin auch beim Rimini Protokoll. „Diese performativen Audiostücke in der Natur mit den Wiesen, Wäldern und Feldern in der Nähe von Pyhra waren eine Besonderheit, die ich als sehr gelungen empfand.“

„X-Erinnerung“ war ein weiteres

Highlight für Christa Amadea. „Da kam man an unterschiedlichste Orte in St. Pölten, die man ohne diese Theatertour nicht gesehen hätte. Man konnte in eine sonst verschlossene Welt eintauchen.“

„StadtLandFluss“, das Fest im Landesregierungsviertel, hatte für die Kultur-Expertin „eine zauberhafte Sommer-Atmosphäre mit einem endlich wieder bespielten Klangturm. Was für eine Freude, diesen Turm in seiner ursprünglichen Funktion zu erleben. Ich kann nicht verstehen, warum der Klangturm in Stille leben muss.“

Nicht optimal war für Christa Amadea die Information über das Festival. „Für die Tangente hätte ich mir eine bessere Kunstvermittlung gewünscht, einen Ort, der nonstop besetzt ist. Am besten am Bahnhof einen ‚Tangente-Stand‘ für das ganze Projekt. Gleichzeitig ein Ort der Kommunikation, wo alle Leute, die mit dem Projekt zu tun haben, Diskurse über das Projekt schaffen.“ Das Tangentebüro in der Linzerstraße sieht die kulturaffine Besucherin als Fehler, „viel zu kompliziert zu finden, außerdem war es sonntags geschlossen.“

Es sei nicht einfach, ein Festival in einer Stadt zu platzieren, mit dem sich alle identifizieren können, und natürlich soll Kultur Diskurse auslösen, weiß die Künstlerin, allerdings wäre dabei eine klare Positionierung der Politik hilfreich: „Die Kulturfestivals haben oft eine koloniale Verhaltensweise für die ansässigen Künstler und Künstlerinnen. Jeder will dabei sein, und die Auswahl der Projekte ist oft subjektiv und nicht immer nachvollziehbar.“

Für Christa Amadea war es ein Erlebnis, St. Pölten in einem experimentellen Zustand zu sehen, sie wünscht sich eine Fortsetzung der Tangente, mit dem Kunstparcour an der Traisen, mit „StadtLandFluss“ im Regierungsviertel, mit einem belebten Klangturm und mit einer städtischen Galerie für internationale zeitgenössische Kunst: „Die Chance dafür wurde beim Festival heuer nicht genutzt.“

KUNSTPARCOURS. Auch „The Way of the Water“ wurde angetestet.

DIE AUSSENWA

„Die Tangente wirkt aber auch nach außen: Internationale und künstlerisch anspruchsvolle Programme sprechen ein überregionales, kunst- und kulturinteressiertes Publikum an.“

Ein explizites Ziel der Politik bestand darin, mittels der Tangente die Außenwahrnehmung und das Image St. Pöltens zu heben. Um herauszufinden, ob dies gelungen ist, nahmen wir nicht nur die nackten Zahlen näher unter die Lupe, sondern wollten von renommierten (Kultur)Redakteuren wissen, ob die Tangente über das Jahr hinweg Thema im überregionalen Feuilleton geblieben war, ob das Festival in der Kulturszene wahrgenommen worden war und ob eine nachhaltige positive Wirkung auf das Außenbild der Stadt erzielt werden konnte. Nicht alle – auch schon in Teilen eine Antwort – konnten der Einladung nachkommen, weil sie die Tangente zu wenig verfolgt hatten „Es war schlicht und ergreifend viel zu viel anderes los.“ Zu-

dem ersuchten wir eine Person an der „Tourismus-Front“, eine staatliche geprüfte Fremdenführerin, um ihre Eindrücke.

Matthias Dusini, FALTER

Der Falter hat in seiner Programmbeilage über die Highlights des Festivals berichtet. Nach den großen Geschichten im Vorfeld der Eröffnung erschienen allerdings keine ausführlichen Artikel mehr. Das lag nicht an der Qualität der Veranstaltungen, sondern an der nachlassenden öffentlichen Aufmerksamkeit. Gerade im Sommer gibt es eine Vielzahl von Angeboten, die St. Pölten Konkurrenz machten.

Was den Blick aus Wien betrifft, würde ich sagen, dass es sehr wohl Neugier gab. Das an experimenteller Kunst interessierte Festwochen-

Publikum blickte nach Niederösterreich, wo einige bekannte Gruppen und Künstler aufgetreten sind. Insgesamt würde ich aber sagen, dass ein einmaliges Festival nicht ausreicht, um die Marke im Bewusstsein zu verankern. Das Image eines verschlafenen Ortes in einem konservativen Bundesland hat sich durch die Tangente indes etwas verändert. Wer hierher kam, lernte eine lebenswerte, mittelgroße Stadt mit einer ausgezeichneten kulturellen Infrastruktur kennen. Nachhaltig in Erinnerung blieb mir mein Besuch der ökologischen Initiativen im Sonnenpark. Als im September das Hochwasser überschwemmte, blieb dieses weitläufige Areal verschont. Die Wassermassen versickerten in den unversiegelten, wurzelreichen Böden.

HRNEHMUNG

Stefan Grissemann, profil

Man muss sich, angesichts der „Festivalisierung“ des Kulturbetriebs nicht nur hierzulande, natürlich immer fragen, welchen Sinn ein weiteres aus dem Boden gestampftes Multispartenfestival haben, was es einem zunehmend ennuyierten Kunstpublikum noch vermitteln kann. Ein leises Misstrauen gegen die Tangente hegte ich, offen gestanden, im Vorfeld durchaus – auch ihrer schwierigen Genese wegen. Mich hat dann aber die Eröffnungswoche eines Besseren belehrt. Schon der Start mit Milo Raus & Hèctor Parras Oper „Justice“ erschien sehenswert (wenn auch vielleicht zu Festwochen-nahe), und das konzentrierte Konzert der Drone-Avantgardistin Kali Malone im St. Pöltner Dom war ein kleiner Coup des Gegenwartsmusik-Kuratierens.

Am spannendsten geriet dann aber jene siebenstündige Kunst- und Performance-Wanderung, die Anfang Mai, perfekt organisiert von Caroline Barneaud und Stefan Kaegi, unter dem Titel „Shared Landscapes“ stattfand und in einer grandiosen Text- und Klangarbeit des spanischen Duos El Conde de Torrefiel gipfelte. Avancierter, zugleich unterhaltsamer kann man Kunst im Wald- und Wiesen-Umfeld tatsächlich nicht gestalten.

Die Außenwirkung der Tangente ist sicher noch ausbaufähig, der Überdruck all der anderen flächendeckenden Frühlingskulturprogramme war gerade 2024 heftig. An inspiriert kuratierten und liebevoll in Szene gesetzten Festivals wie diesem sollte man unbedingt festhalten.

Jonas Vogt, DIE ZEIT Österreich

St. Pölten lässt mich heuer nicht los. Ich hab nicht nur journalistische Storys über die Stadt geschrieben, sondern soll jetzt auch bereits zum

zweiten Mal 2024 in diesem Medium meine Eindrücke aufschreiben, diesmal mit Fokus „Tangente und ihre Nachwirkungen“. Irgendwer muss es ja tun. Vorab: Das Ganze ist streng subjektiv und aus der „leicht snobistischen Perspektive eines Einwohners von Wien“ (MFG 06/24) geschrieben. Es hat über weite Strecken gar nicht den Anspruch, richtig oder falsch zu sein und ist wahrscheinlich auch nicht immer gerecht. Sagen wir es zuerst mal freundlich: Die Tangente war ein Signal, das auch wahrgenommen wurde. Das positive Medienecho als Stadt im Aufbruch, das St. Pölten im Frühjahr genoss, hätte es ohne das Festival als Anlass nicht gegeben. Das hat Menschen erreicht, und davon bleibt sicher auch etwas hängen. Das weiß ich unter anderem deshalb, weil erst letzte Woche jemand mir gegenüber einen Witz über St. Pölten und seine Imagepolitur gemacht hat. Jetzt kommt allerdings das Aber. „Stadt im Aufbruch“ und „positives Medienecho“ sind Formulierungen, die auch aus einer Power-Point-Präsentation der Marketing St. Pölten GmbH stammen könnten. Und dahinter verbirgt sich eine etwas unangenehme Wahrheit: Außerhalb St. Pöltens wurde die bloße Existenz der Tangente vermutlich mehr wahrgenommen als ihre Inhalte.

Wer einen Blick in die überregionalen Medien wirft, wird ab Mitte Oktober zwei Rückblicke auf das Festival finden. Der Verriss von Thomas Trenkler im Kurier („Gescheiterter deutscher Nationalismus“) mag weh tun. Eigentlich noch schmerzhafter ist aber, dass der Rest eine inhaltliche Rückschau offenbar für nicht notwendig hielt und sich mit einer Agenturmeldung („Festival Tangente St. Pölten lockte 56.000 Besucher an“) zufrieden

MATTHIAS DUSINI, FALTER
STEFAN GRISSEMANN, PROFIL
JONAS VOGT, DIE ZEIT ÖSTERREICH/DER STANDARD

KOLUMNE BEATE STEINER

DIE PASSANTE

Sie hat ein bisserl gefremdelt die Tangente, sagen die St. Pöltner. Nein, nicht, weil importierte Organisatoren und Projektgestalter fürs Programm gesorgt haben. Auch nicht, weil – wenige – heimische Künstler nur im Abspann des Festivals für Gegenwartskultur mitmachen durften. Gefremdelt hat die Tangente, weil sie mit niederösterreichischer Gegenwartskultur wenig Schnittmenge hatte, nicht angedockt hat an die Menschen in der Stadt. Wenn ich begeistern will, wenn ich Menschen herlocken will, dann dürfen meine Ideen und ihre Realisierung nicht aufgesetzt sein. Wenn ich wirklich will, dass mich Leute auf einer Kulturreise begleiten – und ein Festival ist eine Reise zu einem Thema – dann muss ich sie dort abholen, wo sie stehen, muss ein bisserl darüber wissen, wie die Leute leben in der Stadt –raus aus meiner Blase, rein in die anderen Welten, zuhören, lernen. Denn Kultur ist das, was eine Gesellschaft ausmacht – ihre gemeinsamen Werte, Normen, Traditionen. Kunst spricht unsere Sinne an, sie bereichert und erweitert die Kultur, indem sie Neues anbietet, zu Diskussionen anregt. Ja, klar wurde diskutiert über die etwas eigenartigen Proportionen des hölzernen Florian auf dem Domplatz, und auch über die Nachfolge­Installation, die den Marktbesuchern Schatten gespendet hat – beide „Kunstwerke“ haben den kulturellen Horizont der St. Pöltner nicht wirklich erweitert, weil sie nicht „tangiert“, nicht berührt, haben. Geärgert schon. Weil sich die St. Pöltner für ihr Geld keine Passante verdient hätten, sondern ein mit der Stadt lebendes Festival.

gab. Das kann der Landeshauptfrau und dem Bürgermeister gefallen, der künstlerischen Leitung eigentlich nicht. Die thematischen Schwerpunkte des Programms wie Demokratie, Erinnerung oder Ökologie strahlten nicht aus und hätten mich – ohne die Recherche, für die ich bezahlt wurde – vermutlich nicht erreicht.

In meinem persönlichen (Wiener) Umfeld und meiner Instagram-Timeline tauchte die Tangente spärlich auf. Am meisten noch mit dem (leider verregneten) Domplatzkonzert von Fever Ray. Über die Gründe dafür ließe sich diskutieren – zum Beispiel darüber, ob die kommunizierten sechs Monate Dauer das Programm nicht zu sehr streckten und es dünner ausschauen ließen, als es war –, aber das ist ein bisschen müßig. Ein Kulturfestival in St. Pölten für St. Pöltner muss auch gar nicht den Anspruch haben, die Wiener Kulturbobos zu erreichen. Aber wenn man das will, dann braucht es dafür wahrscheinlich ein paar Highlights mehr. Angeln funktioniert ohne Köder schwer.

Das Jahr 2024 hat sicher geholfen, St. Pölten als Ort, an dem Kultur stattfindet, bei mehr Menschen auf den Radar zu kriegen. Das ist nicht nichts. Damit daraus dauerhafter Nutzen entsteht, muss halt in St. Pölten jetzt auch weiter interessante Kultur stattfinden. So einfach ist das.

Heinz Sichrovsky, NEWS

Das Programm war schlicht erstklassig, vielfältig, von international konkurrenzfähiger Beschaffenheit, ich verweise partes pro toto auf Messiaen, Stadt ohne Juden, Justice. Wahrgenommen wurde es in Wien weit unterhalb seiner Bedeutung, ein Symptom des durchaus verwerflichen Eisernen Vorhangs zwischen Wien und den Bundesländern. Ich nehme mich da selbst nicht aus und fordere mich zur Abhilfe bei nächster Gelegenheit auf.

Thomas Winkelmüller, DATUM

Ich muss gestehen, mich hat die Tangente kaum berührt. Einerseits, weil ich in großen Teilen ein Kulturbanause bin. Andererseits, weil es für mein Stamm-Medium, DATUM, keinen besonderen Grund gab, eine Geschichte über das neueste Kulturangebot der Landeshauptstadt zu machen. Ein großkopferter Zyniker könnte jetzt argumentieren, dass die Existenz eines St. Pöltner Kulturangebots allein eine Geschichte sei. Das wäre aber falsch. St. Pölten hat viel Energie darin investiert, dieses Klischee abzulegen und war damit durchaus erfolgreich. Wiener Bekannte, die es wohl nie in meine alte Heimat verschlagen hätte, posteten plötzlich Instagram-Stories vom Domplatz. Sogar „Die Zeit“, hat St. Pölten einen Text gewidmet. Das spricht für die Außenwirksam-

HEINZ SICHROVSKY, NEWS THOMAS WINKELMÜLLER, DATUM

keit der Tangente und das ordentliche Kulturangebot der Stadt. Sie hat sich mit ihrem Fortschritt aber auch eines Grundes beraubt, warum über sie geschrieben werden sollte. Der Spannungsbogen vom Gerechtigkeitskampf einer missverstandenen Stadt ist mit der Zeit über-

spannt und lasch geworden. Zum Glück, möchte ich argumentieren.

Vielleicht verträgt St. Pölten nun eine neue Erzählung. Kunstausstellungen und Konzerte der Tangente waren dabei sicherlich ein erster Schritt. Sie allein reichen aber nicht, um die Stadt dauerhaft näher in den Mittelpunkt der hiesigen Kulturszene zu rücken. Und obwohl ich ja wenig von Kultur verstehe und noch viel weniger von Mathematik: Der logische nächste Schritt kann also nur die Umbenennung von „Tangente“ in „Sekante“ sein. Was das für die Zukunft konkret bedeutet, sollte sich aber besser jemand anderes überlegen.

Andrea Radovan, Fremdenführerin

Ich bin Austria Guide und heuer war natürlich das „Tangente“ Festival auch bei den Stadtführungen ein großes Thema.

Ich habe das Gefühl, dass viele

St. Pöltner:innen und auch Personen von außerhalb das Festival nicht richtig greifen konnten und sich in der Fülle des Programms verloren haben bzw. sich nicht vorstellen konnten, was auf sie zukommt.

Des öfteren habe ich gehört „Ich habe mir das Programm durchgelesen und eigentlich nix verstanden“. Besonders die performativen Formate waren vielen einen Tick zu schräg. Ich denke, dass etwas mehr Kulturvermittlung und eine entgegenkommendere Kommunikation geholfen hätten. „Ja, wenn man eine Erklärung dazu bekommt, ist es ja gar nicht so schlecht“ ist nur ein Statement dazu.

Es ist natürlich nicht einfach, ein neues Format zu etablieren und auch die erleb- und erfühlbare Umsetzung eines Konzepts stellt eine Herausforderung dar. Der abschließende Satz eines Gesprächs war dann oft: „Na ja, aber wenigstens war was los heuer.“

UNSER IMPULS:

REGIONALE, NACHHALTIGE ENERGIE GEMEINSAM NUTZEN.

DIE KLEINE SPITZE EINES EISBERGES?

„Die Tangente St.Pölten wirkt nach innen: Sie will die lokale und regionale Gesellschaft in ihrer Gesamtheit erreichen und auf vielen Ebenen ins Veranstaltungsgeschehen einbinden.“

Nach dem Blick von außen, interessierte uns natürlich auch der Blick der heimischen Kulturszene auf das Tangente-Festival. Dazu baten wir zahlreiche Künstler und Veranstalter um ein Statement (nicht alle wollten eines abgeben), so dass ein Stimmungsbild entstand – ein sehr inhomogenes. Bisweilen konnte man den Eindruck gewinnen, hier wird nicht von einem, sondern von verschiedenen Festivals gesprochen. Was der Tangente aber im Künst-

ler- und Veranstalterbereich jedenfalls gelungen ist – im Gegensatz zur breiten Öffentlichkeit: Sie hat berührt, soll heißen, niemanden kalt gelassen. Folgende Fragen haben wir in den Äther geschleudert: „Wie haben Sie die ‚Tangente‘ erlebt/wahrgenommen?“ und „Ein explizites Ziel betraf die Integration und Förderung der heimischen Künstlerszene, sowohl im Zuge des Festivals an sich als auch im Sinne einer Anschubwirkung für eine nachhaltige Weiterentwicklung der

Szene über 2024 hinaus. Ist dies in Ihren Augen gelungen oder nicht gelungen?“

In diesem Artikel legen wir den Fokus vor allem auf den zweiten Aspekt und können aufgrund der Überfülle nur wenige Zitate teils ganzer „Reden“ wiedergeben, weshalb Sie diese unbedingt im Ganzen auf www.dasmfg.at nachlesen sollten. Diese fallen teils weitaus differenzierter aus, als es die einzelnen Zitate widerspiegeln mögen. In diesem Sinne: Let’s Go.

Fangen wir vielleicht beim Ursprung an. Die Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt nahm ab 2017 Fahrt auf und segelte dabei vor allem auch unter dem Banner „Teilhabe und Integration der lokalen Szene“. Ende 2019 dann die Ernüchterung – Bad Ischl wurde St. Pölten vorgezogen. Dem Schock folgte seitens der Politik die Ankündigung eines Plan B, der schließlich – neben anderen Infrastrukturprojekten im „Kulturjahr 2024“ (s. S. 26) – das „Tangente – Festival für Gegenwartskultur“ hervorbrachte. Für manche wie die ehemalige Leiterin der Bühne im Hof, Daniela Wandl, vom Datum her nicht ideal. „Ganz grundsätzlich habe ich es schade gefunden, dass die Tangente zeitgleich mit der Kulturhauptstadt 2024 stattgefunden hat – dadurch hat das Festival, nicht nur für mich, halt nie den Geschmack des ‚NichtVerlieren-Könnens‘ verloren.“ Vor allem blieb damit in den Köpfen aber eine Art Gleichsetzung der Tangente mit der ursprünglichen Kulturhauptstadtbewerbung – wohl ein Grundmissverständnis. Denn die hochgeschraubten (von der Politik weiterhin befeuerten) Erwartungen einer starken Einbindung der Szene konnten nicht erfüllt werden, und sollten es wohl auch gar nicht. „Ob die Integration und Förderung der heimischen Künstlerszene gelungen ist, weiß die Künstlerszene wohl besser als ich. Meinen Beobachtungen nach ist sie nicht gelungen. Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass man sich darum große Mühe machte“, bilanziert etwa Cityflyer Chefredakteur Werner Harauer als Kenner der Szene. Tatsächlich fühlten sich viele Kunstschaffende in Folge außen vor und ignoriert. Der bildende Künstler J. F. Sochurek hat etwa seine Anläufe um Kontaktaufnahme protokolliert, nach dem 4. Mal gibt er auf. „DAS WARS DANN FÜR MICH. Dieses Nicht-Beachten entsprach sicher nicht dem ursprünglich geplanten Anspruch des Teams und des Festivals für Gegenwartskultur“, wähnt er. Ähnliche Erfahrungen machte

BUBBLES. Oft hatte man den Eindruck, dass vieles nur in der jeweils eigenen Bubble wahrgenommen wurde – auch ein Versagen der Medien?

auch Franz Rupp von der Künstlergruppe Penta, der mehrmals erfolglos versucht hat, „einen Kontakt zum seinerzeitigen Projektverantwortlichen Christoph Gurk herzustellen.“ Ernest Kienzl, Altobmann des St. Pöltner Künstlerbundes, wiederum zeigte sich im Hinblick auf den Kunstparcours „The Way of the Water“ mit seinen 23 Einzelprojekten befremdet, „dass ein einziges Team aus St. Pölten dazu eingeladen wurde und von Seiten der für die bildende Kunst Verantwortlichen keinerlei Kontakt mit heimischen Künstlern gesucht wurde.“ Auch Steve Ponta vom Szeneclub Warehouse beklagt „Unsere Erfahrung war enttäuschend: Es kam niemand aktiv auf uns zu, und es gab keine Einladung zu einem Treffen … Bei der Tangente war alles anders.“

Andere wiederum wurden zwar Teil, es bedurfte dafür aber einer gehörigen Hartnäckigkeit, wie etwa Edith Haiderer berichtet. „Hippolyt und Töchter hat mit viel Humor und unerschütterlichem Durchhaltevermögen die Teilnahme an der Stadtgalerie erkämpft.“ Filmemacherin Anita Lackenberger machte sich ebenfalls Hoffnungen „Bis diese mit Christoph Gurk – lange Gespräche, über ein Jahr keine Antworten – ernüchtert wurden. Zwischenzeitig wurde das Budget vergeben, an viele

– aber nicht an die ProvinzlerInnen, vor allem nicht, wenn sie nicht Sonnenkinder, jung und alternativ waren. Es war der große Wunsch, so war der Eindruck, KünstlerInnen einzukaufen, die einen Hauch von Nichtprovinz in die Stadt bringen sollen.“

Der Name Christoph Gurk fällt immer wieder. Ein St. Pöltner Kulturdoyen ortet nicht zuletzt in dieser Personalie und weiteren einen folgenreichen Schnitzer der Verantwortlichen. „Sie, die schon so viele Intendanzen von der Auswahl her professionell gelöst haben, griffen bei jenen der Tangente in kaum vorstellbarer Weise verlässlich daneben. Leute von der muffigen ‚Spiritualität‘ des Wiener Volkstheaters u.ä., von internationalen Agenturen gepushte Player/innen, sie glaubten uns mit Tonnen von Papier, bedruckt in einer pseudo-elitären, belehrenden Diktion, überhäufen zu müssen. Sogar eine demokratieförderliche Attitüde legte man sich noch zu. Dort, wo die Tangente an ihre Zielgruppe herankam, hatte sie sich einfach an seit Jahren erfolgreiche Formate angehängt. Es stellt sich die Grundfrage, ob die tatsächlich historischen Früchte des neuen Klimas mit ‚dem Land‘ (Synagoge, ja, auch KiKuLa, Alumnatsgarten etc.) nicht auch ohne den Wander-

zirkus einer Tangente vorstellbar gewesen wären.“

Kurz vor dem Festival – eigentlich ein Supergau – wurde die Zusammenarbeit mit Gurk beendet. Tarun Kade übernahm als Feuerwehr und bekam bildlich gesprochen einen Rucksack voller Verspätungen auf allen Festival-Ebenen umgehängt. „Die heimische Szene mit Ausnahme ‚Solektiv‘ wurde erst sehr spät – über großen Druck verschiedener Initiativen – zumindest peripher eingebunden“, erinnert sich Ernest Kienzl, und die Theatermacher Georg Wandl und Fritz Humer berichten „Perpetuum wurde – wenn auch sehr spät – gefragt, ob wir mitmachen. […] Phasenweise hatten wir den Eindruck, ein St. Pöltner Feigenblatt zu sein.“ Was sie wie viele empfanden: „Da war kein spezieller Bezug zu St. Pölten. Eine Art Kolonisierung der Provinz durch Berlin und München.“ Ein Terminus, der immer wieder fällt.

Selbst Martin Rotheneder, über Freiraum ein Kooperationspartner, räumt ein „Als Künstler hab ich mich nicht wahrgenommen gefühlt, ich bin auch – ebenso wie viele andere meiner Kollegen aus der lokalen Musikszene – nicht beim Tangente Festival vorgekommen.“ Den Stab bricht er aber deshalb nicht (wie im Übrigen die meisten nicht, die dem Festival durchaus auch Gutes abgewinnen konnten), weil er aus Veranstaltersicht auch um die konkrete Künstlerinvolvierung

weiß. „Das Songwriting Camp hätte es ohne das Festival nicht gegeben, ebenso die Workshops im BORG, der Musikschule und der Musikmittelschule Körner. […] Das war für viele, die noch nicht so aktiv in der Szene vertreten waren, ein super Einstieg und Motivator mit relativ hohem Nachhaltigkeitswert!“ Ebenso verweist er auf „Kooperationen der Tangente mit hiesigen Artists, etwa beim StadtLandFluss, im Löwinnenhof oder am Domplatz. Aber das war aus meiner Sicht halt eben nur die kleine Spitze eines großen Eisbergs.“ Auch Autorin und Regisseurin Renate Kienzl findet, dass die St. Pöltner Szene „groß aufgezeigt hat, als man sie endlich ließ. Sonnenpark war präsent wie nie, Tipping Time war dort gut platziert, StadtLandFluss war ein Highlight des Sommers, Blätterwirbel Spezial festigte seinen Ruf als Literaturinstanz …“ Marie Rötzer, künstlerische Leiterin des Landestheaters, wo einige Kooperationsveranstaltungen umgesetzt wurden, ist ebenfalls überzeugt „Die ‚Tangente‘ hat das Kulturleben in der Stadt St. Pölten und im Land Nieder-österreich und über seine Grenzen hinweg mit vielfältiger Gegenwartskunst bereichert und befruchtet. Lokale Künstler*innen sind internationalen Gästen begegnet und haben sich gegenseitig inspiriert.“ Klaus-Michael Urban, Obmann von KulturhauptSTART verweist auf die Kooperation mit der Tangente, „bei der unser vollstes

Augenmerk auf der lokalen Kulturszene lag. Mittels Open Calls haben wir unseren STARTraum für neue Ideen ausgeschrieben oder gemeinsam mit lokalen Akteur:innen neue Formate ausgearbeitet. Eine Vielzahl an Ausstellungen, diversen Performances waren das Produkt dieses Engagements.“

Einer, der in verantwortlicher Tätigkeit kurbelte, war Andreas Fränzl als Tangente-Kurator für „Stadtprojekte“. Er verweist auf Formate wie „StadtLandFluss“, „Visionale“, „Working Class Festival“ oder die „Klimakonferenz“, die aus dem ursprünglichen Kulturhauptstadtprojekt sozusagen in die Tangente mitübernommen wurden, mit klarem Fokus auch der Einbindung der lokalen Szene. „Es gab einige Open Calls wie beispielsweise den Songwriting Call. […] Ich fand es auch wichtig die lokale Künstlerschaft anzuregen sich mit den Festivalthemen, Ökologie, Erinnerung und Demokratie zu beschäftigen. Diese Themen waren auch bei der Visionale und Stadt-Galerie relevant, wo wir den öffentlichen Raum und Leerstand bespielt haben.“

Von der Visionale schwärmt die Direktorin des BORG St. Pölten, Martina Meysel, noch heute. „So ist es zur spannenden Zusammenarbeit mit dem St. Pöltner Künstler Andi Rabel, ‚rabe.anders‘, und Schüler:innen der 6. und 7. Klasse des künstlerischen Schwerpunkts des BRG/BORG St. Pölten gekommen. Die intensive Beschäftigung mit den Fragen zur Demokratie fand auf der vier Meter hohen ‚Demokratiewand‘ in der Dr.-Karl-Renner-Promenade Ausdruck.“

Diese ist noch immer zu bewundern, den Kontext zur Tangente wissen aber viele nicht, wie überhaupt zahlreiche Outputs des Festivals über die jeweilige Bubble hinaus von der Öffentlichkeit kaum registriert wurden. Während Literatin Eva

FINANZEN. Über das Budget der Tangente gibt es divergierende Ansichten: Gut investiert? Millionengrab? Eine Frage der Relation?

TANGENTE CALLING. Über Open Calls wurde versucht, die heimische Kulturszene zu aktivieren. Nicht alle wurden erreicht, viele fühlten sich nicht angesprochen.

Riebler, bis vor kurzem Obfrau der Literarischen Gesellschaft, mutmaßt „Wären mehr Künstler vor Ort eingebunden gewesen, wäre das Publikum gekommen. Die Ablehnung der Unsrigen und Hiesigen, im Vorfeld bereits, war eklatant“, ortet Werner Harauer u. a. auch ein Versagen der Medien. „Außer den (bezahlten) Presseaussendungen fand man kaum Lesenswertes. […] aber ohne Medien keine Vermittlung. Ohne Vermittlung keine Besucher.“ Überhaupt ist die Kommunikation oft genannter Kritikpunkt. „Die Kommunikation war furchtbar schlecht“, urteilen etwa Humer und Wandl.

„Angefangen vom Programmbuch. Man wusste, dass es die Tangente gibt, denn das war überall plakatiert. Aber wenn man Informationen über etwas Konkretes brauchte, musste man schon sehr bemüht sein.“ Das Künstlerkombinat Waldorf & Statler formuliert es harscher. „Das inflationäre Verwenden vorangestellter Hashtags, interponierter Sternchen und mittlerweile zur Unerträglichkeit degenerierter Begriffe wie nachhaltig, woke und divers machen aus einfältigen Texten noch lange keine Literatur, selbst wenn sie in mittelmäßigem Englisch dargebracht werden.“

Ein anderer Aspekt, der immer wieder aufpoppt, ist die Kostenfrage. Autor und „Brache“-Herausgeber Peter Kaiser formuliert seine Sicht augenzwinkernd so: „Wer aber zürnte der geistlosen Heuschrecke, wenn sie Staub aufwirbelnd Felder kahl frisst und Wüsteneien hinterlässt? Jenem aber, der sie herbei lockte mit des Volkes Honigtöpfen, jenem aber entziehet fürderhin das Mandat. (Petr. Imp. 4.11)“

Autor und Veranstalter Thomas Fröhlich ortet frei heraus Geldverschwendung. „Für mich stellte es ein unglaublich schlecht organisiertes, übel kommuniziertes und letztendlich an der Bevölkerung und an der heimischen Szene (Ausnahmen bestätigen die Regel) vorbei produziertes Millionengrab dar, in dem ein paar woke Bobos ihren Spielplatz hatten.“

NXP-Chef und VAZ-Betreiber René Voak wiederum treibt die Frage nach dem Verhältnis von Input-Output um. „Auch wenn das Programm für den einen oder anderen interessant und ansprechend war, so muss man die Relation zwischen Budgetgröße und Programmerfolg hinterfragen. Alle anderen in St. Pölten wirkenden Kunst- und Kulturschaffenden sowie Programmgestalter bestreiten mit diesem Budget wohl über mehrere Jahrzehnte ihre Programmie-

rung und würden es dann noch immer nicht aufgebraucht haben. Eine etwaige Nachhaltigkeit ist auch in diesem Fall mit großen nachhaltigen Kosten verbunden.“

Eine ganz andere Befürchtung in Sachen Folgewirkungen hegt Anita Lackenberger. „All die neu geschaffenen Häuser und Strukturen brauchen Heizungen, Licht und Personal, und das muss alles bezahlt werden. Da das öffentliche Geld nicht mehr wird, werden alle anderen KünstlerInnen das bezahlen.“

Philipp Hubmann von Solektiv ist dahingegen von einem nachhaltigen Schub überzeugt. „Durch die Bewerbung von St. Pölten als Kulturhauptstadt sind auch dem Sonnenpark von Stadt und Land großzügige Baugelder zugestanden worden. Der freien Szene von St. Pölten werden ab dem kommenden Frühjahr tolle Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, die es ohne diese Förderung nicht gegeben hätte.“

Auch Andreas Fränzl verweist auf Formate, die weiterbestehen werden. „Die Tangente hat geholfen StadtLandFluss auf ein neues Level zu heben und auch in Zukunft solls weitergehen. Die Klimakon-

ferenz mit starker Einbindung der lokalen Nachhaltigkeits-Szene in Verbindung mit Kunst und Kultur ist ebenso etwas das nach Fortsetzung schreit! Der zweite freie Szene Ort – der Löwinnenhof*, der auch als Festivalzentrum diente – bleibt auch als innerstädtischer wichtiger Kristallisationspunkt bestehen“, nennt er einige Beispiele. Wichtig sei zudem – gerade im Hinblick auf die weitere Umsetzung der Kulturstrategie 2030 –„jetzt zu evaluieren, zu reflektieren und ein Learning mitzunehmen. Wir werden diese Erkenntnisse wahrscheinlich noch brauchen können.“ Schauspielerin Veronika Polly findet es „schade, dass die heimische Kulturszene so wenig eingebunden wurde. Da hätte es Luft nach oben gegeben. Ich finde, dass das Festival zu sehr im eigenen Saft gebraten hat, und in Gesprächen mit anderen Einwohnern unserer Stadt hatte ich den Eindruck, dass dieser Saft nicht allzu vielen geschmeckt hat.“ Das ist auch die persönliche Wahrnehmung eines Szene-Urgesteins, der den „modernen Festivalbetrieb“ per se in Frage stellt. „Die Veranstalter, Verantwortlichen, Sponsoren, Fördergeld-Ausschütter,

Künstler, Kuratoren, Werbe-Fuzzis feiern sich bei diesen Gelegenheiten ohnehin nur mehr selbst, da sie in ihren Ego-Blasen, abgeschottet von dem was ‚draußen in der Welt‘ vorgeht, gar nicht mehr mitbekommen, was der Kultur-Konsument will und braucht.“

Renate Kienzl resümiert dahingegen: „Ja, ich finde schon, dass die Tangente St. Pölten sehr gut tat. Es wurde Vielfalt gezeigt und gelebt.“ Und Musiker Salamirecorder hält ein abschließendes Fazit in Sachen Anschubwirkung für noch verfrüht. „Also, ob die Tangente wirklich etwas bewirkt hat in diesem Zusammenhang lässt sich aus jetzigem Stand der Zeit nicht sagen.“ Er schließt jedenfalls einen prinzipiellen Wunsch an: „Es wär halt schön, wenn sich – durch das Tangente Festival z. B. – das Publikum für Kunst und Kulturzeug vergrößert, weil das mitunter auch zu einem organischem Szenewachstum führt!“

In, sagen wir, 10 Jahren werden wir besser wissen, ob die Tangente Keim neuer, nachhaltiger Entwicklungen geworden ist oder ob sie nur eine Einjahresfliege war – ob das Glas also halbvoll oder halbleer ist.

NACHHALTIG? Die Zukunft wird weisen, ob es dem Tangente Festival gelungen ist, Samen zu säen, die in den kommenden Jahren fruchtbringend für die St. Pölten Szene aufgehen und diese zur Blüte bringen, oder nicht.

STILLE NACHT

KULTUR ST. PÖLTEN 2024 ≠ TANGENTE

DJahre schliff er sich zu „Kultur St. Pölten 2024“ ab.

ies zum einen, weil man den Terminus Kulturhauptstadt als möglichen Affront gegenüber Bad Ischl hätte (fehl)interpretieren können und nicht als schlechter Verlierer dastehen wollte. Zum anderen wurde der Claim „Kultur St. Pölten 2024“ erst so richtig forciert, als das neu im Entstehen befindliche Festival Tangente mit dem Abgang des künstlerischen Leiters nicht einmal ein Jahr vor dem offiziellen Start für schlechte Schlagzeilen sorgte. In der Wahrnehmung der Bürger war die Tangente das eigentliche Nachfolgeprojekt der Kulturhauptstadtbewerbung, dabei war sie stets „nur“ Teil des großen 24erPakets: Mit rund 17 Millionen Euro Budget in Relation zwar der finanziell gewichtigste, zugleich wurden aber auch über 30 Millionen Euro in diverse Kultur-Infrastrukturprojekte gesteckt, die ohne Zweifel als nachhaltig bezeichnet werden können. Für die Tangente, die nicht fortgesetzt wird, scheint dies weniger ausgemacht. Möglicherweise findet

man deshalb in der Presseunterlage zu „Kultur St. Pölten 2024“ den Namen des Festivals weder im Zitat der Landeshauptfrau noch in jenem des Bürgermeisters. Lieber sprach man über die „Projekte und Vorhaben, die im Laufe des Jahres auf den Weg gebracht wurden“, und die waren zahlreich. So verwies die Landeshauptfrau auf die Impulse, „die über 2024 hinaus Bestand haben werden: Dabei denke ich vor allem an das KinderKunstLabor und die ehemalige Synagoge. So haben wir die Weichen für eine lebendige Erinnerungskultur sowie für eine zukunftsweisende Kreativitätsförderung unserer Kinder und Jugendlichen gestellt.“ In dieselbe Kerbe schlug Bürgermeister Matthias Stadler, der zusätzlich noch den Grillparzer-Campus oder die neue Bibliothek hervorhob, womit „bleibende Infrastrukturprojekte für Generationen“ errichtet wurden. Auf der Infrastruktur-Habenseite führte man weiters die Instandsetzung des Jüdischen Friedhofs sowie ein

Kunstprojekt für den ehemaligen Jüdischen Friedhof am Pernerstorferplatz, die Attraktivierung des Altoona-Parks oder die Öffnung des Alumnatsgartens an. Nicht mehr fertig, aber mit 5,5 Millionen Euro fürs kommende Jahr budgetiert, wurde das Projekt „Überdachung Karmeliterhof“. Ebenso wird die Sanierung der Gebäude am SKW83/ Sonnenpark erst im kommenden Jahr abgeschlossen – der Schwarze Raum wurde aber bereits als erster Baustein von Solektiv wieder eröffnet. Außerdem verweist man auf die Einführung einer Museumscard, eine verstärkte Kooperation zwischen Kunstschule und Festspielhaus in Bezug auf eine Jugendtanzcompagnie, die Fortsetzung des Festivals „StadtLandFluss“, die Etablierung eines Nachhaltigkeitsfestivals sowie das Bekenntnis zu einem Kulturzentrum Löwinnenhof*. Was zudem Bestand haben wird: „Das Land und seine Hauptstadt sind zusammengerückt“, wie der Bürgermeister überzeugt ist.

SpezialEinsatz in St. Pölten!

AUFARBEITUNG DER KATASTROPHE

Die Hochwasserkatastrophe im September sorgte in Niederösterreich für Milliardenschäden und forderte außerdem fünf Todesopfer. Wie läuft die Aufarbeitung?

ZERSTÖRUNG. Bei Dammbrüchen kamen Blackhawks zum Einsatz, Häuser wurden überflutet, Straßen weggerissen.

Auf einen außergewöhnlich trockenen Sommer folgten Mitte September extreme Niederschlagsmengen, die vor allem im Zentralraum Niederösterreich katastrophale Auswirkungen hatten. Der Raum St. Pölten war neben dem Tullnerfeld hauptbetroffen. Die Aufarbeitung der gesamten Schäden wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bisher sind bei der Schadenskommission für St. Pölten 2.200 Meldungen eingegangen, darunter von Privathaushalten, Firmen sowie Land- und Forstwirten. Mehr als die Hälfte dieser Fälle wurde bis-

her abgearbeitet, heißt es vonseiten der Stadt. Aufgrund des Ausmaßes der Katastrophe, brauche eine genaue Einschätzung des Gesamtschadens aber noch eine Weile. Die Schadenssumme an den Hochwasserschutzanlagen im gesamten Erhaltungsbereich des Traisen-Wasserverbandes werde jedenfalls auf rund zwei Millionen Euro geschätzt. Neben der Abarbeitung der wirtschaftlichen Schäden, beginnt auch die politische Aufarbeitung. Anfang November lieferten sich etwa Landwirte und der St. Pöltner Vizebürgermeister Harald Ludwig einen

Schlagabtausch. Der gab der industriellen Landwirtschaft, inklusive Bodenverdichtung eine Teilschuld für viele der entstandenen Schäden. Die Replik ließ nicht lange auf sich warten: „Die Landwirtschaft für die Hochwasserschäden verantwortlich zu machen, ist nicht nur eine Frechheit, sondern fachlich schlichtweg falsch“, so der Landwirtschaftskammer-NÖ-Präsident Johannes Schmuckenschlager.

Hydrologe Jürgen Komma von der TU Wien ist um eine Einordnung bemüht und misst dem Thema Bodenversiegelung im aktuellen Fall

eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu. „In diesem speziellen Fall hätte die Oberflächenversiegelung keinen großen Unterschied mehr gemacht, da die Böden durch den Regen bereits gesättigt waren. Diese hat mehr Einfluss bei kleineren Hochwasserereignissen, die häufiger auftreten und bei denen die Vorbefeuchtung eine größere Auswirkung hat.“ Natürlich sei übermäßige Bodenversiegelung aber für den lokalen Wasserhaushalt (Grundwasserneubildung) und ökologische Aspekte problematisch, ergänzt der Hydrologe.

Wie bewertet der Experte die Bewältigung des Hochwasserereignisses im September? Zunächst hält Komma fest, sei es wichtig, sich der Dimension bewusst zu sein. „Gerade im Zentralraum Niederösterreich sind innerhalb weniger Tage enorme Niederschlagsmengen gefallen, die normalerweise im gesamten Sommer und Herbst auftreten. Trotz eines extrem trockenen Spätsommers haben diese Regenmengen zur vollständigen Sättigung der Böden und in weiterer Folge zu massiven Hochwasserabflüssen an kleinen Bächen und auch an größeren Flüssen geführt.“ Die Dimensionierung von Rückhaltebecken, etwa am Eisberg, könne natürlich immer diskutiert werden, letztlich aber kein Vorwurf sein, weil solche Becken sich immer an bestimmten Größenordnungen orientieren. Am Eisberg war das Rückhaltebecken etwa für ein zehnjährliches Starkniederschlagsereignis bemessen – was durchaus üblich sei. Das Rückhaltevolumen des Be-

ckens reichte für die enormen Regenmengen im September aber nicht aus.

Gefährdete Infrastruktur

Ein neues Licht wirft das vergangene Hochwasserereignis auch auf bestehende und geplante Bauvorhaben in designierten Hochwassergebieten. Die Website HORA (Natural Hazard Overview & Risk Assessment Austria), die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft betrieben wird, zeigt in Österreich Flächen je nach ihrer Hochwasserrisikozonierung unterschiedlich eingefärbt. Blickt man auf das Stadtgebiet St. Pölten sind von einer „hohen Gefährdung“ (Überflutung bei 30-jährlichem Hochwasser möglich, Anm.) vor allem Gebiete entlang der Traisen betroffen. Flächen mit „niedriger Gefährdung“ (Überflutung bei 300-jährlichem Hochwasser möglich, Anm.) reichen bis hinein in die Innenstadt. In der Stadtverwaltung ist man sich des

Risikos bewusst. „Die wenigen betroffenen Flächen von Baulandreserven wurden zum einen mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechend mit Bausperren belegt. Weiters wurde ein Planungskonzept zur weitergehenden raumordnungsfachlichen Behandlung […] beauftragt, dessen Ergebnis in weiterer Folge in entsprechenden Festlegungen im Flächenwidmungsplan mündet“, so heißt es aus der Stadt. Die Ereignisse des Septembers sollen außerdem fachlich ausgewertet und dann gemeinsam mit den Fachdienststellen des Landes NÖ besprochen werden. Kein Einlenken gibt es allerdings beim von mehreren Seiten kritisierten Zentrallager des REWEKonzerns, das im Hochwassergebiet gebaut werden soll.

Komma sieht das kritisch: „Neben der Bodenversiegelung ist in diesen Fällen die Erhöhung des Schadenspotenzials problematisch. Das aktuelle Hochwasserereignis hat uns eindrucksvoll vor Augen ge-

DAUEREINSATZ. Die Feuerwehren leisteten Unmenschliches, viele Wehren halfen auch aus den Bundesländern, der Krisenstab stand im Dauereinsatz.

führt, dass auch Hochwasserschutzmaßnahmen (Dämme, Flutmulden) keine absolute Sicherheit gegen Überflutungen bieten. Durch die Ansiedlung von Industriebetrieben werden dann im Katastrophenfall neben den Schäden an der Betriebsinfrastruktur auch noch die ohnehin überlasteten Einsatzkräfte zusätzlich beansprucht.“

Auch die Initiative „Bodenschutz St. Pölten“ hat sich in einer Petition, für die man bereits knapp 10.000 Unterschriften gesammelt hat, an die Stadt gewandt und fordert „ein sofortiges Umdenken und den Erhalt unserer Retentionsflächen.“ Bei der Stadt beschwichtigt man und verweist auf den Hochwasserschutz, der im künftigen REWE-Areal kommen soll: „Erst durch die mögliche Entwicklung des Standortes in Verbindung mit der Arrondierung vieler Grundstücke ist ein umfassendes Hochwasserprojekt realisierbar“, heißt es aus der Stadt. Bürgermeister Matthias Stadler hält zudem fest: „Eine Nutzung dieses Areals mit bester Verkehrsanbindung ist nicht nur aus ökologischer Sicht im Sinne effizienter Wege sinnvoll, sondern stärkt auch den Wirtschaftsstandort, was nicht zuletzt Arbeitsplätze vor Ort sichert.“ Daran, dass das Projekt realisiert wird, dürfte also auch das September-Hochwasser nichts ändern.

Kommission unterwegs

Die Aufarbeitung der Katastrophe ist derzeit nach wie vor im Gange. In ganz Niederösterreich wurden sogenannte Schadenskommissionen gebildet, die Schäden dokumentierten, um Betroffenen Zugang zu den Hilfsgeldern von Land und Bund zu ermöglichen. Je nach Nutzungsart gibt es vorab definierte Auszahlungsbeträge pro m² betroffener Fläche. Wie hoch die ausgezahlten Beihilfen sind, ist je nach Bundesland verschieden. In Oberösterreich werden etwa „in der Regel 20% bis 50% der vom Katastrophenfonds anerkannten Kosten als Beihilfe gewährt“, in Wien beträgt die Förderung bis zu 30 Prozent, in besonderen Härtefällen bis

zu 50 Prozent der anerkannten Schadenssumme. In Niederösterreich wurden die Sätze nach dem Hochwasser rückwirkend von 20 auf 50 Prozent angehoben. In Härtefällen werden bis zu 80 Prozent des Schadens ersetzt.

In diesen Kommissionen waren in St. Pölten etwa auch die Vizebürgermeister Matthias Adl und Harald Ludwig vertreten. Dass politische Vertreter Teil der Kommissionen sind, erachtet Komma für durchaus gut: „Die Vorgangsweise, dass politische Vertreter bei den Begehungen dabei sind, ist üblich und auch durchaus sinnvoll. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Begutachtung und Auszahlung der Hilfen unkompliziert und rasch erfolgt ist.“ Aus dem Land Niederösterreich hieß es Mitte November, dass die Erhebung nach wie vor im Gange sei und nach Abschluss der Arbeiten eine umfassende Evaluierung mit Verbesserungsvorschlägen geplant sei.

Was jetzt?

Auch in St. Pölten widmet man sich nach wie vor der Aufarbeitung der Ereignisse. Vonseiten der Stadt heißt es, dass aktuell eine von der Baudirektion eigens ins Leben gerufene Taskforce mit Unterstützung der

Firma „Donau Consult“ auf Hochtouren daran arbeite, die Schäden zu analysieren und Erkenntnisse aus diesem Ereignis zu ziehen. Außerdem werde geprüft, wo es zusätzliche Barrieren und Becken zum Schutz der Bevölkerung brauche. Fix ist etwa die Adaptierung des Regenrückhaltebeckens Nadelbach, die bereits bei der Behörde zur Bewilligung eingereicht wurde und deren Umsetzung 2026 startet. Auch das Hochwasserschutzprojekt der Traisen für Pottenbrunn sei bereits sehr fortgeschritten und stehe kurz vor der Ausarbeitung der Einreichungsunterlagen.

Von Expertenseite werden die kommenden Maßnahmen positiv bewertet. „Der Ausbau von Retentionsbecken und -flächen ist sicher eine sinnvolle Vorgangsweise. Diese Becken werden so bemessen, dass die unterliegenden Ortschaften für mittlere bis große Hochwasser geschützt werden. In Österreich, speziell auch in Niederösterreich, ist in dieser Hinsicht seit den Hochwassern 2002 und 2013 auch sehr viel passiert“, analysiert Komma. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels dürften starke Regenfälle und Hochwasser künftig aber zunehmen. Hochwasserschutz ist dabei nur ein zentrales Element in der Vorbereitung. Wichtig ist auch, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu erhöhen. Komma dazu: „In zahlreichen Gemeinden entlang der Perschling und im Tullnerfeld wurde ein Großteil der Keller überflutet. Heizungsanlagen und andere haustechnische Einrichtung erhöhen hier das Schadenspotential erheblich. Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung und bauliche Hochwasservorsorgemaßnahmen, etwa dichte Fenster, Haustechnik im Erdgeschoss, sind geeignete Strategien für den Umgang mit steigenden Hochwasserrisiken.“ Das gelte für Unternehmen genauso wie Privatpersonen. Inwieweit diese Vorbereitungen greifen, wird das nächste Hochwasserereignis zeigen, das aller Voraussicht nach eher früher als später eintreten wird.

LEHREN. Hydrologe Jürgen Komma begrüßt weitere HochwasserschutzMaßnahmen wie den Ausbau von Retentionsbecken, ebenso bedürfe es stärkerer Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung.

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HILFE FÜR EIN SELBST

Das Haus der Frau schützt Frauen und Kinder vor gewalttätigen Männern. Die Mitarbeiterinnen unterstützen bei der Aufarbeitung des Erlebten und beim Start in eine gewaltfreie Zukunft.

Die Adresse ist nirgendwo zu finden auf der übersichtlichen und leicht zu lesenden Homepage hdfp.at, aber eine einprägsame Telefonnummer springt ins Auge –Maßnahmen, die Niederösterreichs größtes Frauenhaus in St. Pölten besonders sicher und für von Gewalt betroffene Frauen leicht erreichbar machen. Und das ist auch 40 Jahre nach Gründung noch bitter notwendig. 57 Frauen fanden im vergangenen Jahr im Haus der Frau Zuflucht, mit insgesamt 70 Kindern. „Wir verzeichnen im Jahr rund 10.000 Übernachtungen“, weiß Olinda Albertoni. Auch, dass die Gefährdung

In den Familien geht es oft um Macht, nicht um die Kinder.
ELKE LOTTER, SOZIALPÄDAGOGIN

von Frauen nach wie vor zunimmt. Albertoni leitet das Frauenhaus seit 2018. „Wir sind gut ausgelastet, aber wir haben im Notfall immer ein Zimmer frei.“ Seit 20 Jahren befindet sich das Haus der Frau am derzeitigen Standort. 18 Zimmer gibt es hier, einen Garten und Räume für gemeinsame Aktivitäten.

Begonnen hat alles 1984 mit einem Zufluchtsort für etwa vier Frauen und ihre Kinder. Damals hatten sich einige mutige Pionierinnen in den Kopf gesetzt, von Gewalt betroffenen Frauen eine Perspektive zu geben. Sie waren überzeugt, dass St. Pölten ein Frauenhaus braucht, haben in Tirol recherchiert, wo gewaltbetroffene Frauen mit ihren Kindern in Reihenhäusern untergebracht waren. Eine der Gründerinnen ist Annemarie Figdor, damals Obfrau der Katholischen Frauenbewegung: „Wir haben uns gedacht, wenn so etwas im katholischen Tirol nötig ist, dann ist es das auch bei uns.“

Die Idee wurde Realität. „Mit großem Engagement konnten die Gründerinnen die Zustimmung der Politik erhalten – unter Nutzung aller persönlichen und professionellen Netzwerke“, erinnert sich Anna Durstberger, langjährige Obfrau des

BESTIMMTES LEBEN

Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig hat uns zu einem ausreichenden Budget verholfen. Wir sind zuversichtlich, dass es so weitergeht.

Vereins „Haus der Frau“, der das Frauenhaus betreibt.

Damals, Anfang der 1980erJahre, war ein Zufluchtsort für misshandelte Frauen wenig akzeptiert in der Öffentlichkeit. Zur Erinnerung: Bis Ende der 1970er-Jahre konnte der Ehemann seiner Frau verbieten zu arbeiten. Erst 1989 wurde Vergewaltigung innerhalb der Ehe strafbar. „Durch das klare Bekenntnis aller Verantwortlichen zum Haus der Frau verbesserte sich die Situation kontinuierlich“, weiß Anna Durstberger. Allerdings langsam. Noch 2012 behauptete eine Amstettner FP-Stadträtin, dass Frauenhäuser an der Zerstörung von Ehen maßgeblich beteiligt seien und sorgte damit für einen Skandal. Dass Frauenhäuser eine wertvolle Einrichtung für den Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt sind, ist heute in der Gesellschaft angekommen. Auch in der Politik: „Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig hat uns zu einem ausreichenden Budget verholfen. Wir sind zuversichtlich, dass es so weitergeht“, sagt Olinda Albertoni. Denn häusliche Gewalt ist zwar anders geworden, aber nicht weniger.

Die Gefährder sind schnell da „Es gibt Männer, für die gibt es keine Grenzen“, bestätigt Elke Lotter, Sozialpädagogin im Haus der Frau in St. Pölten: „Wenige Stunden, nachdem eine Frau eingezogen ist, hat ihr Mann geschrieben, dass er weiß, in welchem Zimmer sie sich befindet.“ Tracking-Apps machen’s möglich. Das Frauenhaus ist allerdings rund um die Uhr mit Mitarbeiterinnen (auch ehrenamtlichen)

besetzt und mit zahlreichen Einrichtungen vernetzt, die zum Schutz gefährdeter Frauen beitragen, etwa mit dem Gewaltschutzzentrum, und die Polizei ist schnell vor Ort. Sie bietet Frauen auch Schutz bei Verhandlungen und bei Übersiedlungen in ein anderes Bundesland. Denn rund 60 Prozent der Frauenhaus-Bewohnerinnen sind hochgefährdete Frauen aus anderen Regionen.

Gewalttätige Männer sind zu einem Sechsstunden-Gespräch beim Bewährungshilfe-Verein Neustart verpflichtet, ihr problematisches Verhalten soll ihnen vor Augen geführt werden, sie werden zu einem Betretungsverbot verpflichtet. „Ein Anti-Gewalttraining passiert so gut wie nie – eventuell manchmal als Auflage nach einer Verurteilung“, bedauert Olinda Albertoni.

Rund drei bis vier Monate bis maximal ein Jahr können die Frauen in der Schutzeinrichtung bleiben, erhalten Unterstützung bei der Arbeits- und Wohnungssuche, bei allen rechtlichen Schritten, bis sie auf eigenen Beinen stehen können. Auch an die Schule wird meist kommuniziert, wenn Kinder im Frauenhaus wohnen, „denn die Gefährder sind schnell da“, weiß Elke Lotter und berichtet von Onkel und Opa, die Kinder aus der Schule entführt haben.

Apropos Schule: Einerseits kommen Hinweise auf gewaltbereite

Väter über Lehrer („Mitschüler und Mitschülerinnen kriegen einiges mit“), andererseits besuchen Schulklassen das Haus der Frau und erfahren so, wie es zu gefährlichen Situationen innerhalb der Familie kommen könnte.

Unterstützung für Kinder

Zwei Sozialpädagoginnen sind im Haus der Frau Ansprechpartnerinnen für Kinder und Jugendliche. Wie für die 14-jährige Marlene (Name geändert). Sie hat mit ihren beiden jüngeren Geschwistern und ihrer Mutter acht Monate lang Schutz vorm gewalttätigen Vater gefunden. „Ich war sehr nervös, als wir hierhergekommen sind“, erzählt sie, „ich hätte nie gedacht, dass ich hier Freundinnen finden werde.“ Langsam hat das sportliche Mädchen Kontakte geknüpft, mit einer neuen Freundin viel unternommen, mit den Sozialarbeiterinnen gebacken und gekocht. „Das hat mir besonders viel Spaß gemacht“, erinnert sich Marlene an kreative Stun-

Ich hätte nie gedacht, dass ich hier Freundinnen finden werde.

MARLENE,

EHEMALIGE BEWOHNERIN VOM HAUS DER FRAU

DAS BESTE ALTER

Die Sprüche auf den Geburtstagsbillets wollen mich beruhigen: Wir sind nicht alt, wir sind nur schon ein bisschen länger jung als andere!

Jo eh! Aber wenn man zum ersten Mal zu einer 60er Feier bei einer ganz lieben Freundin geladen ist, dann kommt man ins Grübeln. Der Gitarrist stimmt pathetisch „I did it my way“ an und alle Gäste tanzen geschlossen und voll Inbrunst auf der Tanzfläche. Mir kommt Otto in den Sinn: Seid ihr alle da? Jaaa! Aber nicht mehr lange! (an dieser Stelle den Lacher von Otto einspielen!) Ein Kloß sitzt in meinem Hals und ich beobachte die lieben Menschen und seh mich selbst tanzen. Der November ist immer so ein melancholischer Monat. Das Kind, das keines mehr ist, beginnt den Geburtstagsreigen, gefolgt von mir selbst und einigen meiner besten Freunde. Zeit zum Innehalten und Wertschätzen jener, die mich schon so lange begleiten. Sie haben mit mir beim Koll und im Egon gefeiert, haben auf meiner Hochzeit getanzt, waren mit mir schwanger, sind mit mir umgezogen und auch mit mir verreist. Sie sind mit mir am Grab gestanden und haben mich getröstet. Sie kennen alle meine Eigenheiten und lieben mich trotzdem. Sie wissen, wie ich meinen Aperol am liebsten trinke und dass ich Witze über meine Größe nur bedingt lustig finde. Der Gitarrist hat ausgespielt, die Disco in der Bar geht weiter. Die Oldies setzen sich die Leuchtbrillen auf und tanzen zu „YMCA“ und „Kung Fu Fighting“ als gäbs kein Morgen. Die Melancholie ist verflogen und mir kommt ein weiterer Geburtstagsspruch in den Sinn: Das beste Alter ist jetzt!

Durch das klare Bekenntnis aller Verantwortlichen zum Haus der Frau verbesserte sich die Situation kontinuierlich.

ANNA DURSTBERGER, OBFRAU HAUS DER FRAU

den in der Küche, in denen Rezepte ausprobiert, neue Speisen verkostet wurden: „Wir haben auch zu Halloween gemeinsam unser Stockwerk geschmückt, mit selbstgebastelter Dekoration, das war richtig cool.“ Vor Kurzem hat eine selbstbewusste Marlene mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter ein neues Zuhause bezogen, mit ihrer Freundin aus dem Frauenhaus hat sie weiterhin Kontakt. „Ich bin sehr beeindruckt, wie sich Marlene in den Monaten hier entwickelt hat, sie war am Anfang sehr schüchtern“, bekräftigt Pädagogin Elke Lotter.

22 Kinder betreuen die beiden Sozialpädagoginnen derzeit. Sie helfen bei Hausübungen, begleiten die Kinder zum Gericht, gehen zum Kinderschutzzentrum mit und zu Besuchscafés. „Früher haben wir Kinder hingeschliffen zu den Besuchscafés – jetzt nicht mehr“, so Elke Lotter. Denn in den Familien gehe es oft um Macht, nicht um die Kinder. Und die Gerichte würden noch immer eher auf die Rechte der Väter achten als auf die der Kinder, „da gäbe es Nachschulungsbedarf.“

Mit den Jahren hat sich entwickelt, dass Kinder eigene Ansprechpersonen im Frauenhaus brauchen. „Die Arbeit ist viel komplexer ge-

ENGAGIERT. Albertoni und Durstberger erhielten den Kalcher-Preis.

worden, mit bürokratischen Auflagen, rechtlichen Vorgaben. Die Kinder sind dabei auf der Strecke geblieben. Wir sind draufgekommen, dass Kinder mehr Betreuung bräuchten“, weiß die Sozialpädagogin. Denn „auch wenn Kinder nicht wirklich auffällig sind, sollten sie sofort Hilfe bekommen. Therapien für Kinder sind wichtig.“ Viele Mütter glauben, dass Kinder nicht alles mitbekommen, „die Kinder hören aber trotzdem, wenn die Mutter weint.“ Und manche wehren sich, wenn schwankende Mütter zurück in ihr altes Leben gehen wollen – sie bekommen Unterstützung von den Pädagoginnen.

Anton-Kalcher-Preis für Olinda Albertoni und Anna Durstberger Der Lions-Club verleiht jährlich einen Preis an verdiente Persönlichkeiten „für praktizierte Menschlichkeit, für besondere Verdienste und soziale Leistungen im Interesse des Gemeinwohles“. Heuer zeichnete eine Jury das Haus der Frau St. Pölten mit dem Anton-Kalcher-Preis aus. Lions-Präsident Peter Gorka und Bürgermeister Matthias Stadler überreichten die mit 3.500 Euro dotierte Auszeichnung an Olinda Albertoni und Anna Durstberger.

KOLUMNE TINA REICHL
PIONIERIN. Annemarie Figdor ist eine der Frauenhaus-Gründerinnen.

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MIT VIEL LIEBE. Tierheim-

Leiterin Victoria Bischof hat Findelkind Ronja zurück ins Leben geholt.

NEVERENDING STORY

Ein Hundewelpe, viel zu früh von seiner Mama getrennt, angeblich gefunden in einem Plastiksackerl. Knapp 40 verwahrloste, kranke Katzen aus einer einzigen Großabnahme. Oder die behördliche Abnahme von zahlreichen, nicht-artgerecht gemeinsam gehaltenen Goldhamstern, die sich als strikte Einzelgänger fast zerfleischt hätten. In diesem Sinne: Willkommen beim Tierschutzverein St. Pölten.

Beim Lokalaugenschein im November laufen immer noch die Renovierungsarbeiten im Tierheim St. Pölten in der Gutenbergstraße: Am 4. Oktober, dem internationalen Welttierschutztag, hätte hier am großen Tag der Offenen Tür eigentlich der neue Umbau des Areals präsentiert werden sollen. Fast alle Bauarbeiten an den Räumlichkeiten sind nach zwei Jahren bereits fertiggestellt – möglich gemacht durch ein großartiges Zusammenspiel vom Team des Tierschutzvereins, der Bevölkerung und den Bau-Trupps.

Am Hochwasser-Wochenende Mitte September kommt dann aber auch hier die Flut: Teile des Umbaus werden überschwemmt, genauso wie das wertvolle Futter-Lager. Die geplanten Feierlichkeiten sind bis auf weiteres verschoben. Grundsätzlich aber gibt es für die wackere Truppe aus Mitarbeiter:innen und Ehrenamtlichen nicht besonders viel zu feiern. Denn das Thema Tierschutz zieht sich durch alle Lebensbereiche – und die Kette an tra-

gischen Tier-Schicksalen reißt niemals ab.

Backstage im TSV STP

Als Erhalter und Betreiber des Viertelstierheimes ist der Tierschutzverein St. Pölten (TSV STP) für ein Einzugsgebiet von knapp 600.000 Niederösterreicher:innen und der Tiere zuständig. Rund eintausend tierische Schützlinge werden hier jedes Jahr aufgenommen, medizinisch behandelt, liebevoll beherbergt und betreut – und im besten Fall in ein neues Für-Immer-Zuhause vermittelt.

Verantwortlich für die Entwicklung des Tierheims war in den letzten zwei Jahrzehnten dabei vor allem Willi Stiowicek: Als Vorsitzender vom St. Pöltner Tierschutzverein leistete er rund 10.000 Stunden an ehrenamtlicher Arbeit für den Tierschutz. „Rund 8 Millionen Euro an

Budget musste für die Unterbringung und Versorgung der Tiere in dieser Zeit aufgestellt werden. Große Unterstützung gibt es seit jeher von Stadt und Land, aber ohne die Hilfe der Tierfreund:innen aus der Region könnten wir das nicht stemmen“, hält Stiowicek fest.

Kein Happy End im Tierschutz „Trotz zahlreicher weiterer ehrenamtlicher Helfer:innen musste in dieser Zeit auch die Anzahl der Mitarbeiter:innen im Tierheim auf neun Vollzeit-Dienstposten ausgebaut werden, um den steigenden Anforderungen und Tierzahlen gerecht werden zu können“, so Thomas Kainz. Er tritt – nach jahrelangem Engagement als Vorstandsmitglied und Obmann-Stellvertreter – seit der Generalversammlung im August als neuer Obmann auf. „Wir haben ein tolles ehrenamtliches Team im Vorstand und bei den Helfer:innen“, streicht der neue Obmann das Positive heraus, „und unser TierheimTeam ist Tag und Nacht im Einsatz, um den Tieren zu helfen.“ Ausblenden lässt sich der Realismus, den es im Tierschutz braucht, trotzdem nicht: „Ob behördliche Abnahmen und besonders in den letzten Jahren vermehrt Großabnahmen aufgrund von Animal Hoarding-Fällen oder etwa die Schicksale aus – oft auch

OBMANN MIT WEITSICHT. Thomas Kainz weiß um die Grundsatz-Probleme im Tierschutz.

noch illegalen – Qualzuchten heraus: Tierleid ist eine never-ending story, das hört nie auf“, so Kainz. „Wir sind jetzt zwar gut aufgestellt, werden aber auch in Zukunft jede Unterstützung brauchen.“

Neben den Kosten für Unterbringung, Futter und Spezial-Futter sowie medizinische Betreuung hängt sich schließlich auch das gesamte Team plus Ehrenamtlichen mit vollem Einsatz rein – nicht selten sogar 24/7, wenn es um Tod oder Leben geht. Wie bei der versuchten Rettung von sieben Flaschen-Kätzchen Ende September: „Wir haben nach unserer Verständigung über die mutterlosen Kitten unter einem Holzstoß die stark unterkühlten und unterernährten Kleinen geborgen und ins Tierheim gebracht – mit Wärmeflaschen bereits beim Transport und höchster Vorsicht“, erzählt Tierheim-Leiterin Victoria Bischof sichtlich bewegt. Danach teilte sich das engagierte Team auf, um die einzelnen Kätzchen zu wärmen und mindestens stündlich mit Fläschchen zu füttern. „Aber über drei Tage hinweg haben wir leider trotzdem alle Kitten verloren“, erinnert sich Bischof mit Wehmut und auch Wut daran. Denn: „An unkontrolliertem Nachwuchs gerade bei freilaufenden Hauskatzen und heimatlosen Streu-

nern hängt so viel Tierleid, das mittels Kastration zu verhindern wäre“, appelliert sie zum sicher tausendsten Mal im Rahmen ihrer jahrelangen Arbeit im Zeichen des Tierschutzes.

Dringender Appell: Lasst eure Katzen kastrieren und impfen! Gerade die Kastrationspflicht für eigene Freigänger-Katzen führt Bischof nochmals erklärend aus: „Ganz egal, wie jung oder alt eure Katze ist und egal, ob sie ‚doch nur im Garten ist‘ – wirklich jede Katze, die die eigenen vier Wände verlässt, muss kastriert sein“, betont sie eindringlich. Die Populationen von Streunerkatzen sind auch hierzulande im Steigen begriffen. Die Anzahl kranker und schwerverletzter Babykatzen steigt jedes Jahr. „Je mehr unkastrierte Katzen herumlaufen, desto mehr Nachwuchs kommt auf die Welt, der dann bereits nach wenigen Monaten wieder Nachwuchs produzieren kann“, stellt Bischof eine drastische Rechnung auf. Sie weiß, wovon sie spricht: Kaum eine gesunde Katze kommt ins Tierheim, fast alle sind von ansteckenden Krankheiten betroffen, benötigen umfassende medizinische Betreuung und eine lange Genesungszeit. Jeder Mensch, der Kat-

zen mit Freigang hält, steht darum in der Pflicht, diese kastrieren – und auch impfen – zu lassen.

Menschengemachtes Tierleid

Auch Alexandra Leitold, Geschäftsführerin des Tierschutzvereins, weiß einiges aus ihrem beinahe lebenslangen Engagement für die Tiere zu erzählen. Etwa, dass das Tierleid um uns herum ganz klar in allen Bereichen menschengemacht ist.

Die Wildtiere kämpfen mit der Verkleinerung von natürlichen Lebensräumen sowie dem Einsatz von Umweltgiften. Die Nutztiere – oft unter widrigsten Bedingungen gehalten – werden rücksichts- und anstandslos über weite Strecken transportiert, um zum Zielort ihrer Schlachtung zu kommen – damit wir im Supermarkt zu allen tierischen Produkten greifen können. „Und was etwa als Haustiere gehaltene Exoten angeht“, holt Leitold aus, „stellen diese sehr hohe Anforderungen an eine artgerechte Haltung dar, über die dann auch noch viele Falschinformationen kursieren. Für all das sind wir Menschen direkt oder indirekt verantwortlich.“ – „Und deshalb sehen wir Tierschutz in der Zuständigkeit von allen Menschen“, fügt Bischof hinzu.

TROST SPENDEN. Tierpflegerin Klaudia mit dem verängstigten Manfred.
KATZENBANDE. Lisa Koschka und Dominik Jell vom Tierheim St. Pölten kennen ihre Schützlinge genau.

PERFECT MATCH. Die Hunde von TSV-Geschäftsführerin Alexandra Leitold sind beide aus dem Tierheim.

Auf den Hund gekommen Übrigens: Das selbstständige Durchgehen oder auch die laufende Führung durch die Hundezwinger, wie vor vielen Jahren noch in Tierheimen üblich, gibt es heute längst nicht mehr. „Das bedeutet für die sensiblen und sowieso schon sehr nervösen Hunde nur noch mehr Stress, Angst und Aufregung“, erklärt Bischof. „Weiters sind wir immer mehr mit ‚schwierigen Hunden‘ konfrontiert. Hunde werden aus dubiosen Quellen übernommen und sollen dann ein bis zwei Jahre später ins Tierheim, weil sie nicht mehr händelbar sind.“ Bei Interesse für einen Vergabe-Schützling auf der Website tsvstp.at wird nach der Kontaktaufnahme mit dem Tierheim ein individueller KennenlernTermin rein nur mit diesem einen Hund vereinbart.

Thomas Kainz, früher über viele Jahre hinweg selbst engagierter Hundehalter, appelliert hier eindrücklich: „Bitte übernehmt Hunde aus seriösen Quellen – adoptiert sie aus namhaften Tierschutzvereinen, sucht euch eine:n gute:n Züchter:in, wenn es unbedingt ein Rassehund sein soll – und informiert euch vorab über die Haltung und das bedürfnisorientierte Training.“ Auch bei letzterem gilt es, achtsam zu sein: In Österreich ist „Hundetrainer:in“ kein geschützter Beruf, jede:r kann sich so nennen. Offizielle Gütesiegel wie z.B. „Tierschutzqualifizierte:r Hundetrainer:in“ oder entsprechende Vereine können hier bei der Auswahl behilflich sein.

Tierisches Klassenzimmer Alexandra Leitold war es, die das Konzept vom „Tierischen Klassenzimmer“ in Deutschland entdeckt und für so gut befunden hat, um in ähnlicher Form auch in St. Pölten präventiven Tierschutz voranzutreiben. Im Zuge des Umbaus wurde darum eine entsprechende

INFOS

Der Tierschutzverein St. Pölten bedankt sich im Namen seiner zahlreichen tierischen Schützlinge ganz herzlich bei allen Menschen, die mit ihren Spenden, durch die Übernahme von Patenschaften oder Einkäufe im Shop auf der Website unterstützen. Alle Spenden kommen zu 100 % den Tieren in der Region zugute. Übrigens: Der neue, wieder besonders liebevoll gestaltete Kalender für 2025 ist bereits im Shop zu bestellen.

Spendenkonto Tierschutzverein

IBAN AT20 2025 6000 0061 6193

https://tsvstp.at

Räumlichkeit adaptiert. Ab voraussichtlich Anfang 2025 wird hier ein Ort der Wissensvermittlung sein –eine Plattform für den Tierschutz von Kindesbeinen an oder auch von der Pike auf. Die aktuell in der Planungsphase stehenden Kurse, Workshops, Vorträge und Schulungen richten sich im ersten Schritt vorwiegend an Schulen ab der 3. Volksschulklasse sowie – mit ausgewählten Spezialthemen – an Privatpersonen.

„Unter Tierliebe verstehen wir den Wunsch, Tieren ein so schönes Leben wie möglich zu ermöglichen“, erklärt Leitold, als sie uns die neuen Kleintiergehege zeigt, die Teil des Tierischen Klassenzimmers sein werden. „Dazu, sich über die Bedürfnisse und Körpersprache des jeweiligen Tieres im Klaren zu sein, und die Tiere dabei zu unterstützen, gehört auch, sich selbst als Mensch mitunter zurückzunehmen – und den Tieren auch eine freie Wahl zu lassen. Zum Beispiel, ob sie Körperkontakt wünschen oder nicht. Schlussendlich, ganz ehrlich, kann ‚Liebe zum Tier‘ auch bedeuten, sich aktiv gegen ein eigenes Haustier zu entscheiden.“

Aber auch in diesem Fall – also, wenn eine Adoption nicht infrage kommt – kann den Hunden, Katzen und Kleintieren im Tierheim trotzdem geholfen werden. Etwa mit dringend benötigten Geld-, Sachund Futterspenden oder mit der Übernahme einer Patenschaft.

Abschließend ist sich das Tierheim-Team einig: Egal, wie schwierig der Arbeitsalltag mitunter auch sein mag – die schönsten Momente sind immer dann, wenn ein Tier glücklich vermittelt wird. Und in sein Für-Immer-Zuhause einzieht.

Hinein ins Skivergnügen

Die Gemeindealpe Mitterbach ist der höchste Ausflugsberg im Mariazeller Land. Das actionreiche Skigebiet begeistert mit 15,5 bestens präparierten Pistenkilometern und besonders viel Abwechslung. Hier können sich Skifahrer und Snowboarder aller Fahrlevels so richtig austoben. Zwei Sesselbahnen und zwei Schlepplifte stehen Wintersportlern zur Verfügung.

Im Bereich des 1.626 Meter hohen Gipfels kommen Adrenalinjunkies auf der steilsten Piste Niederösterreichs – mit 74 % Gefälle –voll und ganz auf ihre Kosten. Außerdem laden dort die Freeride-Areas zum genussvollen Powdern ein. Gleich bei der Mittel-

Wintersaison 2024/25

station liegt der coolste Snowpark Niederösterreichs. Mit seinen Tubes, Boxen und Rails ist er der Shred-Hotspot für alle begeisterten Freestyler. High-Speed-Fans messen ihre persönliche Bestzeit auf der Speedstrecke mit Geschwindigkeitsmessung. In der Funslope sorgen SoundSpeedboosts, High-Fives, kleine Sprünge, Steilkurven sowie die Wellenbahn für Action und Spaß bei großen und kleinen Wintersportlern.

Entspannte Verschnaufpausen legt man in gemütlichen Gastronomiebetrieben, die direkt an der Piste liegen, ein.

7. Dezember 2024 bis 16. März 2025 bei geeigneter Schneelage

Täglicher Betrieb von 9:00 bis 16:00 Uhr · Letzte Berg-/Talfahrt: 15:45 Uhr

Pistensperre: 16:30 – 8:30 Uhr

Mittwochs ist die Abfahrt vom Berg (Berghütten) bis 19:30 Uhr möglich.

Bei Schlechtwetter oder unzureichender Schneelage sind Betriebseinschränkungen möglich.

• Tagesskipass gültig für Gemeindealpe Mitterbach und Mariazeller Bürgeralpe

• An- und Abreise mit der Himmelstreppe der Mariazellerbahn

• Kostenloser Transport der Wintersportausrüstung in der Himmelstreppe

• Gratisfahrt Mitterbach – Mariazell mit der Himmelstreppe mit gültigem Skipass und in Skikleidung

Mehr Infos unter: www.mariazellerbahn.at/ kombiangebot

Person um nur Erwachsene

DIE SACHE MIT DEN BUBENDUMMHEITEN

Okay, man könnte uns ja eine gewisse Faulheit unterstellen –aber nennen wir es einfach Pragmatismus. Nachdem Werner Harauer im Cityflyer sehr gut die Hintergründe und die Philosophie des MFG-Magazins im Gespräch mit Johannes Reichl herausgekitzelt hat, dachten wir, das würde in Auszügen doch auch wunderbar in unsere Jubiläums-Ausgabe passen. Voilá – besten Dank an Werner für die Freigabe. Und falls jemand glaubt, er hat ein Déjà-vu – es ist eines!

Im November 2004 erschien die erste Ausgabe von MFG – Das Magazin. Kannst du dich noch erinnern, wer die Idee zum MFG hatte? Gibt es so etwas wie einen Gründungsmythos?

Die Idee zu einem Magazin hatten René Voak und ich, wenngleich anfangs in ganz anderem Sinne. Im Vorfeld meines beruflichen Wechsels zu NXP machten wir uns Gedanken, welche Marketing- und Werbetools für die VAZ Bewerbung sinnvoll sind – unter anderem waren wir uns schnell einig, dass ein Kundenmagazin Bindung schaffen könnte. In einem erweiterten Projekt-Kreis um Michael Müllner, der damals noch das Joynt Magazin herausgab, die Anfangs-Mitherausgeber Norbert Bauer sowie Thomas Wagner und Matthias Steinperl von wagner&steinperl setzte sich dann rasch die Überzeugung durch, dass wir eigentlich ein richtiges Magazin umsetzen müssen. Kein Mythos, sondern Tatsache: In dieser Zeit kochte gerade der Priesterseminarskandal hoch – Codewort Bubendummheiten. Darüber wurde auf der ganzen Welt ausführlich berichtet, von profil über stern bis CNN. In St. Pölten dahingegen, wo der Skandal stattfand, wurde der Ball medial extrem flach gehalten. Das verfestigte die Idee der Notwendigkeit eines neuen Magazins nachhaltig.

Welche Überlegungen standen hinter dem Wunsch, ein eigenes Medium zu publizieren?

Das Gefühl, dass ein derartiges Medium in der Stadt schlicht fehlt – u. a. aus zuvor genanntem Grund. Das ist nicht gut für die Hygiene, Offenheit und Entwicklung einer Stadt. St. Pöltens Medienlandschaft war damals von zwei großen Gamblern geprägt, St. Pölten konkret – das offizielle Amtsblatt/Magazin der Stadt einerseits, und die NÖN andererseits. Beide waren sehr klar politischen Lagern zugeordnet, vielleicht gar nicht so sehr nur in dem, was sie berichteten, sondern in dem, was sie nicht berichteten bzw. wie die Geschichten aufbereitet wurden. Das war aus unserer Sicht oft sehr einseitig und führte bei politischen Themen rasch zu einer Polarisierung. Es wurde generell damals oft schwarzweiß gemalt, die bunten Schattierungen dazwischen bzw. auch der gesamtheitliche Blick auf Themen gingen dabei verloren, wodurch die Stadt in ihrer eigentlichen Vielfalt nicht medial ausgedrückt wurde. Viele – aus unserer Sicht notwendige Diskurse – fanden nicht statt, weil sie schlicht medial nicht vorkamen. Was wolltet ihr also mit dem Erscheinen erreichen?

Ein realistischeres, nuancierteres, bunteres Bild der Stadt, wie sie eben ist. Verschiedene Lebenswelten,

auch Subszenen aufzeigen, die existieren und die Stadt mitausmachen. Diskurse anstoßen und begleiten, ja Raum für solche überhaupt erst schaffen, indem man verschiedene Blickwinkel auf eine Sache aufzeigt, damit vielleicht aber auch neue Wege. Im Grund genommen wollten wir die Fenster öffnen und frische Luft hereinlassen. Daran hat sich bis heute nichts geändert, sehr wohl aber St. Pölten selbst – nämlich sehr zum Positiven, auch was diese Vielfalt betrifft.

An welches Publikum richtet sich das MFG?

Wie formulieren wir es in unseren Mediadaten: „an alle, die gerne Magazinpapier in ihren Händen halten und nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern gerne in die Tiefe gehen möchten.“ Das betrifft Reportagen, Interviews, Portraits ebenso wie die politische Berichterstattung. MFG wendet sich an alle, ob on- oder offline, die sich nicht damit zufriedengeben, Sachverhalte nur aus einem Blickwinkel zu betrachten oder nur in ihrer Bubble zu verweilen, sondern die wissen möchten, was sagen auch die „anderen“ dazu, wie ordnen das Experten ein, wie empfinden das direkt Betroffene. Es geht darum, eine fundierte Informationsbasis zu schaffen, auf der man sich seriös selbst eine eigene Meinung bilden kann.

In welcher Tradition würdest du das „MFG“ einordnen? Ist es mehr profil? Oder mehr Stadtzeitung wie der Falter? Oder mehr die NÖN im Vierteljahresrhythmus?

In der Vorbereitungsphase stand eindeutig als Vorgabe, dass wir auf Basis gründlicher Recherche ein Magazin mit langen Strecken, umfangreichen Portraits und Interviews umsetzen möchten. Das gab es in St. Pölten damals nicht. Hierfür haben wir uns im Vorfeld praktisch alle damaligen Magazine am Markt näher angeschaut, wie die das so machen. Daraus geworden ist dann MFG –Das Magazin, ein doch sehr eigenständiges Wesen.

Ich habe uns da nie wirklich großartig in irgendeiner Tradition gesehen, es gibt auch praktisch nichts Vergleichbares in Österreich. Im Grunde genommen versuchen wir, neben den aktuellen Themen der Stadt, die wir beleuchten und durchdringen, auch die große Welt, die großen gesellschaftlichen Fragen hereinzuholen – aber ebenfalls auf die Region, die Stadt heruntergebrochen und auch auf dieser Ebene abgehandelt. Was bedeutet das konkret hier, bei uns? Dadurch entsteht auch eine andere Unmittelbarkeit und Betroffenheit.

In eurem Impressum steht, ihr seid „fast unabhängig“. Von welchem letzten Rest seid ihr abhängig?

Ich gestehe, das habe ich ehemals vom Red Bulletin abgekupfert, weil es mir sehr gut gefallen hat. Unsere Abhängigkeit bezieht sich dabei auf uns selbst, auf unser Unternehmen NXP als Herausgeberin. In allen anderen Beziehungen sind wir tatsächlich unabhängig, weil MFG privat herausgegeben wird. Es gibt keine Institution, keine Körperschaft, keine Partei, keinen Konzern oder ähnliches hinter uns, wir bekommen auch keine Presseförderung oder werden sonst irgendwie von außen finanziert. Aber genau diese Unabhängigkeit und Freiheit machen die Qualität und Seriosität des Maga-

zins aus. Für mich ganz persönlich auch den Reiz der Arbeit und die Liebe zum MFG.

Ist es in einem Dorf wie St. Pölten aber nicht wesentlich schwieriger unabhängig zu sein? Da hier jeder jeden kennt, ist man bald in einem Netzwerk von Verbindlichkeiten gefangen ...

Ich glaube nicht. Ob du unabhängig bist oder nicht hat zum einen schon

Ich habe uns nie wirklich großartig in irgendeiner Tradition gesehen, es gibt auch praktisch nichts Vergleichbares in Österreich.

mal mit der Gründungsabsicht zu tun – manche Medien werden ja ganz bewusst für einen Zweck gegründet, die haben also von vornherein, zumindest nach innen, nicht den Anspruch unabhängig zu sein, wenn vielleicht im Impressum auch was anderes steht. Ansonsten ist Unabhängigkeit eine Frage des persönlichen journalistischen Anspruchs und der persönlichen Integrität. Die kann man durchaus bewahren, auch wenn man viele Menschen persönlich kennt. Man muss einfach

wissen, für wen man als Medium sozusagen da ist und wem man sich verpflichtet fühlt – und das ist im Idealfall der Leser, die Leserin, die man mit bestmöglicher, fundiert recherchierter, seriöser Information versorgen möchte.

Wie viele Stunden Arbeit stecken in einer Ausgabe?

Keine Ahnung, das haben wir noch nie hochgerechnet. Immens viel jedenfalls. Aber um ein konkretes Beispiel zur Einordnung zu bringen: Für den Prozessbericht über den Pflegeheimskandal in Kirchstetten hat Michael Müllner inklusive Prozessteilnahme, Recherche und Schreiben damals rund 100 Arbeitsstunden aufgewendet – für eine Story!

Wie kann sich das rechnen?

Da ist die Frage, wie man „rechnen“ definiert. Wenn du es aus monetärer Sicht meinst: Da schaffen wir es dank unserer langjährigen Werbekunden und -partner seit Jahren, dass sich das MFG sozusagen selbst trägt. Wir haben aber dank unserer Herausgeber den unendlichen Vorteil, dass das Monetäre beim Magazin nicht im Vordergrund steht – zum einen, weil es auch ein Werbemedium für die NXP Gruppe ist und das einen Wert hat, zum anderen weil René und Bernard Voak vom selben journalistischen Idealismus beseelt sind und daher das Magazin aus all den angeführten Gründen finanzieren.

Man kann „rechnen“ aber auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten, und in diesem Sinne würde ich MFG verorten: Ein solches Medium, davon bin ich überzeugt, schafft einen Mehrwert für die Stadt, für die Bevölkerung, für das Selbstverständnis St. Pöltens, für Selbstund Fremdwahrnehmung, für die Entwicklung hin zu einer offenen, diskursiven, selbstkritischen, aufgeklärten, urbanen Gesellschaft. Ob dies tatsächlich so ist, müssen natürlich andere beurteilen – aber immerhin gibt es uns schon 20 Jahre, alles andere denn eine Selbstverständlichkeit in der Medienbranche.

WAS BISHER GESCHAH …

#1

Der Duft der Stadt –die erste Cover-Story über die Glanzstoff und darüber, warum es ist wie es ist. Außerdem ein klärendes Gespräch mit Gott höchstpersönlich sowie mit Sportfreunde Stiller.

#4

Zug zweiter Klasse –Asylwerber und Flüchtlinge am Abstellgleis, Bürgermeister St. Adler im Talk und Jedi-Meister Yoda über die lustige Seite der Macht.

Der goldene Buddha –Dr. Nasko nach seinem Polit-Ausstieg, eine Zuagraste wird sesshaft in St. Pölten und ein neues Outfit fürs Magazin.

#10

Ein echter Deix am Cover – und im Dreistunden-Portrait im Blattinneren, Operettenstreit zwischen Nonner und Birkmeyer und Claus Peymann kauft sich eine Hose in St. Pölten.

#13

Schwerer Junge am Cover – Häfn is Duli, We Were Mods und eine Aufdeckerstory über Aufstieg & Fall von Judl, die sich dem Starmania Casting stellt.

#2

Der goldene Löffel – Wühlen im Kultursubventionstopf, ein Schelling, der bei uns doch glatt den berühmten Schnauzer verliert und die Frage, welcher Drogentyp bin ich eigentlich?

#5

Das orange Cover zur Rettung einer Farbe, nachdem es vom BZÖ gefladert wurde – Frenkie (Schinkels) goes to Franky (Stronach) und die ganze Wahrheit über das A. in Paul Gessls Namen.

#3

Am Cover ein Bericht des Reichsführer SS zum Novemberpogrom – St. Pölten und die Judenverfolgung, Mimi Wunderer im Portrait und Nichtwähler Novotenie zu seinem Wahlprogramm.

Nonn plus ultra –Englisches Fräulein im Rampenlicht, ein Dollfussbild in der Prandtauerkirche sorgt für Wirbel und Heli Deinboek lädt zum Jüngsten Gerücht.

Panierts mi – MFGFotograf Hermann Rauschmayr isst ein Monat lang nur Schnitzl, der Öster reicher liebster Herr Piefke steht Rede und Antwort und Por nostars zieren die U4.

#14

#6

Grün-Weiß statt rot schwarz? – Hans Hübl spricht frei von der Leber weg, Bernhard Paul über seine Wurzeln und Stefan Weber ruft zum letzten Gefecht.

Nackedei am Cover –MFG geht baden und entdeckt Bambi lange vor ATV, Heavy Niessl bezwingt todesmutig die Black Hole und ein Dollfussbild führt zum gediegenen Briefwechsel.

Sex In The City –der Skandal Sperrbezirk in der Rotlichtszene, die Sache mit der S34 und die ganze Wahrheit über Aelium Cetium.

Die nuk(e)leare Bedrohung – NUKE und Lovely Days Festival ante portas, das lustige Politiker Frage-Antwort Spiel zur Wahl und Klebtomanie in Sachen Panini-Pickerl beim Koll.

#15

Alles Gute MFG – die große Fotostory über die Arbeitsmethoden des MFG, Altbürgermeister Willi Gruber hält Rückschau und „Du kommst da nicht rein“-Rassismus in Nachtlokalen.

#9
DAS MAGAZINMFG
DAS

#16

Ein Fußball ohne Luft – St. Pöltens Spitzensport im Niemandsland, The Küng and I und Surfin STP.

#17

Pöltenbrunn – Der St. Pöltner Taferlstreit (und ein Brief vom Anwalt), ein Besuch in der Tagesheimstätte für Behinderte und das Phänomen Bauchklang.

#19

Zweifelhaft – weiße Vorverurteilung für Schwarze, eine Kaserne, die keiner will und Isabella Suppanz im Melting Pot.

#22

Landeshauptmann mit Haarpracht – Alles über Prölls Hairkunft, P3TVMacher Rudi Vajda und die vierte Dimension sowie eine kolumbianische Rhapsodie mit Andrés OrozcoEstrada.

#25

Genug gelitten –die Rückkehr des Kaisers ob politscher Rohrkrepierer, lustig und kreuzfidel mit den Schlosskoglern sowie der kleine Tod der Kathi „Katze“ P.

#20

Stufenlos – Barrieren für Behinderte, der große Catcher für die kleinen Leute Charly Rottenschlager sowie ein Visionär aus Deutschland.

#23

Glanzstoff am seidenen Faden – die Fabrik zwischen Bangen und Hoffen, einmal Kosovo und zurück sowie angesagte Revolutionen wie limelight finden nicht statt.

Auch Oma trinkt Koma – Komasaufen kennt kein Alter, ZIB-Master Stefan Ströbitzer im Portrait und wieviel Freiraum gibt’s im frei:raum?

Anbaggern & Co. –Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Kleinstädter zur Paarungszeit, Art Cop Alois Stöckl und Manfred Wieninger trifft Marek Miert.

#26

In The Ghetto? –Ehrenrettung für die Herzogenburgerstraße, Seelsorger im Betrieb Leben Sepp Gruber und Joachim Schloemers „St. Pölten Diaries“.

Zirkus F. in St. Pölten –der Fritzlprozess und die Folgen, die Sache mit dem Image und das große RaucherTagebuch.

#21

Rosa-Lila St. Pölten –die Homoszene der Stadt, Frühaufstehen mit Daniela Zeller und die Legende von der FABRIK.

#24

SCHLACHTFELD SCHULE

Schlachtfeld Schule –in der Pause ist die Hölle los, ein Gaukler namens Hannes Thanheiser und die Farm der Tiere.

Grauen ist geil –Das Böse unter der Sonne St. Pöltens, Helden der Nacht und MFG goes Underground.

#30

Turbulente Zeiten –Die Krise ist unter uns, welcher Domplatztyp sind sie? und eine Parallelwelt namens LAMES.

#31

Woodstock in St. Pölten – die Festivals und die Folgen, die sieben St. Pöltner Todsünden und Kalteis im Kalteis.

Frequency, ein politisches Trauerspiel – über zu viel „Müll“ rund ums Festival, Sexnachhilfe für Priester und Freunde der Blasmusik.

#37

Tod dem toten Sonntag – von allzuviel Sonntagsruhe am Tag des Herren, wie man eine private Gesundheitsuni verhindert und eine Begegnung mit dem Disco-Opa am Oldiesabend.

#40

Liebesgschichten und Heiratssachen – Balzverhalten in Zeiten von bits & bytes, Hauptstadt Versteinerungen und als der Mario noch am Voithplatz war.

#43

Heim(liche) Gewalt –von Tätermännern und Opferfrauen, 19 minutes of shame bei Beate Schrotts Olympia Verabschiedung und König St. Pauli.

#46

Unterm Giebelkreuz –St. Pölten gegen Raiffeisenlandesbank - das ist Brutalität, trautes Heim Glück allein und der letzte Harlekin von St. Pölten.

#32

Die nackte Wahrheit –die MFG-Redakteure ziehen anlässlich fünf Jahre MFG blank, im Wachtturm der Zeugen Jehovas und ein Mahnmal gegen das Vergessen am Viehofner See.

#35

Stalingrad – Überlebender Franz Schweiger über Liebe und Glaube inmitten des Wahnsinns, der Zug fährt ab Richtung Zukunft und CSI St. Pölten am Domplatz.

#38

Sonnenkönig Stadler – einer für sich, alle gegen einen, leere Gemeindekassen und der Imam im Gespräch mit einer Dame. Start von Reich(l)ebners Panoptikum.

#33

The Good, the Bad & the Ugly – Showdown in St. Pöltens Kinoszene, ein persischer Alptraum und die böse Vorahnung „Ein Stadion schießt keine Tore“.

#36

Mein Klipp-Klapp-Buch – die Sache mit der Integration, das Geschäft mit dem Tod und Molti, Spotzl, Pichla und Eigi im Saturday Night Fever.

#39

The End Of The World – Ein Jahr vorm propagierten Weltuntergang, Aufruf zum Ungehorsam in der katholischen Kirche und ein hofierter Nazi-Künstler im Stadtbild.

#41

Die große MFGSchlagerparade – heile Welt im Dreivierteltakt, St. Pöltner Zocker am Finanzmarkt und ein EGON namens Tezcan.

#44

Nachruf auf den Froschkönig – urbane Wachküsserinnen, Lady Cupcake und 15 Jahre Seelenmacher im Festspielhaus.

#47

Die Leinergänse ziehen nach Süden –der Verkauf vom Familiensilber, Daddy Cool in Väterkarenz und die Sache mit dem gestohlenen St. Pöltner Wetter.

PIRATEN

PIRATEN die die KOMMEN KOMMEN

#42

Die Piraten kommen – Peter Filzmaier über politische Glücksritter, Altparteien und Piraten, man in black Matthias Adl und Time To Say EYBDOOG am Voithplatz!

#45

Knigge für wahlwerbende Politiker –politische Stilblüten und Untergriffe im Landes-Wahlkampf, Bernhard Wurzer has left the buidling und eine Glaubensfrage namens S34.

#48

Ein zurückgebrachtes jüdisches Gebetsbuch – die zerstörte jüdische Gemeinde, VoithDemontage auf Raten und das vorerst letzte Bauchklang-Interview.

#49

Drachentöterinnen

– St. Pöltner Frauenbilder, ein echter Habsburger im Bischofspalais und St. Pölten im Ersten Weltkrieg.

#50

Kunstraub am Landesmuseum – eine Kunst-Amputation ohne Absprache, Krankenhausmitarbeiter als Patient im eigenen Haus und der lange Schatten des Priesterseminarskandals.

FINANZMINISTER

#51

Wir sind Finanzminister – Schellingmania in St. Pölten, zu Gast in St. Islam und the dark road of the town.

#52

10 Jahre MFG –Ein „gefällt mir“ zum Selberzeichnen, als der Eiserne Vorhang fiel und Mimi Wunderer vor Dienstschluss in ihrer Bühne.

#55

Ein Flüchtling namens Kreisky – Asyl zwischen Dichtung und Wahrheit, Fernsehmacher Rudi Vajda wie er ist und einfach zauberhaft made in STP.

#58

Team 2016 –Der Gemeindrat im Panini-Pickerl Format, Transparenz-Phobie im Rathaus und ein Haus der Geschichte für St. Pölten.

#61

Utopia St. Pölten –wie smarkt ist St. Pölten, die Krux mit dem Kreuz und im Reich der guten Fee Marina Watteck.

#64

#stptoo – Grapschen à la STP, NXP von der Garage in die Welt und die vielen Wohnzimmer des Michael Glöckel.

#53

STP Evergreens –Die Domplatzneugestaltung schon damals eine alte Leier, SoziStadt ohne Gemeindebau und ein Glanzstück über die Glanzstoff.

#56

Mensch ärgere dich nicht – grausliche Wahlvorboten, Mister Bioblo macht Kinder froh und Kalina Kalaschnikow zelebriert die Kunst des Ausziehens.

#59

Kulturhauptstadt 2024? – Bürger starten Kulturhauptstart für Kulturhauptstadt, zerrissene Herzen in der türkischen Community und die Sonne geht im Park nicht unter.

#62

Stadt.Land 2.0 –Love is in the air zwischen Stadt und Land, der Binder und Taxi, danke!

#65

Start me up – Ein Brutkasten für Jungunternehmer, für oder gegen die Sau und ein Schau.Spiel am Rathausplatz.

#54

Grüße aus St. Pölten –Schein und Sein St. Pölten, 1945 und Felix Teiretzbacher gibtsich die Bohne.

#57

Populismusreisen ins Schlaraffenland – die Wahrheit über die Mindestsicherung, was Sie schon immer über Politiker wissen wollten und Vergleichsversuche für ein unvergleichliches SWAP-Geschäft.

#60

Schon reif für die Metropole? – Zusammenlegungsfantasien für Bezirkshauptmannschaft und Magistrat, wohin mit dem Hass im Netz und über Sturmplatz kreisen die Geier. schon reif für die metropole?

#63

Gruß aus St. Pölten –Wohn-Bau-Boom noch ohne Wohn-Bau-Blase, der Staat bin ich und Herr Burger sucht das Glück.

#66

Fake News –Im Zweifel zum Verzweifeln, ein (NÖN) Fall für zwei und Politik auf pöltnerisch.

UTOPIA St. Pölten
STADT.LAND 2.0

#67

68 – Flower Power in St. Pölten?, die Sache mit dem 12 StundenTag und Lady Liberti rettet das Höfefest.

BLA CKO UT

#70

Das Ende der Dorfkaiser? – Wie Dorfbürgermeister werken, die Sprach-Päbstin und das Wörterbuch sowie Evolution statt Revolution in der Stadtplanung.

#73

Blackout – Kein Stromausfall sondern ein unbekanntes Virus namens Corona, Bernhard Wurzer als Kapitän auf der ÖGK-Titanic und 100 Jahre Nächstenliebe in der Caritas St. Pölten.

#75

Heilige St. Anna, bitte für uns – ein Skandal im Pflegeheim Kirchstetten, St. Pölten als (k)ein gutes Pflaster für Dschihadisten und wenn die Lichter aufgrund Coronas ausgehen.

#68

Windy City – Wenn sich in St. Pölten der Wind dreht, Steine der Erinnerung und Lord of Skeletons Ronald Risy.

#69

Europa daheim –Europastadt St. Pölten, Martin Thür endlich beim richtigen Sender und ein Roter sieht schwarz. EUROPA daheim

#71

Kulturhauptstadt-Finale – The long way home to Europe, Klimawandel in der Stadt und eine Meeres-Ode auf Alex Kuchar.

#72

Kulturhauptstadt ade – eine gecrashte Kulturhauptstadt-Party, First Friday for Future in the City und ein Kriegsgefangenenlager in Spratzern.

#C

Die erste Ausgabe in der Geschichte des MFG, die aufgrund eines externen Ereignisses – Codewort Corona-Pandemie –ausgefallen ist.

#76

Corona positiv –Ein Look on „bright“ side of Corona, Götterdämmerung in der Kinder- und Jugendheilkunde und Knochenarbeit bei Essstörungen.

#74

Eine Maske für den Passauer Wolf – Verschiedene Formen des „Impfens“, wie man Belastetes vom Sockel holt und eine Reise in den Underground.

#77

Love The Place – Mehr Raum für alle am SKW83, we are open again im Tourismus und hohe Sterberate im lokalen Fußballzirkus.

#78

Ein Riss namens S34 –die unendliche Schnellstraßen-Geschichte, Gerda Holzinger-Burgstaller als die Erste der Ersten und ein Nachruf auf den Jäger der verlorenen „Schätze“ Manfred Wieninger.

#81

Unsere Entscheidung – No Future (Umwelt) Politik, Held oder Sünder Julian Hessenthaler und der fabelhafte Mr. Strauß. UNSERE

WHO IS THE GAME CHANGER?

#79

Who is the game changer – Fiedler & Fiedler über Corona und die Impfung, auf ein Glaserl Messwein mit Hans Jörg Schelling und 200 Jahre so ein Theater in St. Pölten.

#82

Hass im Netz –Love To Hate You im Web, Haus mit WowEffekt und großes Kino im Festspielhaus mit Bettina Masuch.

#80

Eine Friedenstaube für die Ukraine – Alles auf Schiene nach S34Aus?, ein Kärntner Slowene mit großem St. Pölten Herz und zwei bärenstarke Typen für den SKN.

#83

„Packerlverteilung“ zur Weihnachtszeit –St. Pölten auf der Fit4Urban Mission, willkommen in St. Pfoser und Norbert Fröstl, der Brotberufene.

#84

Quo Vadis SPÖ –drei Genossen reden Tacheles, Dieter Schmidradler und der Flügelschlag des Schmetterlings und der talentierte Mr. Renz.

#87

Welcome To St. Pölten – Eine Tourismusmaschine namens Stefan Bauer, ein A-Team für den Klimaschatz und wenn bei Perpetuum junge Liebende zu alten Deppen werden.

#90

Es war einmal in Korea – Ein Ort zum Vergessen, die letzten Jahre der Zweiten Republik und neun neue Plätze als neun neue Schätze?

#85

Werden uns die Menschen verdrängen – Chatbot Bard über KI als Kraft des Guten, ein halber Vatikan für REWE und die Sache mit dem Schaukelstuhl in Daniela Wandls Büro.

#88

An der Startrampe – Tangente-Start zwischen Fehlstart, Höhenflug und Crash, Dorfkaiser-GratulantSpekulant in Pyhra und come as you are ins Warehouse.

#86

All I’m Asking Is For A Little Respect – (Kein) Respekt in Zeiten des Shitstorms, Anpfiff zur zweiten Halbzeit im Match alle gegen die SPÖ und Zügel für die Tangente.

#89

Expedition nach St. Pölten – Nach Ibiza kommt St. Pölten, 20 Jahre St. Adler und Blick in den Schatten im Stadtmuseum.

DAS MFG-TEAM

Ein Haufen cooler und origineller Persönlichkeiten, schlauer Köpfe, schriftgewandter Querdenker sowie konstruktiv-kritischer Geister, oder, wie es der Herr CR ausdrücken würde: „Best Team Ever!“

JOHANNES REICHL Chefredakteur

BERNARD VOAK Herausgeber

GEORG RENNER Kolumnist

ANNE-SOPHIE MÜLLNER

Chefin vom Dienst

TINA REICHL Kolumnistin

BEATE STEINER Redakteurin

MICHAEL MÜLLNER Chefredakteur-Stv.

ROB.STP Kritiker

THOMAS WINKELMÜLLER Redakteur

RENÉ VOAK Herausgeber

CHRISTOPH SCHIPP Layout

HELMUTH FAHRNGRUBER Kritiker

THOMAS FRÖHLICH Redakteur, Kolumnist

MIKE.SNARE Kritiker

ROUL STARKA Kolumnist

MANSHEE Kritiker

SASCHA HAROLD Redakteur

THOMAS SCHÖPF Redakteur

JAKOB WINTER Kolumnist

JOHANNES MAYERHOFER Redakteur

DENIS HAUNOLD Vertrieb

MICHAEL REIBNAGEL Vertrieb

CHRISTIANE MAYER Vertrieb

MAXIMILIAN REICHL Kritiker

ANDREAS REICHEBNER Redakteur, Karikaturist

GÜNTER MAYER Vertrieb MATTHIAS KÖSTLER Fotograf

ANJA BENEDETTER Fotografin

EIN BUCH FÜR

„Julia kann nicht sprechen, also bin ich ihre Stimme.“

Das schreibt Kimberley Reinberger über ihre schwerund mehrfachbehinderte Tochter Julia. Wo? In ihrem Blog und mittlerweile auch in ihrem ersten Buch. Warum? Um das Schweigen zu brechen.

Eine Standard-Untersuchung im Krankenhaus, 2016. Gegen Ende der bis dahin unauffälligen Schwangerschaft mit ihrem zweiten Kind. Ein Assistenzarzt offenbart dem in St. Pölten lebenden Paar Kimberley und Stefan Reinberger eine Entdeckung, die ihnen das Blut gefrieren lässt: Ihrem ungeborenen Mädchen fehle ein Gehirnbalken. Es würde in jedem Fall mit Behinderungen unbekannten Ausmaßes zur Welt kommen. Und die Welt? Steht still.

„Nach der Geburt war ich mit dem Baby im Zimmer, habe nur geheult und gedacht, ich wäre im falschen Film“, erzählt Kim im Herbst 2024 an der liebevoll gedeckten Familientafel im Kreis ihrer vier Kinder, während ihr Mann noch in der Spätschicht ist. „Da kam der junge Arzt von damals weinerlich an mein Bett gestürmt und rief: ‚Dass es so schlimm sein würde, hätte ich nicht gedacht!‘ Das war genau, was ich nicht gebraucht habe.“ Julia leidet an einer komplexen cerebralen Fehlbildung mit kompletter Balkenagenesie und dem Lennox-Gastaut Syndrom, sprich: Epilepsie. Auf dem rechten Auge ist sie fast blind.

Unqualifizierte Meldungen

Der überbordende Arzt war nur der Beginn eines Konglomerats aus unsensiblen Meldungen, ungefragten

Meinungen einerseits und Verurteilung und Ignoranz andererseits –als wäre die Familie etwas, an dem es sich hochzuschaukeln oder zu messen gilt. „Auf der Straße erlebe ich mit Julia von-bis“, erzählt Kim als gebürtige Australierin, die mit ihren Eltern als Vierjährige nach Österreich kam. „Mitleid, Ekel,

Der Blog https://hoffengegenhoffnung. wordpress.com

Das Buch

Hoffen gegen Hoffnung –Julia enabled not disabled (Buchschmiede)

Raiffeisenbank-Spendenkonto

lautend auf Julia Reinberger AT39 3258 5000 0855 6318

Kennwort: Julia

Spott. Einmal hat eine Frau ihre Tochter lautstark auf uns hingewiesen: ‚Schau, a behinderts Kind!‘ Am liebsten hätte ich da meinen Kindern gesagt: ‚Schaut! Eine depperte Frau!‘ Aber ich habe mich beherrscht.“ Beherrschen darf sich die engagierte Mutter auch in anderen Smalltalks, die sie nie anzettelt, aber häufig nicht schnell genug abwehren kann. „Da reden dich fremde

Menschen zwar auf dein Kind im Rollstuhl an, aber bevor du selbst noch was erzählen kannst, scheinen sie regelrecht in einen Wettstreit zu verfallen, dass sie selbst oder irgendjemand, den sie kennen, ‚auch etwas hat‘: etwas gleich Arges oder viel Schlimmeres – wie ein Nierenproblem oder was mit dem Herzen. Ich frage mich dann immer, was das mit Julia zu tun hat. Und stehe als emotionaler Mülleimer zum Zuhören und Nicken da – mein schwerkrankes Kind vor mir, über das wiederum ich bitte lieber nicht sprechen soll.“

Viele Leute wollen zwar Kontakt aufnehmen – „aber mehr, um über ihre eigenen Schicksale zu reden, und besonders auch, um Julias Schicksal zu relativieren“, fasst es Kim schulterzuckend zusammen.

Alltag: Achterbahn

Das Leben mit Julia in ihrer Mitte gleicht für die zusammengeschweißte Familie einer Achterbahnfahrt. Das Implantat eines sogenannten Vagus-Nerv-Stimulators wird ärztlich dringend angeraten, um Julias lebensbedrohliche epileptische Anfälle einzudämmen. Nach monatelanger Tortur rund um den Eingriff und die Nachbehandlung sowie Schulung kristallisiert sich heraus, dass die in Aussicht gestellten Effekte aber leider nicht eintreten.

Mithilfe amerikanischer Fachliteratur und stundenlangen weiteren Recherchen führt Kim bei Julia auf Verdacht die ketogene Diät ein, weil sie über Umwege erfahren hat, dass sie bei Epilepsie helfen kann. Diese Ernährungsumstellung – privat in der eigenen Küche – ist aufwändig

JULIA

UNFASSBARES IN WORTE FASSEN.

Kim hat ihre Sprache wiedergefunden.

Ihr Lachen auch.

und komplex, Zutaten müssen akribisch abgewogen und zusammengestellt werden. Der Speiseplan ganz ohne Kohlehydrate, dafür im richtigen Fett-Verhältnis ist schon für gesunde Erwachsene schwierig einzuführen. „Bei einem nonverbalen, kranken Kind musst du noch unendlich mehr aufpassen“, ergänzt Kim. Das Positive aber: Die Hoffnung bestätigt sich. Die Anfälle reduzieren sich maßgeblich.

Dreieinhalb Jahre lebt Julia ketogen, zeigt Entwicklungsfortschritte. Im Sommer 2024 folgen erneute Rückschläge: Zum einen kann Julias Körper nicht mehr schwitzen. An heißen Tagen wandert Kim –mittlerweile mit viertem Kind in der Rückentrage – darum stundenweise mit ihr in den kühleren Keller. Zum anderen verweigert Julia plötzlich Getränke, schließlich das Essen. Sie verlernt in kürzester Zeit, zu schlucken. Zur Sicherheit lässt ihre Mutter daraufhin die Keto-Diät ausschleichen. Die Epilepsie-Anfälle? Nehmen wieder massiv zu.

Akzeptieren, was nicht zu ändern ist Eine Operation und viele Stunden an Bangen, Nachbetreuung und Einschulungen später gilt Julia als PEG-Kind: Sie wird nun über eine perkutane endoskopische Gastrostomie-Sonde ernährt. Getränke und Essen werden mittels Spritze durch einen Schlauch in ihren Magen gespritzt. „Julia hat sich das nicht ausgesucht“, konstatiert Kim in ihrer trockenen Art, mit der sie Unabänderliches ganz direkt kommentiert, während sie die Spritze mit Saft aufzieht, „niemand hat sich das aus-

10 JAHRE WELLENSTEIN

10 Jahre „Café im Palais Wellenstein“. Im Lokal steht ein Mann, Tezcan, mein Freund. Ohne ihn müssten wir den Raki im Supermarkt kaufen, selber Linsensuppe kochen, zu Hause Bier zapfen, im Kalten Frauen suchen, alleine weinen, alleine lachen. Ist der Chef selbst im Wellenstein, könnte man es nennen „Tezcan im Café Tezcan“. Ja, er ist sehr präsent, das entzückendste und männlichste Lächeln der Stadt. Über Byzanz, Konstantinopel, Istanbul ist er nach St. Pölten gekommen und hat uns sein türkisches Herz in unsere sehnsüchtigen Nächte geschoben. Er hätte nach seinem legendären Lokal EGON jahrelang mit einem Boot im Bosporus herumschippern können. Aber er ist hier geblieben und hat sich eine neue Aufgabe gesucht. Auf einem Boot hätte er ja auch niemanden gehabt, der ihm brav zuhört, wenn er die Welt, das Leben und die Frauen erklärt. Das kann er sehr gut! Mit jedem Raki immer besser, die Frauen schminken sich schon schwindlig und alle wollen ihn küssen und umarmen, weil er so ein süßer Bub ist. Ja, so sehe ich meinen „Bruder“, ein Bub, der überzeugt von sich ist. Der aber auch offen und ehrlich wieder zweifelt. Der stolz sich alle zehn Sekunden den Kragen aufstellt und plusternd zu seinem ultra­männlichen Ego steht. Er liebt die Welt wie die vollen aber auch wie die leeren Gläser in seinem Lokal, die er sofort spürt, wenn sie nicht weggeräumt werden und nach ihrem Tezcan­Papa rufen. Im nächsten Leben werde ich ein Tablett im Wellenstein. Danke, Tezcan, dass es dich und dein Café im Palais Wellenstein gibt und ewig geben wird.

„Hoffen gegen Hoffnung“ als Blog sowie in Buchform ist Kims Sprachrohr für Julias Geschichte.

gesucht. Auch, wenn manche Leute meinen, wir hätten das getan.“ Kränkung huscht über ihr Gesicht, ganz kurz. Die Buben rennen in die Küche, das Baby lacht – und Julia braucht noch mehr Flüssigkeit via Sonde. Für Trauer über verletzende Meldungen bleibt da kaum Zeit.

Die Stimme wiederfinden

Nachdem sie ab Julias Geburt im Sommer 2016 fast nur noch mit ihrer Familie und medizinischem Personal gesprochen hat, findet Kim im August 2021 ihre Stimme wieder –und die ist laut.

In den ersten Wochen schreibt sie noch zaghaft an ihrem Blog – „meist mit einer Hand am Handy“, weil sie mit der anderen den damals Kleinsten zum Stillen festhält. Doch rasch öffnet sich das so lang verschlossene Ventil ganz. Und es sprudelt nur so raus. All die medizinischen, rechtlichen, amtlichen und gesellschaftlichen Schwierigkeiten, Unverschmtheiten, Irrwege und Enttäuschungen haben hier, auf Kims eigener Plattform, endlich Raum. Aber auch die schönen Emotionen, die Liebe zu ihrem Kind und ihrer Familie, das

Erkennen der eigenen Stärke und all die Hoffnungen können hier raus. Schnell findet der „Hoffen gegen Hoffnung“ betitelte Blog Gehör: Tausende Zugriffe, zahlreiche Zuschriften von Betroffenen und Angehörigen und Interviews folgen. Heute, nur drei Jahre später, hat sich die Sechsunddreißigjährige eine wachsende Community über Blog und gängige Social Media-Kanäle erschaffen. Und ihr erstes Buch herausgebracht: „Hoffen gegen Hoffnung – Julia enabled, not disabled“ rollt auf 279 Seiten die Jahre von der späten Schreckensmeldung in der Schwangerschaft bis kurz vor Julias Schul-Eintritt auf. Klar und ungefiltert. In mehreren Lesungen hat die Neo-Autorin, die bis dato noch nie vor Publikum gesprochen hatte, das seit kurzem im Handel erhältliche Buch bereits präsentiert. Die nächste Lesung ist am 23.01.2025 in der Lesewelt Obergrafendorf.

„Unsere nonverbale Tochter spricht auf ihre Weise so oft zu uns“, schließt Kim unser Interview ab. „Und mein Buch ist ihre Geschichte, die ich für sie erzähle.“

KOLUMNE ROUL STARKA
UNSER BESONDERES KIND. Familie Reinberger gestaltet ihrer schwerkranken Julia das Leben so lebenswert als möglich.

WAS UNS DEN WINTER IN ST. PÖLTEN FEIERN LÄSST?

Dass die Gassen der Innenstadt und der Christkindlmarkt um die Wette strahlen. Und dass dank sparsamer LED-Technologie alle von Herzen mitstrahlen können.

… UND AUS!

„Wir möchten uns bei allen bedanken, die das Festival zu einem so großen Erfolg gemacht haben.“ Dies liest man nun auf der Website der „Tangente“ und kann sich eines hämischen Lächelns nicht erwehren. Klar gab’s Einzelnes, was gut besucht war – das waren aber nahezu ausnahmslos Veranstaltungen, die so oder so stattgefunden hätten und bei denen halt noch der TangenteSchriftzug angebracht wurde. Selbstverständlich darf man Kunstevents nicht ausschließlich nach der Quote beurteilen – aber so ausgiebig am Publikum vorbeizuspielen, wie es sich die Tangente offensichtlich auf ihre Fähnchen im Wind geheftet hat: Dazu gehört auch was! Letztendlich war’s ein 17-Millionen-Grab, in dem woke Bobos woken Bobos einen Spielplatz ideologisch aufgeladener Mediokrität kredenzten, der außerhalb der G’scheiterl-Community halt niemanden interessierte. Am g’spaßigsten waren noch die Guerilla-Interventionen des „Künstlerkombinats Waldorf & Statler“, die den kleinköpfigen Domplatz-Florian mit einem stilisierten Kackhaufen bereicherten (der übrigens wochenlang dort stehen blieb) und dem „Himmel voller Stofffetzen, die keinen Schatten spenden“ (copyright Thomas Trenkler) ein wenig farbenfrohe Reizwäsche reinkatapultierten. Der der Tangente eingebetteten „kritischen“ Festivalredaktion KREDO fiel das naturgemäß gar nicht auf – und allen Anderen war’s offensichtlich eh wurscht. Die offizielle Abschlussveranstaltung (der Pömpel-Hektor) hingegen wäre wahrscheinlich sogar ang’soffenen Gymnasiasten im PostMatura-Rausch zu deppert gewesen. Der Impact war also endenwollend. Game over, bitte!

IRISH CHRISTMAS

Alle Jahre wieder“ kommt nicht nur das Christuskind auf die Erde nieder, wie es im gleichnamigen Weihnachtslied heißt, sondern auch das Guiness Irish Christmas macht Station in St. Pölten, diesmal am 9. und 10. Dezember in der Bühne im Hof. Für das langjährige St. Pöltner Veranstalter-Urgestein Dietmar „Hasi“ Haslinger und seine Agentur Weltenklang ein ganz Besonderes. „Ich habe heuer 30-jähriges AgenturJubiläum und das ist die letzte, aus-

gedehnte Tournee mit 22 Konzerten in Österreich/Schweiz/Deutschland im Jubeljahr!“ Tatsächlich handelt es sich bei dem Format, wie Hasi ausführt, „um die erfolgreichste Weltenklang-Tournee“, geht sie doch bereits zum 27. Mal über die Bühne. Heuer gastieren die irisch-amerikanische Sängerin Cathie Ryan mit ihrem Trio sowie als zweite Band das innovative Conor Mallon Unaearthed Project rund um den Dudelsack-Virtuosen und Gründer der Band Connla.

LEBENSGESCHICHTEN

Der St. Pöltner Hauptfriedhof lässt Roul Starka nicht los. Nachdem dort bereits seine „Vogelgeschichten zwischen Bäumen“ sowie „Baumgedanken zwischen Seelen“ auf Schautafeln zu lesen sind, hat er sich diesmal 21 Lebensgeschichten gewidmet. Wie diese entstanden sind? „In vielen zutiefst persönlichen Gesprächen mit Angehörigen des jeweiligen Menschen“, erzählt Starka, „und manche auch alleine, mit dem Einverständnis der jeweiligen Hinterbliebenen oder auch des oder der Verstorbenen selbst.“ Ausgewählt hat der Literat die Persönlichkeiten selbst: Sie alle haben für die Stadt St. Pölten ge-

wirkt – haben das Leben, die Szene, die Gesellschaft hier zutiefst geprägt. Manche sind ihm selbst sehr nahe gewesen „wie etwa Erika Weinauer, die mir als Volksschul-Lehrerin viel Gutes auf meinen späteren künstlerischen Lebensweg mitgegeben hat.“

KOLUMNE THOMAS FRÖHLICH

HERZ VERSTAND

Keine Ausrede mehr, um nicht in Weihnachtsstimmung zu kommen, denn es „christkindlt“ schon sehr bei uns in der Bühne im Hof mit Alexander Goebel (06.12.), Weinzettl & Rudle (07.12.), dem Irish Christmas Festival (09./10.12.), Maschek. (13.12.), Thomas Gansch (14.12.) , Sky du Mont (18.12) und den Poxrucker Sisters (19.12.). Vor den ruhigen Rauhnächten dann noch schnell richtig Energie tanken? Kein Problem mit dem Hot Pants Road Club (20.12.), denn die sieben musikalischen Könige lassen die Sterne aufgehen, wenn sie mit ihrem unverkennbaren Sound in der kalten Jahreszeit so richtig einheizen.

14 DEZ 2024

MICHAEL KEEGAN-DOLAN . TEAĊ DAMSA

MÁM ... Irish Folk mal anders

04 JÄN 2025

TONKÜNSTLER-ORCHESTER

Alles Walzer!

Neujahrskonzert für Familien ... bereit fürs neue Jahr, Kids?

17 JÄN 2025

OUM

Dakchi ... Jazz, Pop & Soul aus Marokko

24 JÄN 2025

SIDI LARBI CHERKAOUI . BALLET DU GRAND THÉÂTRE DE GENÈVE . EASTMAN

Ihsane

... „zu schön, um wahr zu sein“ (FAZ)

À propos Rauhnächte: Stefan Leonhardsberger zaubert „ganz großes Kino auf die kleine Bühne“ (Wiener Zeitung), wenn er uns mit seinem schwarz-humorigen Winterthriller „Rauhnacht“ (18.01.), einer bitterbösen Kabarett-One-Man-Show, das fürchten lehrt. Birgit Denk feiert denk-würdig „Silberhochzeit“ (24.01.)! Gemeinsam mit ihrer Band feiert sie ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum, und stimmt zugleich in das Ju-BIH-läum ein: Die Bühne im Hof wird im nächsten Jahr knackige 35 Jahre alt!

www.buehneimhof.at

Hot Pants Road Club © Stefan Weiss
Stefan Leonhardsberger © Jan Frankl

VLÖWIN GUT GEBRÜLLT

ielleicht ist dies – jedenfalls auf lokaler Ebene – auf Sicht der substanziellste Nachhall des Tangente Festivals. Dessen Karawane zieht weiter bzw. löst sich auf, die Kultur im Löwenhof aber bleibt – wenngleich sie dort auch schon zuvor vertreten war. Seit 18 Jahren etwa ist der Künstlerbund dort im „KUNST:WERK“ beheimatet, nutzt den Raum für wechselnde Ausstellungen. Altobmann Ernest Kienzl erinnert sich noch lebhaft an die Zeit zurück, als er ein passendes Areal für die – heute rund 30 – Kunstschaffenden des Vereins suchte und schließlich vom damaligen Kulturamtsleiter Thomas Karl den Raum im Löwenhof angeboten bekam. So froh man über die neue Bleibe war, „so stellte der Löwenhof zugleich immer auch eine Herausforderung dar, weil jedes Eingreifen in den Raum zum Kampf wurde. Dass wir etwa die runden Fensterbögen durchsetzen konnten, grenzt fast an ein Wunder“, erzählt Kienzl nicht ohne Stolz. Das Problem? Große Teile des Areals stehen unter Denkmalschutz. Dort, wo heute das

Der Löwenhof war schon vieles in seiner Geschichte. Wohnort, Einkaufsmeile – wo weiland etwa Schuster Schober in den 80ern die Absätze meiner Clarks doppelte – ein Fortgehmekka rund um die Kultdisco „Löwenkeller“, ein „Paradies der Fantasie“ für Kinder und zuletzt ein zum Löwinnenhof* mutierter Ort der Kreativität, wo 2024 auch das Festivalzentrum der Tangente situiert war. Ein Kulturzentrum, soviel wurde bei der Bilanz-„Pressekonferenz“ zum Kulturjahr 2024 seitens der Politik angekündigt, soll er auch in Hinkunft bleiben.

KUNST:WERK logiert, waren einst Stallungen für Kutschpferde. Erste Erwähnungen einer Bebauung gehen bis ins 12. Jahrhundert zurück, relevant ist aber vor allem das Jahr 1649, als erstmals vom „Gasthof zum Goldenen Löwen“ (im Biedermeier mondäner als „Hotel Lion D’Or“ bezeichnet) die Rede ist – der

Ursprung des „Löwenhofs“, der inzwischen in einer Variante auch zum Löwinnenhof* mutiert ist –wenngleich das noch nicht vollends „ausverhandelt“ scheint: Die Immobiliengesellschaft der Stadt ließ das gleichnamige Schild kurz nach dem Tangente-Festival wieder abmontieren – Wetten werden angenommen,

wann in einer Guerilla-Aktion ein neues angebracht wird. KulturKampf im ureigensten Sinne – für ein Kulturzentrum mit gesellschaftspolitischem Touch nicht unpassend. Die Stadt ließ Kultur im Löwenhof jedenfalls zu, siedelte 2010 etwa das „Paradies der Fantasie“ an (das man 2021 dann relativ brutal wieder liquidierte) und fördert bis heute die Einrichtungen vorort unter anderem, indem man nur die Betriebskosten verrechnet, aber auf Miete verzichtet. Schon in der Anfangszeit des KUNST:WERK, so erinnert sich Kienzl, entstand die Idee, den Löwenhof kulturell größer zu denken „und ein richtiges Kulturzentrum zu schaffen, mitten in der Stadt, das die Landeshauptstadt als Kulturhauptstadt etabliert.“ Dass man eine sol-

che auch europäisch denken kann, dafür zeichnete in Folge der Verein KulturhauptSTART verantwortlich, der 2016 mit der Mission gegründet wurde, eine Bewerbung St. Pöltens als Europäische Kulturhauptstadt 2024 auf den Weg zu bringen, unter starker Einbindung der Bevölkerung. Klaus-Michael Urban, heute Obmann und Mitgründer des Vereins, erinnert sich: „Wir sind mit der Idee durch die ganze Stadt gezogen, haben an verschiedensten Orten zu Jour fixes geladen“ – mit Erfolg. 2017 griff schließlich auch die Politik die Idee auf … und machte sie zu ihrer. „Das war für uns insofern eine schwere Zeit, weil wir vermittelt bekamen ‚Super, danke, ihr habt das gut gemacht. Aber jetzt übernehmen wir.‘ Wir wollten uns aber

FREIE SZENE. Die Politik bekennt sich zu einem Kulturzentrum der freien Szene im Löwinnenhof*. Über die konkrete Zukunft zerbricht man sich bereits den Kopf.

Der Löwenhof beherbergte viel im Lauf der Geschichte, u.a. die legendäre Disco „Löwenkeller“.

natürlich weiter einbringen, hatten ja zahlreiche Ideen, Konzepte zusammengetragen und entwickelt.“ 2018 mischte sich der Vorstand neu durch, frisches Blut kam dazu –etwa auch Lena Weiderbauer – und ein neuer Gedanke griff Raum. „Wir müssen auch physisch sichtbar werden!“ Nach dem KUNST:WERK zog so 2018 KulturhaupSTART in den Löwenhof und öffnete den „STARTraum“. Jour fixe, Foren, Exkursionen, Partizipationsprojekte

blieben an der Tagesordnung, man kämpfte um Berücksichtigung im offiziellen Kulturhauptstadtprojekt –mit durchwachsenem Erfolg. Zwar wurde man lose eingebunden – etwa für einen Bidbook-Beitrag zum Thema Partizipation, freie Szene, lokale Initiativen – „aber die Verantwortung blieb bei der GmbH.“ Den STARTraum selbst legte die Plattform von Beginn an auch als „sichtbare Anlaufstelle an, wo man sich über aktuelle Entwicklungen der Bewerbung informieren kann, erfährt, wie man sich beteiligt etc.“, so Weiderbauer, die in Folge aber mit dem Grätzellabor zwischenzeitig eigene Wege ging, das späterhin gemeinsam mit Johanna Figl 2022 zum Projekt „ZUKKER – Zusammen Kunst und Kultur erleben“ mutierte. Der 40 Quadratmeter große STARTraum weitete derweil „auf sehr informelle Weise“, wie Urban schmunzelnd anführt, seinen Radius aus. „Wir haben sukzessive den Hof in Beschlag genommen, haben ihn begrünt, Möbel aufgestellt, den kleinen Kiosk geschaffen“ – und zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, Tendenz steigend. „Im Jahr 2023 hatten wir 26 verschiedene Formate zu Gast“, so Urban. Der Verein versteht sich dabei bis heute als Plattform, „an die man andocken kann und wo man Raum für seine Ideen findet, ohne dass man großartig Vereinsmitglied sein muss. Der Kontakt soll dabei so niederschwellig wie möglich erfolgen. Wenn man kann, zahlt man Miete für den Raum, wenn nicht, sammelt man Spenden ein dafür – oder auch nicht“, skizziert Urban. Die Kulturschaffenden unterzeichnen lediglich eine Nutzungsvereinbarung „wo Basics geregelt sind, wie dass man zum Beispiel seinen Müll wieder wegräumt“, lacht Weiderbauer. Urban begreift das Engagement von KulturhauptSTART vor allem als kulturelle Basisarbeit, die über das rein Künstlerische hinausgeht und auch soziokulturell wirksam wird. „STP Pride hat etwa im STARTraum erste Treffen abgehalten, wir haben gemeinsam mit dem hier an-

LEGENDÄR.

gesiedelten Frauenzentrum Formate kreiert, foodsharing beherbergt und ähnliches.“

Über die Zeit entsteht so dank KUNST:WERK und KulturhauptSTART ein reges Kulturleben im Löwenhof, das auch den politisch Verantwortlichen nicht verborgen bleibt und ohne Zweifel mit ausschlaggebend war, ebendort 2024 das Tangente-Festivalzentrum zu etablieren. Für Ernest Kienzl ein Meilenstein allein aus der Tatsache heraus, „dass dadurch viel, was zuvor marod war, saniert wurde, wie etwa die Räumlichkeiten über uns – die sahen vorher verheerend aus.“

Für KulturhauptSTART wiederum bedeutete der Schritt eine noch stärkere Annäherung an die Tangente, die die freie Szene vorort mitintegrieren sollte, wenngleich dies häufig nicht in dem Ausmaß geschah, wie man es sich seitens des Vereins wünschte. „Wir mussten uns vieles erkämpfen, wobei es im Laufe des Festivals besser geworden ist“, resümiert Urban. Als Bindeglied zu lokalen Kulturinitiativen fungierte dabei übrigens eine alte Bekannte, Lena Weiderbauer, die seitens der Tangente mit der Koordination des Festivalzentrums betraut wurde – ein schwieriger Spagat, der bisweilen „auch mit Frustrationen einherging.“ Zugleich öffnete diese Liason aber am Ende des Tages jenes Fenster, das die seit gut zwei Jahrzehnten eingeleitete

STARTRAUM.

Entwicklung auf eine neue Ebene heben wird. „Dank der Tangente und die damit einhergehende bessere budgetäre Ausstattung, neue Raummöglichkeiten, die höhere Programmdichte konnten wir bei Verantwortungsträgern Bilder generieren, die eine Vorstellung von dem gegeben haben, was der Löwinnenhof in unseren Augen schon immer sein soll und sein kann: Ein lebendiges Kulturzentrum.“

Kulturzentrum Löwinnenhof*

Dieses „Zentrum für die freie Kulturszene“, wie es der Bürgermeister im Zuge einer „Pressekonferenz“ formulierte, ist dabei über das Stadium einer reinen Willensbekundung schon hinaus und konkretes Work in Progress. Vor gut einem Monat wurde hierzu der Verein „Kulturzentrum Löwinnenhof*“ aus der Taufe gehoben, Lena Weiderbauer und Klaus-Michael Urban sind darin Vorstandsmitglieder, weiters Corinna Danninger, Elisabeth Sedlacek und Muhammet Ali Baş Wer in diesem – die Stadt wünscht sich einen „Dachverein“ – am Ende des Tages aller vertreten sein wird, ist noch nicht ausgemacht. „Der Verein soll jedenfalls breiter sein, als die Initiativen hier vorort – es gibt viel

Raum, der bespielt werden kann“, klärt Urban auf, und Weiderbauer umreißt die Grundaufgaben: „Wir sind die Schnittstelle zu den öffentlichen Stellen. Der Verein soll die verschiedenen Räumlichkeiten koordinieren und ist für die Programmierung zuständig, wobei wir eigenes Programm ebenso umsetzen wie Raum für externe Gastspiele bieten möchten.“ Aktuell befinde man sich in der Vernetzungsphase, möchte mit lokalen Vereinen in Kontakt treten „um das hier bestehende Biotop zu bereichern.“ Zudem gilt es den bereits angelaufenen „Rückbauprozess“ des Tangente Festivalzentrums zu begleiten. Dieses hatte ja nur eine temporäre Betriebsstättengenehmigung, „wir streben aber natürlich eine dauerhafte an!“ Hierfür müssen zahlreiche räumliche Adaptionen vorgenommen werden, um die gesetzlichen Auflagen – etwa in Sachen Notausgänge, Brandschutz, Sanitäranalgen etc. – zu erfüllen. „Die jetzt sichtbaren Ziegel werden dann unter weißem Putz verschwinden“, meint Urban mit einem Hauch Wehmut in der Stimme „aber man kann hier so viel machen, es ist ein toller Veranstaltungsraum. Auch ein gastronomisches Element wäre schön, vielleicht sogar fix, als Ankerpunkt in der Stadt, mit dem Hof hätte das sicher eine Ausstrahlkraft bis weit über die Linzer Straße hinaus“, ist er überzeugt. Finanziert wird der Umbau üb-

Seit 2018 betreibt KulturhauptSTART seinen STARTraum, der Radius wurde sukzessive erweitert.
IM GESPRÄCH. Ernest Kienzl (Künstlerbund/KUNST:WERK), Lena Weiderbauer und Klaus-Michael Urban (Kulturzentrum Löwinnenhof*, KulturhauptSTART)

„Ohne professionelle Struktur mit auch hauptamtlichen Mitarbeitern wird es schwierig, einen derartigen Kulturbetrieb seriös zu führen. Die Leute bringen ja alle große Expertise mit ein, das kann man nicht im Ehrenamt allein bewerkstelligen.“ Auf ein Wunschbudget angesprochen, nennt sie eine Summe von einer halben Million Euro jährlich „die ideal

KUNST:WERK. Wo dereinst Stallungen für Kutschpferde waren, ist heute der Künstlerbund mit seinem KUNST:WERK situiert.

rigens noch aus Mitteln des „Tangente-Festivals“, das mit Ende Dezember offiziell liquidiert wird, weshalb es jetzt schnell gehen muss, „zumal wir im Frühling bereits in Betrieb gehen möchten.“ Wohin die Reise inhaltlich gehen soll, dazu wurde im Herbst ein Symposium abgehalten, zudem lädt man jeden letzten Donnerstag im Monat im STARTraum zum „Zukunftsstammtisch“, „wo wir auch über die aktuellen Entwicklungen Auskunft geben“, so Weiderbauer. „Wir haben während der Tangente jedenfalls unter Beweis gestellt, was hier möglich ist, wie lebendig dieser Ort sein kann, wenn in die Struktur, das Programm, ins Personal investiert wird“, führt sie aus. Und für Urban steht außer Streit, dass im künftigen Kulturzentrum regelmäßig Veranstaltungen stattfinden müssen.

Das kostet freilich Geld, weshalb Weiderbauer die Notwendigkeit einer „seriösen Budgetierung des Kulturvereins“ unterstreicht.

wäre, um die Kosten für Programm, Miete, Betriebskosten, Personalkosten etc. abzudecken.“ Finanziert werden soll das aus Fördermitteln von Stadt und Land, „im Idealfall aber auch Bund“, zudem möchte man Einnahmen über Einmietungen lukrieren, „und auch Sponsoren sind herzlich willkommen“, ergänzt Urban.

Ein Leuchtturm mit Strahlkraft

Die Protagonisten im Löwinnenhof* sind jedenfalls voller Tatendrang. Wie ihre Vision in Zukunft aussehen könnte, wenn die Übung sozusagen gelingt? „Der Löwinnenhof* soll ein Ort sein, wo man einfach gerne hinkommt und sich wohlfühlt. Ein Ort der Offenheit, wo es keine Rolle spielt, woher man kommt, ob man arm oder reich ist, wie alt man ist und wo auch gesellschaftlich Marginalisierte sichtbar und abgeholt werden. Ein Ort, wo man staunen kann und berührt wird, wo gesellschaftliche Fragen neu verhandelt

und gedacht werden, wo man sich ausprobieren kann, kreatives Schaffen möglich wird und man sich – auch im Austausch mit anderen – entfalten kann. Letztlich ein Ort, der dazu beiträgt, St. Pölten weiterzuentwickeln“, so Weiderbauer, und Kienzl ergänzt „Ein Ort, der auch vom Räumlichen her super ist, etwa Platz für Artists in Residence bietet, und auch auswärtige Leute anlockt, die sagen: ‚Wow, und das gibt’s in St. Pölten?!‘„

Urban wünscht sich ebenfalls Strahlkraft über St. Pöltens Grenzen hinaus. „Das soll ein niederösterreichweites Leuchtturmprojekt sein, das man in 10/15 Jahren wie selbstverständlich überall im Land kennt, auch und vor allem wegen der coolen Sachen, die hier stattfinden. Zugleich soll es ein Ort der gesellschaftlichen Verhandlung und Auseinandersetzung sein, wo 24/7 etwas los ist, Auftritte, Residencies, Werkstätten, Workshops, kreative Kinderbetreuung und was sich alles entwickeln mag, möglich sind.“

Eines ist dabei aber allen wichtig: Trotz der geplanten Professionalisierung muss die Freiheit des Kulturzentrums Löwinnenhof* erhalten bleiben: „Das darf kein Standardbetrieb werden, der in fixen Strukturen erstarrt, sondern der Löwinnenhof* muss etwas Offenes, Durchlässiges sein“, wünscht sich Kienzl, und auch Urban kann sich schwer vorstellen, „dass da quasi schon heute bekannt ist, was in drei Jahren gespielt wird. Der Löwinnenhof* muss ein Raum für Spontanität sein!“

NEXT IM LÖWINNENHOF*

9. Dezember STARTraum KulturhauptSTART-Geburtstagsfeier mit Präsentation der Filmdoku über den Löwinnenhof*

Noch bis 21. Dezember KUNST:WERK St. Pölten VIERUNDZWANZIG 24

KULTURANGEBOT BLEIBT BUNT

Das Kulturjahr 2024 neigt sich dem Ende zu, doch das Kulturangebot in der Stadt wird keinesfalls geringer. Auch während der Weihnachtszeit und nach Neujahr sorgen verschiedenste Kulturerlebnisse für Jung und Alt von Konzerten über Lesungen bis zu neuen Ausstellungen in der dunklen und kalten Jahreszeit für Unterhaltung.

TREFFPUNKT FÜR ARCHÄOLOG:INNEN

MEISTERKONZERTE

Im November kamen Archäolog:innen aus mehreren Ländern bei einer internationalen Tagung in St. Pölten zusammen, um sich über die neuesten Erkenntnisse des Römischen Reiches in der Spätantike auszutauschen. Stadtarchäologe Ronald Risy konnte seinen Kollegen dabei Neuigkeiten über die Grabungen am Domplatz und im Karmeliterhof berichten. Beim Festvortrag erhielten neben den Fachleuten auch Interessierte einen Einblick, was sich unter den Straßen St. Pöltens verbirgt.

8. DEZEMBER 2024 BIS 9. MAI 2025

Am 8. Dezember laden die Meisterkonzerte in die Maria Lourdes Kirche zu einem Abend, an dem Klassik auf Soul trifft. Song-Contest-Star Cesár Sampson und Sopranistin Alexandra Reinprecht präsentieren mit Talenten der „Goldenen Note“ besondere Weihnachtslieder. Die Meisterkonzerte sorgen noch bis Mai 2025 für weitere Highlights. Ideal als Weihnachtsgeschenk gibt es sowohl von den Meisterkonzerten als auch vom Barock Festival ein vergünstigtes Weihnachts-Abo.

BILDERBUCHKINO FEIERT 5. GEBURTSTAG

Für junge Eltern gestaltet sich der Besuch von kulturellen Veranstaltungen oft schwierig. Statt die Kinder in andere Städte zu bringen, werden nun die Künstler:innen nach St. Pölten geholt. Seit nunmehr fünf Jahren findet das GLANZ.STÜCKE-Bilderbuchkino mehrmals jährlich im Cinema Paradiso statt. Im Dezember sorgen Winter- und Weihnachtsgeschichten für Unterhaltung, im Jänner gibt es verblüffende Überraschungen und im Mai feiert das neue Programm Premiere.

LAUFEND

JAHRESAUFTAKT DER STADTKAPELLE

Das Neujahrskonzert der Stadtkapelle verspricht unter Kapellmeisterin Kerstin Stolzlederer ein vielfältiges Erlebnis in der Jahnturnhalle. Die erste Hälfte ehrt den 200. Geburtstag von Johann Strauss und umfasst neben Klassikern auch ein seltenes Blasorchesterwerk. Die Midiband wird die zweite Hälfte mit stimmungsvoller Musik eröffnen. Zu den Highlights zählen der Auftritt eines Nachwuchs-Schlagwerkers sowie der Sänger Phillip Schröter, der bereits mit Conchita Wurst oder Ina Regen sang.

Videocity präsentiert Videokunst von heimischen und internationalen Künstler:innen zum Thema „Einfach nur Natur“ im Stadtmuseum und an vielen anderen Orten quer durch die Stadt verteilt. Die Tonspur der Videos bildet die Stadt selbst. Zufälligkeiten des Alltags greifen stets in die Kompositionen ein. Präsentiert werden bei der Vernissage am 12. Dezember im Stadtmuseum rund 30 Videos von 25 Filmemacher:innen und Studierenden des Studiengangs Experimentelle Medien der FH St. Pölten.

NEUER VEREIN BETREIBT LÖWINNENHOF

Der Löwinnenhof* hat sich nicht zuletzt als Tangente-Festivalzentrum als zentraler Treffpunkt für die freie Kunst- und Kulturszene etabliert. Diese Entwicklung will der neue Verein „Kulturzentrum Löwinnenhof*“ sichern und weiter ausbauen. Das Team, bestehend aus Muhammet Ali Baş, Corinna Danninger, Klaus-Michael Urban, Werner Schütz, Elisabeth Sedlacek und Lena Weiderbauer, wollen die Räume in Kooperation mit lokalen Initiativen und Vereinen mit unterschiedlichen Formaten weiter bespielen.

VERANSTALTUNGSTIPPS

VAZ St. Pölten

11. Jänner Hauptstsadtball

ehem. FORUM-Kino

23. Jänner ergo Arte-Theater Die Nibelungen

Europaballett

ab 13. Dezember Nussknacker

ab 28. Dezember Die Fledermaus

6. Jänner Neujahrskonzert

Landestheater

22. Jänner Wolf-Premiere

6. JÄNNER

Weitere Veranstaltungen finden Sie unter events.st-poelten.at

24. Jänner Biedermann und die Brandstifter Premiere Festspielhaus

6. Dezember Ukulele Orchestra of Great Britain

1./6. Jänner Neujahrskonzert Alfred Eschwé & Tonkünstler-Orchester

www.facebook.com/stpoelten www.instagram.com/st.poelten www.x.com/st_poelten

AUS DER KINDERPERSPEKTIVE HERAUS

Innovativ, perspektivenerweiternd, neue Wege gehend – so sehen die Befürworter das KinderKunstLabor. Unnötig, Grünraum zerstörend und vermutlich das gleiche Schicksal des mittlerweile dahinschlummernden Klangturms erlebend – so argumentiert die Gegnerschaft. Bedurfte es in St. Pölten einer Institution, die dazu anregt, Kinder an einer offenen, künstlerischen Gemeinschaft teilhaben zu lassen?

MFG war mit vier jungen Menschen in den Räumlichkeiten dieses neuen Kunst- und Kulturhauses unterwegs – auf der Suche nach Antworten.

Gedacht als Leuchtturmprojekt von Stadt und Land im Rahmen der Kulturhauptstadt 2024, sorgte das KinderKunstLabor nicht nur wegen der grundlegenden Idee des Projektes, sondern

auch aufgrund der Standortwahl für viel Diskussionsstoff. Eine Bürgerplattform befürchtete, dass der Altoona-Park, laut Aktivisten eine der letzten Grünflächen in St. Pölten, zerstört werden würde, Jahrzehnte

alte Bäume zum Opfer fallen würden. „Wenn das der Fall ist, werde ich mich an einen Baum ketten. So geht es einfach nicht“, war vor Baubeginn 2023 von einer engagierten Bürgerin zu hören. Letztendlich wurden ein Fünftel des Parkes verbaut, der dreieckige, viergeschoßige und innovative Holz- und Betonbau des Wiener Architekturbüros „Schenker Salvi Weber“ – im Vorfeld war ein Betonklotz vermutet worden – gliedert sich behutsam in das Parkambiente ein. Viel mehr Bäume als gefällt, wurden nachgepflanzt. Die Architekten waren angeraten, aus der Kinderperspektive zu denken.

Luftig und leicht

Luftig und leicht präsentiert sich das „KiKuLa“ von außen durch die vorgelagerte, durchscheinende Holzfassade. Rund um das Kunsthaus ist viel Grün, Kunstskulpturen laden zum Entdecken und Spielen ein, ein Klettergerüst ist allerdings mit den typischen Rot-Weiß-Bändern abgesperrt. Der 7-jährige Theo, Leon und Emil, beide 8 Jahre und die 9-jährige Melissa betreten den Eingangsbereich, der äußerst großzügig gestaltet ist. Diese Vier werden für MFG das KinderKunstLabor und seine Wichtigkeit im kulturellen und künstlerischen Kinderleben erspielen, ertasten, erleben und erkunden. Augenscheinlich fällt sofort die Rampe neben dem Kassa- und Infobereich auf, sie führt in einen, nur wenig erhöhten Halbstock, der zwar einen schönen Blick in den Außenbereich zur Verfügung stellt, aber dann zu Stiegen führt, die nur mehr per pedes erklommen werden können.

Aber die vier Kinder haben schon den Archipelago, der im Raum linker Hand vom Architekten Jakub Szczęsny, gemeinsam mit der St. Pöltner Elementarpädagogin Karin Kitz und Kindern des Kindergartens Ratzersdorf gestaltet wurde, gesehen. Der Archipelago ist eine eisschollenähnliche Holzskulptur, die mit ihren Schlupflöchern und dreieckigen Auslassungen zum Kraxeln und Verstecken einlädt. Einer

Es war eine einzigartige Aufgabenstellung: Radikal aus der Kinderperspektive zu denken, aber einen ernst gemeinten Kunstbegriff zu vermitteln.
ARCHITEKT

der Burschen bleibt gleich stecken, die kleine Ilvy, die auch, samt Eltern, mitdurfte, genießt es. Kein Wunder, denn der Archipelago soll Kindern bis sechs Jahren sinnlich-ästhetische Erfahrungen liefern. Für Ilvy trifft das zu, Leon ist schon darüber hinausgewachsen. Aber man muss ohnedies in den Keller, denn dort ist die Garderobe untergebracht. Wer nicht Stiegen steigen kann, nimmt den

INFOS

Baukosten

Tatsächliche Kosten belaufen sich auf rund 17 Millionen Euro.

Betriebs-Programmkosten

Der Betriebsaufwand laut Budget im ersten Vollbetriebsjahr wird sich gesamt auf rund 1,5 Millionen belaufen.

Ausstellungen

Insgesamt gibt es drei Ausstellungen pro Jahr.

Aktivitäten

Ausstellung, Künstlerische Workshops, Walk-in-Formate wie die Bibliothek, Archipelago (Spielbereich, 0-6 Jahre), offene Werkstätten, Mitgestaltungsgremium Kunstideenwerkstatt, die Kletterinstallation Toshis Gabe, Skulpturenpark, Café

Das Altoona

großdimensionierten Lift. Jacken sind schnell verstaut und schon geht es die Treppen, die rund um den Bau bis in das vierte Geschoß reichen, hinauf. Links sind Zeichnungen von Kindern zu sehen und rechts durch große Glasflächen wächst die grüne Umgebung visuell ins Gebäude. „Das ist ein Außerirdischer“, „… kann aber auch ein Krokodil sein“, „oder Dinosaurier“, die Meinungen der vier Kinder während ihrer ersten „KiKuLa“-Kunstbetrachtung zeigen sich differenziert und kreativ. Im ersten Obergeschoß stehen die Vier vor verdunkelten Türen. Kurz überlegt, aufgemacht, eingetreten und schon ist man in der immersiven Rauminstallation „dream. lab“ der brasilianischen Künstlerin Rivane Neuenschwander. Ihr geht es um das Thema Traum und Träumen. Bei der Gestaltung des Raumes hat sich Neuenschwander in schöpferische Prozesse mit Kindern aus St. Pölten begeben. Dazu sagt Mona Jas, künstlerische Leiterin: „Der Ansatz im KinderKunstLabor für zeitgenössische Kunst basiert darauf, mit den Kindern Räume zu schaffen, in denen sie in künstlerischen Prozessen Erfahrungen vollziehen können. Es geht nicht nur darum, in den Dialog mit Kunst zu gehen, sondern sich selbst durch künstlerisches Schaffen neu zu erleben und Teil einer offenen, künstlerischen Gemeinschaft zu werden.“

Mit dem Schatten spielen Erstes Ziel im so geschaffenen Kunstraum ist ein Over-Head-Projektor. Emil, Theo und Melissa schieben sofort farbige Folien in das aus der Zeit gefallene technische Gerät, tanzen vor den Projektionen, werden spontan Teil der künstlerischen Installation. Leon fertigt hingegen aus den bereitgestellten Materialien seine eigene Schattenfigur, die er danach in den Schattenspielkojen einsetzt. Jetzt haben die drei anderen auch das Schattenspiel entdeckt. Sie bedienen sich der Figuren, die von Kindern mit der Künstlerin im Entstehungsprozess der Ausstellung gestaltet wurden. „Ein Auto überfährt einen Hut“ ist eine Sequenz davon. Eine künstlerische Eigendynamik entsteht. Die Freude am kreativen Spiel greift sogar auf die Eltern über. Der Satz „Ich bin schwach? Schau dir mal meine Eier an“ ist nicht einer Rede des neugewählten amerikanischen Präsidenten entnommen, sondern Emils Text, als er mit einer Hühnerfigur das Schattenspiel intensiviert. Theo, Melissa und Emil befriedigen mittlerweile ihren unbändigen Bewegungsdrang, sodass kurz ein KiKuLa-Mitarbeiter zur

Ein guter Tag im KinderKunstLabor ist für mich einer, an dem Besuchende zu Nutzer:innen werden, sich einlassen, neugierig sind und offen für die Begegnung mit den Ideen, dem Perspektivenreichtum und Erfahrungen der Kinder und der Künstler:innen.
MONA JAS, KÜNSTLERISCHE LEITERIN KINDERKUNSTLABOR

Vorsicht mahnt. Schließlich ist man doch auch umgeben von Kunstwerken, die Kübel-Installation im „dream-lab“ sollte gar nicht berührt werden. Jetzt ist es Zeit, die nächste Ebene zu betreten.

Schreibmaschine und Diaprojektor

Schnurstracks die Stiegen hinaufgerannt, bleibt man vorerst im Video-Raum, wo die Entstehung von „Toshis Gabe“, der interaktiven, dreidimensionalen, gehäkelten textilen Landschaft der Künstlerin Toshiko Horiuchi MacAdam zu sehen ist, hängen. Aber bald entdecken die vier KiKuLa-Erkundenden die Schreibmaschine, die sofort belegt ist und den Diaprojektor. Eine Mitarbeiterin des Hauses erklärt, wie man Dias selbst gestalten und sie dann, in den Hängematten liegend, genießen kann. Im Raum daneben ist beim letzten Workshop der kreative Geist übergeschwappt. Die frisch gestrichene Wand, die eigentlich jetzt, nach dem Bekritzeln in dem ersten Monat nach der Eröffnung, unbefleckt bleiben sollte, wurde wieder in den kreativen Prozess miteinbezogen – eine künst-

lerische, rebellische Ermächtigung seitens der Kinder und der verlockend herumliegenden Stifte. „Ist das nicht wunderschön?“, „Das ist wunderschiach“ war die Antwort, bevor sich Melissa mit ihren drei Kunstentdeckenden in den oberen Außenbereich, direkt hinein in die hängende und herrlich zum Herumkraxeln verlockende Textilinstallation „Toshis Gabe“, deren Nutzung allerdings witterungsabhängig ist, begibt. Das Motiv der Künstlerin, einen Raum zu schaffen, der „an das Gefühl, im Meer zu schweben, die tieferen Bereiche des Gehirns stimuliert und das Sehen, Fühlen, die Bewegung und das Gleichgewicht des Kinds herausfordert“, wird vollends von den Kindern aufgesogen. Da gibt es kein Halten mehr. Übrigens gibt es laut Auskunft eine große Schere, die dann zum Einsatz kommt, wenn sich ein Kind in den gehäkelten Maschen verfängt – sie wurde allerdings noch nie benötigt. Die kleine Ilvy hingegen erkundet sinnlich die mit Buttermilch bemalte Glasscheibe.

Aufs Dach steigen Jetzt sind schon beinahe zwei Stunden vergangen, Zeit, um noch einen kleinen Abstecher in die Bibliothek ganz oben zu nehmen. Im kindergroßen Traumbuch wird herumgeblättert und so manches Buch herausgenommen, die Bibliothek erweist sich als kleiner, feiner Ort, in dem nun Resümee gezogen wird. „Ich habe das meiste super gefunden. Beim Klettergerüst die richtigen Löcher und Wege zu finden, das war gut, auch das Tippen auf der Schreibmaschine und das Basteln der Schattenspielfiguren. Es sollte aber Sachen geben, wo Kinder mehr Bewegung haben“, zieht Leon Bilanz, während Melissa vom „dream. lab“ begeistert war. Theo vermisst „… eine Rutsche von ganz oben bis

ganz unten, das Schattenspielen hat mir aber sehr gut gefallen.“ Emil hat gar nicht bemerkt, dass zwei Stunden vergangen waren, aber „höher hätte man bauen sollen und dass man auch aufs Dach steigen kann. Das Tippen auf der Schreibmaschine war cool.“ Aber wie sieht Mona Jas die Aufgabe ihres Kunsthauses: „Ein guter Tag im KinderKunstLabor ist für mich einer, an dem Besuchende zu Nutzer:innen werden, sich einlassen, neugierig sind und offen für die Begegnung mit den Ideen, dem Perspektivenreichtum und Erfahrungen der Kinder und der Künstler:innen.“

Übrigens, die über ein Jahr alte Ilvy war vom Archipelago begeistert und machte ihre erste sinnliche Erfahrung mit getrockneter Buttermilch. Vielleicht wird sie in ein paar Jahren bei der Kunstideenwerkstatt oder beim Kinderbeirat mitwirken und dann in den direkten Dialog mit Kunstschaffenden treten und auf ihr Recht als Kulturbürgerinnen auf Teilhabe an Kunst und Kultur pochen. Bleibt zu hoffen, dass das KinderKunstLabor dann auch noch mit der gleichen Intensität geführt, von der Politik und Gesellschaft gestützt und vom jungen Publikum angenommen wird.

WIE KOMMEN WIR DA WIEDER RAUS?

GOTTHARD FELLERER –„EINE POLYHISTORISCHE PERFORMANCE“

Der Kulturwissenschafter Dr. Christian Ehalt (1949–2023) meinte über den Mann, dem wir diesen Beitrag widmen: „Gotthard Fellerer ist eine polyhistorische Performance.“ Prof. Gotthard Fellerer, wohnhaft in Wr. Neustadt, gehört unbestritten zu den Top-Kulturvermittlern des Landes. Man kann ihn wohl als den derzeitigen Doyen der niederösterreichischen Kunstszene bezeichnen. Am 1. November feierte er seinen 80. Geburtstag. Und das gleich in gewohnt nachhaltiger Art und

Kulturvermittler Fellerer: „Kunstpaket“ für Schulen und Kulturinteressierte

Weise: Mit einer viertägigen Veranstaltungsreihe in den Kasematten seiner Heimatstadt Wr. Neustadt.

BILDENDER KÜNSTLER – AUTOR – MUSIKER

Fellerer gehört zu den wenigen Persönlichkeiten mit einer ausgeprägten Dreifachbegabung als bildender Künstler, als Autor und als Musiker. Seine Projekte und Werke stehen eindrucksvoll für sich allein, sie ergänzen und kommentieren sich jedoch auch gegenseitig. Fellerer denkt ständig über Wege, Ziele und Bedeutungen des Künstlerischen in der Gesellschaft nach. „Kunst ist jenes dynamische Prinzip, das am meisten zur inneren und äußeren Befreiung des Menschen beiträgt“ –Zitat Fellerer.

Am 1.11.1944 in Baden geboren, lebt Gotthard Fellerer in Wr. Neustadt. (Geburtsort Baden deshalb, weil Wr. Neustadt und auch das Krankenhaus schwerstens zerbombt worden war. Vielleicht ist dies mit ein Grund, dass Fellerer sein Leben lang viel Engagement dafür aufgewandt hat, „sein Wr. Neustadt“ zu einem „Kulturknotenpunkt“ werden zu lassen.)

KUNST & LEHRE

Seit 1960 setzt er sich intensiv auseinander mit Kunst und deren Grenzgebieten, grenzüberschreitender bildender Kunst als Maler, Grafiker, Publizist, Ausstellungskurator, Musikant, Ausstellungsgestalter und -didaktiker, Denker und Kunst- und Kulturmultiplikant. Ab 1970 übte er verschiedenste Lehrtätigkeiten aus, beginnend von der Kunstschule Wien über künstlerische Volkshochschulkurse, als Lehrer am Gymnasium Babenbergerring in Wr. Neustadt, an der Pädagogischen Akademie Baden und von 1994 bis 2006 als Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien; auch international an der Privatuniversität in Prishtina (Kosovo). Gotthard Fellerer war Gründer und Mitglied vieler Foren und Kunstvereinigungen, wie z.B. am Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum Wien, Gestalter des Karl-Renner-Museums in Gloggnitz, Mitglied des PEN-Clubs, Obmann des überregionalen Kunstvereins Südost,

Ausstellungseröffnung „Paul Seidl“ in Krems 2024

Obmann Ewald Sacher gratuliert zum 80er.

Initiator vieler regionaler Projekte, Gestalter unzähliger Ausstellungen, auch über NÖ hinaus, wie im Kunstforum Leoben. Dafür zeichnete ihn die Montanstadt auch mit dem Kulturpreis 2017 aus. Als Herausgeber des „Satirischen Kulturblattls BravDa“ präsentiert er nicht nur unermüdlich Künstlerinnen und Künstler mit deren Projekten und Werken, sondern freut sich auch darüber, im gewissen Sinne ein Mahner, ja Stachel zu sein gegen „Intellektuelle Einebnung Europas“, so er selbst.

VIELFACH GEEHRT

Ehrungen und Auszeichnungen sind bei Prof. Fellerer kaum aufzuzählen, einige der Höhepunkte waren die Verleihung des Großen Ehrenzeichens des Landes NÖ und des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst.

Das NÖ Kulturforum verdankt Gotthard Fellerer, seinem letzten lebenden Mitbegründer vor 50 Jahren, dass es aktuell zu einer der engagiertesten privaten Kulturvereinigungen des Landes mit seinen Aktivitäten in den Regionen zählt, was auch durch die Förderung des Landes NÖ und die enge Kooperation mit

der Kulturabteilung zum Ausdruck kommt. Zuletzt, im Herbst 2024, nahm Prof. Gotthard Fellerer seinen 80. Geburtstag zum Anlass, in seiner Heimatstadt, aber darüber hinaus dem ganzen Land NÖ und seiner Kunstszene mit der Herausgabe des Bildbands „Kulturknotenpunkt Wr. Neustadt“ eine fundierte,

nachhaltige Dokumentation über die Kulturgeschichte und Kunstszene Wr. Neustadts zu schaffen. Mit der Einrichtung der „Stadtgalerie Wr. Neustadt“ in der Herzog-LeopoldStraße lädt er auch unermüdlich jenes Publikum ein, das sonst nicht Tag für Tag mit Kunst

und Kultur in Berührung kommt, auf „Kunst vor der Haustür“ zu stoßen und diese kennen zu lernen.

Sein Schaffen als bildender Künstler wird nach der wohlbegründeten Welle der Anerkennung, die ihm anlässlich seines Achtzigers entgegenschlug, mit einer großen Fellerer-Ausstellung „Bildatmen“ im August 2025 im Stadtmuseum Wr. Neustadt eine würdige Präsentation erfahren.

Weit über seine Heimatstadt hinaus aber weiß ganz Niederösterreich Arbeit und Wirken Prof. Gotthard Fellerers als große Künstlerpersönlichkeit des Landes zu schätzen.

Gotthard Fellerer als Maler – „Bildatmen“
Ausstellungsgestalter Fellerer: Herwig-Zens-Ausstellung mit Witwe Frau Gerda Zens und Obmann Ewald Sacher
Gotthard Fellerer im Kreise des Vorstands des NÖ Kulturforums (2023)

KOLUMNE

FALSCHE ANGST

Ich ertappe mich in letzter Zeit immer öfter dabei, den Fernseher anzuschreien. Für Männer jenseits der 50 mag das Betriebseinstellung sein. Da ich aber nur halb so alt bin, glaube ich an die Existenz eines tatsächlich relevanten Auslösers. Konkret fahre ich regelmäßig während ORF-Beiträgen über den Ukraine-Krieg aus der Haut. Am 22. November zum Beispiel war das Abfeuern einer neuentwickelten, russischen Mittelstreckenrakete der Aufmacher in der ZIB2, inklusive eines Interviews mit dem Militärexperten Gustav Gressl. Die erste Frage, die Moderatorin Marie-Claire Zimmermann stellte, lautete so: „Passiert das, wovor die westlichen Unterstützer der Ukraine immer gezittert haben, nämlich, dass sie selbst Ziel Russlands werden?“ Gressl antwortet nüchtern, dass wir weit davon entfernt seien. Zimmermann bleibt aber, wie auch der Beitrag davor, hartnäckig beim Framing, der Westen könnte als nächstes Opfer eines russischen Angriffs werden.

Das finde ich in der Tat einigermaßen verheerend. Einerseits, weil der Westen längst „Opfer“ russischer Angriffe ist. Das zeigt beispielhaft der Wirecard-Skandal, der auch ein Spionage-Skandal ist, oder das vereitelte Attentat auf Rheinmetall-Chef Armin Papperger. Andererseits, weil Marie-Claire Zimmermann mit dem Suggerieren eines möglicherweise im Raum stehenden Raketenangriffs auf den Westen von diesen Tatsachen ablenkt. Es ist vielmehr eine Angstmache, die mit zur Folge hat, dass der Ukraine weiter die Unterstützung verwehrt wird, die sie bräuchte, um den russischen Angriff abzuwehren.

RE-OPENINGS

Dieser Tage feier(t)en alte Bekannte quasi Wiederauferstehung. So lud bereits im Oktober das „La Boom“ zum großen Re-Opening unter dem Motto „A New Generation“, womit man nicht nur auf die neuen Besitzer, sondern auch den neuen Look verwies. Ende November wiederum wird am SKW83 der legendäre Schwarze Raum nach seiner Sanierung wieder seiner Bestimmung übergeben, die restlichen Ge-

bäude sollen next year folgen. Und selbst die Ankündigung, dass der traditionelle Weihnachts-Seniorenfloor im VAZ heuer eine Pause einlegt, sorgte nur eine Hundertstel lang für Schnappatmung. Im nächsten Moment wurde für 20. Dezember bereits das „Christmas Clubbing – Glamour, Beats & Party!“ angekündigt mit 2 Floors, legendären DJs, Weihnachtsdeko, Punschstand und allem Pipapo. Leider geil!

TECHNOPUNSCH

I m Vorjahr war es in gewisser Weise noch ein Experiment – kann ein Outdoor-Rave bei eisigen Temperaturen und warmem Punsch funktionieren, das zumal bereits um 16 Uhr startet und dafür schon um 22 Uhr wieder die „Rollbalken“ runterlässt? Nun, es kann, und wie – und deshalb lädt die DJ-Crew von Klangartists heuer am 6. Dezember wieder zum Technopunsch. Diesmal nicht am SKW83, sondern in den Steingötterhof. Der Zweck dabei bleibt aber derselbe: Auch diesmal wird sozusagen für den guten Zweck abgeshakt. „Im Vorjahr sammelten wir Geld im Kampf gegen Kinderarmut, heuer

geht der Reinerlös an den Tierschutzverein St. Pölten!“, verrät Organisator Martin Soska. Na dann – put your hands in the air!

FRUNZ, GEGANGEN.

Betritt man das Cinema Paradiso, fällt der Blick unvermeidlich auf ein Porträt, das gegenüber der Bar hängt. Es stammt vom Künstler Filius und wurde von einer engen Freundin und Wegbegleiterin des Porträtierten als Leihgabe zur Verfügung gestellt.

Der Porträtierte ist Frunz Winkler, der am 22. September, knapp vor seinem 59. Geburtstag, verstarb. Viele, die ihn kannten, waren überrascht von der Plötzlichkeit des Endlichen. Einige, darunter Frunz selbst, rechneten hingegen damit, dass er nicht alt werden würde, aus welchen Gründen auch immer. Er war auf jeden Fall einer, der auffiel, ohne sich jedoch bei irgendjemandem anzubiedern. Er war der erste (und zeitweise wohl auch einzige) Punk von St. Pölten, Mitglied der

Band Familie Petz, legendär für Plattenquiz und deftige Aktionen am und im Viehofner See, hilfsbereiter Emmaus-Mitarbeiter, mit seinem

orangefarbenen Anzug die lebende Antithese zum modischen Einheitsbrei, ein wunderbar respektvoller, zugleich witziger Gesprächspartner, ob untertags beim Fröstl, am Abend im Cinema Paradiso (beim Pernod, das ist wichtig!) und später dann im Underground, und vieles mehr.

Salbungsvolle Nachrufe hätte er wahrscheinlich genauso wenig ausstehen können wie unehrliche Menschen – dass er mit seinem Weggang eine tiefe Lücke in der Psychogeografie der Stadt hinterlässt, sieht eh jeder, der mit offenen Augen durch St. Pölten geht. Dass die „Trauerfeier“, die nach seinem Begräbnis im Cinema Paradiso stattfand, mehr Partycharakter hatte, hätte ihm hingegen gefallen.

Und jetzt einen Pernod, bitte!

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PAC-MAN IN DER WUNDERBAR

Für gewöhnlich sind die Tore des Vinzenz Pauli zu Wochenbeginn ja geschlossen – außer es ist der erste Montag im Monat, dann wird die Gastwirtschaft nicht von den Gourmets, sondern den Game-Aficionados des Vereins „Videospiel & Technikkultur Verein St. Pölten“ geentert. Ein – im wahrsten Sinne des Wortes – Lokal-Augenschein.

Als ich gegen 20 Uhr eintrudle, empfängt mich in der „Wunderbar“ im hinteren Teil des Lokals gedämpftes Licht. Rund zehn Personen sitzen rund um zusammengeschobene Tische und lauschen Asdren, der gerade einen Vortrag über japanische Spieleklassiker hält.

Ich platziere mich in einer Ecke des Raumes und lasse meinen Blick ein bisschen umherschweifen, akustisch begleitet von der Erkennungsmelodie des Spielklassikers „The Secret Of Mana“, die hinter mir im Standbymodus in Dauerschleife läuft. Sofort ins Auge sticht natürlich der Pac­Man Standautomat, der mir unweigerlich ein Grinsen ins Gesicht zaubert – um es mit Hans Krankl zu formulieren: LE­GENDÄR! Sonst sind mehrere „Spieleinseln“ vorbereitet, die aufs anschließende Zocken warten und schon ein bisschen die historische Bandbreite des Vereins erahnen lassen: es geht von den Ursprüngen des Gamings bis hinauf in die Gegenwart. Auf einem Tisch steht etwa ein moderner Gaming PC in HD­Qualität, auf einem anderen frohlockt die legendäre Nintendo 64 Konsole und hinter mir flimmert ein Röhrenfernseher „weil nicht alle Spiele auf modernen TV­Geräten laufen“, wie ich aufgeklärt werde. Dazwischen stapeln sich verschiedene Games auf CD­Roms in klassischen Schubern und … Cartridges! Ja, das waren jene Teile, die man noch in die Konsole steckte! Heute sorgen sie nicht nur für Retro­Spiele­Spaß, sondern sind zu heiß begehrten, auch monetär äußerst wertvollen Sammlerstücken geworden und Zeugen einer Zeit – aus der ich komme! Und so

ernte ich – wenngleich absoluter Gaming­Dilettant – beim späteren Plausch zumindest mildes Zunicken der Experten, als ich von meiner Gaming­Initiation an der Atari Konsole – damals noch als Video Computer System beschrieben – sowie am legendären Commodore C64 erzähle (die 64 im Namen stand übrigens für die imponierende Leistung des Arbeitsspeichers – 64 … KB!). Gezockt wurde im Haushalt der Herausgeberfamilie dieses Magazins, weil diese (der Papa war IT­ler bei Kika, die Speicher dort füllten den gesamten Dachboden) als einzige im Freundeskreis Mitte der 80er bereits einen Computer hatte, was die Adresse zu einem sehnsuchtsvollen Pilgerort für alle Freunde machte. Noch heute bekommt mein Arm beim Gedanken an die „Summergames“ am C64 einen TremorFlashback, wenn es galt, beim Sprint den Joystick in der Hand möglichst schnell hin­ und herzupendeln, man könnte es auch malträtieren nennen. Die Goldmedaille habe ich trotzdem nie gewonnen, dafür hallen in mir noch die berühmten Takte aus Chopins berühmtem „Trauermarsch“ nach, wenn ich bei „Digger“ wieder einmal mein letztes Leben verloren hatte und der Grabstein mit der Inschrift RIP erschien! Angesichts der vorigen Hintergrundmusik des Spiels, deren Titel mir nicht mehr einfällt, war der „Tod“ aber bisweilen ohnedies eine Erlösung, weil sie sich in ihrem Staccato gnadenlos in die Gehirnwindungen bohrte.

Manche sind ‚retro‘ und interessieren sich für alte Spiele, wollen diese zocken, andere wiederum interessieren sich mehr für den technischen Aspekt dahinter.

Die Eltern sind schuld

So alt wie ich sind die Anwesenden zwar nicht, aber die älteren Semester bewegen sich auch schon Richtung Enddreißiger zu. Dazwischen finden sich auch youngsters wie Benjamin, 20 Lenze jung, oder Alina, die 27­jährige Schriftführerin des Vereins. Sie sind Beweis eines „Phänomens“, das sich zumindest hier wie ein roter Faden durchzieht: „80 bis 90 Prozent unserer Mitglieder sind erblich vorbelastet“, formuliert es Präsident Alexander. Soll heißen: Während etwa in meiner Generation und in vielen Haushalten bis heute eher der erhobene elterliche Zeigefinger, untermalt von einem vorwurfsvollen „du sitzt schon wieder viel zu lange vorm Computer“ an der Tagesordnung steht, waren im Fall vieler Vereinsmitglieder die Eltern nicht nur dem Spielen der Kinder gegenüber aufgeschlossen, sondern häufig auch soetwas wie Role Models. „Bei uns gab es nie fixe Zeiten, von wegen du darfst nur eine Stunde spielen“, erinnert sich etwa Vinzenz Pauli Hausherr

und Vorstandsmitglied Maurice „im Gegenteil, meine Mutter ist sehr technikaffin und hat oft mit uns mitgespielt.“ Maurice seinerseits hat seine Schwester Alina infiziert, was sie mit einem augenzwinkernden „er ist schuld“ quittiert. Mr. President Alexander wiederum bekommt noch heute glänzende Augen, wenn er an die Weihnachtsfeiertage seiner Kindheit zurückdenkt, „weil mein Vater und ich dann immer die neuen Spiele, die unterm Weihnachtsbaum als Geschenk gelegen sind, gezockt haben.“ Dem ging in der Regel eine lange Vorfreude auf den Tag X voraus, „weil man damals ja noch nicht die Spiele einfach jederzeit im Netz runterladen konnte, sondern neue Titel nur zweimal im Jahr rausgekommen sind – da hat man vorher Kataloge studiert. Gekauft wurden die Teile dann im Gamestore in der Julius Raab Promenade.“ Auch Neo­Mitglied Florian wurde von seinem Vater gametechnisch sozialisiert „der hatte eine Nintendo 64 Konsole, auf der wir spielten, wobei ich in Folge – das war so ab 10 he­

VON RETRO ... Studentin Alina zockt eine Runde Dragon Quest auf einer alten Konsole.

rum – dann den Fortschritt in dem Bereich so richtig mitbekommen habe: Playstation, Handy, Gaming PC – das war eine Revolution.“ Eine, die für seinen Sohn Benjamin schon wieder schnödeste Normalität bedeutete. Mittlerweile ist Gaming absoluter Mainstream, ein weltweites Massenphänomen mit über drei Milliarden Spielern. Alina bekennt sodenn freimütig „Ich bin ein absoluter Nerd!“, und heute ist der Begriff positiver besetzt als noch zu meiner Zeit, als der klassische „Nerd“ in der Vorstellung der pickelige, übergewichtige, sozial isolierte Außenseiter mit dicker Hornbrille war, der nur daheim vorm Computer hockt und nie ein Mädchen abbekommt. „Also ich habe tatsächlich noch den Computer versteckt, wenn ich ein Mädchen mit nachhause gebracht habe, um keinen falschen Eindruck zu erwecken“, wirft Alexander lachend ein. Dass das Nerd­Klischee in den meisten Fällen freilich schon damals nicht stimmte, stellt Florian klar. „Sicher haben wir viel gespielt, aber das war eher erst am Abend –am Tag waren wir dahingegen viel draußen unterwegs.“ Die DauerBildschirmjunkies sowie die damit einhergehenden Probleme seien eher ein heutiges Phänomen, wobei viele Vereinsmitglieder – zumal jene, die schon Eltern sind – das Dilemma weniger im Zocken, als vielmehr im überbordenden Handykonsum orten. „Das Gift ist das

Smartphone“, ist Florian überzeugt „weil es die Kids schlicht überall in Gebrauch haben, es als Kommunikationsmittel nutzen. Dadurch hängst du wirklich immer und überall dran“.

Leidenschaft

Gaming müsse man dahingegen als klassische Freizeitbeschäftigung begreifen, auch wenn es vor allem früher eines langen Atems bedurfte, um dies Nicht­Zockern verständlich zu machen. „In meinem Fall hat es sicher gut 15 Jahre gebraucht, bis meine Frau akzeptiert hat, dass das einfach ein Hobby von mir ist, das mich glücklich macht!“, erzählt Florian, und Alina bringt es so auf den Punkt: „Gaming ist einfach eine Leidenschaft!“ Wobei Gaming natürlich nicht gleich Gaming ist, Gamer nicht gleich Gamer. „Die einen stehen mehr auf Spiele mit fotorealistischen Darstellungen, andere wiederum bevorzugen einfachere Grafiken und Plots, wo mehr die eigene Fantasie eine Rolle spielt – das kann man am ehesten vielleicht mit dem Unterschied zwischen Film und Buch vergleichen.“

Gespielt wird auch längst nicht mehr nur einsam im finsteren Kämmerlein, sondern oft mittlerweile im Internet mit der ganzen Welt verbunden. „Ich hab während des Lockdowns notgedrungen mehr online gespielt und das hat großen Spaß gemacht – vor allem wird dir

bewusst, wie ‚klein‘ die Welt auf gewisse Weise geworden ist, du spielst ja mit Menschen auf der ganzen Welt!“, erklärt Maurice, den vor allem auch die völkerverständigende, ja verbindende Dimension des Spielens fasziniert. „Man kennt sich ja nicht, aber es spielt einfach keine Rolle, welcher Nation man angehört, welcher Rasse, welcher Religion, ob man arm ist oder reich. Man spielt einfach gemeinsam und hat Spaß zusammen!“

Und lernt sich dann bisweilen doch näher kennen. „Benjamin und ich haben etwa über Discord mit einem Deutschen gezockt – daraus ist mittlerweile eine richtige Freundschaft geworden“, erzählt Florian, und Maurice erinnert sich lachend an den verdutzten Blick einer Freundin „als ihr ihr 13­jähriger Sohn eröffnete ‚Mama, ich möchte meinen Freund in Deutschland besuchen‘ und sie fragte ‚Welcher deutsche Freund?‘“ Der Junior hatte diesen beim Zocken kennengelernt. „Viele Eltern wissen ja gar nicht, was im Zimmer ihrer Kinder abgeht!“, räumt Maurice ein, und er meint es in dem Fall nicht – wie sonst oft in der gesellschaftlichen Debatte – negativ, von wegen Inhalten, die nicht altersgemäß sind, sondern durchaus positiv. „Gaming verschafft dir neue Horizonte. Du kannst etwas erleben, in neue Rollen schlüpfen, die dir im realen Leben sonst verwehrt sind. Das kann sehr bereichernd sein!“

... BIS HIGH END. Josef gönnt sich am modernen Gaming PC eine Runde „Ghost Wire Tokyo“ in High End Qualität.
MR. PRESIDENT. Alexander erinnert sich an die Zeit zurück, als neue Spiele nur zweimal im Jahr erschienen.
In Japan findest du Pokémon Werbung an jeder Ecke, und es ist ganz normal, dass in den Einkaufsstraßen neben Stores von Gucci und Prada jener von Nintendo steht.

Austausch mit Gleichgesinnten Emotion und Leidenschaft sind auch die Ingredienzien, die das noch junge Vereinsleben ausmachen. Vor allem geht es um Austausch mit Gleichgesinnten, in real life, wie Alexander schwärmt. „Du kannst ins Detail gehen, bekommst neue Inputs, weil ja jeder seine eigenen spezifischen Erfahrungen hat.“ Und diese auch mit den anderen teilt –bei jedem Treffen hält ein anderes Mitglied einen Vortrag über ein Thema, das ihm selbst am Herzen liegt. Da wird dann auch schnell die Bandbreite offensichtlich. „Es gibt ja ganz unterschiedliche Gründe, warum man dabei ist“, erklärt Gründungsmitglied Robert. „Manche sind ‚retro‘ und interessieren sich für alte Spiele, wollen diese zocken und sich darüber austauschen, andere wiederum – wie ich zum Beispiel – interessieren sich mehr für den technischen Aspekt, die Systeme dahinter, denn ganz einfach formuliert: Ohne Technik keine Games!“ Letztlich sind es drei Säulen, die den inhaltlichen Grobrahmen bilden, wie Maurice ausführt: „Hardware – Software – Gaming.“ Und alles, was dazu gehört, könnte man sagen. So ist spannend zu beobachten, dass man im Gespräch rasch bei gesamtgesellschaftlichen Themen landet. Während Asdrens Vortrag kommt es etwa zu Zwiegesprächen über die unterschiedliche Mentalität zwischen Asien und Europa. Alina wiederum erzählt über aktuelle Entwicklungen am KI­Sektor – womit sie sich im Zuge ihres Studiums intensiv auseinandersetzt – und konstatiert „dass wir diesbezüglich in Europa und Österreichs meilenweit hinter den USA, China und Japan herhinken.“ KI werde zwar nicht alles und alle ersetzen, aber – um etwa beim Gamingbereich zu bleiben –„sie spielt zum Beispiel eine große Rolle in der Programmierung, kann Abläufe optimieren und beschleuni­

gen, schneller Fehler finden, bessere Übersetzungen liefern etc.“ Robert wiederum sieht das Phänomen des Überkapitalismus auch in der Gamingbranche manifestiert. „Es wird versucht, jeden Cent rauszupressen, da gabs auch einige Skandale im In­Gaming­Bereich, die der Branche nicht gutgetan haben. Es findet aktuell auch wenig Innovation statt, man bringt vor allem Remasters raus, das heißt, alte Ideen werden neu aufpoliert – manches davon ist gut, anderes aber auch einfach nur aufgewärmt und fad.“ Die Gamingindustrie sei, pflichtet Maurice bei, in einer veritablen Krise, „weil es immer schwerer wird, diesen Riesenapparat mit Tausenden Mitarbeitern zu finanzieren, weshalb man auch eher auf Nummer sicher geht und Titel bringt, die möglichst vielen gefallen“, was auf Kosten der Innovation gehe. Dennoch unterstreicht er mit einer gewissen Bewunderung, dass „viele Games wahre Kunst sind! Du hast die Programmierer, die Zeichner und Designer, riesige Orchester, die die Musik einspielen. Das ist schon beeindruckend.“

Ebenso wie der Stellenwert, den Gaming im Mutterland Japan einnimmt. „Da findest du etwa Pokémon Werbung an jeder Ecke, jede U­Bahn ist damit gebrandet, und es ist ganz normal, dass in den hippen Einkaufsstraßen neben Stores von Gucci und Prada jener von Nintendo steht. Das ist eine komplett andere Welt.“

Das trifft auch auf den Mikrokosmos des „Videospiel & Technikkultur Verein St. Pölten“ jeden ersten Montag im Monat im Vinzenz Pauli zu. „Hier ist es absolut cool“, versichert mir ein Vereinsmitglied bei der Verabschiedung. Wie zur Bestätigung fällt mein Blick zuletzt noch einmal auf Pac­Man, und plötzlich erinnere ich mich auch wieder an die Hintergrundmusik von „Digger“: Popcorn! LE­GEN­DÄR!

HAUSHERR. Vinzenz Pauli Chef Maurice Harant in der Arbeit ... beim Video- und Technikkultur Verein St. Pölten. INFOS & KONTAKT

MAURICE WEIHS

HOCH HINAUS

Der Berufswunsch des professionellen

Gamers steht bei vielen Jugendlichen hoch im Kurs. Der St. Pöltner Maurice Weihs hat ihn verwirklicht.

Du warst bis vor kurzem professioneller Rocket League Spieler und hast damit unter deinem Alias Yukeo dein Geld verdient, wie kam es dazu?

Ich habe als das Spiel 2015 erschienen ist, begonnen, mit meinem Cousin aus Spaß zu spielen. Daraus hat sich bei mir der Wille entwickelt, immer besser zu werden. Mein Cousin hat dann mit dem Spielen aufgehört, ich habe aber alleine weitergemacht und angefangen, bei kleineren Turnieren mitzumachen. Damals ging es noch um kleine Preisgelder von etwa 50 Euro.

Von diesen kleinen Turnieren hast du dich dann bis zur Weltspitze hochgespielt.

Genau, ich habe dann 2017 bei den Rocket League Champion Series (jährliche Turnierreihe des Spieleentwicklers, Anm.) mitgemacht und bin danach wegen meines guten Abschneidens direkt von einem ProfiTeam gefragt worden, ob ich mitmachen will.

Wie kann man sich das vorstellen, gibt es da Verträge und Gehalt oder spielt man um die Turniergelder?

Man verdient regelmäßig Geld und bekommt dann zusätzlich Prämien, je nach Abschneiden bei den Turnieren. Das Team damals war aus den USA und hieß Flipsid3 Tactics. Man kann sich das im Grunde vorstellen wie beim Fußball, das heißt es gibt Sponsoren und man repräsentiert den Klub bzw. das Team nach außen.

Wie ging es in deiner Karriere weiter?

Ich war zwei Saisonen bei Flipside3 Tactics mit dem Highlight der WM in Las Vegas, wo wir vor Ort gespielt haben und Sechster geworden sind. Danach bin ich zum damals besten europäischen Team Dignitas gewechselt, wo ich meine größten Erfolge gefeiert habe. In der Zeit haben wir in Leipzig gewonnen und waren damit das beste Team der Welt. Ein Jahr später sind wir in Madrid bei der Weltmeisterschaft Dritter geworden. 2020 kam dann Corona und es fanden keine Live-Events mehr statt.

Heute bist du nicht mehr als professioneller Turnierspieler aktiv, wieso?

Das Spiel entwickelt sich sehr schnell, es kommen im-

mer neue junge Spieler nach, die sehr gut sind. Ich spiele nach wie vor Rocket League, aber wie bei anderen Leistungssportarten kann man nicht ewig an der Spitze sein. Momentan reichen meine Ergebnisse nicht aus, um unter Vertrag mit einem Profiteam zu sein. Deshalb wurde meine aktive Profi-Karriere inoffiziell 2023 beendet. Ich mache heute aber immer noch bei Turnieren mit und kann dort auch Erfolge feiern, etwa mit dem ersten Platz bei der italienischen Meisterschaft oder dem ersten Platz bei der österreichischen A1 Meisterschaft. Momentan bin ich bei der deutschen Meisterschaft dabei.

Du hast damals beim Start deiner Karriere das BORG St. Pölten abgebrochen, bereust du das rückblickend?

Nein, das bereue ich nicht – auch wenn ich es anderen nicht empfehlen würde (lacht). Ich war damals 17, mein Vater war auch sehr hilfsbereit, meine Mutter hat das aber kritischer gesehen und war anfangs auch gegen die Entscheidung. Aber als sich die ersten Erfolge eingestellt haben, hat auch sie mich unterstützt.

Wie siehst du deine Zeit als professioneller e-Sportler rückblickend und was machst du heute beruflich?

Es war ein unvergesslicher Abschnitt meines Lebens und ich hätte das am Beginn auch nie erwartet so eine Karriere zu haben. Ich bin viel um die Welt gereist und habe viel erlebt und meine Träume erfüllt. Rückblickend würde ich wieder dasselbe tun. Heute habe ich andere Ziele und Träume, die ich verfolgen werde.

ROCKET LEAGUE. Maurice Weihs spielte mehrere Jahre professionell in der Rocket League Champion Series.

„DER FC32 WAR EIN GLÜCKSTREFFER!“

Seit Mai 2017 leitet Helmut Schwarzl als Präsident die Geschicke des SKN St. Pölten. Eine herausfordernde Ära: 2021 erfolgte der Abstieg aus der Bundesliga, und ihren mit negativem Eigenkapital prall gefüllten Rucksack konnten die „Wölfe“ bis heute nicht loswerden. Wie da der australische Investor „FC32“ helfen soll und warum er sich das Amt überhaupt noch antut, darüber sprach Schwarzl mit MFG – Das Magazin.

Warum hat der australische Investor „FC32“ eine St. Pöltner Gruppe an Investoren ausgestochen und sitzt nun beim SKN drin? Im Prinzip hat die langfristige Perspektive entschieden, die Chance, den SKN wieder in die höchste Liga zu Dafür brauchst du gewisse budgetäre Voraussetzungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass du es mit lokalen Investoren wieder nach oben schaffst, ist schwierig bis unmöglich, ohne zwei drei richtig große Sponsoren, die dir stets die Treue halten. Mit dem FC32 war der Fortbestand des Vereins gesichert und auch die Perspektive, dass wir sportlich wieder angreifen können. Wir sehen uns langfristig nicht in der 2. Liga. Ziel muss es sein, so rasch wie möglich rauf zu kommen.

Sie haben den Fortbestand des SKN angesprochen – bestand Gefahr im Verzug?

Ja, weil es darum ging, dass wir überhaupt die Lizenz bekommen. Dank FC32 ist das gelungen. Und mit FC32 können wir die Altlasten in den nächsten Jahren sicherlich beseitigen. Am Ende der Saison 2022/23 hatten wir minus 1,3 Millionen Eigenkapital. Wenn du da keine Perspektive hast und das negative Eigenkapital reduzierst, bekommst du keine Lizenz. Da war es nach dem Ausstieg von Wolfsburg nötig, dass wir jemanden haben, der uns unterstützt.

Hat man in der Vergangenheit vielleicht zu viel Risiko genommen, um wieder aufzusteigen?

Nein. Ich habe den Verein schon mit einem hohen negativen Eigenkapital übernommen. Wir haben es nicht geschafft, das runterzubringen und in die schwarzen Zahlen zu kommen. Unter Minus 800.000 sind wir nicht gekommen, haben also immer einen Rucksack mitgeschleppt. Wir haben auch nicht mehr die großen Sponsoren, die wir früher hatten. Und Wolfsburg wollte ja nicht an Bord kommen, um irgendwelche Altlasten von uns zu beseitigen, sondern um Spieler zu ent-

wickeln. Deshalb muss man ihnen hoch anrechnen, dass sie auch nach dem Abstieg zunächst dabei geblieben sind. Das war unglaublich fair. Der Ausstieg erfolgte letztlich mit dem Argument, dass sie keine Spieler überzeugen können, in die zweite österreichische Liga zu gehen. Wobei ich behaupte, dass man sich hier auch erst einmal beweisen muss. So schwach ist diese Liga nicht.

Für wie lange ist das Engagement von FC32 eigentlich anberaumt?

Es ist nicht befristet. FC32 ist beteiligt an der SKN St. Pölten GmbH und somit auch Miteigentümer. Der Verein war bisher 100 Prozent Eigentümer der GmbH, der FC32 hat nun 49 Prozent und wir halten weiter 51 Prozent. Wir sind der erste von künftig wohl sieben Vereinen, an denen sich FC32 in Europa beteiligen will. Ziel ist es, in dieser Multi-Klub-Strategie junge Talente entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu entwickeln, sie zu guten Fußballern auszubilden, um sie am Ende gewinnbringend am Transfermarkt zu verkaufen. Über diese Transfer-Erlöse soll sich damit das Investment langfristig rechnen, ähnlich, wie es Salzburg mit Leipzig bzw. Liefering praktiziert. Mit professioneller, sportwissenschaftlicher Arbeit kann man junge Sportler optimaler betreuen und entwickeln. Der FC32 hat hier eine hervorragende Expertise, wie auch in der Daten-Analyse und beim Scouting. Da unterstützen sie unseren hauptamtlichen Sportdirektor Christoph Feiertag durch ihre Ressourcen und ihr Netzwerk.

Sie haben die Multi-Klub-Strategie angesprochen. Der SKN ist der erste Verein, wann sollen weitere unter das Dach des FC32 folgen?

Es sind aktuell mehrere Klubs im Gespräch, da hat FC32 schon eine klare Strategie. In den nächsten zwei, drei Jahren soll das Ziel erreicht werden. Es gibt viele Vereine, bei denen die Türen sozusagen offenstehen. Das werden natürlich keine Top-Klubs mit Budgets von 50

MR. PRESIDENT. Helmut Schwarzl, im „Brotberuf“ Geschäftsführer von Geberit, steht seit 2017 an der Spitze des SKN St. Pölten. Sein erklärtes Ziel: So rasch wie möglich wieder in die höchste Spielklasse aufzusteigen. „Dieser Moment kommt!“

Millionen Euro oder mehr sein. Der FC32 will ja sportlich auch mitbestimmen können. Grundsätzlich bin ich guter Hoffnung, dass sie dieses Ziel erreichen werden.

Im Fokus liegt dabei aktuell Europa, oder täuscht das?

Das Engagement ist bislang europäisch, aber es sind auch Kooperationen mit afrikanischen Schulen angedacht. Über diesen Weg wird auch der afrikanische Markt hinsichtlich des Scoutings von Talenten genutzt werden. Didier Drogba wirkt da als Berater von FC32 mit und wird mit seiner großen Erfahrung und seinem afrikanischen Netzwerk unterstützen.

Warum verlief der Saisonstart so holprig, und warum wurden fast nur ausländische Spieler verpflichtet?

In der 2. Liga gibt es aber durchaus

Vereine mit mehreren „local heroes“. Aber können die aufsteigen? Ich glaube nicht. Es gibt nur eine Handvoll Klubs, die aufsteigen können. Die Österreicher sind nun einmal teurer, weil der Markt sehr überschaubar ist. Am Ende ist es unser Ziel, möglichst rasch wieder sportlich erfolgreich zu werden, dafür braucht es Qualität im Kader und eine konsequente und professionelle Arbeit.

Der FC32 ist erst im Herbst letzten Jahres gegründet worden, wollte eigentlich erst später einsteigen. Aufgrund der Lizenzfrage ist dann aber alles sehr schnell gegangen, die Zusammenarbeit musste vertraglich fixiert werden und wir konnten dadurch erst spät am Transfermarkt aktiv werden. Das hatte den Nachteil, dass interessante österreichische Spieler, die für uns auch leistbar gewesen wären, nicht mehr verfügbar waren. Dass wir nun so viele Ausländer im Kader haben, ist also einerseits der Zeit geschuldet, aber andererseits vor allem auch dem Anspruch, Spieler mit Perspektive zu verpflichten. Ablösen konnten wir nicht bezahlen, dennoch ist es gelungen, interessante Spieler an Bord zu holen. Ramiz Harakate etwa ist aus der fünften französischen Liga gekommen. Auf so einen Spieler kommst du normal nicht. Aber er hat schon gezeigt, was er zu leisten imstande ist. Am Ende muss man schon auch sagen: erfolgreicher Fußball ist heutzutage international.

Ein Name, der zuletzt wieder präsenter in St. Pölten war, ist Frank Schreier. Gehört er zu FC32,

Bei einem Abstieg in Österreich wird dir quasi die komplette finanzielle Grundlage entzogen.
HELMUT SCHWARZL

oder hat er nur für eine Provision vermittelt?

Frank Schreier hat nur vermittelt und gehört nicht zu FC32, er ist nach wie vor ein erfolgreicher Spielerberater.

Von ihm haben Sie aktuell gleich acht Spieler im Kader, ist das nicht eher unüblich?

Das ist reiner Zufall. Frank hat keine andere Situation als jeder andere Spielerberater bei uns. Wir sind da komplett offen, es gibt keinerlei Bevorzugung. Er ist sehr vernetzt und am internationalen Markt gut vertreten. Beispielsweise hat auch Wolfsburg immer sehr gut mit ihm zusammengearbeitet. Sein Interesse mit dem SKN zusammenzuarbeiten beschränkt sich ausschließlich auf die Rolle als Spielerberater.

Kommen wir zum Sportlichen. Während es zuhause nach wie vor miserabel läuft, sind zuletzt fünf Auswärtssiege in Folge beachtlich. Ja, der Aufschwung in den letzten Wochen freut uns. Aber im Prinzip ist ein Heimsieg wichtiger, vor eigenem Publikum ist ein Sieg wesentlich höher zu bewerten. Das habe ich dem Trainerteam auch als oberstes Ziel ausgegeben.

Sportlicher Erfolg als Grundbooster für Identifikation – die hat die letzten Jahre ja sehr gelitten. Es ist wichtig, den SKN generell wieder attraktiv für

unsere Fans und Partner zu machen, da braucht es neben den sportlichen Erfolgen auch ein professionelles Marketing. In diesem Bereich kann uns ebenfalls FC32 aufgrund seiner Expertise sehr helfen, etwa auf Social Media.

Entscheidend dafür ist aber auch die Nachwuchsarbeit, sie stärkt die Regionalität und sie generiert auch die Fans von morgen.

Viele befürchteten mit dem Einstieg des Investors ja eine Art Aufgabe der eigenen DNA. Wir werden die Identität sicher nicht ablegen und der SKN St. Pölten bleiben, egal was passiert. Im Gegenteil, mit diesem Partner haben wir viele Chancen und Möglichkeiten. Sie haben uns nicht nur in einer schwierigen Phase nach dem Ausstieg von Wolfsburg geholfen, die Zusammenarbeit ist vielmehr eine Chance für die Zukunft des SKN St. Pölten.

Paul Francis identifiziert sich voll mit dem Verein und St. Pölten, selbst seine Frau und seine Kinder fühlen sich hier außerordentlich wohl. Paul ist sehr häufig in St. Pölten, diese Bindung ist also viel mehr, als einfach nur Geld zu investieren und zu erwarten, dass es mehr wird. Wir wollen gemeinsam mehr erreichen, daher können wir nicht auf einem Budget-Niveau von rund zwei Millionen Euro jahrelang, wie viele andere Klubs, in der 2. Liga spielen. Das ist nicht unser Anspruch. FC32 war deshalb ein Glückstreffer!

Wie ist eigentlich aktuell die Stimmung innerhalb des Vereins nach diesem großen Einschnitt? Manche sind ja im Streit ausgeschieden. Umgekehrt gibt’s viele neue Gesichter. Die Grundstimmung ist positiv, zerstritten sind wir nicht. Die sportliche Situation kostet naturgemäß viel Energie, das ist belastend. Aber die aktuell handelnden Personen arbeiten gerne für den SKN und müssen jetzt neu zusammenwachsen. Die Sportabteilung zum Beispiel ist ja komplett neu aufgestellt worden, einige sind nicht aus Österreich. Es lernen aber alle intensiv Deutsch. Trainer Tugberk Tanrivermis spricht fünf verschiedene Sprachen fließend! Das ist natürlich ein großer Vorteil. Wir wollen jedenfalls, dass alle Akteure in St. Pölten leben und hier gesehen werden, um am Ende die Identifikation der Bevölkerung mit dem SKN wieder zu fördern. Und natürlich hoffen wir, dass aus diesem Kader wieder einmal einer richtig aufzeigt und zur Identifikationsfigur wird. Das tut auch den Spielern gut und fördert die Leistungsfähigkeit. Jeder Spieler, der gut performt, steigert natürlich seinen Wert, das soll er idealerweise möglichst lange bei uns machen, bevor er dann den nächsten Karriereschritt setzt.

War Cheikhou Dieng, der 2017 zu Basaksehir wechselte, der bislang einzige Abgang mit einem sechsstelligen Transfererlös?

Rio Nitta, Franz Stolz und Jaden Montnor haben wir auch um sechsstellige Beträge verkauft. Aus der zweiten Liga heraus ist es natürlich sehr, sehr schwer, gute Summen zu lukrieren.

2019, als wir Sie interviewten, wähnten wir nach der Transfersperre den SKN in der Krise und lamentierten über „nur“ 3.400 Zuschauer. Seither gings noch weiter bergab – gibt’s manchmal Momente, in denen Sie sich denken: Warum tu ich mir das eigentlich an? Bereut habe ich es noch nie. Aber es ist schon eine Hochschaubahn. Es ist prinzipiell belastend, dass du im Fußball nie alle Fäden selbst in der Hand haben kannst.

NEUANFANG. Nach dem Einstieg von Investor FC32 wurden im Verein strukturell und sportlich neue Weichen gestellt.

Damit kann sich eine positive Situation rasch ins Gegenteil verkehren, wenn du zum Beispiel, wie es uns passierte, einen Erfolgstrainer, wie Kühbauer hast, der weg will und du ihn nicht halten kannst.

Und das Geld spielt im Fußball eine ganz wesentliche Rolle, diesbezüglich ist es in den letzten Jahren nicht leichter geworden – besonders auch durch die Pandemie und die wirtschaftliche Situation im Allgemeinen. Mit dem Abstieg ist es dann wie mit einer fallenden Aktie, du kannst es nicht mehr aufhalten. Bei einem Abstieg in Österreich wird dir quasi die komplette finanzielle Grundlage entzogen.

Natürlich habe ich oft nachgedacht, ob dieser freiwillige Einsatz mit allem Für und Wider noch dafürsteht. Andererseits ist es nicht mein Grundprinzip, in einer schwierigen Phase einfach zu gehen. Ich glaube nach wie vor fest daran, dass wir es schaffen können, absehbar den Verein wieder auf die Erfolgsspur zu bringen und den Meisterteller in der Hand zu halten. Dieser Moment kommt, davon bin ich hundertprozentig überzeugt und dafür lohnt es sich zu kämpfen!

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Christbaummarkt

Die Paldauer gastieren mit ihrem Weihnachtskonzert im VAZ St. Pölten.

Lassen Sie sich auf das bevorstehende Weihnachtsfest einstimmen und erleben Sie Weihnachtszauber pur!

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Top Bedienung und Service

Covid 19: riesiges Platzangebot im Freien Mondphasen geschlägert

Verkaufszeiten Mo–So 8:00 bis 18:00 Uhr, am 24. Dezember bis 12:00 Uhr

Adresse: Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten / Kontakt: 0664 477 62 83 oder 0676 844 088 100

Veranstalter: R&S Musik, Wielandsthal 44, 3130 Herzogenburg, Österreich Infos & Tickets unter www.vaz.at 13. Dezember 2024

ZUM HÖREN

Manshee | mikeSnare | Thomas Fröhlich | Thomas Winkelmüller | Rob.STP | Maximilian Reichl (von links nach rechts)

SONGS OF A LOST WORLD

THE CURE

Fast genau 16 Jahre nach ihrem letzten Album erscheint endlich „Songs of A Lost World“. Acht dämmergraue – fast schwarze Songs, die in die Tiefen der Seele tauchen, um sich dort einzunisten. Ein sehr melancholisches Werk, welches zurückblickt und gleichzeitig mit viel Erfahrung nach vorne schaut. Ein nachdenkliches Album, das aber auch Vielseitigkeit und Schönheit beinhaltet.

HIGH FASHION

CASH

Der estnische Exzentriker präsentiert auf seiner neuen EP eine überraschend poppige Seite, ohne seinen gewohnten Mix aus Selbstironie und absurdem Sound zu verlieren. Diese Eingängigkeit verdankt Cash vor allem den Produzenten umru und A.G. Cook – Koryphäen der Hyperpop-Szene – die drei Viertel des Projekts geprägt haben. Das vierte Lied schlägt hingegen einen anderen Ton an und zollt der Boom-Bap-Ära Tribut.

ZUM SCHAUEN

Manshee | C. Schumacher

THE PIANO LESSON

MALCOLM WASHINGTON

Pittsburgh 1936, kurz nach der Großen Depression: Die Geschwister Boy Willie und Berniece Charles sind im Haus ihrer Onkel untergekommen. Dort gibt es jedoch eines Tages Streit um ein altes Erbstück, ein Klavier. Während der Auseinandersetzungen erfahren die Charles’ schließlich schockierende Details über die Vergangenheit ihrer Familie.

DER HERR DER RINGE: DIE SCHLACHT DER ROHIRRIM

KENJI KAMIYAMA

„Der Herr der Ringe“ ist aktuell auch aufgrund der Amazon-Serie wieder in aller Munde. Auch das Kino schickt euch mit der „Schlacht der Rohirrim“ wieder zurück nach Mittelerde. Anders als bei den bisherigen Filmen handelt es sich dieses Mal jedoch um einen Animationsfilm aus der Feder von Kenji Kamiyama.

INWARDS

EMILE LONDONIEN

Oha! In den Gehörgängen dieses Rezensenten macht es sich ja niemand so mirnix-dir nix gemütlich. Eigentlich. Rauschte da nicht dieses frankobritannische Trio mit ihrem zweiten Album rein – und spannt seit dem ersten Hören dort sein buntes Zirkuslager auf. Unglaublich, was da am Start ist: Jazz, BRUK, House, R‘n‘B – oder soll man einfach „London“ dazu sagen? Ashley Henry, Cherise, Jowee Omicil u. a. veredeln die Vorstellung.

PETRICHOR

Der Begriff Petrichor beschreibt den Geruch von Regen auf ausgedörrtem Boden nach einer langen Periode trockenen Wetters. Passt wunderbar zur Musik: lieblicher Dreampop, wuchtige HipHop-Beats, effektintensive Psychedelia, die wiederum trunkene Düsternis vermittelt – und dazu diese nicht ganz fassbare Stimme der Künstlerin. Goth Soul? Der Soundtrack zum morgendlichen Heimkommen nach einer substanzreichen Nacht.

EMULATION –THE REMIXES MEFJUS LYFESTYLE

2015 hat Mefjus aka Martin aus Linz mit seinem Debütalbum „Emulation“ die Szene ordentlich aufgemischt und nach den frühen Nuller-Jahren zum zweiten mal einen richtigen Neurofunk Hype ausgelöst. Zehn Jahre später – Zeit wird’s! – haut der zweite große österreichische Drum & Bass Export neben Camo & Krooked seine heiß begehrten VIP-Mixes raus – plus ein paar der würdigsten Remixe!

ZUM SPIELEN

Christoph Schipp

CALL OF DUTY: BLACK OPS 6

TREYARCH

Mit dem neuen Ableger liefert Treyarch das beste CoD seit vielen Jahren ab. Fantastisches Gunplay, spannende Multiplayer-Duelle (leider noch schwache Maps), actiongeladene und abwechslungsreiche Kampagne und ein spaßiger Zombie-Modus. Insgesamt ist „Black Ops 6“ ein richtig starkes Gesamtpaket und kann jedem Shooterfan mit Hang zur Arcade-Action ans Herz gelegt werden.

UNTIL DAWN REMAKE

BALLISTIC MOON

„Until Dawn“ bleibt auch in der Remake-Version für PS5 und PC ein überzeugendes Horror-Adventure. Besonders Filmfans, die sich für TeenieSlasher-Movies begeistern, dürften auf ihre Kosten kommen. Das ausgeklügelte Entscheidungssystem und die daraus resultierenden, unterschiedlichen Handlungsstränge bieten einen hohen Wiederspielwert.

Mit seinem neuesten Album „Lyfestyle“ setzt Yeat die Richtung fort, die er mit seinem vorherigen Album „2093“ eingeschlagen hat, also innovative Beats und Sounds. Die Tracks sind von noch klarerer digitaler Ästhetik geprägt, experimentell und minimalistisch. Der Künstler treibt seinen einzigartigen Stil weiter voran und baut auf der modernen Musikwelt auf, die ihn bereits 2023 so beliebt und einzigartig machte.

ZUM LESEN

H. Fahrngruber | M. Müllner

UKRAINE

Die Geschichte der Ukraine aus ukrainischer Sicht: Ein fundiertes und aufschlussreiches Werk über das Werden eines Landes, in dem sich entgegengesetzte politische Interessen von Großmächten um Einflusssphären zu einem kriegerischen Konflikt europäischen Ausmaßes entwickelt haben. Erklärtes Ziel der russischen Aggression ist die Vernichtung dieses Staates.

ALEXANDRIA – AUF DER SUCHE ...

EDMUND RICHARDSON

... nach der verlorenen Stadt. Wer Historisches mag, fernab der allseits bekannten Geschichten, wer aber auch bei Indiana Jones und James Bond mitfiebert, der wird an dieser Biografie über den britischen Abenteurer Charles Masson Gefallen finden. Im Jahr 1833 entdeckte er eine bis dahin verschwundene Stadt wieder, die Alexander der Große einst gründete.

HIGHLIGHT

VAZ St. Pölten

THE MUSICAL STORY OF ELVIS

15. FEBRUAR Elvis prägte wie kein anderer die Rock- und Popmusik des 20. Jahrhunderts. Das zweistündige Live-Spektakel „The Musical Story of Elvis!“ präsentiert das musikalische Vermächtnis – von Gospel über Blues bis hin zu hemmungslosem Rock’n’Roll und lässt das Leben von Elvis eindrucksvoll Revue passieren. Mit dem US-Amerikaner Nils Strassburg steht zudem einer der weltbesten Elvis-Interpreten auf der Bühne. Er spielt den King of Rock’n’Roll nicht nur – er lebt ihn. Die 10-köpfige Showband sorgt zudem für den authentischen und zeitgemäßen Sound. Mehr Elvis geht nicht! It´s time for Rock’n’Roll!

CHRISTKINDLMARKT

13. – 15. DEZEMBER Ein ganzes Renaissanceschloss samt Adventdorf im Schlossgarten in vorweihnachtlichem Glanz, regionale Handwerksbetriebe und ein stimmungsvolles Begleitprogramm – das macht den Schallaburger Christkindlmarkt so besonders. Erleben Sie zudem am 14. Dezember ein weihnachtliches Konzert mit dem Waidhofner Kammerorchester.

SCHALLABURG | MARKT

WOLF

22. JÄNNER Mit feinem Sprachwitz hat der preisgekrönte Bestsellerautor Saša Stanišic eine Geschichte über den Mut zum Anderssein geschrieben. Der junge Regisseur Jonathan Heidorn wird mit seinem Schauspiel-Ensemble eine Bühnenfassung über Freundschaft, Empathie und Charakterbildung – und einen rätselhaften Wolf – entwickeln.

LANDESTHEATER | THEATER

UNION KINDERBALL

9. FEBRUAR Nach 5-jähriger Pause stellt sich die Sportunion St. Pölten wieder der Herausforderung und der Aufgabe, die Kinder, Eltern und Großeltern zu begeistern. Zu den Highlights zählen die „Spiele- und Erlebniswelt“ mit Hüpfburgen, Playground, Bouncer, KinderMitmach-Show, Kinderschminken, Spielestationen, Kinderanimation uvm.

VAZ ST. PÖLTEN | BALL

NUSSKNACKER

13. DEZEMBER Die unsterblichen Ballett-Klassiker von Peter I. Tschaikowsky bezaubern immer wieder aufs Neue. Das Ballettmärchen „Der Nussknacker“ liefert perfekten Winterund Weihnachtszauber für die ganze Familie. Ein Märchen aus der Feder von E.T.A. Hoffmann, inszeniert und choreografiert nach Juri Grigorovitch von Michael Fichtenbaum.

THEATER DES BALLETTS | BALLETT

RASTA KNAST

25. JÄNNER 1997 gegründet, etablierte sich die deutsche Schwedenpunk-Combo schnell mit Veröffentlichungen wie „Legal Kriminal“ und „Die Katze beißt in Draht“ zu einer der angesagtesten Bands im Deutschpunk-Bereich. Rasta Knast stehen für energiegeladenen Punkrock mit einer großen Portion Melodie und einem Schuss Melancholie.

FREIRAUM | KONZERT

MIKE + THE MECHANICS

22. APRIL 40 Jahre nach ihrer Gründung „als Nebenprojekt zu Genesis“ kehren Mike + The Mechanics mit der „Looking Back – Living The Years 2025 Tour“ zurück. Ihr vielversprechendes Programm bietet Hits wie „Over My Shoulder“, „The Living Years“ und „All I Need Is A Miracle“, sowie einige der beliebtesten Klassiker von Genesis.

GASOMETER | KONZERT

CHRISTMAS CLUBBING

20. DEZEMBER Kurz vor Weihnachten steigt mit dem „Christmas Clubbing“ das größte und schönste Weihnachts-Clubbing Niederösterreichs im VAZ. Freut euch auf die besten Hits der 70er, 90er bis hin zu aktuellen Pop-Songs. Außerdem gibt es einen zweiten Floor mit House Music und Beats von DJ Observer, James Illusion und Friends.

17. JÄNNER Marokkanische Tradition trifft Weltoffenheit. Die Sängerin Oum avancierte in den letzten Jahren zur Ikone der modernen Musik Nordafrikas. Mitreißend mischt sie die traditionellen Gnawa-Rhythmen ihrer Heimat und arabische Kompositionskunst mit Jazzklängen, Pop und Soul. Nun bringt sie ihr Album „Dakchi“ mit Band auf die Bühne.

VAZ ST. PÖLTEN

SA 21.12.24 // 16:00 KINDERLIEDERMACHER BERNHARD FIBICH MI 15.01.25 // 14:00

19:30 JOSEF HADER

Tickets im VAZ St. Pölten, ticket@nxp.at, www.vaz.at, 02742/71 400 in allen Raiffeisenbanken, Geschäftsstellen von www.oeticket.com und unter www.noen.at/ticketshop

AUSSENSICHT

IST UNABHÄNGIGER JOURNALISMUS NOCH ZU RETTEN?

GEORG RENNER

Der Wilhelmsburger ist freier Journalist bei der Wiener Zeitung und DATUM.

„Das schnöde Geld kann den Unterschied machen, wo man ein Projekt startet.“

Wenn Journalisten über Medien und Medienpolitik schreiben, hat das einen gewaltigen Vorteil: Sie, liebe Leserinnen und Leser, wissen ganz genau, dass wir da ein gewisses Eigeninteresse haben.

Nachdem wir das festgestellt hätten: Niederösterreich im Ganzen und St. Pölten im Besonderen hat da gegenüber unserem kleinen Nachbarn Wien ein Problem. Während dort eine vielfältige Medienszene herrscht – neben ORF und klassischen Zeitungen gibt es inzwischen eine recht lebendige Auswahl an CommunityMagazinen, lokalen Portalen, Startups usw. –, ist unser schönes Heimatbundesland eher eintönig, was professionell gemachte Medien angeht.

Manches davon ist strukturell bedingt: Wirtschaftliche Ökosysteme ziehen weitere Einwohner an, das heißt: Wo es schon viele Medien gibt, entstehen auch eher neue. Dann sind da die Distanzen: Obwohl Niederösterreich fast so viele Einwohner wie Wien hat, leben sie viel weiter verstreut – das macht Berichterstattung aufwendiger und Werbeverkauf schwieriger.

Manches hat sich derweil auch gebessert, etwa die Ausbildungssituation: Die FHs in St. Pölten und Wiener Neustadt bieten eigene Lehrgänge für Journalisten und Medienmacher an – nicht zuletzt mit der Idee, die Branche in Niederösterreich zu stärken.

Aber neben solchen strukturellen gibt es auch einen hausgemachten Faktor, warum die Medienszene in der Bundeshauptstadt weit dynamischer ist als außerhalb: Das schnöde Geld. Wien nimmt für seine „Medieninitiative“ jährlich rund drei Millionen Euro in die Hand, um Journalisten und Medienprojekte in der Stadt nach einer Jurybeurteilung zu unterstützen. Vergleichsweise wenig Geld mit großem Effekt: Wer in dem aktuellen Transformationsprozess – wie, ehrlich gesagt, ich – überlegt, wo er ein neues Produkt starten soll, zuhause in Niederösterreich oder doch in Wien, für den kann das durchaus einen Unterschied machen. Mit der Folge, dass ein paar Jahre später dann wieder großes Erstaunen herrscht, dass sich Medienmarken alle in Wien konzentrieren.

JAKOB WINTER

Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.

„Wer sich unabhängigen Journalismus wünscht, muss ihn finanziell unterstützen.“

Es ist das gute Recht jeder Bundesregierung, sich ein paar fähige PR-Auskenner in die Kabinette zu setzen und die Message zu kontrollieren.

Es ist der Job von Journalismus, genau das zu durchschauen, die richtigen Fragen zu stellen, Probleme zu analysieren und unvoreingenommen nach Lösungen zu suchen.

Blöd nur, dass den meisten Medien von allen Seiten die Einnahmequellen wegbrechen. Abozahlen sinken genauso rapide wie die Werbeerlöse, die sich zunehmend zu den großen Digitalkonzernen verschieben. Kündigungswellen sind die Folge. In diesem Land steht immer weniger Recherche-Power immer mehr PR-Personal gegenüber. Wie kommen wir da wieder raus?

Einfache Antworten gibt es nicht. Der naheliegende Ruf nach der Regierung ist heikel, denn natürlich kann eine Erhöhung der Presseförderung den ökonomischen Druck kurzfristig mildern oder – eher selten – sogar finanziellen Spielraum für Innovation schaffen. Dieses Geld wird es für eine Übergangsphase sicher brauchen.

Bloß birgt das eine nicht unerhebliche Gefahr: Jede öffentliche Förderung erhöht die Abhängigkeit der Medien von denen, die sie eigentlich kontrollieren sollen. Nicht weil es für das Geld irgendwelche Gegenleistungen gibt, sondern weil jede öffentliche Förderung meist auch wieder gestrichen werden kann. Wer sein Geschäftsmodell auf Zuwendungen aufbaut, macht sich verwundbar.

Öffentlich-rechtlichen Medien wie dem ORF und der „Wiener Zeitung“ ist dieses Bedrohungsszenario gut bekannt. Nicht falsch verstehen: Wir brauchen sie. Es ist wichtig, dass es sie gibt. Aber wir müssen uns ihrer Vulnerabilität bewusst sein. Negativ-Vorbilder wie Ungarn haben gezeigt, wie schnell sich Mächtige ein paar kritische Fragensteller vom Hals schaffen können. Wer sich unabhängigen Journalismus wünscht, kann daraus nur einen Schluss ziehen: die eigenen LieblingsMedien auch finanziell zu unterstützen. Vielleicht gibt es doch eine einfache Antwort – und die fängt bei Ihnen an.

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20 JAHRE. MFG – Das Magazin hat längst Eingang in die heimischen Haushalte gefunden und sich zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Alltagslebens entwickelt. Die Nutzungen sind vielfältig.

DER NUSSKNACKER

Karten & Infos unter:

T: +43 2742 230 000

M: tickets@europaballett.at

W: www.europaballett.at

Theater des Balletts

Oriongasse 4 3100 St. Pölten

POTTENBRUNN

ALTE HOFMÜHLGASSE/EBERHARDTSTRASSE

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