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analytica pro 2016

Messung von Radionukliden

Lebensmittelsicherheit nach Fukushima Japanische Lebensmittelbehörden haben nach dem Reaktorunfall von Fukushima mehr als 900 000 Stichproben untersucht. Die Mengen des schwierig nachzuweisenden Nuklids Strontium-90 berechnen sie aus den Konzentrationen an Cäsium-137. Das könnte zu einer Unterschätzung der Strontiumgehalte führen.

Summary Food safety after Fukushima After the nuclear accident at Fukushima, Japanese authorities analysed around 900,000 food samples by the end of 2014. Gamma spectroscopy is a suitable method for the rapid detection of gamma sources like iodine-131 of caesium-137. For the beta emitter strontium-90, the analysis would be much more time-consuming. Therefore, the Japanese food watchdog assumed a fixed relation of strontium-90 to caesium-137 and extrapolated the strontium 90 content from the results measured for caesium-137. However, this relation is bound to change over the years, as caesium, unlike strontium, binds to soil minerals and becomes less available to plants. This could lead to an under-estimation of strontium-90 in food.

Lebensmittelproben analysiert. Von diesen lagen im Beobachtungszeitraum März 2011 bis August 2014 japanweit 0,5 Prozent über den strengen Grenzwerten von 500 Bequerel pro Kilogramm.

Screening auf Gammastrahler Ein Screeningprogramm mit einem derart hohen Probendurchsatz benötigt eine schnelle Messmethode. Diese Vorgabe ist in der Radioanalytik nur mit der Gammaspektroskopie zu erfüllen, da diese Methode kaum eine Probenvorbereitung erfordert. Die Probe muss vor der Messung nur gewogen und in ein Kunststoffgefäß gepresst werden. Die Gammastrahlen eines Radionuklids sind monoenergetisch. Das bedeutet, dass sie im Spektrum charakteristische Linien erzeugen, die dem emittierenden Radionuklid zuzuordnen sind. Die Gammaspektroskopie bestimmt simultan mehrere radioaktive Elemente. Für die Methode spricht außerdem, dass viele relevante Radionuklide, die bei einem Nuklearunfall emittiert werden, Gammastrahler sind, darunter Iod-131, Tellur-132, Cäsium-134 und Cäsium-137. Diese Radionuklide müssen bei der Untersuchung von Nahrungsmitteln bedacht werden, da sie sich in Milch (primär Iod-131) sowie in Pilzen, Beeren und Wildschweinfleisch (primär Cäsium-134 und Cäsium-137) anreichern.

Problematische Betastrahler Reine Betastrahler wie Strontium-90 machen es dem Analytiker leider nicht so leicht wie die Gammastrahler. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes müssen die Gehalte von Strontium-90 in Lebensmitteln aber ebenfalls berücksichtigt werden: Strontium reichert sich aufgrund seiner chemischen Ähnlichkeit zu Calcium in Knochen an und wird vom Körper nur langsam ausgeschieden. Da am Betazerfall drei Teilchen beteiligt sind – das Betateilchen, der Rückstoßkern und das Antineutrino – zeigt Betastrahlung kein Linienspektrum, sondern eine Energieverteilung. Wenn eine Probe mehrere Radionuklide enthält, deren Betaenergieverteilungen sich überlappen, ist es häufig nicht möglich oder praktikabel, die Verteilung einem Nuklid spektral zuzuordnen. Strontium-90 muss daher zunächst über radiochemische Trennmethoden wie Aufschluss, Fällung und Ionenextraktionschromatographie isoliert werden. Das ist zeitaufwendig: Selbst ein geübter Techniker schafft kaum mehr als fünf Proben pro Tag – viel zu wenig für den benötigten Durchsatz nach Fukushima.

Vereinfachte Messung von Strontium Das Dilemma der zeitaufwendigen Strontium-90-Analytik zwang die japanischen Behörden zu einem vereinfachten

+++ Analytica Conference: Pesticide Metabolomics, 10. Mai, 12.30-13.00, ICM, Saal 3 +++

Foto: z10e, Fotolia

Nach dem Reaktorunfall 2011 in Fukushima wurden Radionuklide mit einer Gesamtaktivität von 520 Peta-Becquerel (1015 Zerfälle pro Sekunde) freigesetzt. Das ist zwar eine Größenordnung weniger als in Tschernobyl, trotzdem stellt sich die berechtigte Frage nach der Sicherheit von in Japan produzierten Lebensmitteln. In Japan wurden nach dem Unfall von Fukushima bis Ende 2014 rund 900 000


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