bau:zeit #2

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im fokus Regelbauweise ist eine Streubauweise. Sie ist weder bodensparend noch siedlungsplanerisch ökonomisch. Sofern genügend Platz, Raum und Geld vorhanden, ist die Regelbauweise zwar für Behörden und Bauherren problemlos, widerspricht aber eigentlich orts- und landesplanerischen Zielen“. Ich sehe dies nicht so krass. Na­ hezu sämtliche Wohnzonen in Liechtenstein sind in offener Bau­ weise bebaut, weshalb die offene Bauweise allein schon aufgrund des riesigen Siedlungsbestandes auch in Zukunft für verschiedene Wohnzonen sinnvoll sein wird. Diese Quartiere haben zum Teil hohe Wohnqualität wie auch öko­ nomischen Wert. Bauzonen mit lockerer, kleinteiliger Bebauung werden auch in Zukunft ebenso sinnvoll sein wie hoch verdichte­ te Gebiete mit grösseren, höheren Bauten mit entsprechend grossen Grünflächen dazwischen. Wer­ den jedoch Einfamilienhäuser, „Wohnblöcke“, Gewerbebauten wild mit einander gemischt, ergibt sich kaum Wohnqualität. Auch sollte die Bauweise der Siedlungs­ dichte, der Ausnützungsziffer der jeweiligen Bauzone entsprechen. bau:zeit: Im regionalen Ver­ gleich sollen in unserem Land

Ausnützungsziffer Offene Bauweise

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die Ausnützung in den Wohn­ zonen generell eher hoch und die Grenzabstände in der Folge eher bescheiden sein? Florin Frick: Dies trifft zu, in vielen Fällen schwinden die Gär­ ten um die Häuser auf das Mass der minimalen Grenzabstände, die Bauten schatten sich zuneh­ mend gegenseitig aus. Die Qua­ lität der offenen Bauweise, frei­ stehende Bauten mit einer guten Besonnung und Belichtung von allen vier Himmelsrichtungen, ein „nutzbarer“ Garten, Schutz der Privatsphäre durch entsprechend grosse Gebäudeabstände u.ä.m. werden in vielen Fällen nicht mehr erreicht. Wohnqualität ist nur dann zu erwarten, wenn die Regeln der jeweiligen „Bauwei­ se“ auch konsequent eingehalten werden. Es ist sehr interessant, dass die ersten Bauordnungen in Vaduz, Schaan und Ruggell von Ausnützungsziffern von 0.35 oder 0.4 mit grossen Grenzabständen von 10 bis 12 m, gegenüber heute wesentlich reduzierten Gebäu­ deabmessungen ausgingen. Die­ se Vorschriften haben alle oben zitierten „Wohnqualitäten“, wie z.B. mehr als zwei Stunden Sonne in Wohnräumen, berücksichtigt. Bei einer Ausnützungsziffer von

0.6 führt die offene Bauweise für übliche 2- bis 3-geschossige Ein­ familienhäuser mit Garten, Dop­ pelgarage, Besucherabstellplätze etc. nur noch mit viel Geschick zu guter Wohnqualität. In einer verdichteten Bauweise z.B. mit Reihenhäusern kann hingegen bei der gleichen Dichte wesent­ lich mehr Grünfläche wie auch Privatsphäre geschaffen werden. Es wäre daher zielführend, anstatt – wie dies in den letzten Jahr­ zehnten periodisch geschehen ist – die Gebäudeabmessungen und die Ausnützungsziffer zu erhöhen und die Grenzabstände zu redu­ zieren, darüber nachzudenken, welchen Charakter und infolge welche Bauweise Wohnquartiere aufweisen sollen. In der Fachlite­ ratur steht die offene Bauweise für eine lockere, etwa zweigeschossi­ ge Wohnbebauung in dörflicher Lage mit ruhiger Umgebung. bau:zeit: Wie sinnvoll war so gesehen, dass der Landtag eine Erhöhung der Ausnützungsziffer beschlossen hat? Florin Frick: Das hat in zweierlei Hinsicht weh getan. Die Ausnüt­ zungsziffern in den Wohnzonen waren siedlungsplanerisch für eine offene Bauweise ohnehin

Ausnützungsziffer Geschlossene Bauweise

schon im oberen Bereich. Durch die neue Berechnungsmethode ist nun zusätzlich eine Mehrausnüt­ zung von gegen 15% möglich. Die Gemeinden bzw. deren Ortspla­ nungen wurden mit dieser neuen Berechnungsmethode gleichsam vor vollendete Tatsachen gesetzt. Rein rechtlich wurde die Ge­ meindeautonomie durch diesen Landtagsbeschluss nicht tangiert, da ja nur die Berechnungsmetho­ de geändert wurde und die Höhe der Ausnützungsziffer durch die Gemeinden im Rahmen der Ortsplanung festgelegt wird. Die Gemeinden können – nachdem in den Zeitungen eine generelle Ausnützungsziffererhöhung ver­ kündet wurde – die Ausnützungs­ ziffern nun wieder entsprechend herabsetzen, was wenig populär ist und viel Überzeugungsarbeit erfordert. Unverständlich ist die­ ser Landtagsbeschluss zudem, da es ja einer der Kernpunkte des neuen Gesetzes ist, dass die Gemeinden allein für die Orts­ planung zuständig sind. Bislang waren die Gemeinden verpflich­ tet, im Einvernehmen mit der Regierung Bauordnungen und Zonenpläne zu erlassen. Ganz of­ fensichtlich war den Abgeordne­ ten diese wichtige Änderung der Zuständigkeiten nicht bewusst.


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