Bond´s bunte Welt

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Leben zwischen Berlin und Beijing 11

Leben zwischen Berlin und Beijing – wie tickt die neue, alte Weltmacht?

von Daniel Simon

Daniel Simon ist einer, der in viele, aber eigentlich in keine Schublade passt. Erst Karriere als Musiker, dann Gründung der Werbeschmiede PLANTAGE BERLIN und seit 2007 Chef der Markenagentur GREENKERN mit Büros in Berlin und Beijing. Mit seiner Mannschaft unterstützt er VW und andere Konzerne bei der Transformation ihrer Marken, in Deutschland, China, weltweit. Exklusiv für „Bond´s bunte Welt“ erklärt er, warum wir mit Meinungen zu China vorsichtig sein sollten. Diesen Sommer traf sich Fußball-Europa in Polen und der Ukra­­ine wieder zur EURO. Und vor den bundesdeutschen Fernsehern versammelten sich wie bei allen Großereignissen die 20 Millionen ehrenamtlichen Bundestrainer, die alle vorher schon wussten, dass Gomez zu absolut nichts zu gebrauchen ist. EURO? China? Die Parallele? Es sind vor allem jene Menschen, die noch nie einen Fuß in das Riesenreich gesetzt haben, welche sich aber offenbar bestens mit China auskennen. Da wird über Milchkaffees im Prenzlauer Berg die Menschenrechtsfrage diskutiert, ob Ai Weiwei nicht doch ein wenig überschätzt wird und wie Apple unter solchen Bedingungen bei Foxconn produzieren lassen kann. Die Bemerkung bekommt übrigens eine besondere Würze, wenn dann ein iPhone neben dem Milchkaffee liegt. Und nicht zu vergessen ... „Free Tibet!!!“ All dies sind zweifelsohne wichtige Fragen, die unter keinen Umständen trivialisiert werden sollten. Aber es sind Fragen, die eben auch komplex sind und nicht nach einfachen Antworten verlangen. Natürlich ist es nicht gutzuheißen, wie mit Liu Xiaobo umgegangen wurde und wird. Oder mit Ai Weiwei.

Und die Idee, einen alten Herrn mit Brille (Dalai Lama), dessen bevorzugtes Bekleidungsstück ein Bettlaken ist, als die Reinkarnation Satans zu stigmatisieren, ist schon aus PR-Gründen alles andere als em­­pfehlenswert. Aber bevor man sich ein Urteil bildet, empfiehlt sich ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher. Das macht vieles nicht besser, aber man beginnt zu begreifen. Man begreift, dass der Umgang mit der eigenen Meinung in China, die Herausbildung und die Äußerung derselben, kulturell keine Wurzeln haben in diesem Land. Das Instrument der eigenen Meinung hat keine Tradition. Wir in Mitteleuropa haben uns dieses Instrument er­kämpft, und wir alle wissen, dass das nicht immer gut gegangen ist. Also, Geschichtsbücher:

Chinas Beitrag zur Weltwirtschaft (BIP) be­trug bis zur industriellen Revolution, von kleinen Schwankungen abgesehen, immer um die 35 Prozent. Dann ging‘s bergab.


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