Kritische Komplizenschaft / Critical Complicity

Page 148

barbara steiner

diskursiv heraus. Steinbachs Frage: „Is there such a thing as a consumer object, a fetish object, an art object, or is it our relation to it that concerns us?“39 verdeutlicht die nunmehr wichtige Rolle des Subjekts, wenn es darum geht, den Status des Objekts zu bestimmen.40 Mit anderen Worten: Die RezipientInnen können den kritischen Gehalt einer Arbeit erst aktivieren oder nicht.41 Und dass sie dies unterlassen können, wird billigend als Option in Kauf genommen, wie die folgende Aussage von Jeff Koons zeigt: „I don’t set up any kind of requirement. Almost like television, I tell a story that is easy for anyone to enter into and on some level enjoy. […] The objects and the other images that are interconnected to the body of work have other contexts and, depending on how much the viewer wants to enter it, they can try to get more out of it and start dealing in art vocabulary, and start to deal with abstractions of ideas and of context.“42 Sowohl Koons als auch Bickerton und Steinbach setzen das Konzept einer strategischen Komplizenschaft ein, um einen gemeinsamen Raum, eine Beziehung zu den RezipientInnen herzustellen; diese Komplizenschaft kann und soll – ebenfalls über die Auseinandersetzung mit dem Objekt – von der Rezipientin bzw. dem Rezipienten jederzeit wieder aufgekündigt werden. Insofern fungiert dieser Ansatz zum einen als eine Art Türöffner hin zu diesen, vor allem stellt er aber die ernsthafte Frage nach einer möglichen Komplizenschaft und Korrumpierbarkeit von Kunst. Diese Frage wird nun nicht nur an die sie rahmenden politischen, ökonomischen oder kulturellen Instanzen gerichtet, sondern auch an die künstlerischen Positionen und das Publikum selbst. Strategien der Vermischung Ebenfalls in den 1980er Jahren beginnen traditionelle Oppositionen zwischen Kunst und Wirtschaft oder Politik, zwischen KünstlerInnen und KuratorInnen, SammlerInnen oder Museen zu erodieren: „It has become difficult to identify a true and final barricade“, schreibt der Künstler Liam Gillick.43 Die Frage nach der Grenzziehung betrifft dabei nicht nur die Konzeption zu einem wie auch immer gearteten, als oppositionell begriffenen „Anderen“, das immer schwerer zu identifizieren ist, sondern die künstlerische Praxis selbst. Gillicks wiederholt formuliertes Interesse an gesellschaftlichen Utopien, seine erfolgreiche Verankerung im Kunstmarkt, die Durchführung einer Reihe von Projekten für Unternehmen, wie etwa für Porsche oder Lufthansa, sein dis-


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.