L'OFFICIEL No. 11, Juni 2015 – FULL VERSION

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STYLE

D Mademoiselle Chanel beim Arbeiten.

FOTOS: FOTOS: ZVG; © SCHALL, © PHOTO D.R.

Handbemaltes und -besticktes kurzes Kleid aus Seidentüll, Chanel Haute Couture, Herbst/Winter 2015.

Das Chanel Couture Atelier, ca. 1935.

er Begriff « Haute Couture » wurde schon 1858 geprägt. Damals eröffnete der Schneider Charles Frederick Worth in der Pariser Rue de la Paix sein Geschäft und nannte sich nicht wie sonst üblich « Ausstatter » sondern « Créateur ». Seine « Créations» führte er dem staunenden Publikum an lebenden Mannequins in einem luxuriösen Salon vor: eine Revolution. Es dauerte aber bis 1945, bis der Begriff « Haute Couture » offiziellen Status erhielt und definiert wurde, was darunter zu verstehen sei. In 2002 passte man die Bedingungen an, die inzwischen von der « Chambre Syndicale de la Haute Couture», einer weltweit einzigartigen Vereinigung im Sinne der Mode, institutionalisiert sind. Bis heute besagen die Regeln, dass sich nur «Haute Couture» nennen darf, was im eigenen Haus vom hauseigenen Designer in eigenen Ateliers und mit mindestens 20 Angestellten produziert wird. Jede Saison, zu einem vom Syndikat festgesetzten Datum, müssen wenigstens 25 Modelle für Tag und Abend in einer Kollektion auf dem Catwalk gezeigt werden. Die Bezeichnung « Haute Couture » wird vom französischen Minister für Industrie vergeben. Die aktuelle offizielle Liste zählt 13 ständige Mitglieder, Maison Chanel ist bis dato das älteste aktive Couture­Haus. Gabrielle « Coco » Chanel hatte 1910 ihr Hutgeschäft in der Rue Cambon 21 in Paris eröffnet, und 1913 folgte eine Dependance in Deauville, wo sie auch eine kleine Linie von Jerseykleidern zeigte. Aber erst 1915, mit der Installation ihres « Maison de Couture » in Biarritz, präsentierte die mutige Unter­ nehmerin eine komplette Kollektion, die für damalige Gepflogenheiten skandalös und überraschend neu war, mit fliessenden Linien und fast völlig ohne die bis dahin üblichen üppigen Verzierungen und starren Korsetts. 1918 zog Chanel an die Adresse, die bis heute ein Synonym für Haute Couture ist : die Rue Cambon 31 in Paris. Heute befinden sich die Ateliers von Chanel auch in den Hausnummern 23, 25, 27 und 29, wo in zwei Ateliers mit je 25 Mitarbeitern die Kleider aus den feinsten Stoffen und Stickereien entstehen, und in zwei weiteren Ateliers, genannt « suites », mit ebenfalls je 25 Mitarbeitern Jacken, Mäntel, Hosen und Röcke aus Tweed, Wolle, Leder und anderen Stoffen gearbeitet werden. Die Haute­Couture­Kollektionen sind aufwendig wie keine andere Modekollektion. Für einen Anzug rechnet man bis zu 200 Arbeitsstunden, für ein Kleid zwischen 300 und 600 Stunden und ein Hochzeitskleid wird gar mit 1000 Handarbeitsstunden veranschlagt. JUNI 2015

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