Holzbulletin 78/2006

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Umbau und Aufstockung eines Wohnhauses, Basel Das Haus am St. Johanns-Platz 25 wurde im Jahre 1879 als zweigeschossiges Gebäude mit Mansarddach erstellt. Seither hat es mehrere Umbauten erfahren. Eine frühere Aufstockung um die Jahrhundertwende fiel 1935 einem Brand zum Opfer, worauf die damaligen Besitzer das Dachgeschoss durch ein Normalgeschoss ersetzen liessen. Der Umbau jener Zeit verlieh dem Haus die Erscheinung, die es bis zum jetzigen Eingriff beibehalten hat. War die Liegenschaft ursprünglich Teil einer homogenen Häuserzeile, so wurde sie zu Beginn der siebziger Jahre durch einschneidende Abbruch- und Neubauarbeiten in unmittelbarer Nachbarschaft aus dem städtebaulichen Kontext gerissen. Der Altbau stand fortan als einer der letzten Zeugen der ganzen Strassenzeile eingeklemmt zwischen fünfgeschossigen Mehrfamilienhäusern. Vor diesem Hintergrund ist das Konzept des Dachaufbaus denn auch zu verstehen. Neben der Steigerung der Nutzungsflexibilität bestand die Absicht der Aufstockung darin, das alte Haus nicht nur als Überbleibsel eines verschwundenen historischen Strassenbildes gelten zu lassen, sondern ihm inmitten seiner modernen Umgebung eine neue Daseinsberechtigung zu geben. Die Änderungen, die dafür notwendig waren, sollten das Bestehende möglichst wenig stören, gleichzeitig aber eine verbindende Wirkung haben. Dies bedeutete einerseits, dass charakteristische, formgebende Gebäudeteile wie etwa das mit Pfannenziegeln bestückte Satteldach mindestens teilweise bestehen bleiben mussten. Andererseits galt es, die Grösse und Sprache des Aufbaus so zu wählen, dass ein neues Gleichgewicht mit den beiden direkten Nachbargebäuden entstehen konnte.

Die Hausbesitzer, gleichzeitig Bauherrschaft und Architekten, entschieden sich für einen zweigeschossigen Einschub. Fünf Sparrenfelder wurden zu diesem Zweck entfernt und ein Körper als Verbindung von Strassenund Hofraum in die entstandene Lücke eingefügt. Gegen den St. Johanns-Platz hin verfügt der Dachaufbau über einen seitlich eingeschnittenen Balkon, der 0,80 Meter über die Fassadenflucht hinausragt und den Blick zum Rhein freigibt. Auf der Hofseite übernimmt der Körper die Flucht der in den fünfziger Jahren erstellten Terrassen. Genutzt wird die neu entstandene Fläche als zusätzlicher Wohn- und Atelierraum; die darüber entstandene Galerie ist zurzeit eine private Arbeitszone. Der übriggebliebene alte Dachraum wurde isoliert und beherbergt heute auf der einen Seite die Erschliessung, einen Stauraum sowie eine kleine Teeküche. Die offene Fläche auf der anderen Seite ist eine Art Wohnnische mit diversen Sitzmöglichkeiten. Konstruktiv ist der Dachaufbau ein vorgefertigter Holzrahmenbau, aussen mit hinterlüfteter Bekleidung aus roh belassenen, zementgebundenen Spanplatten und innen mit gestrichener OSB-Beplankung. Die beiden seitlichen Wandscheiben sind so ausgebildet, dass sie die Hauptlasten ausschliesslich auf die Aussenwände des bestehenden Gebäudes ableiten. Das Haus präsentiert sich heute mit gestärktem Selbstbewusstsein und zeigt den neuen Aufbau bewusst als Zutat, die in ihrer modernen Formensprache die Bedürfnisse der Zeit sichtbar macht, ohne die vorhandene Substanz zu zerstören oder deren Sprache wörtlich zu übernehmen.

Dachgeschoss

Querschnitt

10 m

Galerie

1469


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