LexisNexis ZfV - Zeitschrift für Verwaltung

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ZfV 4/2021 ABHANDLUNGEN

erheblich erschwert oder wesentlich verteuert wird“. Gleichfalls lautet § 14 Abs 3, dass die Behörde Ausnahmen davon zuzulassen hat, wenn diese „den geplanten Straßenbau nicht erheblich erschweren oder wesentlich verteuern“. In diesem Zusammenhang stellt sich nun die Frage, in welchem Verhältnis die in § 14 Abs 1 und Abs 3 getroffenen – deckungsgleichen – Vorgaben zueinander stehen und welche Konsequenzen damit verbunden sind. Außerdem enthält diese Regelung keine Vorgabe darüber, wie in einem Ausnahmeverfahren gemäß § 14 Abs 3 BStG 1971 mit allfälligen Kumulierungsüberlegen umzugehen ist. Es stellt sich also die Frage, ob sich der Antragsteller andere geplante Bauvorhaben bei der Beurteilung, ob es durch sein Vorhaben zu einer wesentlichen Verteuerung oder erheblichen Beeinträchtigung des Straßenprojektes kommt, zu seinen Lasten im Ausnahmebewilligungsverfahren anrechnen lassen muss. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage lässt § 14 Abs 3 BStG 1971 völlig offen, unter welchen Umständen die geforderte Qualifikation hin zu einer wesentlichen Verteuerung oder erheblichen Beeinträchtigung überhaupt erreicht werden soll. Mit dem gegenständlichen Beitrag sollen die zuvor identifizieren Rechtsfragen systematisch aufgearbeitet werden. Dabei wird das Ziel verfolgt, verallgemeinerungsfähige sichtigte Straßenbauvorhaben zu entwickeln, die sich auf einzelne Ausnahmeverfahren übertragen lassen.

II.

Systematische Aufarbeitung

A.

Zum strukturellen Unterschied zwischen § 14 Abs 1 und Abs 3 BStG 1971

Die Erlassung einer Ausnahmebewilligung scheint schon per se in Widerspruch zur Erlassung einer Verordnung zum Bundesstraßenplanungsgebiet zu geraten. Steht kraft einer erlassenen Verordnung gemäß § 14 Abs 1 BStG 1971 fest, dass eine erhebliche Erschwernis oder eine wesentliche Verteuerung in Bezug auf das geplante Straßenprojekt zu befürchten ist, dann wäre somit das Ergebnis eines allfälligen Verfahrens zur Erlangung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 14 Abs 3 schon präjudiziert, weil der jeweilige Bewilligungsantrag wegen der vorliegenden Verordnung zwangsläufig abzuweisen wäre. Andernfalls hätte die fragliche Verordnung gar nicht erlassen werden dürfen.5 Wie Michael Hecht hierzu schon zutreffend anmerkt, unterscheiden sich Abs 1 und Abs 3 von § 14 BStG 1971 trotz zum Teil deckungsgleicher Wortfolge aber maßgeblich voneinander. Während Abs 1 allgemein-abstrakt auf bauliche Veränderungen (schlechthin) abstellt, nimmt Abs 3 auf die vom Bewilligungswerber (Arg: „diese“) konkret geplante Baumaßnahme Bezug.6 Dieser Unterschied wird meiner Ansicht nach auch in der Wahl der Rechtsform deutlich. Während dem § 14 Abs 1 BStG 1971 ein Verordnungserlassungsverfahren zu Grunde liegt und damit auf

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eine allgemein-abstrakte Beurteilung abgestellt wird, handelt es sich demgegenüber beim Verfahren zur Erlangung einer Ausnahmebewilligung dem Wesen nach um ein Projektgenehmigungsverfahren, bei dem die Straßenbehörde die Vereinbarkeit des konkret beantragten Projekts mit den in § 14 Abs 3 festgelegen Bewilligungsvoraussetzungen zu beurteilen hat.7 Im Ergebnis heißt dies, dass im Rahmen des § 14 Abs 1 BStG 1971 etwa zu berücksichtigen wäre, wenn eine Gemeinde im fraglichen Bereich zum Beispiel ein Gewerbegebiet aufzuschließen beabsichtigt oder die Trasse unter oder in der Nähe eines verbauten Ortes verlaufen soll. Beide Fälle legen eine solche rege Bautätigkeit nahe, dass es hier, allgemein-abstrakt betrachtet, zu einem Konflikt mit dem geplanten Straßenbau kommen könnte. Eine solche allgemein-abstrakte Betrachtungsweise wäre dagegen bei einer „Befürchtungsprüfung“ gemäß § 14 Abs 3 unzulässig, weil es hier ausschließlich auf konkrete Bauprojekte ankommt. Die Frage, wie konkret die Planung des Bauprojektes vorangeschritten sein muss, ist unter Berücksichtigung des Umstandes zu beantworten, welches Ziel mit dem Ausnahmeverfahren verfolgt wird. Dieses Ziel ist offenkundig. Das Verfahren dient dazu, um herausfinden zu können, inwiefern das Bauprojekt das beabsichtigte Straßenbauvorhaben zu verteuern oder zu beeinträchtigen vermag. Folglich müssen den Einreichunterlagen grundsätzlich alle Informationen zu entnehmen sein, die für eine solche Beurteilung notwendig sind.8 Welche Unterlagen das im einzelnen Fall sind, wird von Projekt zu Projekt variieren. In jedem Fall wird dem Antrag ein Plan anzuschließen sein, aus dem die Lage des Projektes standortgenau entnommen werden kann. Außerdem sind allenfalls Baupläne, Bau- oder Betriebsbeschreibungen sowie Angaben über den Verwendungszweck notwendig. Es ist somit festzuhalten, dass es zwischen den eingangs erwähnten deckungsgleichen Wortfolgen einen strukturell unterschiedlichen Ansatzpunkt gibt, der auch bei der weiteren Auslegung des § 14 Abs 3 BStG 1971 zu beachten sein wird.

B.

Da sowohl die Verordnungs- als auch die Bescheiderlassung eine wesentliche Verteuerung oder erhebliche Beeinträchtigung voraussetzt, wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass eine solche Qualifikation nur dann erreicht werden kann, wenn hierbei mehrere bauliche Änderungen bzw Baumaßnahmen zusammengerechnet werden könnten.9 Fraglich erscheint, ob eine solche kumulative Betrachtung überhaupt zulässig wäre. Wie in anderen Projektgenehmigungsverfahren ist auch im gegenständlichen Ausnahmeverfahren gemäß § 14 Abs 3 BStG 1971 strikt zwischen Antragsgegenstand (also Verfahrensund Entscheidungsgegenstand) und Beurteilungsgegenstand

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Siehe dazu Hecht, Die Rechtstellung der Nachbarn öffentlicher Straßen (1995) 133. Hecht (FN 5) 133.

zfv.lexisnexis.at

Zur so genannten „Kumulierungsfrage“

8 9

Vgl dazu Wessely, Zur Bewilligungspflicht gemäß § 21 BStG nach der Bundesstraßengesetz-Novelle 1996, ZfV 1997, 580 (585). Siehe dazu mwN etwa Wessely (FN 7) ZfV 1997, 587. Hecht (FN 5) 133.

Kinczel, Ausnahmebewilligung im Bundesstraßenplanungsgebiet


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