LEADER September 2012

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Die Familie bleibt am Ruder Die dritte Generation befasst sich allmählich mit dem verdienten Ruhestand, die vierte steht bereits in den Startlöchern: Die Baugeschäft Bärlocher AG in St.Gallen ist ein perfektes Beispiel für eine traditionsreiche Familienunternehmung. Von Tradition allein kann heute allerdings kein Betrieb mehr ­leben. Stattdessen sind Qualität und Flexibilität gefragt. Im Gespräch mit ­Felix Bärlocher, der das Unternehmen zusammen mit seinem Zwillingsbruder Bruno Bärlocher führt, und Christoph Bärlocher, designierter kommender Chef des Unternehmens und Sohn von Felix Bärlocher. Interview: Stefan Millius Bilder: Bodo Rüedi

Christoph Bärlocher, Sie haben Wirtschaft studiert und in Freiburg doktoriert. Seit September 2010 sind Sie im Unternehmen Ihres Vaters und Ihres Onkels aktiv und werden deren Nachfolge antreten. Wäre es nicht einfacher gegangen als über den Umweg des Wirtschaftsstudiums? Christoph Bärlocher (CB): Für mich war keineswegs immer klar, dass ich ins Unternehmen eintreten werde. Lange Zeit stand die Wirtschaft mit Marketing als Vertiefung für mich im Vordergrund. Ich wollte für einige Zeit in einer anderen Region leben, habe in Freiburg studiert und erhielt dann die ChanChristoph Bärlocher:

«Wir beobachten, dass es wieder vermehrt junge Leute gibt, die eine Baulehre machen wollen.» ce, zu doktorieren. Irgendwann wurde mir klar, dass Forschung und Wissenschaft meine berufliche Zukunft nicht bestimmen werden. Ich will unternehmerisch tätig sein. 2008 bin ich daher auf meinen Vater zugegangen. Im Rahmen der 100-Jahr-Feier konnten wir dann bekannt geben, dass ich die Nachfolge übernehmen werde. Felix Bärlocher (FB): Das war für uns ein optimaler Zeitpunkt. Die Nachfolge war schon länger ein Thema bei uns. Vor allem für die Mitarbeiter ist es wichtig, dass Klarheit herrscht und sie wissen, wie die Zukunft aussieht. Mein Bruder und ich hatten bereits verschiedene Szenarien geprüft, die wir mit dem Entscheid meines Sohns alle verwerfen konnten. Glücklicherweise, denn es ist natürlich ein Idealfall, wenn die Nachfolge aus der Familie kommt.

Haben Sie Ihren Entscheid schon bereut? CB: Ganz und gar nicht, im Gegenteil, die Aufgabe ist hochspannend. Natürlich, ich habe einen anderen

Weg gewählt als die Generation vor mir, beide heutigen Inhaber sind dipl. Bauingenieure ETH. Aber mein gutes betriebswirtschaftliches Fundament ist ein Vorteil, in die technischen Themen arbeite ich mich laufend ein.

Und nun werden Sie das, was vor Ihnen war, mit dem Wissen aus dem Studium auf den Kopf stellen? CB: Mit Sicherheit nicht. Die Firma ist gut aufgestellt, und es entspricht auch nicht meiner Mentalität, gleich alles ändern zu wollen. Das Baugeschäft Bärlocher gibt es seit 1908, meine Vorgänger haben also offensichtlich einiges richtig gemacht. FB: Bei uns standen schon immer Tradition und Qualität als Grundphilosophie im Vordergrund. Insofern musste die Richtung nie gewechselt werden. Aber natürlich gilt es, flexibel zu sein, sich nach dem Markt und der aktuellen Situation zu richten. Wir sind anpassungsfähig und agieren marktgerecht. Aber das Angebot des Unternehmens nach dem aktuellen Bedarf auszudehnen oder zurückzunehmen, wäre der falsche Weg. Ihr Unternehmen kennt man im Neubau- und Umbaubereich, ebenso rund um Fassadenarbeiten. Gibt es aus der Geschichte Objekte, die besonders in Erinnerung bleiben? FB: Da ist sicher der Neubau des Schulhauses Schönenwegen in St.Gallen zu nennen. Diesen Auftrag haben wir alleine, also ohne Arbeitsgemeinschaft, ausgeführt, und es handelte sich um unsere grösste Arbeit im Neubaubereich. Was den Umbau angeht, hat uns bis vor Kurzem das Einkaufszentrum Grossacker in St.Gallen stark gefordert, vor allem auch das Mitdenken in Sachen Statik war hier sehr anspruchsvoll. Beim Neubau Oberwaid in St.Gallen waren wir für die Aussenwärmedämmung verantLEADER | September 2012


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