LEADER Oktober 2012

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Interview 9

Durchaus. St.Gallen hat jetzt fast fünf Jahre Zeit, die bekannten infrastrukturellen Probleme zu lösen. Hoffentlich flaut auch das Währungsproblem wieder ab. Würden beispielsweise die sich seit Jahren in der Pipeline befindlichen Hotelprojekte in Olma-Nähe realisiert, wäre das für uns – und wohl auch andere Kongressveranstalter – ein wichtiges Signal. In der Stadt und im Hotelgewerbe selbst finden derzeit leider vielmehr Verhinderungsmanöver statt, und anstelle von neuen Hotels verschwinden noch bestehende (Anm. d. Red.: Sonne/Rotmonten und Metropol/Arbon). Es bleibt zu befürchten, dass sich daran in den nächsten Jahren wenig ändern wird. Für einen Kongress dieser Grössenordnung wird das logistische Umfeld damit zu unberechenbar und das finanzielle Risiko einfach zu gross.

Hans-Jörg Senn: «St.Gallen hat jetzt fast fünf Jahre Zeit, die ­bekannten ­infrastruktu­rellen Probleme zu lösen.»

teilweise auch Visumprobleme und bürokratische Hürden am Zoll: Es kam schon vor, dass wir aussereuropäische Kongressgäste im nahen Ausland von der Polizeiwache holen mussten.

Es sind also zwei Hauptprobleme: die Anzahl Hotelzimmer und die hohen Kosten, beispielsweise durch die Anfahrtswege? Ja. Neu hinzukommen derzeit noch die ärgerlichen währungspolitischen Probleme. Im Vergleich zum Jahr 2011 wird unser Kongress 2013 für die über 90

«Anstelle von neuen Hotels verschwinden noch bestehende.» Prozent ausländischen Teilnehmer aus dem Euround Dollarraum ohne hiesige Preisaufschläge noch um 30 Prozent teurer. Für viele läuft damit das Fass endgültig über.

Besteht dennoch die Chance, dass der Kongress 2017 wieder in St.Gallen stattfinden wird?

Bricht damit der Kongressort St.Gallen zusammen, wie es in Medien orakelt wurde? Nein, natürlich nicht. Das war masslos übertrieben. Wir verlegen zwar, vorderhand einmal für 2015, unseren grössten Kongress von St.Gallen nach Wien – aber die Kongressstiftung SONK (St.Gallen Oncology Conferences), angesiedelt beim Tumor- und Brustzentrum ZeTuP im «Silberturm», bleibt weiterhin hier in Stadt und Region kongresstouristisch aktiv. Jährlich finden diverse wiederkehrende, auch mehrtägige Seminare für onkologische Fachärzte und Pflegepersonen im Kantonsspital sowie an der Universität statt. Auch die HSG und das Kantonsspital veranstalten seit Jahren regelmässig weitere kleinere und mittelgrosse Konferenzen und Seminare in der Stadt. SONK seinerseits hat zudem dieses Jahr im Einstein-Congress mit über 300 internationalen Teilnehmern eine neue, wachstumsträchtige Kongresslinie über die medikamentöse Behandlung der häufigen Magen-Darm-Tumore inauguriert, welche – ähnlich wie früher der inzwischen zu gross gewordene Brustkrebskongress – in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren in Stadt und Region hoffentlich gedeihen kann. Wir verlagern also nicht nur Zugross-Gewordenes – hoffentlich nur vorübergehend – ins Ausland, sondern wir bringen dafür auch wieder medizinisches Neu- und Ausland in die Stadt. Besteht ein Konflikt zwischen Ihnen und den St.Galler Hoteliers? Meinerseits nicht, im Geringsten. Auch das wurde in der Presse aufgebauscht. Wir haben niemals das bestehende Angebot für kleinere und mittelgrosse Events kritisiert, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass dieses Angebot für wiederkehrende Grossanlässe wie den internationalen Brustkrebskongress mit über 4000 Teilnehmern auf die Dauer nicht genügt, und haben daraus die derzeit nötigen Konsequenzen gezogen. LEADER | Oktober 2012


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