CURT YOUR LOCALS #24 August/September 2020

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100 – Kulturpreise

Philip Krömer

Mit dieser Entscheidung verbunden ist nicht nur Philips großer Jubel, sondern auch das erleichterte Aufatmen einer ganzen Szene: Endlich wieder ein Literat (zuletzt: Christiane Neudecker, 2009)! Krömer schreibt herrlich reichhaltig fabulierende Romane (Ymir) und Kurzgeschichten (Ein Vogel ist er nicht), die mit eleganten Fingerchen die Grenzbereiche von Fiktion, blanker Lüge und historisch belegtem Fakt abtasten. Als Vermittler nimmt er darüber hinaus eine ähnliche Rolle ein wie oben Jan Bratenstein: Philip ist Mitgründer des Erlanger Verlags homunculus und stellte in diesem Jahr in kürzester Zeit das beeindruckend ausgereifte digitale Lesefestival LitLok auf die Facebook-Beine.

Edel Extra

Das tut so gut, weil es genau zum richtigen Zeitpunkt kommt: Im vergangenen Jahr schlug das Edel Extra, der Verein zur Förderung ästhetischer Prozesse, Alarm weil ihm Kandidat*innen für die Vorstandschaft abhanden kamen. Jetzt hat das Edel, Nürnbergs wildestes Kunstwohnzimmer, wieder eine schlagkräftige Truppe am Start, die sich auch längst aus allen pandemischen Einengungen befreit hat und Kunst ausstellt, Edel-Exra-Style: jung, relevant, widerborstig, unangepasst. Dabei ist das Edel zugleich auch ein absolut etablierter Player in der Nürnberger Kunstlandschaft und funktioniert so als notwendiges Bindeglied zwischen lebhafter Subkultur und geldmächtigen Institutionen.

Barbara Bess

Die Tänzerin, Choreografin, Performancekünstlerin Barbara Bess tanzt nicht bloß, sie stellt bewegungstechnische Forschungsarbeiten an. Dabei geht es ihr letztlich immer um Erkenntnisse über unsere Wahrnehmung, die sie besser durchdringen aber auch herausfordern möchte. Inspiration für Choreografie findet sie beispielsweise in der

Auseinandersetzung mit dem Miteinander von Mensch und Natur. Für Aufführungen sucht Barbara Bess die Kombination mit anderen Kunstformen, um etwas herzustellen, das die Zuschauer im besten Sinne angeht und bewegt. Momentan ist sie artist in residence der Tafelhalle, für die sie die Trilogie Coming Closer produziert, die 2021 ihren Abschluss finden wird.

Kunstbunker

Das ist schon einfach richtig gut, dass es so etwas in Nürnberg gibt: Einen Ort unter der Stadt, an dem überregional relevante Kunst stattfinden kann. Der Kunstbunker ist ein ehemaliger Luftschutzkeller und als solcher in seiner heutigen Form ein ideales Beispiel für funktionierende Umwertung: Kultur und produktive Auseinandersetzung statt Kriegsschrecken. Der dahinterstehende Verein gründete sich vor 25 Jahren, beteiligt waren Künstler*innen, Galerien sowie die Akademie der bildenden Künste. Bis heute müssen alle Ausstellungen im Bunker dem höchst progressiven Anspruch des Vereins gerecht werden. Zuletzt gelang es, die Fotokünstlerin Katharina Sieverding nach Nürnberg zu holen, wenn auch, wegen Corona, nicht in den Bunker, dafür aber in Zusammenarbeit mit dem Bewerbungsbüro N2025 in den öffentlichen Raum, auf Großplakatflächen.


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