event. Magazin Ausgabe Mai 2018

Page 10

. titel .INTERVIEW

NIEDECKENS BAP „So ’ne Muckerband, das brauche ich nicht ...“

tickets gewinnen www.eventmagazin.info

Von Thomas Reitmair. 2017 gönnten sich Niedeckens BAP eine kleine Pause vom Livebetrieb und das vor allem, weil der Bandleader sich mit dem „Familienalbum“ einen lange gehegten Traum verwirklichte: Hier interpretierte er 13 seiner eigenen Songs (zum Thema Familie) neu, und zwar neu eingespielt in New ­Orleans mit ein paar echten Legenden und Schwergewichten der dortigen Studio- und Session-Szene. Dieses Jahr startet nun wieder eine große BAP-Tour und wir sprachen mit dem blendend gelaunten Meister über Old School, Zukunft und die Synergien …

event.: Im vergangenen Jahr haben Sie BAP wegen der Produktion von „Das Familienalbum“ kurzzeitig auf Eis gelegt, nun wird in diesem Jahr wieder ausgiebig zusammen getourt. Was genau war da der Plan? Wolfgang Niedecken: Das ist eigentlich ganz einfach. Bei uns ergibt sich immer eins aus dem anderen. Zum Beispiel hat sich die „BAP zieht den Stecker“-Tour aus dem vorangegangenen SoloAlbum „Zosamme alt“ ergeben, das ich 2012 in Woodstock aufgenommen habe – und damals haben wir uns dann gesagt „jetzt machen wir halt mal endlich unsere Unplugged-Tour“. Es ist eigentlich ziemlich egal, was ich so treibe, es wird auch immer irgendeinen Effekt auf BAP haben. Und das „Familienalbum“, das ja bis auf einen Song aus Material besteht, das ich irgendwann entweder solo oder mit der Band eingespielt habe, dient jetzt eben mehr oder weniger als musikalische Vorlage, die wir für die Band wunderbar nutzen können. Zum Beispiel hatten wir bei der Produktion in New Orleans auch Bläser dabei und das sind ja Instrumente, die normalerweise nicht bei BAP auf der Bühne anzutreffen sind. Bei der kommenden Tour übernehmen wir nun so ungefähr diesen „New Orleans-Sound“. Und das klingt dann schon ein bisschen anders als sonst ... überraschender. Wenn man in einer Band spielt, die schon 40 Jahre unterwegs ist, dann läuft man irgendwann auch mal Gefahr, immer die gleiche Tour zu spielen und das fände ich ein wenig langweilig. Aber so freuen sich alle auf die Tour, das Publikum ist gespannt, das wird interessant. Diese Affinität zu besagtem „New OrleansSound“ ist auf den BAP-Alben ja weniger auszumachen. Ist das jetzt eine lange gehegte Leidenschaft, die Sie sich bislang verkneifen mussten, oder war das eine neue, frische Idee? Diese musikalische Southern-Kultur mochte ich schon immer, diese Cajun-Geschichten zum Beispiel haben mich immer sehr fasziniert. Aber es

10 .titel .Interview

EVENT.

stand natürlich nie im Raum, dass BAP „Verdamp lang her“ als Cajun-Version bringen (lacht) … Hätte ja vielleicht sogar was, mit diatonischer Ziehharmonika und so … (lacht) ... ja, die werden wir auch in jedem Fall mit dabei haben, ein bisschen Zydeco darf auch ruhig mit dabei sein, je nachdem wie es zum jeweiligen Song passt. Das war für mich auch immer die allabendliche Frage bei der Produktion in New Orleans: „Haben wir‘s jetzt übertrieben, oder haben wir es vielleicht untertrieben?“ Ich hab versucht einen Weg zu finden, bei dem dieser Crossover natürlich und unaufdringlich klingt. Für diese Produktion haben Sie BAP (wieder) zuhause gelassen und Ihre Songs mit ein paar ziemlich legendären US-Musikern (u. a. Bassist Roscoe Beck oder Eagles-Sideman Stuart „Spider“ Smith) quasi neu ausformuliert. Der Ursprung zu dieser Idee liegt viel weiter zurück. Mein alter Freund und Produzent Julian Dawson hat mir schon vor ewigen Zeiten gesagt „Du musst unbedingt mal ein Album mit amerikanischen Musikern in den USA aufnehmen“ und 2012 kamen dann für das „Zosamme alt“-Album erstmals diese Kontakte zustande. Und für „Das Familienalbum“ konnten wir die Besetzung noch einmal ein bisschen aufstocken, unter anderem eben mit Roscoe Beck und dem Drummer der Tedeschi Trucks Band J. J. Johnson, denn das Album sollte ja ein bisschen strammer werden. Und wir wollten unbedingt in New Orleans aufnehmen. Das heißt nun aber nicht, dass man sich damit quasi die Magie bestellen kann. Das passiert nur, wenn alle Beteiligten das Album wirklich wollen. Und diese Musiker sind halt Old School, perfekt vorbereitet und sie wissen genau, was der Song braucht. Wir haben auch ganz klassisch aufgenommen, alle Musiker in einem Raum und manchmal hatten wir nach dem First Take schon die gesamte Band im Kasten. Ich bin jetzt 67 und selber Old School

(lacht) und ich hatte in Deutschland eine Zeit lang wirklich die Freude am Platten produzieren verloren, eben in der Zeit, als man die Aufnahmen in alle ihre Einzelelemente zergliedert hat. Aber hier greift alles musikalisch ineinander. Wie fühlt es sich nach dieser Erfahrung dann eigentlich an, wieder zurückzukommen? Die Mitglieder von BAP sind ja auch alle fantastische Musiker, die auch am liebsten so arbeiten. Wenn wir hier wieder zusammenkommen und für die neue Tour proben, dann fühlt sich das wie eine Familie an, das ist keine Konkurrenzsituation. Natürlich wär‘s auch mal schön, irgendwann mit den Amis auf Tour zu gehen, aber ich freue mich jetzt auch wieder mit der Band zu spielen und diese Vorlage live weiterzutreiben, darauf freuen sich alle. Wir werden auch ein paar Songs spielen, die wir noch nie live gebracht haben, das hält alles interessant, das ist alles andere als Schema F. Was ich mir im Lauf der Zeit vorgenommen habe, ist, dass ich nie mit so ’ner Muckerband spielen möchte. Also mit diesen Hired Guns, die zwar alles super spielen können, aber nicht dahinter stehen. Das brauch’ ich nicht. Die kommende Tour vereint dann also Ihre New Orleans-Erfahrung mit dem klassischen BAPRepertoire. Genau, so wird’s sein. Und auch mit ’nem schönen, passenden Bühnenbild, wir orientieren uns da an diesen Southern-Ballrooms der vorigen Jahrhundertwende, das wird sehr gut aussehen. Und wir haben zwar insgesamt nur etwa eine Woche für das Proben-Bandcamp, aber das ist vielleicht gar nicht so schlecht, denn es geht ja eher um dieses bestimmte Feeling als um Perfektion. Ich freue mich sehr darauf. Habe ich glaube ich schon gesagt (lacht) … >Termine: 29.5.-30.10. u.a. Kempten, Stuttgart, Trier, Köln


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.