dreizehn, Ausgabe 10

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nanziellen Grenzen angekommen. Wir haben – auch das geht aus dem Bericht sehr klar hervor – in den letzten 15 Jahren ungefähr eine Verdoppelung der Ausgaben für Kinder- und Jugendhilfe insgesamt erlebt. Diese Ausgaben werden fast ausschließlich von den Kommunen getragen. Das muss man so feststellen. Es gibt ein paar Sonderprogramme, bei denen der Bund eingetreten ist – insbesondere nach der Föderalismusreform kann man ablesen, dass der Bund z. B. bei der Investitionsförderung zum Kitaausbau eingestiegen ist. Absolut gleich geblieben ist aber der Förderanteil der Länder. Eine Entlastung der Kommunen bzw. eine Verbesserung der Einnahmesituation ist also dringend nötig. Das haben wir klar gefordert – auch dass das kommunale Jugendamt gestärkt werden muss. Bei der verstärkten Verantwortung der Jugendhilfe soll es strukturell das Kompetenzzentrum in der Kommune sein, bei dem die Fäden zusammenlaufen.

Was nun die Reaktionen auf den Bericht angeht, da gibt es ja keine organisierte gemeinsame Auswertung. Also nach meiner Wahrnehmung ist es so: Wir sind nicht in einer Phase, in der es ganz großer struktureller Änderungen bedarf in der Jugendhilfe. Wir haben ja auch diesen Satz geprägt: Die Jugendhilfe ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und ein normales, selbstverständliches Angebot, an dem fast alle partizipieren. Und mit rund 750.000 Beschäftigen haben wir – so ein Zitat eines anderen Kommissionsmitglieds – etwa so viele Beschäftigte wie die Autoindustrie. Wir haben ein gutes System und ein gutes Gesetz. In diesem Sinne gibt es keinen ganz großen „Aufreger“ in unserem Gesamtbericht. Trotzdem sehen wir Verbesserungsbedarfe und haben dazu Vorschläge gemacht. Unser durchgehendes Anliegen war es dabei, das Verhältnis der öffentlichen und der privaten Verantwortung immer auch an der Frage der sozialen Gerechtigkeit zu messen und auf wachsende Ungerechtigkeiten zu verweisen. Es besteht deutlich die Gefahr, dass ein Teil der Kinder und Jugendlichen abgehängt wird und uns verloren geht! Insgesamt ist es ein sehr fundierter Bericht, der die Situation von Kindern und Jugendlichen – gerade bezogen auf die verschiedenen Alters- und Lebensphasen und die Übergänge – sehr gut analysiert und der an den einzelnen Punkten pointiert Richtungen aufweist. Aber wir haben es der Fachwelt tatsächlich nicht so einfach gemacht, dass man nur hinten die letzten zehn Seiten lesen muss und dann Bescheid weiß. Das geht mit diesem Bericht nicht! Denn in den einzelnen Kapiteln verbirgt sich eine Fülle von Befunden und wichtigen Hinweisen für die Fachpraxis! //

„Wir wollten auf wachsende Ungerechtigkeiten hinweisen“ DREIZEHN: Ein starkes Jugendamt – was heißt das für die freien Träger? Hagmans: Das kann den freien Trägern nur recht sein, finde ich, denn die Grundprinzipien des SGB VIII sind ja nicht außer Kraft gesetzt. Auch der Bericht betont die wichtige Rolle von freien Trägern in bzw. als Bestandteil der Jugendhilfe! Dafür gibt es ja die Subsidiarität, es gibt die Partnerschaftlichkeit etc. Außerdem ist es auch nach wie vor so, dass es sich angesichts der finanziellen Situation für die Jugendämter oder die Kommunen mehr rechnet, wenn ein freier Träger Aufgaben übernimmt, weil dann z. B. das Risiko der Personalkostenfinanzierung beim Träger liegt. Für uns als freie Träger ist ein starkes Jugendamt wichtig. Wir sind auch stark, und da will man ja einen Partner haben, mit dem man auf Augenhöhe auch fachlich diskutieren kann. Also immer mal her damit! Da habe ich gar keine Sorge.

ap

DREIZEHN: Da schließt sich die Frage an, wie Sie die Arbeit in der Kommission als einzige Vertreterin der freien Träger erlebt haben? Und was wäre Ihre persönliche Bilanz, nachdem der Bericht gut ein halbes Jahr veröffentlicht ist? Hagmans: Ich denke und hoffe schon, dass es auch für die Kommission hilfreich war, dass dort zumindest ein freier Träger neben der Wissenschaft vertreten war – einfach weil ich viele Dinge quasi direkt „übersetzen“ und praktisch einschätzen konnte. Insgesamt aber war sich die Kommission jugendpolitisch oder sozialpolitisch erstaunlich einig.

Die Analyse

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dreizehn Heft 10 2013


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