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HINTERGRUND
Zarte Muckis
Von Isabella Hasewend
Eines steht fest: Diesen Sportlerinnen geht es nicht ums Geldverdienen. Es ist die pure Leidenschaft dafür. KLIPP sprach mit vier jungen Sportlerinnen, die sich dem Gewichtheben und Speedklettern verschrieben haben. Allesamt attraktiv, „laufstegwürdig“. Denen man aber nicht ansieht, dass sie starke Muskeln haben. Begonnen hat’s mit einem Besenstiel „Mein Papa war auch ein Stemmer“, erzählt die heute neunjährige Sophia Stieg aus Öblarn im KLIPP-Gespräch darüber, warum Sie eigentlich mit dem Gewichtheben begonnen hat. Es war im Jahr 2009, als die damals Vierjährige (!) mit ihrem Vater Erwin, einem ehemaligen Gewichtheber, zum Training mitgefahren ist. Danach:
Bereits mit vier Jahren stand für Johanna Stieg fest, dass sie auch stemmen möchte.
gedacht hätte, dass man dort Muskeln hat“, schmunzelt sie.
„Papa, das will ich auch machen.“ Skepsis logischerweise bei ihrer Mutter Andrea, zumal Gewichtheben ja nicht gerade ein Mädchensport ist und sie Bedenken auch hinsichtlich körperlicher (Haltungs-)Schäden hatte. „Aber als ich dann bei den ersten Trainingseinheiten zugeschaut und gemerkt habe, wie viel Spaß sie daran hat, war ich schon stolz auf sie. Immerhin hat sie nach einem halben Jahr als kleines Mädchen 30 Liegestütze gemacht.“ „Wobei man sich nicht vorstellen darf, dass sie mit vier gleich begonnen hat, schwere Gewichte zu heben“, klärt Vater Erwin auf. „Am Anfang hat sie mit einer Art Besenstiel mit Kartons an den Enden begonnen. Da ging es vor allem einmal um das Erlernen der richtigen Technik“, so seine Frau. „Heute schimpft meine Tochter oft mit mir, wenn ich beim Heben von Sachen mich nur so runter bücke und nicht in die Knie gehe. Es ist erstaunlich, wie selbstverständlich sie das macht. Sie hat durch den Sport einfach eine gute Haltung bekommen und Muskeln, auch im Rückenbereich, wo ich nie
Sophia besucht die 4. Klasse der Volksschule in Öblarn; mit ihr stemmt auch noch eine Klassenkameradin Gewichte. „Bei uns in Öblarn ist das nichts Neues, wir haben seit 15 Jahren immer wieder Mädels im Verein“, so Erwin Stieg. Derzeit gibt es in Öblarn sogar
sieben Mädels im Alter von 9 bis 17 Jahren. „Meinen Freundinnen und Freunden damals im Kindergarten habe ich erst erklären müssen, was Gewichtheben für eine Sportart ist“, so die neunjährige Sportlerin. Und: Einige der Jungs in ihrer Klasse hätten schon Respekt vor der „starken Sophia“. „Ich fin-
de es einfach super, dass man durchs Gewichtheben viel Kraft kriegt, eine gute Körperhaltung und dass auch der Gleichgewichtssinn trainiert wird.“ Aber natürlich ist auch das Reisen zu internationalen Wettkämpfen nach Rom oder anderswohin reizvoll. Drei Mal in der Woche schwitzt sie im Training, das sich auch schon gelohnt hat. „Ich bin mehrmalige steirische Meisterin, erst
jüngst mit dem U11-Titel“, sagt die Neunjährige natürlich nicht ganz ohne Stolz. Ihr großes Ziel: „Wenn ich 15 bin, kann auch ich bei den Europameisterschaften
teilnehmen und diese möchte ich dann auch einmal gewinnen.“ Ihre derzeitigen Bestleistungen liegen im Reißen bei 24 kg und im Stoßen bei 31 kg. Beachtlich, zumal ihr eigenes Körpergewicht nur bei 32 kg liegt … Neueinsteigerin Marlies Wratschko Derzeit gibt es in der Steiermark drei aktive Vereine in unterschiedlichen Ligen – in Öblarn, Feldkirchen und in Bruck. Dort stemmt erst seit dem heurigen Frühjahr Marlies Wratschko Gewichte. „Ich habe früher Fußball gespielt und bin Dressur geritten. Im August 2014 habe ich mit CrossFit begonnen und bin so zum Gewichtheben gekommen“, erzählt die 20-Jährige (Anm.: CrossFit ist eine Fitness-Trainingsmethode, die von
Gewichtheben ist eine schwerathletische Sportart, bei
Marlies Wratschko: 40/50 kg (Reißen/ Stoßen) sind ihre Bestleistungen.
der eine Langhantel durch Reißen oder Stoßen zur Hochstrecke gebracht wird, das heißt mit ausgestreckten Armen über den Kopf gestemmt wird – heißt es in der Definition von Gewichtheben. Erst seit 1987 gibt es Weltmeisterschaften für Frauen und erst 2000 wurde Frauengewichtheben ins olympische Programm aufgenommen. Der Weltrekord beim Gewichtheben der Frauen bis 68 kg liegt im Reißen bei 111 kg und im Stoßen bei 141 kg.
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