Karriere und Praxis
Studierende unterstützen – Umgang mit psychischem Druck im Jurastudium von Anne Kuckert
DER AUFBAU DES JURASTU DIUMS ALS STRESSVERSTÄR KENDER FAKTOR Das Studium
Plötzliche Übelkeit unter der Dusche vor der Klausur, Prüflinge, die unmittelbar vor Beginn der Klausur das Bewusstsein verlieren und vom Stuhl kippen, Depressionen – all dies sind Stresssymptome, von denen man regelmäßig hört, und das nicht nur im Jurastudium. Studierende verschiedenster Fächergruppen klagen häufig über Überlastung, Versagensängste sowie enormen Leistungsdruck, insbesondere vor Klausuren. Was also qualifiziert den psychischen Druck im Jurastudium im Besonderen? Ist es gerechtfertigt, bei dem Vorhaben, psychischen Druck im Jurastudium zu reduzieren, auch fachspezifisch anzusetzen?
der Rechtswissenschaft weist einen hohen Grad an abstrakten Inhalten auf, wodurch die Studierende gerade im Vergleich zu naturwissenschaftlichen Studiengängen seltener das Erlebnis motivierender „Aha“-Effekte haben. Auch in der Medizin, wo der Vergleich aufgrund des Abschlusses mit Staatsexamen vielleicht näher liegt, ist deutlich mehr Praxisbezug gegeben. Die Fokussierung auf das Staatsexamen als einzig relevante Prüfung, schier unüberwindbare Hürde und Eingangstor in die berufliche Welt der Jurist*innen wird von Studienbeginn an vermittelt. Dadurch steigt die persönliche Bedeutung der Staatsprüfung für die Studierenden enorm: Die Leistung im Staatsexamen sei entscheidend für die berufliche Zukunft, entscheidend dafür, welche Türen sich öffnen und welche ohne ein „Vollbefriedigend“ immer verschlossen bleiben. Es kommt auf punktgenaue Leistungserbringung an: Durchschnittlich sechs Klausuren à fünf Stunden in ein bis zwei Wochen, plus eine mündliche Prüfung von weniger als einer Stunde, die bis zu 40% der Note ausmacht. Horror für die Studierenden ist natürlich der Gedanke des mehrmaligen Durchfallens; denn das bedeutet einen Rückfall auf den Abschluss „Abitur“, und das nach wohl regelmäßig mehr als sechs Jahren Studium. Diese Faktoren können insbesondere in der Examensvorbereitung zu erhöhtem Druck führen. Denn gerade in dieser Studienphase, in der die Studierenden sich regelmäßig ausschließlich mit dem Staatsexamen und im Hintergrund unausweichlich auch mit dessen Bedeutung auseinandersetzen, kommen Entspannungspausen oft zu kurz. Das kann dauerhafte körperliche Stressreaktionen auslösen – Jurastudierende sind insbesondere in der Phase der Examensvorbereitung besonders gefährdet, unter chronischem Stress zu leiden.
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NORMATIVER ANKNÜPFUNGSPUNKT Wichtig bei der Suche nach dem Ansatzpunkt für die Reduktion von psychischem Druck im Jurastudium ist der Blick in die Gesetze der Bundesländer. Eingebettet in verschiedenste Formulierungen sind über die einzelnen Bundesländer hinweg „soziale Betreuung“ (vgl. Art. 88 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG), „Dienstleistungen auf sozialem [...] Gebiet“ (vgl. § 2 Abs. 1 StWG NW) bis hin zu ausdrücklicher Etablierung psychologischer und psychosozialer Beratung durch das entsprechende Studierendenwerk vorgesehen. Eine klare Linie, wie eine psychotherapeutische Beratung für Studierende auszusehen hat und ob dies auch die Bekämpfung von chronischem Stress umfasst, wird weder hochschulgesetzlich noch durch die Gesetze zu Studierendenwerken ausformuliert und bleibt somit Angelegenheit des zuständigen Werkes. Ob eine Beratungsstelle bereitgestellt werden muss, welche Leistungen sie tatsächlich erbringt und in welchem Umfang Studierendenvertreter*innen Einfluss auf Gestaltung und Inhalt einer solchen Stelle nehmen könnten, ist ebenfalls offen. BEISPIELPROJEKT: mediCO
Viele Universitäten haben mittlerweile allgemeine psychologische Anlaufstellen für Studierende. Die Akzeptanz und das Bewusstsein um die Existenz der Problematik psychischer Belastung steigt. Jedoch unterscheidet sich die Art und Weise der Belastung nicht nur individuell, sondern auch abhängig von verschiedenen Studiengängen und
JURAcon Jahrbuch 2019 · 1. Halbjahr · JURAcon Legal Career Services GmbH